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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0209

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Diettstag, S. März

IasertionSgebklhren für bie 3spaMge Petit- M -

zeile werden mit 2 kr., bezw. 3 kr. verechüek.

Mir dem 1. März wi'rd ein

nrues Aboniiement für den Mo-
nat März auf die „Leiäelderger Leitimz",
jedoch nur für Heidelberg, eröffnet. Preis
22 kr. uiit Trägerlohn. Bcstellimgen wollc
man daher baldmöglichst bei dcr Erpedition
machcn.

T Jtalien.

Ztalien bietet gegenwärtig gewiß ein sehr
merkwürdiges Schauspiel dar. Dcnn voii dem
italienischen Parlamknte wird stch voraussicht-
lich für dieses Land eine neue Epoche datiren,
die Epoche der Einhcit und Freiheit. Jnso-
sern als Jtalien, nachbcm es bisher nur ein
paffives, todtes Glicd der Menschheit ge-
bildet, nunmehr iii ein uationales Lcben nnd
cigenc Entwicklung cintritt, kann die euro-
päische Menschheit nur gewinnen. Die Na-
tionen verhalten stch ganz ebeiiso, wie Zndi-
viduen: je mehr ste belebende Einstüffe und
Anregungen erhaltcn, um so glücklicher wird
ihre Entwicklung sein. Die Menschheit bildet
gleichsam Einen Organismus, deffen einzelne
Theile, je nachdem sie blühen odcr verkümmern,
bald vortheilhaft, bald nachtheilig auf das
Ganze einwirkcn. Und es schoinl wirklich,
daß Ztalien von nun an nicht mehr ein ab-
gestorbemr, sondern ein lebendiger unv trei-
bender Zweig an dcm Baumc der Menschheit
sein werde. Dic Umstände stnd ihm ungemein
günstig. Nicht als ob wir die mehr oder min-
der großen Schwierigkeiten, dic sich iin Jnnern
darbieten, nur im Gcringsten unkerschäßten
und verkennten; aber nach Außen hin stnd
die Verhältniffe jedenfalls derart, daß Atalien
— Dank dem Nichtinterventionsprincip —
von keiner Macht eine Störung in seinem
nunmehrigen Constituirungsproceffe zu erlei-
den haben wird, vorausgesetzt, daß es einc
gewiffe Gränze der Mäßigung und Besonnen-
hcil nicht überschreitet, während ein vcrwege-
ner Angriff aus Venetien geradezu wieder Al-
les in Frage stellen könnte. Denn wenn dem
Könige von Sardinirn die Lombardci, weil
von Frankreich garantirt, auch gesichert bliebc,
so wären jcdenfalls die Errungcnschaften in
Mittel- und Süditalien durch eineii Krieg mit
Oestcrreich der größten Gefahr ausgesetzt. Die
Möglichkeit einer solchen Wendung deutct auch
Lortr Ru sscll in einer Note vom 7. Decbr.
au, worin er mit großer Entschiedenhcit Sar-
dinien einen Angriffskricg gegen Oesterreich
abräth. Er sagt, „dic Aussicht, außer Sae

vopen und Nizza auch noch Toscana und die
Legationen u s. w. zu merliercn, und überdies
mit einer großen Schnlkenlast für vie eigcnen
Rüstungen und dic österreichische Kriegscnt-
schädigung belastet zu werden, dürste den Gra-
fen Cavoiir nnd die Toukühiisten seincr Nach-
folger iiN Cabinete hoffentlich von einer ncuen
Kriegsuiiternehmung abschrecken. Und wenn
es wahr ist, daß Frankreich lieber cin con-
föderirtes als ein einheitliches Jtalicn sehen
würde, dann Möchte Kaiscr Napvleon stywer-
lich bei einem sür Piemont niiglücklichen An-
griffskricge interveniren, wenn diescr wirklich
auch dic bezeichneten schlimmen Folgen hätte.

Aber es schcint, daß Sardinien in dcr That
der Stimme der Klugheit Gehör gebc, und
zür Stunde an keinen Angriff auf VeNetien
denke. Hat Ztalien doch genug in seinem ei-
geneN Jnnern zu thii»; und wie lange mag
es gehcn, bis es aus den ziemlich vivergiren-
dcn Elementen ein einheitliches compactcs
Heer geschaffen! Zn dieser unscrer Ueberzeu-
gung, daß, wenn nicht ganz besondere Um-
stände eintreten, Oesterreich keincn Angriff von
Piemont zu befürchten hak, werden wir auch
durch dic Thronrcde bestärkt, womit Bictor
Emanuel jüngsthin das italieiiische Parlament
eröffnet hat. Denn ohne Zweifel athmet die-
sclbe cine nicht geringe Mäßigung. Wenn sie
auch keinen Anspruch aufgibt, so bekcnnt ste
doch offen, daß der gegenwärtige Zeitpunct für
Jtalicn zu einem Kriege nichtS wcniger als
günstig sei, ja ein solcher unter den jetzigen
Verhältniffen leicht wieder die ganze einheit-
liche Gestaltung auf's Spiel.setzcii könnte, daß
aber Riemand das Recht habc, die Eristcnz
und daS Gcschick ciner Natiou zu gcfährden.
Und wcn» ver König das Parlaiuent auch
auffordert, feiner Regierung die Mittel zur
Bervollständigung der Ausrüstung des Hecres
uud der Flvtte zu bewilligen, so geschicht dies
nur, um auf diese Weise in die Lage versetzt
zu sein, eineu Angriff nicht befürchten zu
müffcn, und so leichter den Grund zu ciner
zeitgemäßen Klughcit zu stnben; wenn wir
auch auf ver anvern Seitc gernc zugeben
wollen, vaß stch Jtalicn nicht nur rüstct, um
nicht angegriffcn zu werden, sondern um über-
haupt für jcdcn günstigcn Moment in völliger
Bereitschaft zum Handcln zu sein. Daß aber
das Parlament der Moderationspolitik des
sardinischen Cabineis Schwierigkeiten bereiten
und daffelbe im Sinne der ertremen Partei
zur Action antreibcn werdc, daran ist wohl
gar nicht zu denken. Denn Garibaldi war
schon lange vor d'en Wahlen geschlagen; er

hattc ja glbich Aufangs in seinem Strelte utit
Cavour den Kürzercn gezogell Zn seiner
Mahl zwischen abenieuerlicher Tollkühnheit
und staatsmännischcr Besvnnenheit konntc Jta-
lien auch keiüen ANgenblick unentschloffen sein.
Es haitc ja bis jetzt so Vieles gcwonne»;
will es dcnn Alles haben, will es bäs wanfel-
müthige Glnck noch mchr hcrausfordcrn, ihm
nöch Mkhr trotzen? Ohnchin wird ihm Rom
kanm eütgehen. DcNn wo Frankreich cin
Princip vollstänvig aufgegeben, inuß es wie
eine reife Frucht in seinen Schooß fallen. Es
handelt sich wohl nur noch darum, eine Com-
bination zu finden, welche dse Unabhängigkeit
des PapsteS in Leitung der kirchlichen Änge»
legcnheiten möglichst stcherr, beziehungsweiie
seine Abhängkgkeit möglichst verringere. Abcr
eiüe Lösung Mllß kommeN, sei rs in dieser
oder jener Form, und zwar cine Lösung, die
auf de'm voUständigen Verluste der weltlichen
Herrschaft des Papstes bernhen wird.

Aber Vcnetien? Hinstchklich dieser Frägc
kommt es vor alleii Dingen darauf an, baß
Oesterreich die Ruhe, die ihm von Ztalien
aus gcgönnt zu sein scheiut, bcnutze, und sich
möglichst schncü constituire und consolidirc.
Dann wird es nicht nur weniger von Ztalicu
angegriffen werdcn, sondcrn auch in dcr Lage
scin, einen etwaigen Angriff mit aücr Energie
zurückznweisen. Die fortschreitende Cvnsoli-
dirung Jtaliens iin Sinne des Hr». v. Vincke
wird auf diese Weise frcilich cin gewaltiges
Hinderniß finden. Aber wir glaubcn, die
UeberzcNgNng dürfte stch imiiier mehr Bahn bre-
chen, daß Venetien für Oesterreich, Deutsch-
land und das Gleichgewicht Europa's unglcich
wichtiger als für Ztalien sei.

Lie österreichischc Berfaffung.
Nachbem wir in nnserer letzteü Nuinmer die
den betrcffenden Berüffentlichiiiigcn vorange-
seudete kaiserliche ProclaMation mitgetheilt,
laffcn wir zunächst solgen das

ttbruiidgesctz üdcr dic Ncichs-Vertretuug.

8- 1. Zur Reichsvertretung ist der ReichSrath berufeu.
Der Reichörath besteht aus dem Herrmhause und dem
Hause der Äbgeordneten.

ß. 2. Mitgtieder des Herrmhauses stnd durch Geburt
die großjährigcn Prinzen deS kaiserlichen Hauses.

§. 3. Erbtiche Mitglieder dcs Herrenhauses sind die
gtostjäytigen Hänpter jener inländischen, dürch auS-
gedehnten Gutsbesitz heroorragenden Welsgeschlechter,
dmen der Kaiser die erbliche Reichsrathsnmrde verleiht.

sj. 4. MNglicder deS Herrenhauses vermöge hohcr
Kirchmwürde silid alle Erzdischofe und jeuc Bijchöfc,
welchen sürstlicher Nang zukommt.

8- S. Der Kaiser behält sich vor, ausgezttchnetc Mtin-
ner, welche sich um Start oder Kirche, Wissmschaft

Sas große Faß M Heidelbcrg.

Historische Novelte vvu Wilh. Jungmann.

(SchluH.)

Ruch dcr edlc Pfalzgraf nahm dcn innigsten An-
tbeil an dem Wohlbcfinven des gütcn Mäbchens.
So großc Anstalten auch wegcn der glücklichcn Voll-
endung seines FaffcS getroffen wordm, um das-
selbe auf das fcicrlichstc einzuweihen, so mußte doch
mtt dieser Feicr so lange gewartct werven. Als
abcr Lenchen gänzlich hergeslcllt war, mußte Meister
Werncr, Frau Gcrtrudc, Robcrtund Lcnche», Au-
relie, der Marquis und seine Gemahlin hinübir
nach Heidclberg, um dersclhen bcizuwohneit.

Es war ein schöncS Fest, das Fest der Ein-
weihung des erstcn großen Faffcs zu Heidelberg,
und besonders ergreifend der Moment, wo dcr
Pfalzgraf, umgeben vdn den ersten Beamten des
Landes, 'in dcn Keller trat und dort von Mcistcr
Werncr, als dem Erbauer diescs Riesenfasses, mit
eincm herzlichen Glückwunschc empfangen wurde.
Als der Meister nun aber oben auf das Faß ge-
treten, sein ehemaliger Gehülfe, Gerhard Dorn-
busch, ihm cin volles Glas gercicht und er dassclbe

auf das Wohl deS erhabenen Landcsfürstcn gelcert
hatte, da crfüllte lauttr Zubcl die Kellerräume,
daß sic fast in ihren Grnndfesicn etbcbtcn.

Nach dtescr Cercmonic war großeTafcl im Schlvffc
und an dieser Meister Werner und seincr Familie,
dem MarquiS, sciner Gemahlin und scinen Kin-
dcrn der Ehrenplatz eingeräumt ncben Lem Fürstcn.
Dic munterstc Heiterkeit würzte das ausgesuchte
Mahl. Als der Kürst nun abcr auch das Glas
ergriff und dasselbe auf das Wohl Meisicr Wer-
ncrS, seines Gchiilfm und dcffcn schöncr Braut
leertc, da erneuertc sich der Jubel, der bem in dem
Keller nur wcnig nachstand.

Reich beschenkt vvn dem Fürstcn war Meister
Werner mit sciner FamUie nach Landau zurückge-
kehrt, wohin ihm auch dcr Marquis mit den Sei-
nigen schvn nach einigcn Tagen folgtc, um Roberts
und Lenchcns Hochzeitsfcst zu feiern. Als dasselbe
abcr bcendct, da wurden die Einrichtungen ge-
troffcn, wie sie beidc Eltern schon bcsprochen hattcn.
Jn ihren ncuen Vrrhältnisscn fühlten sich AUe bald
recht glücklich, denn auch Aurelie hatte Gelcgcnheit
gefunden, fich mit einem jungcn, liebcnswürdigen
Manne ehcüch zu verbinde» und ihre uno Robcrts

Eltern wurdcn nnn für den Verlust threr tn zarter
Zugend vcrloren gegangenen Kinder durch muntere
kleine Enkel und Enkelinnen hinlänglich enischädigt.

19.

Jahre waren vergangen; der zum Tode verur-
theilte, abcr durch die Fürbitte dcS Mavquis be-
gnadigte Diener desselben war im Züchthause gc-
slorben, die Alte aber aus demselben entlaffcn, tn
ihrc Heimath zurückgekehrt. Drüben tn Frankbeich
dauerten dbe ReligionSstrkitiglcitcn noch immet
fort, die selbst durch daS Edtct von NanteS
nicht ganz beseitigt wcrdcn konnten. Als adcr
diestlben nun auch in Deuischland sich wicder cr-
ncucrtcn unb durch dic böhmische Königswahl zur
hellcn Flamme entzündct wurden, da kamen auch
wieder Zammer und Eiend auf die herrlichen Ge-
filde dcr schönen Rh-inpfalz, und Städte und Dörfer,
Schlöffcr und Weiler sanken in Schutt und Trüm-
mcr. Dreißig schwcrc, verhällgnißvolle Jahrc hatten
abermals den deutschcn Bodcn mit dem Blute er-
schtagencr Christcn gcdüngt, die nach der rctnen
Lchre Lhristi fich versöhnend HLtten die Hände rei-
chen sollen, abcr auch manches hcrrliche Wcrk für
die Dauer vvn Jahrhunderten geschaffcn, mußtc
 
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