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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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durch die Massen fahren ließ, das AuSeinan-
dergchen zu vcranlaffen, jedoch vergeblich.
Im Gcgenthcil nahm das Pfeifen, Zohlcn,
Lachen rc. von Minute zu Minute zu. Da
hteß es plöKlich: auch einem höheren geistli-
chen Herrn (dem Cardinal - Erzbischof) svlle
eine Katzcnmusik gebrachk werden, und ein
Theil dcr Menge zog sich gegcn den Stephans-
platz. Jn diesem Augenblick rückten zwei
Compagnien Militär in breiter Front über
den Grabcn und drängten daS Volk vor sich
hcr, welches jedoch in die Nebcngaffen ent-
schlüpftc und sich hintcr den Soldaten wieder
sammclte, Am crzbischöflichen Palast wurdc
eine Compagnie aufgestcllt, aus den Vorstadt-
kasernen kamen neuc Militärverstärkungen,
und noch »m 1k Uhr, als wir den Platz des
Tumults verließcn, bcgegneten wir in der
Burg zwei Compagnien, welche als Sukkurs
mit umgehängtem Brvdsack in die Stadt
rückten.

Pxag, 16. April. Der Staatsminister
Schmcrlmg wurdc bei seiner Ankunft in Prag
am Bahnhofe von einer großen Zahl Land-
tags-Deputirter nnd einer namhaften Men-
schenmenge mit enthusiastischen Zurufen fest-
lich empsangen. Bom Bahnhofe bewegte sich
der Zug vor scin Absteige - Quartier und
brachte ihm dort ein dreimaliges Hoch.

Prag, 16. April. Die im Protokolle
verlcsene, von Rieger in der letzken Sitzung
gcmachtc Bemerkung: „Wir Böhmen slavi-
schcr. Zunge", veranlaßt den Abgeordneten
Haase zur Berwahrung, „er wolle nicht an-
nehmen, daß hier eine beutsche und cine böh-
mische Partei getrcniit gemeint wurde. Jhm
sei die Zunge cinerl^, nur sei sein Feldge-
schrei ein Gcsammt - Oesterrcich für immer.
Geradc dieß aber wvllen jenc Herre» nicht,
die nur den böhmischen Böhmen im Schilbe
führen." Rieger will sprechcn. Wanka vrr-
sagk ihm das Wort. Es sei dies eine Berwah-
rung, »ber die einc Dcbatte unmöglich sci.
Riegcr: Gleiches Recht für Alle! Cr könne
nicht zugeben, daß eine Wahl-Ordnung ge-
macht wird, wodurch der böhmische Bolks-
stamm in orkünstelte Minorität gebracht wird.
Er wolle ein Gesammt Ocsterrcich, wolle aber
mehr Harmonie dcr Theile durch Glcichbc-
rechtigung derselben. (Stürmischer Beifall.)
Die Wahl der Prüfungs-Commtssion dcr Ne-
gierungsvorlagen wirv nach Curien aus dem
gaitzen Landtaq vvrgcnomincn. (Ostd. P.)

Znnsbruck, 12. April. Unter den Än-
trägen befindet sich einer, gestcllt-vvp dcn ita-
lienischen Bertrekern, den Fürstbischof von
Trient an der Spitze, der nicht mehr und
nicht weniger als ein eigenes Landesstatut
verlangt und einen cigenen Landtag für
Wälschtprol, jcdoch mii Beibehaltung des
ProviiizialverbanbeS. Zur Borberaihung die-
ses. Antragcs wurde die Wahl eineS Co-
mite's beschloffen.

Oefterreichische Monarchie.

Pesth, 14. April. Nach dem „Magpa-
rorszag" waren von dcn' bisher erschienenen
300 Dkpulirtcu 118 lchvn im Jahre 1848

Zu dem Vorderhause sührten mehrere Stufcn. —
Einige Minuten stand ich im Halbdunkel, als oben
auf dicser Trcppe zwei Gcsialten sichtbar wurdcn.

„Hast Du Mch auch nicht getauscht?" fragte cine
Stimme.

„Nein", erwiderte cine anderc. „Wenn ich nicht
irre, find auch Soldaten dabei. — Man denkt unS
zu übcrrumpeln und das ganze Ncst auszunchmen.
— Sic sollen die Musik oerstummcn laffen — die
Lichter verlöschen — hintcn hinausfliehcn — dort
ist noch allcs sicher."

Dcr Eine von den Männern flog rasch die Treppe
herab dcm Tanzgebäude zu. Der Andere zog fich
«ieder zurück.

Hatt« ich auch cigentlich von etwa herandrängen-
der Gerechtigkcit nichts zu fürchten, war es doch
etwas schr Unangenehmcs, in dieser Gesellschaft und
Verkleidung erwischt zu werden. Auch konnte mtch
dic Bosheit der Mitgefangenen in Vcrlegenhciten
bringcn, wclche für den Fremden gcfährlich «ur-
den. — Jedenfalls war dic Entdeckung mcincr Liebe
zu dem — Ränbcrmädchen — nicht zu vcrmeiden
«nd comproinittirte nicht nnr mich, sondern auch
mcinen Freund Rusc, «elcher bei dem vermuthctcn

Volksvertreter, denen nach der Revolutl'on
von ber österreichischen Regierung Proceffe
angehängt wurden; 40 waren zum Tode odcr
Gefängniß verurtheilt, hatten sich aber in's
Ausland gestüchtet. Gewesenc Honved-Ofsi-
zierc sind 12, Geistliche 11, nämllch 6 katho-
lische, 2 gricchischc, 3 prvtestantische, Magna-
ten 32. — Ein Drittel des ganzeu Körpers
bestehk aus Comitats- oder städtischen Beam-
ten; kalserliche Beainte sind 2, Baron Hor-
vath unb Dobranszkp. Zm Oberhausc sitzen
16 Honved-Ofsiziere und 4 gewescnc Sraats-
gefangene.

Pesth, 17. Apr. Jn der heutigen Sißung
dcs Unterhanses wnrde Koloman Ghicy zum
Präsidentcn, Koloman Tiza und Fritz Pod-
manitzkp zu Vicepiäsibenten gewählt. Morgen
findet die Wahl ber Schriftführer statt. Die
eigentlichen Verhandlungen werden vielleicht
nächste Woche beginnrn; bls jetzt fiiiden noch
BoUiriachtspiüiuiigcn statt. (Frkf. Bl.)

Temesvar, 13. Aprll. Dem Beschluffe
dcs Rcograder Comitatcs, wvnach Jeder in
Ungarn als Lanvesverräther erklärt wlrd,
der sich mittelbar ober unmittelbar an der
Wahl zum österreichischen Reichsrath bethci-
ligt, ist auch der Temesvarer Gemeinderath
einstimmig beigetreten.

Lemberq, 16. April. Zn der heutigcn
Landtagssißuiig wnrde beschloffcn, daß die Pro-
tokolle in polnischer uud ruthenischer Sprache
zu führen seien. Der Rkqikruiigscvnimiffär
beantragt vic Wahl für dcu Neichsraih und
den Landesausschuß; mchrere Comite's tpur-
den gewählt. (Ostd. Posi.)

Krakau, 17. April. Dtcselbe Lage. Zn
Warschau währen die Verhaftungen fort. Dte
Zahl der getöerete», verwunbeten unb verhaf-
teten Pcrsoiien beläuft sich auf tausend. (?)
Dic Erbitterung steigt im ganzen Landc.

(Zndep. b.)

K r a n k r e i ch.

Der Brief dcs Herzogs von Aumale, ob-
wohl er zunächst nur an die Adreffe des Prin«
zen Napoleon gerichtet unv gleichsam eine per-
söliilche Herausforberung an diesen ist, cnthält
doch zugleich für bas ganze Regime des 2i Dez.
ein memeuto mori und ist, wte es schcint,
auch alS svlchcs verstaoden wvrden. Man
wird dem Sohne Louis Philipps vie Bcrech-
ligung nicht absprechcn können, wenn er die
übermüthige Provocation des Prinzen Napo-
lcon a» alle alten Dpnastiecn nnd fpcciell an
die boiirbonlsche, zuui Anlaß ninimt, seinerseits
an das Napolcontsche Haus bie Frage zu rich-
tcn, auf welches Recht es seine Herrschaft
gründet, seine Vergangenheit zu verglcichen
mit seincr Gegenwari, seinc Vcrheißnngen mit
seinen Erfüllungen, scine Eidschwüre uiit sci-
nen Hanblungen. Und am wciiigsten wird es
dem Sohn des Bürgerkönigs verargt werdcn
dürfen, wenn er an ein Wort des crstcn Na-
poleon gegen vas Direcioriiim eriiinernd dcm
Prinzen das Wort zuschleudcrt: „Eines Ta-
ges wird Euch die Frage vorgelegt werden:
was habt Jhr aus Frankreich gemacht?" Der
Bries ist ein Aufschrei bes beleidigten Ehrge-

Morde vcrschwicg, was er ziemlich genau «ußtc
— Gründe genug, mich möglicher Gefahr zu cnt-
ziehen.

So schnell cs mir das Halbdunkel gcstattete, eiltc
ich der andern Scite wieder zu, abcr hicr «ar
alles bereits so finster, daß ich keinen Schritt weit
sehcu konnt«, doch hörtc ich lcisc eiligc Trittc über
dcn Zwischenraum schwebcn und jenstits, also im
Stallc, wo ich heretngckommcn war, vcrschwindcn.

Jetzt öffnet fich, dicht ncben mir, vvn dem
frühcren Spielzimmcr aus, eine kleinc Pfortc.

„Hast Du gar keinc Ahnung, wohin er gekom-
men^" stüstert Sali's Stimmc.

Jch hiclt lauschend dcn Athem an.

„Keine", erwicdcrte einc andere weibliche Stimmc.
Es war die dcs bekannten jungen Mädchens.

„O mcin Gott!" ricf Sali. „Wenn er in ihre
Hände geräth, ist er verloren! Sie halten ihn sür
dcn Verräther. — Eben Konrad'S Eifersucht be-
schwichtigend, hörte ich, wie ihm dic Gefahr gemel-
det wurdc. — Sein Auge blttztc wtld auf und suchtc
im Saale umher. — „Ha!" schrie er, mich bei Seite
schlcudernd — darum Dctne Schmeichelei, daß er
cntkoinmc und uns verrathc. Er war es — ich habe

fühls deS LandeS, ein Protest gege» ekn Re-
gierungsspstem, das derselbe» Mittel, durch
welche es gegründct worden, nicht entrathen
konntc, um stch zu erhalten, der Ruf vor die
Schranken eincs höheren Gcrichts, der um so
bedeutsamcr ist, als er von einem der Häup-
ter der vcrlricbeuen Dpnastie herrührt. Daß
er nun vollends so plötzlich, unvermuthet und
den Arqnsaugen einer hundertarmige» Polizei
znm Trotz krfolgen konnre, ist dqs eigentlich
Erschreckendc daran und esiinnert unmlitelbar
an die Bomben Orsinis. Dic Bestürzung der
Regicrung war allen Berichten zusolgc einc
außerordentliche, S>c hatte stch vollkommen
übcrraschen laffen. Als dic Polizei enblich in
Beweguug gesetzt wurdc, um auf die Bro-
schüre zu fahnden, haitc dicse bereits ganz
Paris durcheilt, die Nachfrgge stieg fo stark,
daß man cinzelne Eremplare-mit 10, ja 20
Fr. bezahlte. Ob auch diescs Ereig'niß einen
ähnlichen Eindruck auf den Kaiser, vielleicht
einc ähnliche Wenbuiig seiner Ppliiik herbei-
führen ivird, wie das Orsini-Attcntat? Zn
eincr Beziehung ist es viellricht geeianet, den
Kaiser zum mindesten mit gleichcr Besorgniß
zu erfüllcn. Dcnn die Bvmben, wcnn sie cin-
mal geplatzt waren, konnten nicht wieder tref-
fen; aber wer berechnet die Wirkung dieseS
Bricfs, der jetzk durch tausend Kanäle seinen
Weg findet, wohin kein Ange ihn versolgen
kann, und der selbst nur das plötzlich hervor-
brechende Symptom eincs allgcmciiicreii Wi-
derstands, einer unstchtbarkn Vcrschwvrung der
Gemüther ist? Dcnn schwerlich hätir der
Herzvg diesen wohl vorbedachten nnd sorgfal-
tlgst eiiigelelicteii Schritt gethan, wenn cr
hätte glaubcii müffen, daß er vhne Echo im
französischen Volk verhallcn werde. Zuglcich
liegt lii der allgemeinen Lage Manches, was
die Wirkung des Briefes bcgünstigt. Dic
Adreßdebatten in den Kammcrn haben darge-
than, daß Vie RcgicrunH zwar behaupket, frci
nnd beherrschend über dcn verschicdenen Par-
teien zu stehen, daß sie aber in Wahrheii ffch
steuerlos von dem Stroni der Ereigniffk trei-
bcn läßt. Zst einmal dicses Gefühl, baß dic
Regierung die Bchcrrschuiig dcr Ereigniffe aus
der Hand vcrloreu hat und, eiuem Äbeiiteurcr
gleich, von heute auf morgen lebt, in dic
Maffcn gcdrungen, so dürfte dicß von den
verhängiiisivollsten Folgcn für drn Bvnapar-
tismus sein, mit dem stch nur dadurch bis auf
einen gewiffeii Grad die öffeiitliche Meinung
ausgcsvhiit hakte, sofcrn er dem Wahu, daß
von Paris aus Europa gelenkt wcrbe, zu
schmeicheln verstand. Der Ruf, der von cvn-
servativer, wie von democralischer Scite an
die Regierung crging, irgend cinc feste Partci
zn crgreifcn, wird stch dringender wieberholcii,
nnd Napoleon wird im Drange, eine festere
Basis wieder zu gewinnen, sich gcnöthigk schcn,
sich nach dicser oder jener Seite zu cnifchei-
den. Aber auf welche Pariei soll cr sich
stützcn? Anf die klcrikale Partei? Aber diesc
ist tödtlich verletzt und ver Dank für dic Er-
stickung der Ncvvlulion längst ausgelöfcht durch
die Mißhaiiblung bes h. Stnhlcs. Over auf
den nüttleren Bürgerstand? Aber dieß ist der

ihn erkannt, trotz seiner Entstcllung. Wehe Dir
und «ehe ihm, wcnn er in unsere Händc fällt. -
Er stürztc fort. — Memi, nicht für mich zittere ich

— nein, nur für ihn. — Er tst ein edler Wann.

— Er sprach dort im Stadthauft laut ftin Mit-
leid für Euch aus. — Er hat mich großmüthig an
jcncm Abende der Gefahr entzogen, ohne zu ahnen,
daß ich um ftinetwillcn in dieftlbe gcrieth. — Er
kam nicht hierher, um Euch zu verrathcn. — Mciuet-
willen kam er — mcinctwillen fttztc cr ftin Lebcn
auf's Spiel -- bemi er liebt mich! — Ja, Memi,
ich wiil es Dlr gestchen — ich bin stolz auf dicft
Licde eineS edlcn Mannes. — Kann ich, darf ich
sie auch nicht erwidern — so soll ihm doch kein Lcid
gvschehen — so lange dic Hoffnung bleibt, daß ich
es verhindern kann. — Weiß ich ihn gcrcttet —mag
mcin Leben crbleichen — ach, cS ift ja doch nnr ein
frendenlofts. — „Memi!" rief fie dringender. —

— „Stche mir bei! — Durchforsche — durchsuche
jeden Winkel. — Mein Hcrz sagt mir, er mnß noch
hier ftin. — Hilf mir ihn entdccken — retten —
und Du rcttcst mich vor Vcrzweiflung!"

(Kortfttzung folgt.)
 
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