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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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M; 23.


Mittwoch, 30. Zanuar


LS«L.

Die Graner Antwort auf das kaif
Rescript.

(Schluß.)

Das allcrhöchste Diplvm beeinträchkigt
ein wesentliches Recht der Nation, zu deren
Auirechterhaltunq der Eid Karls III., des
Ahnhcrrn Ew. Maj., auch seine Nachkom-
men verpflichtete. Ew. Mas. befiehlt dic Eintrei?
bung der Steuern; aber eflen in der pragma-
tischcn Saiiktion wurzclt die Bestimmung, daß
hiezu nur der llandtag berechtigt ist. Ew.
Majestät! Lang ist. die Geschichte der Ein-
treibung der Steuern r ohne Vermittlung dcs
Landtages und init bewaffncter Macht, ihre
letzte Wendung die, daß Ew. Majestät ruhm-
reicher Großvater König Franz I. der Nation
zurief: „voluit putsrno cniili oostro." Al-
lcin Ew. Majestät bedarf dcs Geldcs zur
Aufrechterhaltung des Staates. Wie sollen
wir uns ausdrücken, damit Ew. Maj. erken-
nen mvge, daß der gute Wille aus uns
spricht. Wenn Ew. Majestät, was nicht zu
bezweifeln ist, das Recht des Landtags, die
Steucrn zu bestimmen, bestätigt, wenn sie vvr
der Eröffnung dcs letztern kundgibt, daß ste
von der Nation dia sofortige Regelung der
Steuern erwartet, nicht aber, wenn auch aus
brcniienden Nvthwcndigkeitsrücksichten, dieselbe
eigkninächtig anordnet — dann mvgc Ew.
Majestät die dcutschen Steuerbeamtcn ent-
fernen und der Nation vertrauen, und die
Nation wird, so ausgesaugt sie ist, Alles
hieten, was sie uoch in ihrem Säckel findct.
Sollen wir von dcr Augelcgenheit der Ge-
richte sprechen? Ew. Majestät verspricht bis
zn Anordnungen des Landtags einen Antrag
des ckuclex vuriss. Wir begnügen unS da-
mit. Groß aber sind dic Nachtheile und um
so größer, als, wic Zedcrmann sich überzcu-
gen kann, das Volk mit solchem Widerwillcn
dicse frrmden Gerichte und Bcaintcn bctrach-
tet, daß es lieber keine Gerechtigkeit sucht,
alS sie bei ihnen zu suchcn. Unerträglich wa-
ren die Bedrückungen durch Gendarmerie und
Finanzwache. ZuM Schlussc berufen wir
uns auf die Geschichtc; groß waren Fürst^
und Volk, als er im Kreise dcr Seinen, der
Vater untcr scinen Kindern lebte. Seik wann
ist der Glanz biescs Landcs erlosche» ? Scit
die Fluthen der Csele den lctztcn ungarischen
König, der in seinem Lande lebte, verschlan-
gen und Ungarn zum Stiefkinde scines Kö-
nigs wurbe. Ew. Mäjestät anerkcnnt selbft
die Rcife des ungarischen Volkes; das Ge-
biet unseres Laudes ist groß, zweimal so f

Sie lieht mich.

NoveUcte von Carl Stuzau.

(Schluß.)

Als Leute von guter Erziehnng verschvb das Ehe-
paar die näheren Erörterungcn auf gelcgnere Zeit
und benahm sich so unbefangen, daß Niemand die
Wctterwolke ahntc, welche srch an dem Hiutmel des
ehelichen GlückeS zusammcngezogen hate, jetzt aber
srch unentladen zertheilte.

Jm Laufc dcs Abends wurde Theodor mit dem
Jntendantcn und mit Bergfcld bekannt gemacht.
Jn dem lctztcren lcrntc er cincn beschcidenen, lie-
benswüroigcn und geistvollen jungcn Mann kcnncn,
den er spLter herzlich lieb gcwann. Auch überzeugtc cr
sich leicht durch das Gcspräch, das er mit beidcn
MLnnern führte, daß sich Alles gcnau so verhiclt,
wie Maric crzählt hatte. Scit langer Zcit hatte
man Thevdor nicht sv heiter gesehen, als an diescm
Abend. Er war mit sciner Frau einer dcr letzten,
die gingen.

Zu Hause angekommen, erzahlte Theodor ohne
Rückhalt scinen Vcrdacht, seine Eifersucht und bat
demüthig nm Verzeihung. Es braucht wohl kaum

groß als irgcnd eines ber andercn Ew. Ma-
jestät unterworfeucn Länder; wir sind we-
der berechnend, noch engherzig, lcicht am
Bande der Liebe und vcrsaffungsinäßig zu
lciten. Ew. Majestät mvge geruhen, in un-
sere Mitte zu kommen, wohin sie Gesetzcsar-
tikel vom Zahre lS36 bis 1792 einlade»,
und die Liebe des Volkes wird jenc Felsen-
burg werben, innerhalb welcher Ew. Maje-
stäl ruhig und sicher werdcn wohnen können.
Das wäre groß und Kvniglich. Der große
Korvin mobert seit 400 Zahren und jetzt noch
lebt cr im vankbaren Sinne deS Volkes.
Die „Ostv. P." begleiiet das vorstehenbe
Actenstück mit folgenber Bemerkung: „Das
Graner Comitat ist in Bezug auf den vor-
liegenben Fall von der höchstcn Wichtigkeit,
weit wichtiger als selbst das Pesther, weil
seine Repräsentanz in dem Rufe steht, zu ben
mäßigsten zu gehören, weil Gran durch^bie
bekannte Eonferenz zu einer gewiffen Autvri-
tät gelangte, und endlich weil ber Oberge
span veffelbcn dcr Earvinal-Primas selber
ist! wenn das am grünen Holze geschieht,
was wird erst am dürren werden?"

Deutschlan-

KarlSruhe, 28. Zan. Setne Königltche Hoheit der
Großherzog haben unterm 25. d. M. gnädtgst geruht:
den BezirkStngenieur Atbrrt Bürkltn dahter, unter Ver-
leihung des EharakterS als Gisenbahninspector, zum Lor-
stand deö Eisenbahnamtö Freiburg und zum Beztrkstnge-
nieur für dtescS Eisenbahnamt, sodann dcn Bezirköingenteur
Frtedrtch Bischoff tn Offenburg zum Bezirkötngenteur für
dlc Eisenbahnamtöbezirke KarlSruhe und Baven zu ernennen.

Seine Köntgltche Hohett der Großherzog haben un-
term 25. l. M. gnädigst gcruht, den btSherigen Erpedttur-
verwcser Phtltpp Herrmann von hicr zum Erpeditor beim
HandelSministerium zu crncnnen.

HlarlSruhe, 28. Zan. Durch etne allerhöchste Ordre
erhält der Flügeladjutant Major Dürr die Erlaubntß, den
thm von Sr. Maj. dem Köuig von Preußen verltehenen
Rothen-Adler-Orden 3. Cl. annehmen und tragen zu dürfen.
Dem Oberarzt t)r. Müllcr vom 3. Znfanterieregiment
werden dte Gradzctchen deS OberlteutenantS verliehen.
Lieutenant Letst im (1.) Leib-Grenadterregiment wtrd mtt
Avschied aus dem Armeecorps entlaffen, und Lieutenant
Fachon tm (1.) Leibgrcnadtcrregiment erhält die Entlaffung
aus dem Armeecorps.

— Vom Neckar, 2t. Zan. Wcnn dic
bckannten Voisällc in Ettenheim und Hard-
hcim untcr dem größcrn Publikum, nament-
lich vcm kathvlischen Thcile deffelben, ciue
große Entiüstung hervvrgerufen habcn, so
inußtc das jüugstc Treiben dcr ultramoniancn
Partei, welchc die Ercommunikation gegcn
vicr Lahrcr Bürger bcwirkte, noch mehr ge-
stcigcit werdcn und einen noch größercn Äb-
scheu gegcn diesen Zelolismus hervorrufen.

gesagt zu werdm, daß sie unschwer bewilligt wurde.
Dic ZLrtiichkcit, womit Melanie ihren Gattcn in
bie Armc schloß, ließ ihm darüber kcinen Zwerfel.

„Also hattc ich doch recht", sagtc Theodor jubclnd,
„ais ich der Tante sagte: sic licbt inich l"

Mekanie wollte NLHcres darübcrwiffen, wodurch
dieser Ausspruch verantaßt worden ftr. Es begreift
sich, baß Theodor, zumal in der schönen Siunde
dcr Vcrsöhnung, auSweichen wollte. Allein Melanie
üeß nicht ab, bis Theodor die ganze Untcrredung
mit ber Tante, nnr mit etwas mildere» Worten,
gcbcichtet hatte. Melanie wurdc wLhrend der Er-
zLhlung fthr crnst. Endlich sagte sie:

„Jch danke Dir, Thcodvr, sür Dcine Offenheit.
Obgleich mir mcine Eigenliebe sagt, Deinc Tantc
hadc allzu licbloS geurtheilt, so fühle ich doch, daß
sie in vielen Stücken Recht hat. Von heute an soll
es beffer werde». Du sollst nicht mehr in die Lage
kommen, zu sagcn: meine Frau hat diese und jene
Fehler, doch habe ich gerne Nachficht, denn sie hat
einc Eigenschaft, die alle Fehter aufwiegt, „sie
liebt mich", sondern ich will sie mir abgcwöhnen,
„weil ich Dich liebe." Und sie hielt Wort.

Vorzugsweise der jüngere Thcil der kathol.
Geistlichen zcichnet sich in dieser tadelnswer-
then Weise aus und schadet dem Katholicis-
mns, während noch eine größere Zahl von
älteren Geistlichen gerade durch würdige Hal-
tung, rcligiösc Duldsamkcit und Gcdiegenheit
dcs Characters dei vollen Achtung des Publi-
kums sich zu crfreuen hat.

Betrachtet man im Ernstc und vorurthcils-
frei den Vorsall und berücksichtiget dabei,
welche Motive dieser gcdachten,Handlung zu
Grunde liegen, so wird man über solche junge
Eifercr nicht mehr im Zweifcl blclbcn. Soll
damit ein Erempel statuirt werden, um dcn
Bürger, der von seincm gutm Rcchte Gc-
brauch macht, davon abzuschrecken? Diese
Hcrren irrcn sich gewaltig und wird ihr ver-
wersiichcs Trciben an dem guten Sinne der
katholischen Bürger schcitern. Die Herrschaft
des Pfaffenthums ist glücklicherwcise vorüber
und das Volk nicht mehr so dumm, um,
Alles zu glauben was von der Kanzel im
Jntereffe dcr Hierärchie gepredigt wird. —
Möchten doch alle Geistlichen erkennen, daß
ihre Machi nur dadurch gewinnen kann, wenn
sic Liebe und Äersöhnung, statt Haß und
Feindschaft an heiliger Stätte verkünben!

esBon» Neckar, 26. Zan. Gleichzeitig
mit unsercr neuerlichen Mitthcilung über ei-
nige innerc Verhäliniffe unseres engeren Va-
ierlandcs (in Nr. 16) crschien in cinem an-
dern inländischen Blatte (dem Maiinheimer
Jouriiale) ein Aufsatz, wclcher so ziemlich
dicselbe» Verhältnisse in Betracht zog und sich
in eincr ähnlichen Richtung anssprach. Auch
kieser, offenbai auS untcirichtctcr Feber ge-
floffe», sprach sich zwar cntschiedc» gegen alle
und jede polizeiliche Willkür auS, zuglcich
abcr auch gegeu ciuzeliie, von gcwisscr Seitc
iii ncucrer Zeit erhvbene Unterstellungen und
Verdächtigungen, die gceignct sein könncn, un-
sere Zustände in schiescm Lichte darzustcllen
und eine falschc Ausfaffimg derselbcn hervor-
zurufen. Der Mangel des (von uns ge-
wünschten) Pvlizei-Strasgcsetzbuches aber wird
durch die großen Schwicrigkeiten entschulbigt,
welche sich in der Wiffenschast eincm solchen
Gesetzgebungswerke cntgegenstellcn, und wofür
uns namentlich der in einem Nachbarstaate
(Baiern) gemachtc Entwurs eincs solchen elncn
Beleg gibt. Die noch nicht gcschehcne Ein-
sührung eiiier vollständigcn auf Mündlichkeit
und Oeffentlichkeit gebauten Strafgerichtsord-
nung hat, nach der Ansicht kes Verfaffers je-
ncs Aussatzes, ihren Gruud hauptsächlich in
finanzielleii Schwierigkeiten. Höher als post-

Vas großc Laß M Heidrlberg.

Historische Novelle von Wilh. Jnngmann.

(Fortfttzung.)

Mcister Werner und ftinc Gattin standcn noch
in dem kräftigsten Lebensaltcr, dcnn beidc hatten
das fünfzigste Zahr noch nicht crreicht, und sahen,
mit Vertrauen auf den Höchften, ciner noch rccht
frohcn, beglückenden Zukunft durch die einstige Ver-
sorgung ihres Kindcs entgcgen.

2.

Der Anftmg dcs sechszehnten Zahrhunderts hattc
cine gewaltige Bcwegung tn dem grvßten Theile
von Europa hervorgebracht. Dr. Martin Luther
war am31. Oct. 1S17 zu Wittenberg öffcntlich gegen
dte katholischc Kirchc aufgetretcn; etn Gleiches hatten
Calvin und Zwingli in der Schweiz gethan, und
obgleich fich nun dieselbe auch mit aller Macht gcgen
die von jencn Männern aufgcstellte neue Lehrc
wchrte, so konntc sie doch nicht vcrhindern, daß
di'esc immer mehr sich vcrbreitcte und mit Riescn-
schritten zu einer ihrer gefährlichsten RivalinneN
heranwuchs.
 
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