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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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L8«1


Jrriertioa-gebühtt» für »tt Zspalü^e ^etit-

Donnerstag, «. Ziat

* Die französische Refervearmee und
Nutzanwendung für «ns.

Der „Schw. M." — unermüdlkch m Vdr-
schlägcn für cme krästlgere deutsche Militär-
organlsation — ventllirt diese Frage neuer-
dings in einem größern Artikel, der sich in
scinem zweiten Theile ganz speciell über dic
Art und Weise der Heranbildung eines dem
französischeu Hecre gleichkouimenden Heerkör-
pers ausspricht. Wir unterlaffen, aus diesen
Theil des Aufsatzes näher einzugehen, uud
wvllen nur auf die Darstelluug, soweit fie Zu-
tereffe für ein größeres Publikum hat, zu-
rück kommen. Jn dem betreffeudes Artikel
heißt es unter Auderem: „Man hat fich bis-
her niit dem Troste zu beschwichtigen gesucht,
daß ein Krieg mit Frankreich, wenn er auch
für den Anfang nngiinstig ausfalle, doch bald
durch die großen materiellen Miltel, welche
Deutschland in die Wagschale werfen könne,
zu unscrem Vortheile ausschlagen werde. Man
hat auf die Größe der Bundesarmee und die
außerordentlichen Kräfle der beiden deutschen
Großmächte gewiesen und hieraus dcn Schluß
gezogcn, daß Frankreich in die Länge cinen
Kampf mit Deutschland nicht aiiszuhalten ver-
möge. Leidcr ist auch dieses einzig« günstige
Verhältniß, das Verhältniß der Zahl, im letz-
ten Jahre ein ganz anderes geworden. Die
Errichtung der französischcn Reservcarmee, Lie
dieses Frühjahr ins Leben tiiit, sichert Frauk-
reich auch das uumerische Ucbergewicht, nach-
dcm es den Vörkheil der Eiiiheil ünd Kricgs-
etfahrung längst vor uns voraus hatte. Be-
trachten wir dieses Ereigniß etwas gcnaucr,
um deffen ganze Tragweite ermeffen zu lernen.
Dcr Kriegsstand der fraiizösischcn Armce be-
trägt »ach den neuesteu Rachrichten 595,000
Mann, von welchen 400,000 M. in 14 Tagen
marschfertig an den franzöflschen Grenzen
stehen können. Diese Aussicht ist wahrlich
wknig tröstlich, wenn wir bedcnken, daß die
ganze bliiikgcwiirfelte Bundesarmee nach Ab-
'zug der Frstungsbesatzuiigkn und Ersatzcruppen
nur 433,000 M. und mit den 'letzteren nur

590.000 M. beträgt, und wenn wir weiker
bcLenkeu, daß von Oesterreich bei seinem in>
nern Berhältniß höchstens die Absorbirung von

100.000 Franzosen in Ztalien und von Pren-
ßen wegen Däncmärk und Polen glcichfaüs
keine außerordentliche Truppenverwendung für
die Bundesarmee zu erwarte» sein würde.
Zwar haben die neucsten Bundesbeschlüsse das
Ersaßcontingent auf ^ pes Haupt- und Re-
servecontingentes crhöhi, was co. 100,000 M.

Lu spät.

Eine dänische Criminalgeschichte.

(Fortfttzung).

Metta schüttelte langsam mit dem Kopfe. „Der
Böse mag ihnen dte Augen vcrblcndct habcn",
mcinte fie.

„Das vcrhüte Gott!" gab ihr Söftenscn zur
Antwort, „daß er solche Gewalt über gctaufte Lhri-
sten haben mögc!"

Das Mädchen weinte anf's Neue. „Sage mtr
offenherzig, mein Lieber", fragte fie nach einigem
Stillschweigcn, „welchcs Urtheil Du übcr meincn
Vater sprcchen willst, im Falle Gott nns keine wei-
terc Aufklärung in dieser Sache znkommen laffcn
wird?" Sie säh bei dieser Frage den Rtchter ängst-
lich an und ihre Lippen bebten.

„Wcnn ich nicht fest glaubte", entgegnetc dieser,
„daß jeder Andcre noch strengcr, als ich, »erfahren
würde, so mvchte ich am liebsten mcinem Rtchtcr-
amte entsagen, ja, es mit Kreuden ganz niedcr-
lcgcn. Allcin, weil Du mich fragst, so darf ich eS
Dir nicht verhehtcn: das gelindestc Urtheil, das un-

mehr machen tvürde, d. h. mehr als vie nor-
male Bundesarmee. Da äber jene 590,000
Mämi die letztere bereits »m 87,000 Mann
überschreiten, tndem Ocsterrelch, Preußkn und
Bapern schon bisher bedenkend mehr zur Ver-
fügung tzestellt hatten, als ste nach den BüN-
dksbestimmungen mußten, vnd selbst die klei-
neren Staaten tin kieines Mehr aufweisen
konnten, sö ist jene Erhöhung bei ben größe-
ren Staaken bereits mehr als Vvrhanden und
wird fich im Betrage »ön ca. 40,000 M. nNt
anf die kleineren Staaten verthellen. Ange-
nommen, dtcfe Erhöhung sei in den lctzteren
ssfört zN verwkrkiichen, was keineswegs über-
all der FaS ist, s» würde doch nnr ein ver-
hältnißMäßig getinges niimerischtsllebergewicht
auf Geitrn Deutfchlanvs heraüskMmen. Die
Erkichtung der frsnzöflschen Rcsrrvearmee stürzt
abcr auch dieses über dcn Hanfen, und zwingt
uns gleichfaüs ans äußerörventliche Mittkl zu
deuken, wenn wir nicht scho» der Zahl cklie-
gen wollkih von den übrigen gewaltigen Vor-
thclleii Frankreichs nicht zu sprechen. Za wir
sprechen es mit der vollsten Uebeizkugung aus:
der Kaiser Napolcon hai in seiner ganzen
Laufbahn kaum einc Maßregel ins Leben ge-
tufen, wclche für den Frieden von Enropa
in daüerndcr Weise so bedrvhlich gewesen
wäre, wic die Errichtung der Reservearmee.
Was heißt denn nun diese Reservearmee? Es
heißt dieS so viel, daß, statt daß disher von
dem jährlichen Contingente von 120,000 M.
nui' sv »iel Mannschaft bei den Fahnen be
halten wurde, ats zur Ausfüllung der Lücken
veS fränzöstschen Heeres nöthig war, jetzt auch
die übrigcn, bisher ungeübt Zurückgestellten i»
den Wafsen gcübt werden, so daß hiedurch
das französtsche Heer bci seiner skebenjährigeu
Dienstz'eit zu der furchtbaren Größe von
mehr als 800,000 M. anwächSt! Der Kai-
str Rapolevn kan» somit das gauze stehenve
Hcer unbesvrgt in die Wagschale wersen und
die Vtrsicherung haben, die Reihen deffelbcn
durch 300,000 Reservisten stcts vollzählig zu
erhalten; das heißt, er kann daher vhne Be-
sorguiß vvr einer baldigen Aufzehrung seiner
Kräfte cinen großen, länger dauernden Krieg
ünternehmen und fast stcher sein, seine um-
faffendsteu Plane zu realistren! Diesc gewal-
tige Verstärkung beginnt äber jetzt und wird
somit in 7 Zahren vollendet und auf bem Lau-
fenden sein, so daß der Kaiser Napoleon, wenn
er es auch in seiner berechnenden Vorstcht fur
gut hälk, für den Augenblick noch zu laviren
und nvch zu pausircn, von jctzt ab mit jcdem
Jahre zuversichtlicher austreten ond die Ver-

strk Gesetz« schon irn Böraus äuszrsxrochen habek,
heißt: Lebcn üm Leben."

Mctt» sank in die Kniee, doch sast tn demstlben
Augenblicke crhob sie sich wicdcr, machtc cinige
Schritte rückwärts und rief mit wildem Bltcke:
„Willst Du dcnn den Vatcr tödtcn? Willft Du
Dcine Braut ermordcn? Siehst Du den da?" —
Sie trat hart vor Erik hin uüd hielt ihm die Hand
mit dem VerlvbnngSringe unter drc Augcn. „Siehst
Du diesen Ring? Was sprach der unglückliche Va-
ter, als Du thn an meincir Finger stccktest? „Jch
lege mcin Mädchen an Deincn Busen", sagte cr;
aber Du, Du durchbohrst mir den Bnseit!"

Jcdcs Wort, daS Metta sprach, durchbohrte dcs
Richters Herz. „Süßcstcs Kind", sagte er, „sprich
doch nicht so. Dir faffest mem Herz üiit glühen-
dcn Zangcn. Was willst Du, daß ich thun soll?
Dcnjcnigen ftcisprcchen, den das Gesetz GotteS und
der Menschen verurtheilt?"

Schweigcnd erhob fic die Augen gcn Himmcl.

-,EineS will ich thun", fuhr Söftenscn fort, „ist
cs äuch Unrecht, so wtrd dcr Herr mir die Sünde
nicht zurcchnen. Höre, liebstes Kind! Kommt die
Sache zum Urthetl, dann ist des Vaters Lebeü ver-

legtnheite» der anderii Mächte immer kühncr
-wird benützen köNüen. Laffen wir uns daher
dnrch seine scheinbare Ruhe nicht einschkäfern;
er wartet nnr, bis er seines Ersolges ganz
sicher zu ftin glaübk. Es ist klar, daß wir
gegen so enorme Kriegsüiiktel Mit ünsekn bis-
heritzen Organifationen äbsolüt nicht mehk aus-
reiche», svndern daß neiie energische Mäßregeln
ttnd zwar so zeikig ergriffen werden möffen,
daß wir Üiit den fränzösischeü Rüstungen glei-
chen Schritt halken köiinen.

Detrtschlattd.

KarLSruhe, 3. Zuni. (Schluß.) Der von Seiteu der
fürstl. Letuingen'schen Standesherrschaft erfolgten Präsen-
tatton deS Pfarrverwesers Wild tn Oberacker auf dte
evangelische Pfarret Neckargerach wurde die kirchenobrigkeit-
liche Genchmigung ertheilt, ebenso der von Seiten der
sürstl. Löwenstein-.Wertheim'schen bctdersetttgcn Standesherr-
schaften crfolgten Präseutatiön des Pfarrverwcsers Karl
Friedrich Meyer ans Durlach aus die evangelifche Pfarret
Htrschlanden. — DaS Amtsrcvisorat Oberttrch ist erledigt;
serner: die Stelle. etneS AWenzarzteS ohne Staatsdiener-
Etgenschaft iu Tiesenbronn, Obcramts Psorzhetm, mtt
etnem jährltchen Gehalte von 3W fl.; die cvangelksche
Psarret Dertingen, Dekanats Werthdim, rnit einem Coni-
petevzanschtag von 842 fi. 8 kr.; die Psarrei Bevern an
der Aach, KapttelS Engen, mit etnem Eiulommcn von
beiläufig 750 st.; Bewerber um dtese Pfründe haben sich
mit ihren Geiuchcn^ btnnen sechs Woc^en an den Hcrrn
Grafen von Langenstktn zu wcndtü. — Gdstorben sind:
Am 27. Aprtl d. I.: der penßontm Pfarrer Weazel von
Feudenhetm. Am 22. Mai d. I. : der avßerordentltche
Professor vr. Brackenhöst an der Univerßtät Hetoelberg.

(K. Z.)

Bom Necear, 4. Juiil. Jn verschie-
deneit Blättern hat Man das Gceticht vcrbrei-
tet, ein Bürger Sp. in V., Amks L., habe
seine Frau erschlagen. Wir können mit Be-
stimmihelt verstchern, daß diese Atigabe f a I s ch
ist. AUerdings haben di'e besagten Ehclcute
lucht ganz friedlich geiebt u»d gab es zwischcn
ihneii zuweilcn Zank, Strelt, auch Schläge.
Die Frau fiel an dem Tagc ihrcS Tvves in
den Keller und klagte nach detn Falle über
starken Leibschmerz, wvrauf sic. ihr Sohn
zu Bette brachte und den Arzt hcrbelrief, al-
lein bei seiNer Aiiküüst war d!e Frau eine
Leiche. Die giriMichc Scetton wies näch,
daß der Tod in Folgc eincr Verblulung des
UnterleibeS eingetrtten sei. Der mütlerweile
ins Gefängniß verbrachte Büracr tvurde nach
dieser amtlichen Erhebung sogleich anf frcien
Fuß gcsctzt.

ü! AuS -em Unterlande, 1. Zuni.
Jhr Blatt enthäll in Nr. 123 durch eine
MittheiliMg aus Billighcim einen weiteren
Beilrag zur Geschichtc dcs badischen Schül-
wescns. Die Geistlichkeit des Capitels Mvs-
bach hal nach dim Vorgange auderer geistli-

«irkt. Jch sehe keinc Rettung, als nur in der
Fsucht- KänNst Dn Rath dazu schafftn, dann wtll
ich dte Augen zudrückcn und schweigen. Stchst Dü,
ich habe gleich nach der Verhaftung des Bäters an
Dcinen Bruder nach Kiel geschrtcben; wir könnin
ihn jcden Tag crwartcn. Redet dann zusammtn
und sucht Euch den Gefängnißwärter zutn Frennde
zu machen. Fehlt is Euch an Gclo, sö verfllget
über AlleS, was tch besttze und vetmag."

Als der Richtcr dieses gcsagt hattc, wurbc Metta's
ganzes Antlitz glühend vör Freude; fie ficl deiü Ge-
liebten um den Hals und rrcf: „Für den Rath
gcbe Dir der Himmel dcn Lohn! Wäre nur schon
der Bruder hier, da würde wohl Räth wcrdin.
Abcr wohin cntfiichen? und, stnden wir anch cine
Freistätte in ftemdcn Landen, so werde ich DiL doch
niemals wieder sthen." DicS sprach fie so jämmcr-
voll, daß Söftenftn's Herz dem Brechen nahewär.

„Znnig geliebtes Herz", rtcf er, „ich werdc Eüch
finden, wo Ihr auch hinzichct, und stlltc unstr Ver-
mögen z« unstrcm Unterhalte nicht hinretchcn, so
follen dtest Hände für uns Alle arbeiteü. Zch habe
in metner Zugend Bcil und Hobel handhabcn ge-
lernt."
 
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