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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0423

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Srscheint, Wontags auSgenommen, täglich.
Preis vierteljährlich 54 kr.

Tonntag, 5. Mai

JllserüonSgebührea für die Zspaltige Petjt- M

zeile werden mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechaet. MoMWME

Bestellungen auf die

Heidelberger Zeitung
für die Monate Mai und Juni werdeu
fur hier mit 36 kr. angenommen bei der

Expeditivn

-f-f Beiträge zu den jetzigcn Berhält-
niffen Oesterreichs.

Wir haben zu Anfang dieses Zahres in ei-
nem Cpclus von Aufsätzen die gegenwärtige
Lagc Oesterreichs sammt Ungarn näher erör-
tert unv unverholen aus dic mannigfachen Ge-
sahren und Hinderniffe hingewiesen, die sich
einem Neubau deffen Staaten- und Völker-
compleres aus constltutioneüer Grundlage ent-
gegeusteüen. Wir sprachen hiebei den Wunsch
aus, daß es dkn jktzigen Leitern der Geschicke
des Kaiserstaates gelingen möge, diese Hemm-
niffe zu bcseitigen. Einige Monate stnd in-
zwischen umstossen; dlc nnr bcscheiden ange-
deutete Hoffnung beginnt bereits fcsten Fuß
zu fassc», und scheint sich, soweit menschlichc
Voransstcht in die Zukunft zu blicken und aus
Grund der Gegenwart ein Horoscop für die-
selbc aufzustellen vermag, nun doch verwirk-
lichen zu wollen. Der jetzige Angenblick, uach
dcm Schluffe der Landtage unv unmlttelbar
vvr der Zusammenkunft des Reichsraihes bil-
det einen Wendepunct in den Verhältniffen
des vstlichen Kaiserstaates und scheint zu ei-
nigen summarisch reflectirenden Betrachlungeu
besonders gecignet. Vor Allem hal der Aus-
fall der deutsch-vsterreichischen Landtagswahlen
bic Freunde des FortschritteS im Aügemeineu
nicht nur befriedigt, sondern selbst überrascht.
Jn der Regel wurden alte wohlbckannte Va-
terlandsfreunde von erprobtem Rufe gewählt,
und es zcigte stch in den Verhandlungen sofort
eine große naturwüchsige Frische, und gaben
sich vielfach sehr gesunde Anstchten über die
innern Verhältniffe Oesterreichs, sowie deffen
Bezichungen zu Deutschland kund. (Eine ent-
schicdenere Kundgebung als bisher wäre hin-
stchtlich der deutschen Fragc sehr am Platze.
Die Redaction.)

Jn Böhmen tritt das czechische Element,
trotz der vielfältigsten Wahlumtriebe und der
Coalition mit der Aristokratie, nicht mit de«
großen Umsange und dcr intensiven Stärke
hcrvor, wie man anfänglich gesürchtet hatte.

Das deutsche Elcment hielt so ziemlich die
Waage, und die Czechen werden sich vvrerst,
was itzan ihnen gerne vergönnen mag, mit
ciner ungcschmälertcn Freiheit in nationaler
Sprach« und Sitte, und in politischer Be-

ziehung mit einigen mchr äußerlichen und for-
mellen Conceffionen (z. B. dem Zugeständniffe
dcr Königskrönung in Prag u. s. w.) begnü-
gen, ohne für jetzt, wie die Ungarn, mit dem
maßlosen Begehren einer unbcgrenztea Auto-
nomie hervorzutreten.

Jn ähnlicher Weise lief auch der ursprüug-
lich nicht minder gefürchtete galizische Landtag
ab. Die polnische Nationalität, welche in die-
sem Kronlande ohnehin meistens nur durch
den Adel vertreten ist, verhielt sich weniger
anspruchsvoll, als man erwartet hatte. Es
geschah dieses wohl hauptsächlich unter dem
für die Polen nicdexWagenven Eindruck der
bekannten Ereiguiffe zu Warschau und in Rus-
sisch-Polen überhaupt. Die «ielbesprochcnc
Beschlußfaffung des Lprvler Landtages in der
Protestanlenfrage hat aügemein befremdet und
entrüstet und gezeigt, daß eine wahrhast zeit-
gemäße, tolerante Denkungsart bei dem sonst
so naturfrischen und kernhaften Volke dieser
Alpenveste, in Folge seiner noch ungeschwäch-
ten Bevormundung durch die Geistlichkeit, für
jetzt leider noch nicht zu erwarten ist. Doch
gilt dieses mehr vom Landvolke. Zn Jnnöbruck
und anderen Städten hat sich ebenfalls schon
der Gcist der Neuzeit zu regen begonnen, wie
die theilwcise liberal ausgefallenen Wahlcn
uno die Erklärung der Studenten in Jnnsbruck
beweisen. Hvffentli'ch wird sich die Regierung
trvtz des Ergcbniffes eines alten blindcn Vor-
urtheils von Durchführung einer schon in der
dcutschcn Bundesacte enthaltenen Bestimmung
nichl abhalten laffen.

Ein nicht minder unangenehmcr Zwischen-
sall in e^idcrer Weise ergab stch durch den
Landtag von Parengo (Provinz Jstrien) i»
Folge des dort, wenn nicht an Anzahl, so doch
an intensiver Stärke dominirenden italicnischen
Elementes. Doch darf den Gcsammtstaat dic
dort hervortretende bekannte Weigerung um
so weniger befremden, «ls unter den obwal-
tenden Verhältniffen die italienischen Provin-
zen überhaupt nur durch das Schwert festge-
halten werden können.

Ein Krieg in Jtalien selbst ist übrigens in
Folge der bekannten Abstimmung und Be-
schlußfaffung in dem Turiuer Parlament wie-
der mehr in die Ferne gerückt.

Am wichtigsten und tiefgreifcndsten'für die
künftigen Verhältnisse des Kaiserstaates ist
unstreitig die Wendung, wclche die Lage der
Dinge in Ungarn jeßt nchmen wird. Wir
haben srüher schon (im Zanuar d. I.) die
geschichtlichen und politischen Verhältniffe die-
ses letztern, so überaus wichtigen Kronlandes

I ausführlich erörtert, so daß wir dieselben bei
unsern Lesern als bekannt vorausfetzen dürfm.
Wir sprachen namentlich zuletzt die Hoffnung
aus, daß es der österreichischen Regierung we-
Nigstens gelingen möge, mit der gemäßigten
Deak-Eötvös'schen Partei einc für beide Theile
bcfriedigende Ucbereinkunst zu trcffen, ohne die
Einheit der Monarchie ganz zn gefährde».
Gegenüber der Koffuth'schen Partei, welche
offene Revolution und dic völlige Losreißnng
Ungarns von Oesterreich wi'kl, ist dieses frei-
lich unmöglich. Kaum hatte nun die Regie-
rung i'n Folge ihrer Concessioncn vom Octbr.
vorigen und Februar d. Z. das Hcft aus der
Hand gegeben, so begannen hanptsächlich auf
Zuthun ver letztcrn Partei jene tumultuarl'sche»
Comitatscongregationen und jene Ausbruche
roher Pandurenwirthschafk, die Oefterreich, so-
wie das ganze civilisirte Europa um so uu-
augeuehmer berührcn mußten, als es deu Un-
garn bisher seine SNmpathieen zugewendet, «nd
»icht erwartet hatte, daß sich die bekannte
nationalc Energie derselben in ei» so maß-
lvses Ertrem verirren würde. Die Dinge
nahmen eine Zeit lang einen um so bedenk-
licheren Verlauf, als man die Negierung vos
verschiedenen Seiten zur Verhängung des Be-
lagerungs-Zustandes über Ungarn dtänge»
wolltc. Aber obgleich auch ungarische Stim-
men diesen Rathschläge» nicht frcmb blieben,
so ließ man sich doch in Wien zu keinen un-
besvnneiien Schritten verleilen, nahm vielmehr
der magyarijchen Bcwegung gegcnüber eine
zuwartenbe Stellung ein. Jnzwischen hat bie
Regicrung in der Haltung ber Lsndtage cine
mvralische Stüxe gefunden, unb von noch
größerem Einfluffe wird ohne Zweifel die
Stimmung beö Reichstags auf die Gestaltung
der Lage der Dinge in Ungarn sein. Eine
Basis der Verstänbigung mit der Eötvös-
Deak'schen Partei soll bereits gefunden sein.
Selbst diesc gemäßigte nationgle Fraction
(nachdem inzwischen die meist gus Mggnaten
hestehende altconservative Pgrtei allen Einfluß
verlvrcn hat) bestand abex srüher ayf Bewil-
ligung esnes selbstständigen Ministerinms und
der andern bis jetzt noch vvrenthgjtelien Rechte
vvn 1847/48, wodurch der Kaiserstaat offen-
bar in zwei Hälften gespglten würde. Dic
nächste Zukunft wird lehren, ob — was trvtz
einzelner frühcrer Gerüchte kgnm anzunehmen
ist — die Regierung alle diese Forderungen
unbedingt hewilligen, odcr gber d>e Deak'sche
Partei stch herbeilaffen wirb, einige hievon
zum Wohle dcs Gesamwtstaates zu opfern.
Hikvon, sowie von der Hajtung hes Reichs'

Dir Heirathscandidaten.

Novelle von Wilhelm Jungmann.

(Fvrtsetzung).

„Für jetzt aber, mcine thcuerc, geliebte Helcne,
«mpfange einstweijen mcincn herzlichstcn, innigsten
Dank für alle die Mühe und llmsicht, mit welchcr
Du unserc künftige Wohnung ausgestattet hast. Sie
macht Dir alle Ehre; darnm svllst Du auch künf-
tig als unumschränkte Gebicterin darin herrschen,
deren treucster Unterthan ich stets sein und bleiben
werde."

Mit der rührendsten Bcscheidenhett wollte Helene
eben jeden Dank von sich abweisen, da ja alles durch
seine Miitel beschafft «orden undsie kaum im Stande
gewescn set, dcn hundertsren Thcil von demjcnigen
zu leisten, was er für dicsc Einrichtung aufgewen-
det habc, da verschloß ihr Karl mit fcurigen Küffen
den Mund, in deren innigster Erwiderung sic nicht
gewahr worden war, wie Zemand dic Thürc des
Zimmers geöffnet, etwas hineingelegt und sich rasch
wteder entfernt haitc.

Was der jungen Braut, überwältigt von ihren
Gefühlen, entgangen «ar, das hatte das Ohr des

aufmerksamen Brautigams recht wohl vcrnommen,
denn er «ußte ja, «er in das Zimmer getreten,
und was dort so gcheimnißvoll hingelegt worden
worden war; darum ergriff er auch abermals das
Wort und sprach:

„Meinc theuerste Helene! Nachdem nun unserc
häusliche Einrichtung vollcndct ist, die nichts mchr
zu wünschen übrig läßt, glaube ich denn nun, daß
auch die höchste Zeit hcrangekommen ist, an Deinen
Brautstaat zu dcnkcn, dcn Du vör lauter Geschäf-
ten gänzlich vergeffen zu haben scheinst. Wie Du
weißt, ist unwidcrrusiich der nächste Sonntag zu
unserem Hochzeitsfeste bcstimmt, und da bleibcn
Dir nur noch acht Tage übrig, allcs zu dieser Feier
auf's beste in dcn Stand zu setzcn. Sprich, was
muß noch zn demselbcn angeschafft werden, damit
wir es heute besorgen?"

„Nichts, gar nichts, liebcr Karl! denn auch da-
für habe ich bereits gesorgt, und Du wirst gewiß
'mit meincn Anordnungen auf'S vollkommenste ein-
verstanden setn! Es hat chisher schpn so viel Gcld
gekoster, daß ich mich der größte» Sünde fürchtcn
müßte, sollte für nrcinen Staat auch nur noch ein
Kreuzer ausgegeben werdeu. Pn bist ja selbft da-

mit einverstanden, daß unsere Hochzeit so einfach
als möglich gefeiert «erden soll; «as braucht es
da noch cines Aufwandes für Klcidungsstücke, Pie
»ielleicht unbenutztjahrclang im Schrank verschloffen
bleiben. Zch habe mein schwarzes Meriyvkleid ver-
kennt und wieder frisch auffärben laffen. Dteses
wird nun, nach neuester Modk Pvfl mir gcandert,
mein Brautkleid werden; einen hübschcn Kragen
habc ich mir selbst gestickt, mejn noch guterhgltcner
Sommcrshawl thut diesclben Dienstc wie ein neuer,
ein Paar neuc Handschuhe habe ich mir bereits auf
der Meffe billig gekauft, und so bleibt nichts mehr
anzuschaffcn übrig, ohue daß ich wich mcines Anzugs
zn schämen brauche, denn akes wird, wenn auch
nicht prachtvoll und glänzcnd, dennvch sauber und
nejt sein!"

So tief ergriffen Brcnncr pou dcn Worten seinex
künfttgen Gattin auch war, welche ihm einen aber-
maligcn Beweis lieferten, mit welcher Sicherheit
er bei solcher Selbstvcrleugnung und Sparsamkejt
einem beglückenden Ehestand eiitgcgevseheu kpnntk,
mußte er dcnnoch lächeln, -ls er ihrcHand crgret-
fend, folgciides sprach i „Nciu, uein, meine liebe
Helenci Paraus kann und darf durchaus «ichts
 
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