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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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N; 12«


Eamstag, ss. Mat

JnsertionSgebühren für die Zspaltige Petit-
zeile werden init 2 kr„ bezw. 3 kr. berechnet.

L8«L,

Zur Politik der Mittelstaaten.

Es ist seit einl'ger Zeit mehrfach in öffenk-
lichen Blättern die Rcde davon, daß die süd-
westdeutschen Staate» ein engeres militärischcs
Bündniß unter sich herzustellcn suchten, und
daß flc damit de» Anträgcn Preußens beim
Bundcstag entgegen wirken wolltc».

Wir haben uns ein Urtheil darüber bis jetzt
noch nicht erlaubt, weil der Thaibestand noch
keineswegs klar vorliegt. Handelt es sich wirk-
lich um eine Wiederaufnahme der Großmacht-
pläne Baperns; ist nicht Deukschlands Wohl,
sondern das bekannte Trsasprojeet das letzte
Ziel, dann ist u»s kein Ladel zu scharf, wie
wir denn ganz zufiieden waren, als selbst eiu
Manteuffel bie dessallsige Ausgeburt Ler staats-
männischen Weisheit dcs Hrn. von der Psordten
als „lebcnsunsähigtii Wechselbalg" abthat, wor-
auf die Psordten'scheu Ausarbcitungen zu dem
andern „schäßbaren Piaterial" gclegt werden
mußten.

Anders wäre es aber allerdings, wenn es
sich darum handelte, daß die jüdwestdeutschen
Staaten weder zu den Bunvestagsvorschlägen
der preußischen Regieruug, noch zu derey That-
kraft Vertrauen haben, und wenn sie sich in
Folge beffen nicht darauj vcrlaffen mögen, bei
emem feindlichcn Angriffe durch Prcußcn ge-
rettet zu werden, sonhern wenn sie bie eigenen,
obgjeich uvzureichenden Krästc aufbieten unb
vereinigen wotten, um sich, so weit möglich,
gegen frewdc Ungebühr selbst zu wehreu. Eiu
soiches Uuternehmen verdiciite, trotz ber Un-
gleichheit des bevorsteheuden Kampfcs, alle
Auerkennung, keinen Tadel, und würbe am
Ende selbst Preußen dahin drängen, das seit-
hcrige jämmerliche, nichts als Mißachtung er-
zeugende Schaukelspstem auszugeben.

Könnten stch die südwestdeutschen Regie-
rungen zu dem Gcdanken der Einführung des
schweizerischen Wehrspstems erheben; würden
sie bem Volke die Abschaffung der Con-
scriptiou verkünden und daS ganze Volk
wehrhaft zu machen suchen, dann, aber auch
nur bann brauchten selbst diese Mittclstaaten
cinen feindlichcn Einfall in ihr Gebiet uicht
zu fürchten. Aber allerdiiigs — eine solche
Umgestaltung wagen wir vorerst von der be-
zeichneten Seite gar nicht zu hoffen. Psiicht
der Preffe und der Bolksvertretung ist es da-
gegen, vieselbe fortwährend mit allem Nach-
drucke zu fordern. (N. F. Z.)

Deutschland.

Karlsrvhe, 23. Mat. Aeuienant Adalbrrt v. Röder,
bisher aggregltt tm 3. Dragonerregimeut Prlnz Karl, rückt
trr den rffecttveu, Stand setner Charge etn. StabSquartter-
metster Frtevr. Eckert tm L. FüsilterbatatUon wird, mit Ver-
setzung zum 5. Znfanterieregiment, züm Regimentsqüartter-
metfter besördert. StabSquartiermeister Kart Meyer, tm
früher» 3. FüfilLerbatatllou, wtrd zum 2. Füfilterbatatllos.
versetzt. Durch etne wettere a. h. Ordre wtrd verschtedeneu
Angehörtgeu deS großh. Armeecorps dte DteustauSzetchnung
verltehen.

Aarlsruhe, 23. Mai. Se. Kön. Hoheit
der Großherzog haben Sr. Großh. Hoh. dem
Prinzen Wilhelm äm 21. d. M. wegen der
bei den Gefechten im KaukasUs bethätigten
Tapferkeit das Ritterkreuz des Kärl-Friedrich-
MilitSr-Verdienst-Ordens vcrliehen. (K. Z.)

eX Karlsruhe, 23. Mai. Rcuerem Ver-
iiehmen näch würde Hetk v. Edelsheim über
kürz öder lang eine höhere dipiomätische Stel-
lüng im Dienste unseres Staates einznnehmen
bestimmt sein.

LUZ Karlsruhe, 23. Mäi. Zm Verlauf
der letzten Wöche ereigneten sich in überraschend
schneller Folge Dinge, die sonst hier uNcrhört
waren und dic in so rascher AufrinaNdersolge
selbst in den größten Städten Schrecken und
Bestürzung errcgc» müßken. Dem durch Gift
bewerkstelligten Döppelselbstmord eines nicht
allzujugendlichen Liebespaars aus dem Mitjel

stande, der brutalen, nicht durch die leisesteMünchen, 20. Mai. Die bereits wieder

Neizung veranlaßten Törimig eines Polptech
gikersdürch eincn Bürger, Dcr bekannten ENk-
führungsgeschichtc eiüer jungen Dame durch
den Gatten ihrer Schwester, anderwciter
Sdandalgerüchte nicht zu gedenken, folgte vor-
gestern dcr (bereits gestern erwähnte) Veb-
giftüirgSvcrsuch eines hochgestellten Hofbeamten
in setncm Hanse. Genaüercs täßt sich mit
BesttMMtheit nicht mttlheilen; vie Angabcii
über den Hergang, dte Entdecknng u. s. w.
kreuzen sich in der widersprechendsten Weise.
Hoffen wir, daß wir in bieser erschreckenden
Häufung solcher Begebniffe nur cin Spiel des
Zufaüs, und nicht das plötzliche Zutagebrechen
einer weitverbreiteteii moralischen Fäulniß zu
erkennen haben, welche die öftere Wiederkehr
sv tief beklagenswerther Vorgänge für die Zu-
kunft befürchten ließe.

Karlsruhe, 22. Mai. Se. Kön. Hoheit
der Großherzog haben mit gewohnter fürst-
lichcr Großmuth aus Höchstihrer Handkaffc
die reichc Gabe von E Gulben dem Präst-
denten des Ministertums des Jnnern für dic
der Hilfe Bedürfenden in Grünsfcld zustellcn
lassen.

Sindolsheim, 22. Mai. Als weltlicher

Abgevrdneter des 7. wcltlichen Wahlbezirks
Mosbach-Adelshcim-Borberg-Wertheim wurde
Herr Profeffor Dr. Neuber in Wcrtheim mit
48 Stimmen erwählt; Geh. Klrchenräth Hun-
deshagen erhielt eine Stimme. Ersatzmann:
Bürgermcister Buffemer von Eberbach 42 Stiin-
men von 49.

Frankfurt, 22. Mai. Wer sehen will
(sagt die neuestc Nmnmer der „Dorfzeitung"),
der hätte schdn längst sehen können, daß der
Nätionalvcrein kein Verein von Revolutiollä-
rcn ist, und daß derselbe vielmchr der Revo-
lution vorbeugen wrll, i'ndem er auf gesetz-
lichem, wenn auch langsämem Wege Deütsch-
länd zür Einrgung zu führen sucht. Bon gar
mancher' dcutschen Zeitung aker wird noch >m-
mer der Vsrwurf ausgesprochen, dqß hinter
dem Natronalverein unb in demselben Ümsturz-
männer vcrborgen feien. Dicsc Behauptnng
kommt von Solchen, die als Gcgner der se-
sieren Einiguilg Deutschlands bekannt flnd.
Und derselbe Vörwurf wird dem Natronal-
v'erein äuch lm „Moniteur", der französtfchen
Regierüngszettung, gemacht. Jst das nicht
ein beachtenswerthcr Umstand?

München, 20. Mai. Dem Vernehme»
nach dctragr vie neue Creditforderung des
Kriegsininisters nicht weniger als zwölf Mil-
lioüett Gulden. (A.Z.)

hier eingetroffenen Mitglieder des in Heidel-
berg vcrsammelt gewescnen deutschen Handels-
tages hegen nicht nur von dem flchtbaren
Resullate desselben, sondern besonders auch
von der >n vielfacher Bezi'chniig erzielten Ver-
ständigung zwischcn den Theilnehmern am
Handelstage aus den verschtcdenen Gegenden
Deutschtands di'e besten Hoffnungen für dic
Zukunst, und das niche blos tn cominercicller,
sondern auch ln poli'tkscher Bezkehung. Unsere
Münchener loben l'nsbesondere auch daS sehr
fkeundliche Entgegenkommen der Norddeutschen
unv insbesondere der Herren ans Berlin, wie
aus 'Preußen überhaupt. Es zeigt dies wir-
der einmal aufs Neue, wie viel cher eine
Verständigung und Einigiing dnrch persönli-
ches Zusammentrcffen zu erzielen ist. Unsere
Münchcner Abgeordneten stnd auch mit der
glänzenden Und gastsreundllchen Aufnahme,
welche sie in Heidclberg aller Orten gefuiiden
haben, überaus befriebigt. Daß Münchett
mir so großer Majorität, mit 64 v. 70 Stim-
men, zum nächsten Versammlungsorte gewählt
wurbe, wtrd flicht verfehlen, bei uns einen
sehr günstigen Eindruck zu machen.

(N. Fr. Ztg.)

Der Föhn.

Es wurde mehrfach berührt, daß die Hauptur-
sache der in so erschreckendcr Kürzc crfolgten weiten
Avsdchnung des Brandcs tn Gckarus dcr in
jener Nacht wüthendc Föhnwind war. Recht anschau-
lich bcrichtet über die Herrschast diefts Windes im
Alpengebiete Fr. v. Tschudi in stincm Thier-
lcbcn der Alpenwelt Foigendes: „Zm ganzcn
Bcrgrevier der Schweiz ist mii AuSnahmc weniger
Gcbicie kein Wind beiannier und von großariigercr
Wirkung als der Föhn, in Tesstn Fogn genanni.
Er ist nicht ein 'Local-, sondern ein allgemciner,
europäischer odcr vielmehr afrikauischer Wind. Wie
die Quellen des kalien Nordwindes wahrscheiniich
die Polareisgebieie, dic dcr feuchten, regcnbringen-
den Westwindc der atlantische Ocean, so sind die
der oft glühcnd heißen Südwinde (Föhn) die bren-
ncndcn Sandwüsten Afrika's. Nun scheint zwar
dcr Zug der Alpen uns gegen diest zu schützen; abcr
sie vcrstärkcn diestiben in der That. Zst der hcißc
Luststrom über den Aipen angelangi, so möchtc cr
wohi über diest und ihre Thäier hoch hingchen;

ader die KLlte des SchneeS kühli einen Theil stiner
Randwellen ad, s° daß er sofort schwerer wird und
in die Thäler nicderstürzt. Dies ist dann um so
mehr der Fall, wenn die Glcischcr am kältcsten siud
und die Thallufi von der Sonne nichi crwLrint ist,
wo also die Ansglcichung ber Lustwärmc auf einc
gcwaltsame Wcisc oor sich gehen muß. Darum ist
bcr Föhn nach genauen Beobachtungen im Winter
und Anfangs Frühüng in den Bcrgthäicru am
HLüfigsten; sowic dic Sonncnwärme die THLler ader
erwärmt, so hausi er noch in den kaltern Hochal-
pen. Aus dem gieichen Grundc triti er oft auch in
der Nachi weit hcftigcr -ls am Tage auf. Die
atmosphärischen Erscheinungen, die ihn bcgieiien,
fiäd sthr hübsch. Am südiichen Horizonie zeigi sich
leichies, sthr buntes Schleiergcwöike, das sich' an
dic Bergspitze» sttzi. Dic Sonnc gcht am starkge-
röthrten Himme! bleich und glanzlos untcr. Nvch
lange glirhen die Wolkcn in dcn ledhaftcsten Pur-
purtinien. Die Racht dlcibt schwül, thaulvs, von
cinzelnen kLltcrn Luftströiüen strichförmig durchzo-
gen. Der Mond hat eincn röthlichen, trüben Hof.
Dic Luft erhält den höchste» Grad von Klarheit
und Durchflchtigkeit, f° daß die Gedirg« piel nähcr

erscheinen; der Hiniergrund nimmi eine bläulich
violette FLrbung an. Don fcrnher ertbnt das RLu-
schen dcr obcrn WLlder; die Bergbäche tostn mit
größerer SchMelzwaffcrfüllc «eithin durch dic stille
Nacht; ein unruhiges Leben scheint überall rege zu
werden und dem Thale sich zu nähcrn. Mit eini-
gcn hestigen Siößen, die besonders im Wintcr, wo
er ungcheure Schneefeider bestreicht, erst kalt und
rauh find, kündet sich der angclangteHöhn an, wö-'
rauf plötzlich tiefe SiiUc der Lüste solgt. Um so
hcftiger brechen die folgendcn hcißcn Föhnstnthen
in's Thal und schwellcn oft zu rastnden Ortanen
auf, die zwci dis drci Tage mit abwechselndcr Ge-
walt die Region beherrschm, die ganz« Ratur in
unendiichcn Austuhr versttzen, BLume in die Tiefe
schleudern, Keisstücke losreißcn, dicWaidbache anf-
füllen, HLustr und Ställe abdecken und zum Schrecken
des Landes «erden. Zn den Thaliheilen, die der
südiichen Bcrgmaucr zunächft iiegen, wüthei er ge-
wöhnlich am hestigsten; denn dort hrechcn dst war-
mcn Luftstuthen am regeilvststen und gewalstgsten
herein. Auch die thicrischen Organismen ieiden
unier dem Einfluffe diests WindeS, der mit stiner
trockcnwarmcn Sstömung die Sehnen übcrrcizi,
 
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