Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Mai
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0475

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zr ii8


Donmerstag, 23. Mat

JrrsertioaHebührea für die Zspaltige Petit-
znle werdr» mit 2 kr., bejw. 3 kr. oerechll«.

18«».

Deutschlan-

Sarlsruhe, 17. Mai. Vsrgestern Abend
wurde hier ein badischcr Zweigverein der all-
gemeinen deutschen Schillerstiftung gegründet.
Als Vvrstände dieser Zweigstiftung wurden
gewählt die Herren Hofapvthekcr nnd Land-
tagsabgeordneter Kirsner in Donaueschingen,
Hofgcrichtsrath Wielandt in Freiburg, Mcdi»
cinalrath Dr. Fücßlin in Baden. Director
Dr. Devrient, Privatmann Günther, Münz-
rath Kachel und Profeffor Dr. Löhlein in
Karlsruhe.

Karlsruhe, 19. Mai. Das Ministerium
deS Jnncrn hat nach dem Karlsr. Anz. durch
Erlaß angeordnct, daß künftig über kirchliche
Bauten (Kirchen und Pfarrhäuser) nicht mehr
von Staatsverwaltungsstellen von Amts wegen
Beschluß gcfaßt werden dürfc, sondern gemäß
der neueren rechtlichen Stellung der Landcs-
kirchen erst, wenn ste von den „kirchlich Bc-
theiligten" wegen WiderspruchS der Baupflich-
tigen hierum angegangen werden.

Karlsruhe, 19. Mai. Nachdem der land-
ständischc Ausschuß seine Gcschäfte beendigt,
sind die auswärtigen Mitglieder deffelben am
17. d. wiever von hier abgcreist.

Karlsruhe, 21. Mai. Scine Großher-
zogliche Hohcit der Prinz Wilhelm ist ge-
stern Nachmittag von Bcrlin wicder hier ein-
getroffen. (K. Z.)

Vom Neckar, 19. Mai. Die badischen
Anwälte werden zur Besprechung ihrer Stan-
desangelegenheiten am 29. Auni in Baden-
Baden eine Vcrsammlung abhalten.

Mauuheim, 12. Mai. Jn der gestrigen
Versammlung der Mitglieder des National»
vereinS wurde 'ei» Antrag dcs Prof. Bau-
mann angenommcn, dahin gehend; „Dic
Mitglicder dcs Nativnalvereins in Mannheim
erachten es für eines der ersten und wcsent-
lichsten Mittel gesetzlicher Agitatiou für die
nationale Bewegung, daß bei vorkommenden
Wahlen die Agitgtion für ein Zustandekom-
men derselben im Sinne der Nationalpartei
von den Vereinsmitglicdern als solchen in die
Hand gcnommcn werdc, wobei einc Zuziehung
von Mitbürgern, die außerhalb deS National-
vereins stehen, aber i» gegebenen Fällen mit
drm Rativnalverein zusammenwirken wollen,
aüerdings zulässtg und selbst zweckmäßig er-
scheint.« Die Versammlung war schwach be-
sucht; von 327 Mitgliedern waren nur 67
erschicne». (Bad. L.Z.)

Bruchsal, 15. Mat. Vorgestern fand
dahier die angekündtgte größere Conferenz ev.

Geistlichen uad Läien statt. Die von ctwä
4—500 Mänuern besochte Versammlsng fand
unter dem Vorsitze des Stadtpfarrers Zün»
mermann von KarlSruhc statt; als Sekretäre
fungirten die Herren Pfarrer Zimmeru vo«
Grabe» und Stadtvikar Bauer von Wi'esloch.
Hie Hauptreferentcn warcn die Herren Geh.
Kirchenrath Hundestagen vvn Heidelberg über
die in dem neucn KirchenverfaffungS-Gesetz-
entwurfe vorgeschlagene Gemeindeorganisation,
und Stadlpfarrer Grckner von Mannheim uber
das zu Sndernde Spnodalwesen. Äls weitere
Redner trateN auf, die Herren Riehm aus
Heidelberg, Eberlm aus Handschuchsheim,
Metz aus Freiburg, Heintz aus Mcisenheim,
Stern auS Karlsruhe und Rkihlcn aus Mann-
heim. Die el'nstl'mml'g gefaßten Beschlüffe
gehen tm .Wesentlichen dahin, daß, wenn
auch die Konfercnz 'es gerne anerkenne, daß
der Entwurf sowohl im Allgemeincn, alS auch
im Einzelnen darauf abziclt, die Autonomie
der Landeskirche nach Maßgabe des betreffcn-
den Gesctzes zu erweitern, sowke auch, daß
iw Allgemeinen dic Ordnung der Materic in
demselben nicht nur diesem Zweck entspricht,
sondern auch der Kirche Vieles dargeboten
wird, was großen Werth hat und ein Bedürf-
niß für sie ist (z. B. die größere Bethcilignng
der Gemeindeglieder, häufigcre Spnoden rc.)
man gleichwohl sich auch dit erheblichen Män-
gel »icht verhehlen könne. Diese beziehen sich
im Wesentlichcn darauf, daß dem Ganzen etn
Kirchen- und Gemeindebegriff zu Grunde liege,
der weder der heil. Schrift uoch den Bekennt-
oißschrifte» entspricht, sondern Staatsformen
entnommen ist; daß ferner, statt von der Unions-
urkunde und gcgebenem geschichtlichen Boden
auszugehen, man Frcmdes auf uusere Ver-
hältniffe übertr.ägt ohnc wcitere Vermi'ttlung;
daß auch keinc genügenden Bürgschaften für
diejcaigen, dte an drr Kirchenleitung Theil
nehmen, gcboten werden; daß, statt organisch
fortzuschreiten von Unten nach Oben, man
wiederholt auf die unterste Stufe zurückgeht,
sogar bei der Wahl zur Generalspnode; daß
endlich das alles Maß überstcigende Wählen
nur von verderblichem Einfluß sein kann. Die
Verhandlungen und Beschlüffe der Couferenz
sollen Sr. Kgl. H. dem Großherzoge und der
obersten Kirchenbehörde durch eiue Deputation
überbracht und später durch den Druck ver»
öffentlicht werden.

ipforzhcim, 19. Mak. Die definttive
Eröffnung der Eiscnbahnstrecke Wilferdingen-
Pforzheim wird bis 1. Zuli stattstnden.

Lius Badcn, 19. Mai. Dic letzten Wah-

len jur Generalspnode werde«. nnn in dtesen
Tageo stattjmden, inSbesvnderr die der welt-
Irche» Abgeordnetcn. Bnf dieft Kundgebusg
ist man mit Recht gespannt; man rrwartet
Wahlen, welchr einen entschiedenen Character
habrn, wrlche Männer in die Spnode senden,
die klar und ohne Umschwrift zu den Grund-
sätzen deS Entwnrfe« stehen.

Aus der bayr. Pfalz, 17. Mat. Dic
Pfälz. Ztg. erzählt von einem Samps» der
vorgestern in der Nähe vo» Beühcim zwischcn
einigen Gcnsdarmen und 3 auf einem Hcu-
bpden versteckten österreichischen Deserteuren
(Vencttaner) vom 16. RegimeNt iti Mainz
stattfand. EkNer der Descrteure wurdc dabei
durch einen Schüß todt niedcrgestreckt, ein
anderer-schwer verwundct.

Frankfurt, 18. Mai. Heute stärb hier
der wirkl. Geh. Rath Frhr. I. A. v. Holz-
hausen, Bundestägs - Gesandter für Reiß ä.
und j. L., Lippe, Waldeck und Heffen-Hom-
burg, im 62- Iahre seines Alters.

Frankfurt, 21. Mai. Berathungsgegen-
stäüde deS AusschuffeS des Nationalvereins;
Schaffung einer Flottille von Dampfkanoncn-
booten zum Schutz der Nordsecküsten; Un-
brauchbarkeit der Bundes - Kriegsvcrfäffung,
mit Hinweis auf politische Hinteräedonkkn der
Würzburger Refvrmvörschläge; Währung der
deutschen JnttreffeN in Postn; OrgaNisation
von Wehrvereinen.

Berti», 16. Mai. Di« Polizeifrägr
hat nunmehr in hohen Krrisen grvße Beden-
ken hervorgeruftn, «ozu das Tagebuch eines
Lehrers der jugendlichen Berbrecher, dic auf
dem Molkrnmarkt iuhastitt waren und find,
jkdenfalls daS Seinige beigeikagen hat. Es
ist absichtlich dem Könige, dem Ministcr des
Znnern, dem Abgeordnetenhause Und den Stadt-
vcrordneten zn'geschickt und euthält zugleich alS
Bekräftigung der Wahrheit die Unterschriften
der jugeudlichen Verbrrcherinuen, über die es
sich während ihrer Drtentiou verbreitrt. Es
umfaßt 60 beschriebene Bogen.

Bcrlin, 17. Mai. Die „Pr. Z.« sagt
in einem Artikel über die Untersuchung der
gegeu die hiesige Polizeiverwaltung erhobenen
Beschuldigungen: der Staatsanwalt hat nun-
mehr uach Znhalt seines dem Miaister deS
Znnern von dem Justizminister mitgetheilte»
BcrichtS die Erklärung abgegeben, daß tn dem
zur Zeit ihm vorliegenden Material keint
Beranlaffung enthalten sei, die schwebenden
strafgerichtlicheu Verfolgungen allf noch ander«
Beamte des hiesigcn Polizeipräsidiums als
die bis jetzt davon betroffenen auszudehnen.

Pir Heiratyscandi-aten.

Novell« vvn Wilhelm Jungmann.

Auch mir war es einst vcrgönnt, die herrlichc Tour
vvn Auerbach über das Kürstenlager, das Auerbacher
Schloß, das Zägerhaus und das Felsenmeer nach
Reichenbach zu mrchen, und nach vielen Aahren regte
fich noch dte Sehnsucht in mir, diese Gcgend nvch
cinmrl zu besuchen; doch cs «ar zu spät. Nicht
mehr besaßen dic Glieder dte Kraft und die Aus-
daucr, stcile Bergc zu b-stcigen.und einen solchcn
wciten Wcg zurückzulcgen. Jch mußte auf der Ebenc
bleibcn; doch auch auf dieser ist es schön, und vör
allem in dem herrlichen Reichcnbacher Thale. Da-
hin zog es mich mit Riesengewalt, um doch wenig-
stenS noch einmal aus den Fenstern des Lambert'-
schen Wirthshauses das FelscnMcer zu betrachten
und mich dann an dcr stets ausgewähltrn Lafel
tn dte Jugendzett zurückzuträumen. Das gtng, diesen
kleinen Weg getraute ich mtr noch zu machcn, und
er wurde angetreten. Auf der Eisenbahn in BenS-
heim angekommen, ging eS nun in das schöne Thal

hinein, durch das Dorf Schönbcrg hindurch, «o auf
steilcr Anhöhe das alterthümliche, noch bewohnte
Schloß glctchen NamenS liegt, und ehc ich mich'S
versah, stand ich mitteN im Dorfe Rcichcnbach, wo
in der RLHe der Kirche mir d»S freundliche WtrthS-
haus entgegenblicktc, deffen Bckanntschast ich früher
schon gemacht hattc. ES war noch früh am Tage,
als ich dort angekommen war, alleS war noch still
und ruhig, «eil hier dic Fremden e'rst gegen die
Mittagszett cinzutreffen pflegen, doch staud eiüe
clegante Lhaise vor dem Hause, deffen Pfcrde aus-
gcspannt warcn. Ziemlich ermüdet stieg ich die hohe
Trcppr »or dem Hausc hinan und hatte mir eben
einen Schoppen Wein rctchen laffen, als ein statt-
licher, vornehm geklcidetcr Hcrr mit einer rlegantcn,
auffallend schönen Damc zu mir in den Saal traten
ünd mich auf das stcundlichstc begrüßten. Der Herr
war groß und stark und von blühendem Aussehen,
obglcich setnc Haare schon in'S Weißliche hinüber-
sptclten, die Dame mittlerer Statur, wohlbeleibt,
«nd obgleich auch fie nicht «ehr zü dtn Jugend-
lichen zählte, so «ar ihr Haar doch noch glänzend
schwarz »nd ihr Geficht «on solchcr Frifche und Lieb-
lichkeit, daß man fich freudig z« ihr htngezogen

fühlte. S» ging rs auch mir; beider Erscheinung
hatte einen wohlthuendcn Eindruck aus mich ge-
macht, und ehe einige Minuten »ergangen, wareN
wir in ei» so intercffantcs Gespräch vrrwickrlt, daß
NNS dic Stundcn «ie Augenblicke verrannen und
die Mittagszeit herangekommen «ar, ehe wir es
uns versahcn. Jch hatte erzählt, wie ich tn ftührren
Zahren in Gcscllschaft »on mehrcren guten KreuN-
den den herrlichen Weg von Auerbach über daS Ge-
birge hicrher gemacht, und wie «och jetzt so ange-
«ehme Erinncrungcn sich an diescn ÄuSflug knüpftcn,
und wie gern ich ihn noch einmal HLtte machen mö-
gen, HLtte nicht das vorgcrückte Alter einer so über-
mäßig anstrengenden Tour einen hemmenden Rie-
gel vorgeschoben. „Ebcn so geht cs mir auch, mein
lieber Herr!" sprach jetzt der FrcMde lLchclnd; „da
haben wir gleichis Schicksal niit einander zu tta-
gen, dcNN obgleich meinc Erinncrungen, dte fich an
diese Gegend knüpfen, ganz anderer Natur find als
die Zhrigen, so muß ich e« dtnnoch üntcrkaffen, fie
noch einmal zu bcsuchen; darum habe ich es äüch
metnen Kindcr» zur Pflicht geMacht, diese Tour
für mich zu untcrnehmen, damit tch recht mtt ihnen
Lber diefc Gegend plandern kann. Hentt Morgen
 
Annotationen