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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0367

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18SL



Samstag, 2«. April

Deutschland.

Karlsruhe, 18. April. Das heute erschtenene Re-
gierungsblatt Nr. 18 enthält:

I. Unmtttelbare allerhöchste Entschtteßungcn Sr. Königl.
Hohett des GroßherzogS. Dte Etnberufung des land-
ständtschen AuSschusses auf den 7. Mat zur Prüsung dcr
Staatsrechnungen betreffend.

II. Verfügungen mid Bekanntmachungen der Mtnisterien.
Bekanntmachung deS großh. MtntstertumS des Jnnern:
a) Die Staatsgenehmtgung von Sttftungen tm Ober-
rhetnkretse betreffenb. b) Dte StaatSgenehmtgung von
Sttftungen tm Unterrheinkretse betreffend.

Karlsruhe, 18. April. Der Entwurf dcr
cvang. Kirchenverfaffmig wird der Karlsr. Z.
uittgetheilt. Sie gibt die Grundzüge dersel-
ben nach der Einleitung des Entwurfs. (Wir
kommen daraus zurück.)

Freihurg, 15. April. Gestern Abend
hielr dcr hi-lige Ar b e itersvrtbil dungs-
verein im Rathhaussaalc sein Gründungsfest.
Etwa 600 Personeu aus allcn Ständen ha-
ben daran Theil genommen, wohl der schla-
gendste Bcweis von dem großen Znteresse,
däs man hier dem genannten Vereine, der
schon wegen seines konsesstonsloscn Characters
zum hiestgen katholischeu Geseüenverein in ei-
nem Gkgensatz steht, allgemein schenkt, wie es
denn gewiß intereffant uud bezeichneud genug
ist, daß gerade in einer Stadt, wv von
Seite der Geistlichkeit ebcn aus das Con-
fessionelle und Trenneode sast mehr als ir-
gendwo Gewicht gelegt wird, ein derartiger
Verein sich bilden kann.

Fraukfurt, 16. April. Gcstern ist dic
vom Bundestage niedergcseßte technische Com-
misston für Maß-Einheit hier wieder zusam-
mengetrcte». (Zeit.)

Frankfurt, 16. Apr. Das Fr. Z. glaubt
ffch zu der Mitthcilung berechtigt, daß in un-
sern diplomatischen Krcisen die Befürchtungen
wegen cines Krieges mit Frankreich, der das
linke Rheinuser mit bedrohen würde, in den
letzten Tagen gewachsen sind. Man bringt
die Steigcrung dieser Besürchtungen mit An-
deutungen in Zusammeuhang, welche dem Prä-
sivialgesandte», Frhrn. v. Kübeck, bei seiner
Anwcsenheit in Wien geworden sein sollen.
Auch steht es fest, daß vcrschiedene auf dem
linken Rheinuser begütertc Staatsmänner schon
jetzt die mit d/m Kriegsfall eintretenden Even-
tualitäten in's Auge gcfaßt und die nvthigen
Dispofftionen getroffen haben.

Berlin, 16. April. Wie der hiestgen
„Borsenzeilung" mitgetheilt wird, haben Han-
nover, Hamburg und Bremen, also drei be-
deutende Faceoren der commerciellen Welt,
gegen die Beschlüffe der Nürnberger Handels-

Gesetzgebungs-Commiffion, resp, gegen das
aus diesen Bcschlüffen hervorgegangene deutsche
Handelsgesetzbuch, eincn zum Theil sehr weit-
greifenden Prvtest bei der Bundesversamm-
lung eingelegt,

Wien, l5. April. Jn Folge des für die
gute Sache so bedaucrlichen Conflikts zwkschen
ven llandtagsäbgcordneten Dr. Bergcr und
Dr. Schusclka wird wohl auch erstercr sein
Mandat niederlegen, und der niedervster-
reichische Landtag verliert dadurch zwei der
tüchtigsten parlamentarischeu Talente. Weun
nun anch Schuselka von seinen Wählern
neuerdings gewählt werden wird, so hat sich
doch Berger unmöglich gemacht. (A. Z.)

Wien, 15. April. Die heutigen Abend-
blätter enthalten nachfolgende Erklärung Schu-
selka's:

An dte edlen B-wnhner WienS! Jndem lch snr dte metne
Vcrdtenste wctt überstetgende allgemetne Thctlnahme aus
gcrnhrtcm Herzen metnen Dant ansspreche, sngc tch dte
inntgste und drtngcndstc Bttte set, daß metne Frcundc um
der guten Sachc wtllen jedc wie tmnrer gcartete Verlctznng
oder Bedrohung dcS Hcrrn vr. Z. R. Bcrger und jedc
Slörung d-r öff-ntltchen Rnhe und Ordnung sermctden
und ocrhütcn wollcn. Wien, 15. Aprtl 1861. Franz
Schuselka.

Bcrger hat sich übrigens hier so vcrhaßt
gcmacht, daß er es kaum wagen kann, sich
hier sehen zu laffcn.

Wien, 16. Apr. Jn dcr heutigen Sitzung
des niedervsterreichischen Landtags theilt Mayr
eine Petition mit, die ihm von den Wählern
der Alservorstadk übergeben worken ist. Der-
selben liegt eine Erklärung Schuselka's bei,
dahin lautend, daß er, wenn der Landtag dies
angemeffen fände, gencigt sei, seinen Platz als
Deputirter wiedcr einzunehmen, va er durch
dsc Petition seincr Wähler die Ueberzeugung
gewonnen habc, daß er deren Vertraueii noch
bcsitze. Dic Bittschrift ersucht den Landtag,
entweder den Wiedcrcintritt Schuselka's zu
genehmigen, oder dahin zu wirkcn, daß dic
Wiederwahl rechtzeitig gcnug vorgenommen
werde, um die Erwählung Schiiselka's zum
Reichsrathe zu ermöglichen. Die Wähler
sprcchen bei dieser Gelegenhcit die doppelte
Ueberzeugung aus, daß die Wahl der Alser-
vorstadt wieder auf Schuselka fallen, und daß
der Landtag diescn Deputirten zum Mitgliede
des Abgeordnetenhauses ernennen werde. Ei-
ner Mittheilung dcs Landmarschalls zufolge
wird die Neuwahl im Alservorstadt-Bezirk am
Donnerstag stattfinden; wenn daher der Land-
tag die Reichsrathswahlen auf Freitag ver-
schiebe, sei dem Wunsche der Alservorstadt
entsprvchen. Da Niemand eine Bemerkung

hierzu macht, entschuldigt Mapr die Abwcsen-
heit Bergers mit Un.wohlsein.

Wien, 16. April. Jn einer der nächsten
Sitzungen des ncuen Gemeinderathcs soll der
Antrag gestcllt werden, Schuselka das Ehrcn-
bürqerrecht der Ltadt Wien zu ertheilen.

Wien, 15. April. Was die endliche
Regelung des staatsrechtlichen Verhältniffes
zwischen Ungarn ünd Oesterreich dctrifft, so
wird hicrin die Regierung jetzt nicht die
Jnitiativc ergreisen, sondern Lic Ergebniffe
der Bcrathungen im ungarischen Landtage
abwarten. Derselbe wird ohne Zweisel von
ber Regierung verla)igen, daß sie vie Rechts-
beständigkeit der Gesetze von 1818 anerkenne,
und die Regierung ist bercit, dicsc Anerken-
nung auszusprechen, sobald sic die Ueber-
zeugung gewonnen hat, daß derselben un-
mittelbar eine Revision vieser Gesctze durch
dcn Landtag sclbst folgen werde. Ob dies
zu erwarten ist, wird sich aus der Parteien-
steüung im Landtage ergcben. Die gemäßigte,
von Deak und Eötvvs geführte Partei näm-
lich ist entschlvffen, sobald die Regicrung den
Rechtspunkt zugestanden hat, die Revision
der 1818er Gesetze sosoR eintreten zu lassen
und sich mit der Regierung' über dic Aus-
dehnung und die Zielpunkte derselben prin-
zipicü zu verständigcn, während dagegen vie
vom Grafen Telekp geführten Ultra-Magpareu
die Anerkennung der 1818er Gesctzc von
Seiten dcr Regierung nur dazu benutzen
wollen, um vvn dem hiedurch gewonneneu
Bovcn aus auf die reine Personal-Union mit
Oesterreich hinzusteuern. Es handclt sich crlso
barum, abzuwarten, um welche dieser beiden
Partcien sich eine compakte Majorität im
Landtage gruppiren wird; hiernach kann die
Regierung ihre Enrscheivung für oder gegen
dic Ancrkennung der 1818er Gesetze bemeffen.
Das ist dic gegenwäriige Sachlage; unb sie
schließt, wie man sicht, für jetzt jeyes cnl-
scheibende Eingrcifen von Seiten der Regierung
unbevingt aus. Von einem Rücktritt des Hrn.
v. Schmerling aus diesem Grunde ist daher
nicht die Rebe.

Wien- 16. April. Gestern Abend fand,
wie schon gemeldet, die Fvrtsetzung dcr Ka-
tzenmusik in vcrgrößertem Maßstab statt. Die
Anzahl der auf dem Grabcn und dem Ste-
phansplatze bis zum erzbischöflichen Palast
angehäuften Maffe kann leichr auf 20,000
Menschen geschätzt werben. Die Gegend vor
der Wohnung bes Dr. Berger mußte mit
Militär abgesperrt werden. Man versuchte
badurch, daß man etwa zehn leere Fiaker

Ein Abenteuer unter Bettlern.

Mitgetheilt von Ed. Franke.
(Fortsetzung).

Die Stimme war mir nicht unbekannt. — Sali
durchzuckte cs electrisch. — Jch fühltc den krampf-
haften Druck ihrer Hand, sah Todtenbläffe ihr Ge-
sicht überziehen. - Das crschreckte mich, ich sehe mich
um — Konrad steht vor mir.

„Jch danke Euch, im Namen mciner Nation, für
das Compliment", fagte ich verlegcn und meiner
Meinung nach mit erborgtem Tone.

Sein ganzcr Körper aber erzittcrte bei dem ersten
Laute. — Ein scharfcr, stechender Schein, ein grellcr
Blitz aus dunklem Gewölbe, durchzucktc sein Auge.

— Er wollte etwas sagen ^ dic Lippen öffneten
sich bereits. — Die Rcihe des Tanzes «ar au uns. —
Sali mußte sich indeß gefaßt haben. — Mit un-
glaublicher Schnelle, ohne einen Laut zu sagcn —
umfaßte sie mich und wirbelte m!t mir im Kreisc.

— Bald aber brach ihre Krast, die vorhin zephyr-
artige hing «ie eine Centnecklast an mir.

„Jhr scid erkannt. — Entfernt Euch so schncll
als möglich — wo ihr — hereingekommen — dort,

— im Stalle — wrrd — ein Führer kommen —

um Gotieswillen — fort — Jhr seid sonst — ret-
tungslos — verlorcn!

Diese Worte entströmtkn abgebrochen ihrer bc-
ängsteten Brust. — An der Kolonne angelangt,
crfaßie sic sogleich ihres Tänzers Hand — licß sich von
ihm zu ihrem Sitze geleitcn — hier brach sic zusam-
men, aber ihr Augc suchte spähend im Saale umher.

Daß nur schnellc Flucht mich von cinem schreck-
lschen Loosc errctten konnte, sah ich ein. Um jedoch
jeder Aufmerksamkeit zu cntgehen, bcschloß ich den
Beginn des neuen Tanzes abzuwarten und stellte
mich, schernbar ruhig, wicdcr an die Spielhalle. —
Da erblickte ich auch Konrad, welchcr cin Glas Wcin
um das andere hinnnterstürzend, pointrrte, dabei
aber von Zeit zu Zeit forschenoe Blickc in den Saal
wars und zu überlegen schien, wic er ohne zu großes
Aufschen mich ganz entlarven könne. — Plötzlich
stand Sali an seiner Seite. — Sie mußte, ohne
daß ich es bemcrkte, an mtr vorübergeschwcbt sern.
— Sic umschlang scinen Nacken — bengte seinen
Kopf zu sich — küßte ihn lcbhaft — streichelte seine
Wangen — und er hielt ihr das Glas hin — fie
trank mit ihm aus einem Glase — herzte und küßte
ihn «ieder.

Der Anblick war mir «iderwärtig, er erstickte
momentan alle Licbe und Verchrnng für das Mäd-
chen. Jch wendetc mich schnell ab und da dcr Tanz
begann — suchte ich bie Thüre zu errcichen und
schlnpftc hinaus. — Da Sali jedoch mcine rasche
Entfernung wohl nicht bemerkt hatte, konnte ich
noch cinige Zeit des Führcrs harren müffen nnd
die Bcgierde, das Gebäude, worin getanzt und ge-
spielt wurdc, nähcr kennen zu lcrnen, um, wenn
mich der Zufall am Tage in dicse Gegend führe,
es wieder zn erkennen, crwachte so heftig in mir, daß
ich ihr, trotz aller Gcfahr, nicht widerstchen konntc.

Jch tappte an der Wand cntlang, schlich um die
Eckc desftlben und sah nun zur andcrn Seite, in
glcichcr Entfernung, wic dort dcr Siall, cin größcres
regclmäßiges Gebäudc vor mir licgen. — DaS Lanz-
gebäude hattc hier keine Kenster, das zeigte mir der
hclle Lichtschein, wclcher auö einem Zimmer des
Hauptgebäudes in dcn Hvf drang. Auch dcr LLrm,
dic Musik war hier kaum vernehmbar. — Es mußte
also noch ein ziemlicher Zwischcnraum zwischen diesem
und den Wändcn des Tanzsaales ftin. — Ein von
dreser Scite Kommender ahnte nicht, was dortvor-
ging.
 
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