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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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N; ss


Sonntag, S8» ApM

JnsertiyirSWühren fur die Zspaltige Petit-
zeile werde» mil S kr., bezw. 3 kr. verechaet.

Das österreichische HeereNhaus.

Die Ostdeutsche Post spricht sich über die
Zusammensetzung des neuen Herrenhauses
wic folgt auö; »Wenu der Werth eines Ober»
hauses im Glanz der Geburt, im Klange
allhistorischer Nameu, im Besitze wciter Läui-
dereien und reicher. Familienschätze bestcht,
dann hat die österreichische Peerskammer in
der Zusammensctzung, wie wir sie nun ken»
ncn, keinem Znstitutc dieser Art in der gan-
zen Welt nachzustehen, und selbst das eng-
lische Oberhaus repräsenlirt keine hocharistv-
kratischeren Namcn, keine Gcschlechter, deren
Ursprung in grauere mittelalterliche Zei-
ten stch verläust. Wenn aber die Bedeutung
der englischen Peerskammer, dieses Musterbildes
allcr Znstitutionen dieser Art, in jener Erb-
weisheit besteht, die der verstorbeue König
von Preußen so hoch belobte, in jeoen von
Geschlecht aus Geschlecht vererbten Kenntniffen
und Erfahrungen in der Regierung und über
bic Bevürfniffe des Landes, in jener freien
Selbstständigkcit und in der männlichcn Ver-
tretung unv Vertheidigung der Freiheiten des
Landes, in jcnem gesunben Sinn für die>Ge-
staltung der Zeik, welcher alte Privilegien,
Vorrechte unb Vvrurtheile nur sv lange ver-
theidigt, als nicht die Nothwendigkeit, sie zu
opfern, klar vor Augcn tritt, wenn die Kennl-
niffe der klassischen Literatur, gründliche Stu-
dien auf den Universitäten von Orford oder
Eambridge, eine innige Vcrtrautheil mit der
Geschichte der europäischen Staatskuust dem
Hause der Lords ein so hvhes Ausehen auf
den drei vereinigtea Znseln verkeiht, bann
sehen wir etwas zweifelhafl der fruchtbaren
Stellung unseres künftigen Herrenhauses ent-
gegm, zweifelhaft, weil der größte Theit der
neu ernannlen erblichen Neichsräthe uns nur
durch die großen Aamen und Herrschaften,
dic in ihren Familien erblich, bekannt sind,
ihre politische Erbweisheit vieüeicht in erclu-
siven Kreijen eine bekannte Größe ist, im
grvßen Publikum aber noch nicht zur Kennt-
nißnahme durchgedrungen ist. Wir wollen
damit »icht sagen, daß uns die politische
Thätigkeit einzrlner Namen, wie z. B. die
des Herrn Grafen Agenor GoluchowSki, un-
bekannt sei. Zm Großen und Ganzen aber
sind nur die Familiennamen,. nicht aber bie
Träger derselben bekannt, unb nur wenige
AuSnahmen, wie die ber Fürsten Windischgrätz,
Richard Metternich, dürtzcn tn und außer
Oesteireich als Ziidividualitätk» von einem
bestimmlen Character verstanben werden....

Mit »m so größerer Spannung wendete maa
sich daher jenin Ramctt z«, welche als lebenS-
längliche Reichsräthe ernannt werden... .
Unter den neununddreißig Namen, die wir
in dieser Kategorie aufgezählt finden, sind
nun aüerdings vielc sehr bekannte Namew
(wiewvhl es an ganz unbekannten auch hicr
durchaus uicht fchlt), indeffen ist ein Theil
derselbm mehr zur Zierbe, als zur wirklichen
fruchtbareü Thäiigkeit berufen. Ein hohes
Greisenalter macht wohl den Räth ehrwür-
dig, aber uichl iinmer frisch und der Zeit an>
gemcffen. Die Wiffcnschaft hat in dieser Kate-
gorie zwei hvchachtbare Repräsentanlen (Palallp,
Baumgartner), die schöne Literatur ist burch
die vrei Poetru Anastasins Grün (Anton
Auersperg), GrillparzkL und Halm (Münch-
Bellinghausen) in das Oberhaus gekommen,
bas Princip ber Gleichberechtigung ist durch die
Ernennung dcs Superintendenlen Haase, des
Frhrn. v. Rvthschild (Zsraelit), Palackp's
(Protcstant) gewahrt, dic Finanzwelt ist durch
Rothschild, Reper und Bankgouverneur Pipitz,
sowi« durch die ehemaligen Finanznnnister
Kraus und Baumgartner mannigfach vertreten,
veßgleichen die Zustiz durch ven Prästdenten
des Staatsralhs Baron Lichtenfels und durch
den Präsioenten des obersten GerichtShofes
Baron Karl Kraus, die auswärtigen Ange-
legenheiten durch Graf Rechberg und Baron
Prokesch, die Administrativn durch bie Grafen
Hartig und Leo Thun. Vvrwiegend sind je-
boch die Repräsentanleil dcs Heeres, bie Felb-
marschälle und Feldzeugmeister (Benedek, Clam-
Gallas, Degenfeld, Hallcr, Hcg, Nugent, die
Fürsten KhcvenhüUer, Franz Liechtenstein rc.).
Die militärische Partie unter den lebensläng-
lichen Rcichsräthkn ift die stärkste, und da in
dieser Beziehung dcm Untcrhaiise gcwiß nur
ein sehr bcschränkter Spielraum eingeräumt
sein wird, so wird in militärischen Dingen
vas Oberhaus maßgebend sein. Dies würve
man schließlich sich gefallen laffen. Zedem
das Seine! Wie aber wirb es sich verhalten,
wenn alle diese militärischen Großwürdenträ-
ger in Gemeinsamkeit mit den erblichen Reichö-
räthen, die in ihrer Majorität vonZcgiSlaio-
rischcn Arbeiten nicht viel mehr verstehen, alS
bie tapfern Zllustrationen unserrr Kriegsheere,
zu Gericht sixen werden über die Gesetze und
Verfaffungsieformcn, welche- im Unterhause
zum Beschluffe gekommen sind? DaS ist eine
Frage, über welche wir, nachdem die Ernen-
nungen zum Oberhause nun vor uns liegen,
nvch weniger Antwort zu geben wiffen, als
früher, w» wir bloS einen vagen Begriff von

ber Gestaltüng unseres Häüses der LordS
hatten."

__ - _

Oeutschtand.

Karlsruhe^ 25. April. Setne Köntgliche Hohett der
Gro ß h eriz o^ haben Sich unterm 23. d. M. allergnä-
digst bewogen gesuuden: den Geh. Regterungsrath Banu-
warth in Fretburg, untcr Anerkennung setner langjährtgen
Irevgeletsteten Dtenste, und den Geh. RegierungSrath Gockel
in KarlSruhe bts zur Wtederherstellung setner Gesundhett,
sowie den Oberamlmann vr. Schey tn Konstanz in den
Ruhestaud zu versetzen; den Regterungsrath Fröhlich in
Freiburg zum Geh. Regierungsrath bet der Regierung
kcs MtttelrheinkretseS, den Stadtdirector Vr. Wtlhelmi tn
Hetdelberg zum Geh. RegierungSrath bet der Regierung deS
Oberrheinkretses, und den Hosgertchts-Secretär Wtnneseld
ia Konstanz zum Äffessor bet der Regterung deS Ober-
rhetnkretses zu ernenneu; den Oberamtmann Bode in Gen-
genbach der Regientng des Unterrheinkreises zur Berwen-
duug beizugeben; dte AmtsvorstandSstelle in Hetdelberg dem
Oberamtmann Fecht tn Pforzheim, unter Ernennung deS-
setben zum Stadldtrector, die AmtSvorstandSftelle tn Pforz-
heim dem Oberamtmann Cämtll Wiüter tn Müllhelm, dte
AmtsvorstandSstelle in Müllheim dem RegierungSrath Lud-
ytg «L-achs tn Freiburg, unter Ernennung deffetben zum
Oberamtmann, die AmtSvorstandsstelle tn Gengenbach dem
Oberamtmänn Letz in Wälbktrch, ünd dte AmtSvorständS-
stelle tn Abelsheim dem NegierungSasseffor Grosch tü Mann-
hetm, unter Ernennung dcffelben zllm Oberamtmann zu
übertragen; den Oberamtmann Jonathan Wtnter tn Lahr
zum Stadtdtrcctoo, und dte Amtmänner Hatz tn Stockach
uüd v. Predü in Lörrach zü Oberamtmännern zu ernenntn;
dte tn der Znrtstevfacultät der Univcrstlät Fretbütg erle-
dtgte Lehrstelle dem HofgertchtS-Rath Wtlhelm Behaghel tn
Mannheim zu übertragen, unter Ernennung deffelben zum
ordentlicheu Profeffor; den seithertgen Director der Poly-
technischen SLule, Hofrath Rcdtenbächer, auch für daS
Studienjahr i8tzl/6L zum Director dteset Anstalt zü er-
nenuen, und dem Reglerungsrevtsor Jvsepy Müller in
Mannhetyr dcn Charakter als MechnungSrath zu verlethen.

Äarlsruhe, 25. Aprtl. Durch allerhöchste Ordre vom
23. d. M. wurde den nachgenanuten Officteren rte Erlaub-
niß zur Annahme und zum Tragen des thnen verliehenen
Nothen-Adlcr-OrdenS erthetlt, und zwar: 1) Dem Obersten
und RegimentScommanbanten v. Neubronn für dte 3. Classe,
2) dem Oberlieutenant v. Gemmtngen für dte 4. Classe,
und 3) dem Oberlieütenänt und RegkmentSavjütaNten
Braunwarth für dte 4. Claffe dteses Ordens.

KarlSruhe , 26. Aprtl. Durch allerhöchste Ordre
vom Heuttgen wtrd Generallteutenant Dreyer, Stellver-
treter deS GöüverneurS dcr Bu.ndesscstung Rastätt, auf
setn unterthäntgstes Ansuchen, unter Anerkennung seiner
laügjährtgen treuen und guten Dtenste, und mtt der
Erlaubntß , dte Untsorm der acttven Generale auch fer-
nerhin zu tragen, tn den Ruhestand versetzt. Der
Generälmajor v. Seütter, btsheriger Flügelädjutant und
Bevollmächttgter bet der BundeS-Mtlitärcommtsston, wird
zum Generallieüteuaut befördert und zum Vicegouverneur
der Bundesfestung Rastatt ernannt. Dem Generalmajor
und Director des Knegsmintstertums, v. Böckh, wird,
unter Belassung in setnem Verhältntß züm Krtegslütniste-
rtum, dte Geschäftsführung bet der Bundes-MtlitärcoM-
mtssion pryvtsorisch überträgen. Dem Oderstlteutenant Graf
v: Sponeck, Commandant des FestungSarttllerte-BataillonS,
wird dte Führung ber großh. GarnisonSeommandantschaft
tn Ler Bündesfestung Rastalt übertragen.

KartSrtthe- 26. Äpril. Durch allerhSchste Ordre vom
25. d. M. werden die Oberlieutenante Schmidt vom (1.)

Wir HeirathscandÄatetl.

Novklle »on Äilhelm Jungmaiin.

(Sortsetzung).

AkS dte Bäucrin näher gekominen lvar, hatte
Brennrr augcnblicklich erkannt, «ie dte jungen MLd-
che» sciner Geftllschaft, vvn Durst nnd Erschöpfung
gequalt, mit lüfternen Blickcn anf dte Erdbeeren
schauten, und im Nn «ar er auf die Bäuertn zu-
getreten, um sie zu fragen: für «elchen Preis sie
ihui dieft Labung zu überlasftn gcdcnke? DieBäu-
ertn fvrderte nicht vtel, und gegcn Erlegung deS
Dvppekten überließ sie dem jungen Manne aüch noch
rrcht gernc die Gefäße, tn welchen fich die Erdbeeren
befanden, herzltch froh. nun nicht dcn noch ziemlich
weiten Weg nach Darmstadt zurücklegen zu müffen.
Der Handcl «ar geschloffen, dte Erdhccren tn Bren-
ncr'S Händen, und hoch crfreut, den armen, »on
dek Sonnenhitze fast verschmachtendcn MLdchen et-
was zur Ersrischung andieten zu können, vertheilt«
tt sogleich dcn INhalt des eincn GefäßeS unter die-
ftlbr», «ährend er din des andcren anfsparte, um
oben im Jagerhause eine Labmlg anderer Art varqus
zu bereite».

So für den Augenblick auf's neuc gestarkt, be-
gann nun die Wanderung den Berg hinauf, mit-
ten in das dichte Nadelgchölze hinetn, mit welchem
der Bcrg bewachftn ist, und je höher sie htnauf
kamen, um so mehr zeigte sich itzren erstaunten
Blicken, «elch großartiger Genuß ihrer da oben
wartcte, 'denn schon hicr im Wald« zerstrent lagen
ungeheure Kelftnblöckc tn Menge, von MvoS und
Schlingpflanzen überwuchert, cin dentlicher BeweiS,
daß hier einst cln hoher Kegel des Bcrgcs mit Ge-
walt herabgeschleuoert «orden war und mit ftincn
Trümmern die ganze Umgcgend bcdeckthatte. Eno-
lich hatten fie dte Spitze des Berges erreicht. Auch
hier noch oerdcckte neidisch der Wald die AuSficht
in die Fcrne, doch lud er fie um so freundlicher
ein, in ftinem kühlcnden Schatten von der Er-
schöpsung auszuruhen, um sich auf'S nenö'zu siLrken
zu dem nuu bcvvrstchcndcn köstlichen Genuß, und
fie thaten cs freudig und gern tn der sichersten Ueber-
zeugung, daß »unmehr ihr Weg stets abwärts führc
in lachende Thäler mit üpptgen Mattcn und filber-
klaren Bächen, tn dcncn die munteren Korellsn pfeil-
schneü und gewandt die Gewäffer dnrchfurchen.

Nach kuqer Rast hatten fie den Wald durch-

schrittrn nnd «aren anf einen freien Platz heraus-
getreten, von welchem aus fich das herrlichste Pa-
norama vor thren Blicken entfaltcte. Dicht vor
ihnen, am östltchen Abhange des Berges, zeigte sich
dic freundliche Wvhnung des Korstbcamten, von
blühenden Anlagen und eiilem herrlichen Gärtchen
umgebcn, tief unter ihucn, oom nahen Gebirge
umgrcnzt, das tiebliche Reichenbacher Thal, «eiter
htnaus nach Osten und Süden eine unzählige Menge
von Bergen und Hügcln des Odcn«aldks mrtihrem
lebenden Grün i» allcn Abstufungen und Schat-
tirungcn, und hinter dteftn in weiter, «eiter Ferne
die Gestade des Maineö und der Tauber mit ihren
lachenden Feldern und Muren, und so «urdc denn
den Wanderern heute der doppelte Genuß zu Theil,
an einem Tage dic Herrlichen Gegenden dftsftits
und jenftits deö Gebirges bewundern zu können.

Vo» StauncnundBewunderung hingeriffen, kvnn-
ten die jungcn Leute nicht müde werden, stets ans's
neu« in dtc Runde zu schauen, und beinahe HLtten
sie «ergeffen, daß «S hier auch etwas Anderes gcbe
als der Anblick dieser großen und herriichcn Natur,
hätte nicht ein letses Lüftchen ihneü die Wohlgerüche
aus des JLgers «ohlbestestterKüchezugeführt, und
 
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