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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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li'chen Capitelsgenvffeiischafteii in ihrer Cvn-
serenz am 24. d. M. die Schulinspectorate
einer allgemeinen, aber die »Bad. Schulztq."
einer besonderea Besprechung gewürdigrt. Die
Löfsinger Conferenz hat schon in dcr erstea
Zeit des Erscheinens der „Bad. Schulztg."
dersclben Tod «nd Verderben mittclst des
Feuers und des Schwertes geschworen. Das
Blatt und seine Freunde haben sich an diesem
Gebahren so wenig, als an den gekcnnzeich-
neten^Ausfällen des „Krlsr. Anz." gestört
und sind ebcn in ihrem auf Hebung der Schu-
lcn und einer befferen Volksbildung abzielea-
den Streben vorwärts gegangen. Siehe da,
das Umernehmcn fand bcim Vvlk und der
großen Mehrzahl des Lehrerstandes dcn be-
sten Anklang; weder Feuer und Schwert ei'-
ner schwarzen Schaar, noch-der Fluch dcr
Kopshänger konnten so den Fortgang dessel-
ben hemmen, den Fortgang eines Unterneh-
mens, das so gule und edle Zwecke ver-
folgt, Die angewandten 'Äittcl vcrmochten
nicht dem freien, wahren, gutgemeinten Worte
seine Wirkungen zu versagen, und was thun
die Ulkramontanen wciter: Sie stehen die h,
Staatsbehörde an, da sie wie die Eulen das
Licht nicht ertragen können, dem Lehrerstandc
das frcie redlichc Wort durch die Presse zu
vcrsagcn und nennen dieses: S ch u H. Sie
nennen das redlichc und pflichtgetreue Stre-
ben der Lchrer, denen einmal nach 11 — 12
hartcn drangsalreichen Jahren wieder ver-
gönnt ist, die Mißstände ihres Berufslebcns
offen, frci und würdevoll zu besprechcn und
ihrc wohlbegründeten und tausendfachen Be-
schwerden bi'S an die Stufen des Thrones
eines erhabenen Regentcn gelangen zu laffen,
— „fcindselige Agitation." Gewiß ein be-
klagenswerther, zugleich auch verfehlter Kunst-
griff ciner Partei, die das gute Recht und
Gesetz sciiher mit Füßen gctretcn und den
guten Willen der Regierung so schnöve zu
mißbranchen suchte! Wer ist denn Ursache an
den tausendfältigcn Klagen des Lehrerstandes,
deffe» Mitglieder gegründete Ursache zu Be-
schwerden über Amtsmißbrauch SeitenS der
geistlichcn Schulinspectoren haben, ihrer Jn-
spcctoren, die eben nur glaubeii, von Rom
aus ihre Befchle erhalten zu müssen und die
eine weltliche Regentschaft, die Oberhcrrlich-
keit eines Landesfürstcn in dcr That m'cht
anerkcnnen, während der Lehrerstand zunächst
seinem Fürsten Treue und Gchorsam angelo-
ben muß, und anzugelvbcn verbunden ist?
Eiiie größerc Bcgriffsverwirrung, wie in dem
Lagcr dcr Ultramontanen, ist doch nicht bald
wieder zu finden. Bon einem Erirem gera-
then sie in daS anderc, und namentlich sind
es die Schulen und Schulverhältniffe, dic Leh-
rer und ihre Zeitungen, denen sie fortwäh-
rend ihre Aufmerksamkeit und so viclc freie
Zcit widmcn und sic so gerne für ihrc so
„ hochlaufenden " Absichten und Rückgangs-
bestrebungen gewinnen möchten.

Daß der Lehrerstand sich dahr'n wendet,
wohin er gehört und wohcr ihm Hülfc gebo-
ten wird, findct dcr schlichte Vcrstand eines,
Bürgers bcgreiflich; allein die Logik und der

Jctzt wurdc Metta wicder aus's Neue seelenfroh
und küßte dcn Brautigam unzähltge Malc. Beide
flchtcn aus ganzem Herzcn zu Gott, ihr Vorhaben
gelingcn zu laffcn, und mit frohcn Hvffnungcn
schieden fie von cinander. Aber kauin hatte sich das
Mädchen entfcrnt, ach tauscnd Zweifel sich vvn
Neucm in dcS Richtcrs Gemüthe rcgten, und jede
Schwicrigkeit, dic ihm kurz vorher lcicht zu über-
winden gcschienen hatte, kam ihm nun als ein hohes
Gebirgc vor, das seine schwache Hand nicht zu ver-
setzcn vermochtc. Es war ihm jetzt klar, daß nur
Der, dem die schwarze Nacht hell wic der Tag ist,
dcn Ausgang aus der Finsterniß und dem Grabes-
dunkel dicses Elcnds zu finden »ermögc!

Während der Richtcr, in sein«« Jnnern ganz
zcrriffcn, tiefsinnend und rathlos noch in scinem
Zimmer saß, wurden zwci ncue Zcugen angcmeldet.
Morten BrunS kündigtc sie ihm mit einer Unheil
andcutenden Micne an.

Wicder ward alfo das Gericht cröffnet und dcr
Gefangene herbcigeführt, um die Aussage der neu
hinzugekommenen.Zcugcn zu vernehmen. Dicse er-
klärtcn dcnn: „Daß sic in der mehrcrwähnten Nacht
den Weg entlang gegangen «Lrcn, «elcher zwischen

scharfe Verstand der erkeuchteten Häupter dcr
ultramontanen Partei erklärt diescs für eine
„feindselige Agitation", für ein großes Vcr-
gchen und Verbrcchen an der höchstcigcnen
Unfchlbarkeit.

Wenn es den geistlichen Herren des Capi-
tels Mosbach im Ernste barum zu thun ist,
daß den Lehrern dic Mcßnerei, überhaupt
die m'cdern Kirchendienste abgenommen wcr-
den, wcil sie durch diese Dienste — für welche
sie keine besondere Bezahlung, wohl aber die
meisten Arbcitszulagen erhalten — zu häufig
im Schulunterricht gestört werdeu, so hätte
die „Bad. Schulztg.« Ursache. genug, sich da-
für im Namen ihrer Freunde und des Leh-
rerstandes zu bedanken.

Jedoch dürftc auch da wieder ein Hintcr-
thürchen zu suchen sein, unter welchem wir
andcre Gestalten erblicken. Dürfte das letztere
Gesuch nicht damit bcgründet werden, daß die
Haltung dcs Lchrers nicht der eines geistli-
chcn, gehorsamstcn Dieners (in kopfhängeri-
schem und augenverdrehendem Stple) würdig
genug crscheint?

Wir hätten nur gewünscht, daß die Mos-
bacher Confereiiz dies mühsame Amt 'eines
Schulinspeetors als das mit dem gcistlichen
oder Priesteramte unvereinbarliche erklärt hätte,
weil dadurch die Pastoralion und Seelsorger-
amt beeinträchtigt wird. So aber wünscht
sie, sich selbst Meßner wählen zu dürfen, ben
Lehrer aber noch in „persönlichc Auf-
sicht" zu crhalten, damit man ihn die Sub-
ordinalion noch mehr fühlen laffen könne.
S» viel für jetzt! —

Vom Mittelrhein, 1- Juni. (M. I.)
Aeußerem Vernchmen nach stände noch im
Laufe dieses Sommers die Einberufung eines
außerorde.utlichen Landtags bevor. Es soüen
nämlich die Verhandlungen über den Abschluß
eincs Handelsvertrags zwischen dem Zvllver-
ein und Frankreich zur Einigung über die
Hauptbedingungen des Vertrags geführt ha-
ben. Preußen hat sich nunmchr hierüber mit
den andern Staatcn deS Zollvercins wegen
deren Zustimmung ins Einvernehmen zu se-
tzen und bedarf es hiezu ber ständischen Zu-
ziehung. Die Dauer des außervrdentlichen
Laudtags ivürde jcdcnfaüs cinc kurze sein.

Konstanz, 3. Zuni. Bei den gestern zu
Ende gegangcncn Wahlen in den großen Bür-
gerausschuß setzten die Stioimberechtigten der
niedcrsten und mittlcren Klaffe ihre sämmt-
lichen conservativen Candibaten durch, wäh-
rend in der höchstbcsteuerten Klasse die frei-
sinnige Partei vollständig sicgte. Unter andern
wählte dicselbe den Hofgerichts-Advocaten
Würth, wclcher erst in diesen Tagen die ihm
1849 entzogene Anwaltschaft wiebcr erhielt.
Buchdrucker Stadler, ber gegenwärtige Bür-
gcrmeisteramtöverweser, hat sich burch seine
Verwaltung so cinpsohlen, daß er, obwohl
Protestant, bei der Bürgermeisterwahl eine
gewiffe Aussicht hat, die meisten Stimmen auf
sich zu vereinigen.

x Darmstadt, 4. Juni. Rach langer
Unterbrechung eröffnetc die Ständekammcr
heute wieder ihre Sitzungen. Da cs bekannt,

dcm Garten des Pfarrcrs und dcm Walde hin-
läuft; hier HLtten fic bemerkt, wie ein Äann mit
eincm Sacke auf dem Rückcn aus dem Walde ge-
kommcn nnd an ihncn vornber eine zicmliche Strccke
weit nach dem Garten zn hingewandert sei. Sein
Gesicht konnten sic nicht erkcnnen, weil es von dem
Sacke verhüllt war; allein, als dcr Mond aufsei-
nen Rücken schien, HLttcn sie deutlich bemerkt, daß
er eincn ticf herabhLngenden Rock (eincn Schlaf-
rock nLmlich) und eine «eiße Nachtmützc auf hatte;
genannte Person wäre hierauf am Gartcnzaune
vcrschwundcn."

Nicht so bald hatte dcr Erstc dieses Zeugniß ab-
gclegt, als der Pfarrcr in seinem Gesichte grau
wie Asche wurdc, und kaum mit schwachcr Stimme
dicWorte hervorstammcln konntc:„Mir wird ubcl!"
Es wurde ihm ein Seffel hingeschoben. Da rief
Morten frohlockcnd dcn Umstchenben zu: „Das hat
dem Gedächtniß dcs Pfarrers gcholfen!" Dieser
abcr vcrnahm die Wortc nicht, sondern wtnkte dem
Rtchter her und flüsterte: „Laßt mich in mcinen
Kerker zurückführen; dort wünsche ich mit Euch zu
rcden." Es geschah, «ie cr wünschte.

Der Angeklagte wurd« von dem GcfangnißwLrter

daß dem Mlnisteri'um v. Dalwigk der Zusam-
mentritt der Kammcr zur Zeit höchst unbe-
qiiem, so erwartet man mit Recht cigenthüm-
liche dringendc Veranlaffung zu bcren Zusam-
mcnberufung. Ein zahlreiches Publikum, wie
selten, fand sich daher auch auf den Gallerien
ei». Das Kriegsministerium brachte dann
seine Anträge wegen Umgestaltung der Jn-
fanterie, die Errichtung eines Jägerbatail-
lons, die Einführung dcs Turnens bei dem
Militär und andcrcs cin, wofür die Be-
willigung von Geldmitteln von den Stän-
den beansprucht wird. Daß von Seiten
des Kriegsministeriums das meistc, was bc-
antragt, als theils „schon geschehen", theils
„in dcr Ausführung begriffen" angcgeben ward,
schien jcdoch auf die Abgeordneten einen we-
nig günstigcn Eindruck zu üben.

Stuttgart, 1. Zuni. Zn Ludwigsburg
befindet sich ein höherer Officier in Haft und
Untersuchung wegen eines ähnlichen Vcrbre-
chens an einem kleinen Mädchen, wegen des-
sen ein Cigarrenarbeiler dieser Tage zu 15
Zahren Zuchthaus und 50 Stvckprügeln vom
Schwurgericht verurtheilt wurde. Eine Rcihe
der seltsamsten Gerüchte cursirt über den An-
gcklagten: Eins ist sicher, daß eine Verleum-
dungsklage desselben gegen den Pfleger des
mißbrauchten Kindes vom Oberadusgericht
Ludwigsburg abgewiesen worden ist.

Jn Württemberg hat die Finanzcommission
einen cntscheidcnden Schritt in der Coucor-
datsangelegenheit geihan. Dieselbc beantragt
nämlich, die Kammer wolle jede Berathung
und Bewilligung der Kvsten des katholischen
Kultus in so lange aussetzen, biö bie Regie-
rung eine, den frühern Beschlüffen in ber
Concordatsangelegenheit entsprechenbe Er-
klärung über ihr ferner beabsichtigtes Vtr-
haltcn abgegeben habe. (Eine Privaliriit-
thcilung bezeichnet den energischen Moritz
Mvhl als Vorkämpfer in dieser Sache,

Dresden, 1. Juni. Die Eisenbahn-Direc-
toren des beutschen Eisenbahnverbandes sinb
seit gestern hier versammelt, um einige Tage
über Betriebsangelegenheiten unb übcr Fra-
gen zu berathen, welche das deutsche Handels-
gesetz angeHen.

Berlin. Hr. v. Zeblitz ist also endlich
von seinen Functionen piovisorisch entscrut.
Die Art, in welchcr dics geschah, ist im
Grnnde ein weiteres Zeichcn, wie wenig
Neigung zu Berlin vorhanden, dem gerechlcn
Verlangen der öffenllichen Meinung Rechnung
zu tragcn. Der Schwerbeschuldigie war eigenS
nicht „suspendirt", sondern nur „beurtaubt
aus unbcstiminte Zeit"; einc Untersuchung
ward nicht Vvn Amtswcgen eingeleitet nach
dem Bekanntwerden ber viclbesprocheuen
Dinge, sondern nur, nachdem Zedlitz selbst
;,dringend baruin gebetcn." Za svgar bic
„Urlaubsertheilung" ersolgte blos, weil er
auch um dicse gebeten." Ohne Zweisel hat
man dabei die Erweiternng der „moralischen
Eroberungen" im übrigen Deuischland im
Auge, von der man sich bekanntlich Wuuder-
dinge vorschwindelte.

und einem HLscher abgeführt. Als die Thüre des
Gcfängnisses geöffnet wurde, stand Metta darin
und machte eben des Vatcrs Bett; auf einem Stuhl,
am Kvpfbrettc dcS Bettcs, lag dcr unsclige grüne
Schlafrock. Das Mädchen schric laut auf vor Kreude,
als fle den Richter mit dcn AnderZ eintrelcn sah.
Sie glaubte nicht anders, als daß der Vater frei-
gcsprvchen sei, unb daß ber Vorstand des Gerichtes
kommc, um ihm das Gefängniß seierlich zu öffncn.
Sie warf Alles, was sie in den Händen hattc, «eit
wcg und hing an des Vaters Halse. Der alte
Mann wcintc, daß eine ThrLnc die andere schlug;
er vermochte cö nicht über das Herz zu bringen, ihr
mitzutheilen, was in dcm Gerichtssaaie vorgegan-
gcn war, sondern gab ihr einige Aufträge, um sie
untcr diescm Vorwandc zu cntferncn.

Ehe Metta fortging, hüpste sie noch zu Söfren-
scn hin, drücktc feine Hand an ihre Brusr und flü-
sterte: „gute Botschaft?"

(Kortsetzung folgt.)
 
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