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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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Sanistag, 2. Kebruar


Insertionsgebühren für die Zspaltige Petit-
zeue werden mit 2 kr., bezw. 3kr. berechnet.

L8«L

tz Der Nationalverein und das
Großherzoqthl-m Heffen

Di'eBethelll'gung an dem Natlvnalverel'n war
selbst noch geraume Zeit in dcn verschledcnen
deutschen Staaten nur eine verel'nzelie, so daß
die rcactivnären Blättcr ml't Selbstgefälli'gkeit
und mit Bchagen durch Augabc dcr jewelllgen
gerl'ngen Mitgll'ederzahl nachzuweisen stch be-
mühten, wi'e höchft unbedeutend die Thetl-
nahme an dem Verel'ne sel und „daß die
ganze Gcschichte wohl im Sand verlaufen
werdc". Statt desscn erstarkte jedoch der
Berein mehr und mehr, zumal da durch die
von ihm herausgegebene Zeitung. seine Bestre-
bungcn eilicin größcien Kreise bekannt wur-
dcii und die Veranlaffung zu deffen Bcgrün-
bung — dic Rath- und Thatlosigkcit dcr
lüeisten deutscheu Regierungen zu ciner Zcit,
da ein energijches einheitliches Zusammcngehey
in den nationai-dcutschen Angelegenheiten drin-
gcnd geboten war — sich fortvauernd klarer
beraussielltc. Eine allmälig und stetig an-
wachsende Betheiligung ist hieraus erklärbar,
nicht aber die Massebetheiligüng in dcn
Ictzten Monaken, zumal sich nicht behaupten
läßt, daß die unserm deutschen Vatcrlande
drohende Gefahr seitdem eine objectiv größere
geworden. Es erhellt hieraus, vaß audere Mo-
mente gewichtlger Natur hier beeinfluffcNV mit-
gewlrkt haben müffen. Faßt man in's Auge;
wo zuerst diese Maffcbetheiligüng begoNneN,
nämlich im Großherzogthum Heffe», so muß
dieses auf den ersten Anblick überraschend sern;
denn dieses Stück vculschen Vakerlandes ge-
hörte bis in die neuesten Zcitcn wenigstens
zu solchen, vön welchen sowohl in in- als
ausländischen Blättern sehr wenig gcsprochen
wnrde, — ein stchercs Zeicheii, daß dort nicht
besonders schlecht und auch nicht vvrzugsweise
gut regiert ward. Abcr auch der Charakter
dcr Bewohner des Landes in der Rheill- und
Mainebene, der Bergstraße, dem Ovenwald,
Rheinland, der Wetterau, dem Vogclsberg
und dem Hinterlanv, — cin Conglomerat aus
vieler kleinen Herrcn Ländcr, — ist kcin speci-
stsch eigenthümlicher, sondern seine Grundzüge
sind die, wclche dem germanischen Volks-
stamm überhaupt eigenthümlich stnd, nur was
Ver Heffen Flciß und Ausdaucr betrifft, bc-
sagt das Sprichwork: „Wo Heffen und Hol-
länder verderben, kann Nicmand erwerben."
Wohl ist auch der Hcffen Treue, glcichwie
ihre Tapferkeit, sprüchwöktlich, weil ste furcht-
los, glcichsam wie BliUde dem Fcind enkgegen-
gehkii, aber von Heißspornen in der Politik

Das großr Faß gu Heidrlberg.

Historische Novelle von Wilh. Zungmann.

(Fortsetzung.)

Nachdenkeiid hatte der Fürst eine Wcile sttll vor
sich hingcblickt, dann aber fuhr er unter lautem
Lachen fort:

„Eine Zdee zum Bauen hätte tch freilich, sie ist
abcr so sondcrbar, daß ich diesclbe kLum auszu-
sprcchen wage. Jhr wißt Alle, daß Doctor Martin
Luther die Bibel übersctzt hat und daß tch als
eifriger Anhänger seiner neuen Lchre oft in diesem
Buche lese. Nun habe ich darin gefunden, daß
Vater Noah zuerst auf dic Jdce gekommen, aus
den Trauben Wein zu prcffen und sich mit diesem
zuerst berauscht hat. Als eifriger Verehrer dteses
Getränkes hat er gewiß auch Wein mit in dic Archc
genommcn, als ihm der Herr befohlen, eine solche
zu bauen, um damit auf dcm Waffcr herumzu-
schwtmmcn. Nun wäre ich «irklich ncugicrig ge-
wesen, daS Faß zu schen, in welchem cr seinen
Wcin mit in dic Arche gcnommen, um davon mit
seincr ganzen Famtlie so viele Wochen lang zu

oder solchcy welche (außcr dem dazil befugten
Minl'steri'um) Pvlttik trciben, schken das Land,
abgestumpft durch die Erfolglosigkeit dcr Be-
wegung des Zahrcs 1818, bisher öde und
leer. Aber es war auch nur Schein, daß
die Bewohncr des Grvßherzogthums stch theil-
nahmslvs bei der Entwickclung der nationalen
Bestrebungen verhalten würden; innerhalb we-
niger Monatc entriß stch ein enorm großer
Theil der i'niclligentesten nnabhängigen Män-
ner des Grvßherzogthuins der bisherigen Le-
thargie, nm erneut selbstthätig dabei mitzu-
wirken, daß cin ciniges thatkräftiges Deutsch-
land erstehc. Und waS war es, das diesen
Umschwung bewirkte? — Ein Blatt Papier
nnd was auf ihm gedruckt war, gab die erste
und nächste Veränlaffung, dic wcitere aber,
daß man »on ministcrieller Scike zu vcrlhei-
digen suchte, was nicht zu vertheidigen war,
daß man ein unhaltbar gewordenrs Spstem
des Stillstandes als das Jdeal einer guten
Regierung lobte, prieß, und daß man gegen
die öffentliche Meinung ankämpftc, ein Kampf,
welchem kein Minifteriuin gewachsen. Wir
werden i'n dem nächsten Artikel cingehender die
Sache beleuchten.

K e u t f ch l a n -

Karlseuhe, 31. Jan. Das großh. Mlnl-
sterium des Znnern hat vor cinigcr Zeit sach-
gemäße Wcisnng an die gr. 'Krcisregierungen
erlaffen, vermögc dcrcn die bi'sher in Uebnng
gcwesencn Bestätigungsversagunge» von cr-
wählten Bürgermciftern wcgen politischer Ur-
sachcn aus den Gottlob bald gänzli'ch ver-
wischtcn Bewegungsjahren nicht mehr Platz
grcifen sollen.

AuS Areiburq schreibt die Bad. Lztg.:
Die Stutigarter Bürgerversammlung hat hlcr
allgcmcine Zustimmung gefundcn. Trotzdem,
daß fich hier die politischen Ansichten schroffer
entgcgenstehen, findet auch bci den zahlreichcn
Gcgnern der österreichisch-ultramontanen Rich-
tuiig der Rationalverein kcine Anhänger.
So laitge diescr nicht offen mit scinen klein-
dcutscheii Tendenzen bricht, nicht unzweldeutig
die Erhaltung dcr Machtsteüung Dcutschlands,
insbesonderc Venctiens, des Bollwerks seiner
Sicherheit und künftigen maritimen Größe,
auf seine Fahne schreibi, so lange er Milliv-
nen von Deutschen im Magparcnthum und
Slaventhum untergchen laffen will, iMhrend
cr für dic Rechtc von Hundcrttausenben in
Holstein einen europäischen Kricg nicht schcnt,
so lange er aujgeben will, ehe seine Erruii-

trinken?^) Dann steht ferner darin, daß Ioseph
in Aegypten dem Kvnig Pharao einen Traum aus-
gelegt, in «elchem cr siedcn vollc und sieben leere
Aehren und sieben fettc und sieben magere Kühe
gesehen. Nach dieftr Auslegung tratcn wirklich
ficben reich geftgncte Jahre ein, in welchcn man
allc Vorräthe aufsparte, um in dcn sicben darauf
folgenden Mißjahren nicht darben zu müffcn. Diesc
bcidcn Fällc haben mich nun auf den Gedankm
gebracht, eincn großen, geräümtgen Kcllcr zu bauen,
ein ungeheurcs Faß, wie in dcr Welt noch keins
eristirt, anfertigen zu laffen und diefts in der Zeit
der Noth, wo wir in dieftm Schlvffe belagert wer-
dcn sollten, mit Wein zu füllen, um in solchen be-
dcnklichen, lebensgcfährlichcn Momcnten nicht auch
noch verdurstcn zu müffen. Sollte uns aber dcr
gütige Bater im Himmel mit solchem Ungemach
verschoncn, dann könnte cS tmmer dazu dienen, den

*1 Der Verfasser erlaubt sich hier zu bemerken, daß
der Herr Pfalzgraf doch noch nrcht so ganz bibelsest ge-
wefen sein Niag, denn bekanntlich kam Vater Noah erst
näch der Sündfluth aus dir Jdee, auS den Trauben
Wein zu kcltern.

genschaft anch nur mit einiger Wahrscheinlich-
keit fkstgestellt ist, die Zwietracht säet, wäh-
rend ein überlegcner Feind auf den günsti'gen
Augenblick seines beabstchtigten Ueberfalls lauerk
und Denlschland nur mit allen scinen fest geein-
ten Krästen ihm gewachsen erscheint, so lange
hat der Nationalverein seinen Namen wie
luvun s non Inveoclo nnd wird nie zu ciner
politischen Bedeutung gclangen.

Freiburg, 30. Zanuar. Der Leichenzug,
welcher gestern Nachmittag dem Sargc deS
Bürgcrmeisters Huetlin folgte, war einer der
zahlreichstcn, dic scit langcr Zei't dahier statt-
gefunden haben, wohl der beste Beweis dafür,
in welch' hoher Achtung der Verblichene bei
der gesammten hiesigen Einwvhnerschaft ge-
standen ist. Untcr den von auswärts einge-
troffenen Hcrren-bemerkte man: Dic Herren
Geheimenrath Dr. Lamcp nnd Geheimer Re-
fercndär Cron von Karlsruhe, die großr Ab-
ordnung der Skadtgemeinde Konstanz und eine
solche der Städte Mnllheim und Kenzingen.

(F- Z.)

Freiburg, 31. Aan. Die „Karlsr. Ztg."
glaubt versichern zu können, daß über das
Verhalten der Gelstlichkcit von Merzhausen
gelegcntlich eines Bcgräbniffes die crzbischöfl.
Kurie ihre Mißbilligung in bestimmtester Weise
ansgedrückt hat.

K Darmstadt, 28. Zan. Dic kürzlich
geschloffene Asflffensitziing dcr Provl'nz Star-
kcnburg für das erste Quartal d. I. bot
nur weiiige Fälle und zwar drei wegen Dieb-
stahl, eincr wegcn Todtschlag, ciner wegen
Wechselfälschung und Betrug. Bei dem Pro-
vinzialstrafgcricht kamen drei Vcrurthcilunqen
wegen Schrifkfälschung vor; ein Verbrechen,
welches in nener Zcit auffallend häufig cr-
schcint.

Nachdem linser Ministerinm Dalwigk stch
übcrzeugk, daß sein bei dcm Bundc'stag we-
gen Verbot des Nationalvcreins gesiellter An-
trag durchauS keinc Aussicht auf Erfolg habe,
fah es stch veranlaßt, allerhöchsten OrtS zu
crwirken, daß sämmtlichc Untersuchungen nic-
dergeschlagen wcrden, woourch unscre Jostij-
behörden ciner schweren Sorge entlastct sind.

München, 29. Jan. Von der Königin
von Neapel sind gestcrn zwei Bri'cfe an ihre
Eltern hier cingetroffen. Einer derselben war
als vorläufiges „letztes Schreiben" bezeichnet,
da die Fcstnng bereils von allen Seitcn der-
art cernirt sei, daß ein ungehinderter Verkehr
nach Außcn nicht mehr gepsiogen werden kvnne.
Gleichzeitig war die Bitte beigefügt, bis anf
Weitcres auch jcde Correspondenz an fie cin-

armen Wcinproducenten, dte kcinc Fäffer habe»
und in so gesegneten Jahren nicht iviffcn, wo fie
ihren Wein aufbewahren sollcn, denftlbc» abzn-
kaufen, itzn in diesem Faße auszubcioahrcn und
damit nicht nur dcn armen Leuten auS der Noth
zu hclfen, sondern fich zugleich mit einem Borrath
verfthen, dcr uns dte Gewißheit vcrschrfft, allen
Eventualitäten der Weincrzielung dic Spitze bieten
zu konncn.

So sichcr man nun auch drrauf rechnen konnte,
daß in jener Zeit alle Jdeen, welche von hohe»
Herrcn ausgingen, mochtcn fie auch noch so barock
ftin, von ihren ikntrrgcbencn stets.mit dem größten
Beisall aufgenommen wurdcn, so war es doch hier
kcine glcisncrische Wohldicnerei, sondcrn wirk-
liche, aufrichtigc Zustimmung, welche alle Anwe-
ftnden der Jdec ihres gütigen, frohlichen Herrn,
ein mächtiges Riestnfaß erbauen zu laffen, die all-
gemeinstc Anerkcunung zu Theil werdeu ließ> dic
der bei diesem Bankette herrschenden Arcude die
wcitestc Ausdehnung verlieh.

Nur Einer oon Allen schjen in dieft allgcmetne
Hciterkeit nicht mit einsttmmen zu können nnd bit-
tere Wehmuth hatte fich auffttnc schöne ftolzc Stirn
 
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