Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
März
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0303

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Deutschland und Jtalien.

Die Frage, wie Dcutschland sich zu dem
neue» Königrelch Ztalien stellen wird, ist
gleichbedentend mit kerjenr'gcn, in wiefern es
Jtalien gelingcn wird, sich von den Feffeln
des französischen EinffuffeS zu befreien. Was
dem neucn Königreich nöch fehlt, ist nicht bloß
die Hauptstakt, sondern vor Aüem die Unab-
hängigkeit von fremder Herrschaft. Je mäch-
tigcr der Arm deS angerufeiien Beschüßcrs ist,
um so leichter war mit seiner Hülfc die Durch-
führung der Rcvolution, abek um so schwerer
ist es, sich dcm lästigen Schutze selbst wieder
zu entziehcn. Als die italienische Nativnal-
partei flch zu dcm Wagniß entschloß, fremder
Hülfe sich zur Befreümg zu bedienen, hatte
ste ohne Zweifel gleichzcitig den Hintergedan-
ken, dercinst nicht ininder die französischen, wie
die östcrreichi'schen Fesseln abzustreifcn, wie es
ja die traditionelle Politik des Hauses «a-
vopeu war, sich abwechselnd dcr Hülfe Frank-
reichs gegcn Oesterreich ünd wieder Oester-
reichs gegcn Frankreich zu bedieiien, und durch
solchcs Doppelspiel seine Unabhängigkeit zu
bewahren. Sicher ist dies auch der Grund.
gedanke der Cavour'schen Politik, aber ein
Gedanke, der ebenso von Napoleon durch-
schaut und i'n Rechnung gezogen ist, und deffen
Hintertreibung zur Zeit noch ganz in seiner
Hand liegt. Durch seine Stellung in Rom
hat cr die dcfinitive Vollendung des neuen
Reichs in seiner Gewalt, die Erreichung des
letzten Ziels hängt von seinem guten Willen
ab, oder vielmehr von den Bcdingungen, die
er dasür stcllt. Eben in den letzten Tagen
scheint es fich darum gehandelt zu haben, ob
Jtalie» die Räumung Noms sich durch neue
Opfer erkaufen will, uiögen nun diese in wei-
teren Gebietsabt retungen, oder in der Schaf-
fung eines plonplonistischen oder muratistischcn
Throns, odcr endlich in der Verpflichtung be-
stehen, in einem Kricge gegcn Deutschland Bun-
desgenossenschaft zu leisten. Zn allen Liese»
Fällen, nicht bloß im letztepcn, stäude es uns
absolut feindlich gegenüber; denn es würde
damit zu einem Schemel für die Machterhöhnng
Frankrcichs wcrden, in welchem wir unter
alle» Umständen, so lange es von einem Na-
poleoniden beherrscht ist, einen natürlicheu Geg-
ner zu sehen haben. Aber Ztalien würde da-
mit auch sich selbst um die Früchte seiner
Erhebung bringeu, welche nicht bloß dem Sp«
stem innerer Mißregierung galt, sondcrn ihre
schärfste Waffe in dem gemeinsamen Haß gcgen
die Fremdherrschaft hatte, es würde dann wirk-

Ein Abcntruer unter Scttlern.

Mitgelheilt von.Ed. Franke.

(Fortsetzung).

„Also war fie es doch?" — sagte Ruse lächelnd.
— „Nun, ich will nicht mit Gewalt in Zhr Gc-
hcimniß dringen; ich suchte Sie auf, um zu wiffen,
wic ich mich zu verhalien habe. — Morgen in allcr
Krühc soll ich vor Gericht aussagen, «as ich von
dem gesirigen Vorfalle weiß. Die Soldatcn und
der Wachtposten find bercits vernommen. Letzterer
hat ausgesagt, was ich Zhnen bercits mitgethcilt,
den Namen des Herrn, nach welchcm fich das Mäd-
chen bei ihm erkundigt, wclcher kommcn müffc, den
habe er vergeffen, auch sei kein Hcrr gckommen. —
Man vermuthet nun, diescr sci, da man Blutspuren
entdcckt, ermordet worden, und da ich das MLdchen
auch bei der Wache gcsehcn, mehr abcr noch den
Namen des Hcrrn wohl wiffen müffe, welcher zu
mir habe kommen wollen — so hat man mich mor-
gen z,P Verhör gcladk». — Ueberzeugt nun, daß
kein Verbrechcn bcgangen würde, möchte ich doch
nicht gcrne Zemand comprvmittircn; dcshalb wollte
ich

lich nur seinen Herrn täuschen, und die dem
Napoleonismus wie ein natürliches Gesetz
innewohnendc Unersättlichkeit müßte zuletzt
dieselden Erfahrungen wieder über Jtalien
bringen, wie im Anfang dieses Zahrhunderks.
Eben deßwegeü aber witd sich Cavour zweimal
besinnen, ehe er auf solche und ähnlichc Be-
dingungen sich einlüßt, und lieber zu einer
wciteren Vertagung der römischen Frage stch
bcquemen, alS den Verkauf der Unabhängig-
kcit Jtaliens befiegeln. Ohnedies ist die fort-
dauernde Ungewißheit wegen Roms gefähr-
licher für Näpoleon, dem sie eineu bedeutsamen
Kampf im eigenen Lande aufregt, als für rie
Ztaliener, welche nichts verlieren, wenn sie
rnhig abwartcn, bis ihnen günstige Umstände
auch das Patriinvnium Petri zuführrn. Graf
Cavour hat den schwicrigen Stand, gleichzei-
tig den unlauteren EinmischungsgelüstenFrank-
rcichs, wie der rücksichtslos vordrängenden
Actionspartei entgegentreten zu müffen. Aber
nach beiden Seiten hin hat er auch die über-
wiegeiidc Mehrheit der nationalen Partei auf
seiner Seite» welche sich in den letzten Jahren
der mazzinistischen weitaus überlegcn gezeigt
hat, und wclche jetzt sicher mit Cavour auch
darin mit einverstandeli ist, lieber die röinische
Frage zunächst unberührt zu laffen, als ihre
Lösung mit Iheuren Opfern zu erkaufen. Die
Stimmung übcr den Handel mit Nizza und
Savopen hat die Gränze gezeigt, wclche nicht
überschritten werden kann, unb wenn bie na-
tionäle Partei auch begreifen mochtc, daß ohn^,
irgend welches Opfer die Hülfc Frankreichs
nicht zu erreichen war, so ivird sie doch nie-
mals zu solchen Opfern sich verftehcn, welchc
daö ganze BefreiungSwerk illusorisch niachcn.
Allcin wenn auch Cavour zivischcn napoleo-
nischer Arglist uud mazzinistischcr Hitzkopfig-
kcit gtücklich das Schifflein hiudurchzulenken
im Stande ist, stets daS Ziel der nationalen
Unabhängigkeit im Auge, so ist doch noch ein
weiterer, uns direct berührender Punkt, wel-
cher die oft besprochene Verwirklichung eines
Bnndniffes zwischcn Jtalie» unv Deuischland,
das eventucll gegen Frankreich gcrichtci wäre,
vorläufig vöüig ins Reich der Träume ver-
weist. Es mag sein, daß es auch iu Zialie»
Männer gibt, denen im Ernste solche Gcdan-
ken vorschweben, wie sie vor Kurzem im preußi-
schen Abgeordnetenhause geäußert worden find,
allein jedenfalls nur mit dem Vorbehalk, vaß
dann zuvor dic venetianische Frage in ihrem
Sinne gelöst ist, d. h. daß Veneticn, und nicht
bloß dieses, fondern was die italienische Zunge
redet, also auch Völker des deutschen Bundes-

gebiets und der Schweiz, in den Besitz Zta-
liens übergegangen sind. So lange aber Jta-
lien diese Gebiete als ein natürliches Rccht
in Anspruch nimmt, versteht sich von selbst,
daß es in Deutschland, wic Deutschland in
ihm, einen natürlichen Gegner erblicken muß,
eine Gegnerschaft, die spätcr oder früher zu
einem Entscheidungskampfe führen muß. Da-
gegen muß Ztalien, so lange die Sachen s»
stehen, in Frankreich seinen natürlichen Ver-
bündeken sehen, wie es auch mehr als wahr-
scheinlich ist, daß, wenn einmal der Angriff
auf Veneticn als zeitgemäß erachtet wird, dies
derselbe Möment sein wird, in welchem anch
die napoleonischen Absichten auf die Rhein-
gränze gercist sind. Zn künstigcn Zeiten mö-
gen Combinationen eintretcn, wo die italie-
nischen Heere als Bundcsgenossen an unserer
Seiie fechten, aber dies sind Zukunftsträumc,
die nicht in unsere Bcrechnung fallen. Wohl
zu berechnen aber sind die Kämpfe, die uns
in jedem Fall in der Zwischenzeit nicht erspart
siud, und in dcnen wir die Jtaliener zu un-
srrn Gcgliern haben werden. Hat einmal
Zkalien sich dcm Einffuß Frankreichs zu ent-
ziehen gewußt und hat dic EntscheibUng dcr
Waffen die Frage Venetiens definitiv geklärt,
dann erst inag unsererselts ein Bündniß mit
Zialien möglich sein, nothwendig aber
ist, daß wir uns zuvor auf diesen Kampf
vorbcreiten, um ihn so zu bestehen, daß die
Jtaliencr ein für allcinal lernen, die Hand
zu laffen von dem, was unser ist. (S. M.)

Deutschlan-

Aus Baden, 25. März. Dib durch ver-
schiebene Zeitungen verbrcitetr Nachricht, daß
keine der CompostiionciH dcr „Licder aus dem
Engern" den auSgcschriebciieii Preis bekommen
habe, ist verfrüht.

AuS Baden, 27. März. Die Thatsachcn
mehren sich, welche anzeigen, daß man bei
uns kirchlicher Seits von der anfänglich schrof-
fen Stellung, die dort unserer neuen Gcsetz-
gebung gegenüber cingenommen wurbe, zurück-
kommt, oder mindestens zu einem passiven
Verhalten sich versteht. Dies zcigt stch inS-
besondere bci den mehr und mehr vvrkouimen-
den sog. N o th-C iv il ch en, die anfangS
mit kirchlichen Strasen, sogar mik Ercommu-
nication bedroht wurden, während neuerdings
dic geistliche Behörde mit Rccht stch varauf
beschränkr, lediglich ihre kirchliche Anschauungs-
weise auszusprechen unv festzuhalten. Dieses
sachgcmäße Verfahren findet die Anerkennung

Sollte die Sache gehcim bleiben, mußte ich Ruse
cinweihcn. Jch theiltc ihm also mit, was ich sür
gut hielt, übcrzcugte ihn, daß von keiner Gewalt-
that die Rede sein könne, dic aufgefundenen Blut-
spuren an jcncm Orte cinem unglücklichen Falle
zuzuschreiben wären.

„Dann soll'S schon gehen", sagte er lächelnd. „Die
Herren brauchen nicht alles zu wiffen. — Zhr Nam«,
dic Abficht Jhrcs Besuches, da man cinen Fremden
in Zhncn vermuthet, warcn mir noch nicht bckannt;
etn MLdchen sah und hörte ich zwar beim Posten,
ohne fie jedoch zu erkennen. — Damit abgrmacht.
— Aber beiZhrcm Hange zu Abcnteuern, erlauben
Sie mir, daß ich Sie nochmals warne. — Wer
weiß, ob daS Ganze nicht ein wohlberechnetes Spiel
ist. Sic find nicht karg mit dem Gcldc — haben
vor Kurzem eine Erbschaft gemacht — das Mädchen
wurdc Jhnen auf dicse Art klüglich in die Hände
gespiclt — um Sie zu reizrn und ficherer in'S Garn
zu löckcn."

Unwillkürlich sticg bci dicsen WorteN ein Verdacht
in mir auf, tricb mich von der Srite meinrs Freun-
dcs. Zch hatte heutc ftüh in der Eile der Erre-
güüg nichts verschlossen. Nächst eintr Summe von

1500 ff. E.-M. war in mcinem Schrei^ische ein
nkcht unbedeutender Werth an Prätiosen vorhan-
den. Auch meine goldenc Uhr ncbst Kettc vermißte
ich jctzt erst; ich hatte sie wohl vor dem Bette liegen
laffen. — Jch blickte nach dcm Schreibtrsch — d«r
Schlüffel fthlt. — Ach durchsuchtc meine Taschen
— nichts — mcin Freund lächelte höhnisch — mir
ftlbst «urde unhcimlich. — Zctzt fällt mir ein Blu-
mentopf in die Augen, welcher sonst auf dim Fcnster-
rahmen, nufi inmitten des TischeS, gcrade vor dem
Spiegcl, in schieser Stellung stand. — Rasch er-
hebe ich ihn. — Da lag der Schlüffel.

„Za so da — da ist cr ja", ries ich, als ob ich
ihn ftlbst dorthin gclegt und eiltc lcichten Herzens
zum Schrcibtische. — DaS Mädchen war ein edles
Wesen, jetzt «ar ich deffen gewiß; denn ihr Werk
war dies. Sie hattc, das Zimmer verlaffend, mit
Sorgfalt sür mctn Eigenthum gewacht.

Zch riß den Schreibtisch auf. — Allcs unverfthrt.
Nur in den unbcschriebenen Papiercn wat gckramt.
Den Brief von hcute ftüh hervorzicheüd — findc
ich dassclbe Papier. — Sie hatte also hiergrschrieben
sich mcines Pctschaftcs bedient, Gcld und PrätiofeN
vor Augen gehaht —und nichts mtwendet. - Das
 
Annotationen