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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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sn 122


Dienstag, 28. Mat

Insertionrgebühreu für die Zspaltiae Petit- M

i«le werdra mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechnet. MM M.G

j-j- Qesterreich «nd Ungara.

Deak, das Haupt der ungarischen National-
parte», hat gesprochcn. Jn einer längeren
Rede, welche allgemeines Aufsehen erregte,
und die wir im Auszuge auch in den Spal-
ten unsercs Blattes wiedergegebeu haben, hat
verselbe sein Programm näher dargclegt und
hierin seincr Nation nicht nur ihrc altherge-
brachten historischen Rechte ohne Ausnahme
vindizirt, sondern auch die im Drange der Er-
eigniffc des Frühjahrs 1848 von der Wiener
Hofburg zugestandenen äußerst wichtigen Be-
fugniffe, hierunter namentlich ein eigenes Mi-
nisterium für Ungarn, mit allem Nachdrucke
geltend gcmacht. Daß die östcrreichische Re-
gierung auf dieses Programm eingehen wird,
ist kaum anzunehmen. Ebensvweuig wird sie
aber für jetzt zu irgend einer Gewaltmaß-
rcgel schreiten. Allem Anscheine nach dürste.
noch eine Zeitlang hin und her unterhandelt,
und der schließliche Erfolg von der Gestaltung
der äußeren Ereigniffe mehr oder weniger ab-
hängig gemacht werden. Nur in Folge einer
unerwarteten Begünstignng von Seiten der
Lctztern haben dic für jetzt isolirt dastehendcn
Ungarn Hoffnung, ihrc nativnalen Wünsche
bis auf ihre äußcrsten Cvnsequenzen durchzu-
setzcn. Wenn jedoch der Fricven auf längere
Zeit bewahrt wird und Gesammtösterrcich Zeit
gewinnt, sich in politischer und finanzieller
Beziehung zu cvnsoliviren, wird den Ungarn
wvhl nichts übrig blciben, als schließlich dvch
in der einen und andern Bcziehung nachzu-
geben und wenigstens Einzelne ihrer mil so
großer Ausdauer festgehaltcnen nationalen
Rechte (dcren gcschichtliche Begründung wir
früher ausführlich hargclegt haben) dem Ge-
sammtstaate zum Opfer zu bringen. Daß und
aus welchen Gründeu dieses Letztere nokh-
wendig fallen wird, haben wir ebenfalls schon
bei verschiedenen Auläffcn nähcr erörtert. An
der Hand der deßfalls aufgestellten Folgerun-
gen kommk man immer wieder auf das Re-
sultat zurück, daß Oesterreich blos durch das
lockerc Band einer sogen. Persvnalunion mit
Ungarn verbunden, als Gksammtstaat nicht
wohl bestehcn kann. Man bcruft sich zuwei-
len auf das Verhältniß Schwedens zu Nor-
wegen, die ebenfalls nnr durch eine Pcr-
sonalunion unter sich verknüpfl sind. Allein
Schwcden macht keinc Ansprüche auf eine Groß-
machtstellung und liegt am äußersten Norden
unseres Weltrheils außerhalb dcs Spielraums
der jetzt sich so vielfach durchkreuzenden po-
litischen Jntereffen. Man stelle sich dagegen

Großbriiannien vor, in seincn einzelnen Thei-
len, Englqnd, Schottland und Jrland nur
durch eine solche Gemeinschaft der Person dcs
Regenten verbunden, und zumal jedes dieser
Länder mit cinem besoudcren Parlamentel
Ohne sich in weitcren Anführungen und Be-
weisen zu crgehen, liegt es hier doch wohl
auf flacher Hand, daß gerade in den wichti-
geren äußern und innern Angelegenheiten ein
übcreinstimmendcr Beschluß gar nicht, oder
nur mit grvßcr Mühe zu Stande kommen
würde, daß das einheitliche Hanveln der Re-
gierung völlig gelähmt, und es mit der Groß-
machtstellung Britanniens in kürzester Frist
vorbei wäre. Nach der Theorie des Staats-
rcchts gilt daher auch cine solche Vereinigung
verschiedener Länder zu einem Schein-Einheits-
Staate als eine Art von Auomalic.

Dcn nationaleu Tendenzen der Ungarn ist,
wie gesagt, die zu Grunde licgende historische
Bcrechtiguug nicht abzusprechen. AÜein das
Gebot der Klugheit erheischt nicht nur im Zn-
tcreffc Gesammtösterreichs, sondern Ungarns
selbst einige Nachgiebigkeit. Zu welcheu Er-
gebniffen würde es führe», wenn allenthalbcn
in staatlichen Dingcn stets nur ein altes, oft-
mals veraltetes, historisches Recht mit allen
scinen Consequenzen festgehalten würde! Mit
demselben Rechte hättc Napoleon lll. seine
Regierung unmittelbar an das Ende jcner von
Napoleon I. anknüpfen, oder Ludwig XVlll.
an das Ende jener »on Ludwig XVt. und
Alles in staatlicher Bcziehung inzwischen in
Frankrcich Geschehene verläugnen können! Jn
ähnlicher Weise handelte in der That der zn
Anfang dieses Aahrhunderts eine Reihe von
Aahren — während Zerome's Regierung —
aus seinem Lande verlriebene Churfürst voü
Heffcn, zu nicht geringem Befremden aller sei-
ncr Zeitgenoffen, „nd zum äußersten Nachtheile
Vieler aus der Mitte seines eigenen Volkes.

Wahr ist es, und wir haben dies zu wie-
derhvltcnmalcn selbst näher erörtcrt, daß die
Ungarn einem absolutistisch regierten Oester-
reich gegenüber schon vielfach sehr traurige
Erfahrungen gemacht haben. Aus diesem Miß-
tranen, in Verbindung mit ihrem leicht zum
Eriremen geneigten Nationalgefühle, muß ba-
her auch ihre jetzigc, blos für ihr eigenes Land
sorgetragende Verfahrungsweise erklärt wer-
den. — Daß aber zur Zcit Oesterreich in
That und Wahrheit ein constitutioneller Staat
geworben ist, wird selbst vvn deffen früheren
Gegnern nicht geläugnet. Jene Befürchtungen
der Ungarn können daher jetzt nicht mehr
platz'greifen. Bei Gefahr der Zertrümmerung

in seine cinzelnen Bestandtheile kann Oester-
reich diese eingcschlagene Bah» nicht mehr
verlaffen. Ebensowenig kann für jetzt ber'
ausrichtigem Festhalten dcs jetzigen liberalen
Rcgicrungsspstemö auf ein solches Zerfallen
Ocsterreichs speculirt werden. Jn spätercr
Folge, bei fortgeschrittener geistigcr und po-
litischer Bildung der cinzclnen Völkxrstämmc,
-und. nach entschiedencr Ausprägung des Ra-
tionalitätsprincips ist Jenes zwar immerhin
möglich. Doch gehört hiezu offenbar ein lang-
wieriger culturhistorischer Umbildungs-Proceß,
deffen Dauer sich kaum nach Jahrzehnten be-
meffen läßt, und dessen Ende dafür jetzt noch
nicht abzusehen ist. —

D e A t s ch l a n d.

Karlsruhe, 25. Mat. DaS heute erschtenme Regie-
rungsblatt 9tr. 25 enthält:

I. Unmtttelbare allerhöchste Entschlteßungen Sr. Köntgl.
Hohett des Großherzogs. 1) OrdenSverlechung: dem
Prosessor Or. Hermann Helmholz in Heidelberg daS
Ritterkreuz des OrdenS vom Zahrtnger Löwen. 2) Mc-
datllenverlethungcn: dem Neckarzoller Philtpp KletnhanS tn
Mannhetm, tn Anerkennung seiner langjährtgen treuen und
ersprteßltcheu Dtenstletstungen, dte kletne goldene, und dem
Btbliorhekdtener Lorenz Wagner an der Universität Fret-
burg die silberne Ctvtl-Verdtenstmedaille. 3) Erlaubntß
zur Annahme etnes fremden Ordens: dem Hofrath Prof.
vr. Zöpfi tn Hetdelberg für daS thm von dem Herzog von
Sachsen-Meiningen verliehene Ritterkreuz des Sachsen-
Ernesttnischen HauSordens. 4) Dtenstnachrtchten. Außer
den schon mitgethetlten noch solgende: der Director deS
Gymnasiums tn Lahr, Gehetmer Hofrath Gebhard, wurde
sctnem unterthäntgsten Ansuchev gemäß wegen vorgerücktea
LebenSalters und unter Anrrkennung setner langjährtgen,
treu geletsteten und ersprteßltchen Dtenste tn den Ruhestand
versetzt.

N. Verfügungen und Bekanntmachungen der Mtntsterten.
1) Bekanntmachungen des großh. ZusttzmintstertumS: a) Dte
NameNSänderung deS Zohann Mater von Bachhetckund setner
Ktnder betr. b) Die Ernennung der Schwurgertchts-Präfiden-
ten für daS zweite Quartal laufenden Zahres betreffend:
1. für den UntttrheinkretS: HofgerichtSrath Ruth tn Mann-
hetm, nnd für den Fall setner Verhtnderung Hofgerichts-
rath Rctnhard daselbst; <2. für den Mtttelrhetnkrets: Hof-
gertchtsrath Htldebrandt tn Bruchsal, und für den Fall
seiner Verhinderung HofgertchtSrath vr. Puchelt daselbst;
3) für dcn Oberrheinkrets: HofgertchtSrath Weber in Frrt-
burg und für den Fall sctner Verhtnderung HofgertchtSrath
Wielandt.daselbst; 4. sür den ScckretS: HofgertchtSrath
Selb tn Konstanz, und für den Fall setner Verhtnderung
HofgerlchtSrath Sauerbeck daselbst. 2) Bekanntmachungen
deS großh. MintstertumS des Znnern: a) Dte Vergebung
eines Fretplatzes in dem wetblichen Lehr- und ErztehungS-
tnstttut tn Offenburg betreffend. d) Dte tm Frühjahr
186t abgehaltene medtct^ische Staatsprüfung betreffend.
Darnach erhtelten von zwolf Candtdaten der Gesammthetl-
kunst, etnem Candidaten der tnnern Hetlkunst und etncm
Candtdaten der Chtrurgte, welche fich zu der jüngsten Früh-
jahrsprüfung eingefunden haben, Nachbenaunte von großh.
Santtätöcommtssion Lizenz. und zwar: Hc. Zur Ausübung
der Gesamcktheilkunst: Karl Gernandt von Mannheim,
Zoseph Vogel von Rastatt. Severtn Vetter von Bletch-
heim, Mar Wcrthetmer von Bretsach, Friedrich Hak von

Ein cifcrsüchtiger Mann.

Nach dem Englischen von Eh.

„Percy, liebcr Percy, nimin die bittcrn Worte
zürück. Dcr HimiNcl ist mcin Zeugc, ich verdtene
jie nicht. Siehc, ich schlage meine Augcn nicht nieder
vor den Deinigen, meine Wangcn crbleichcn nicht!
So wahr ich vor Dir stehc, habe ich noch keincs der
Gelübde, dic ich am Altare ablegtc, wcder in Wor-
ten noch in Gedanken gebrochen."

Sie trat näher zu thm und legte ihre zarte Hand
auf feinc breite Brust.

„Thue mir nicht Unrecht, auch nicht in Gedankcn."

Der hartc Mann würde unschlüsfig; konnte er
ffch nicht getäuscht haben? Er las Wahrheit nnd
Reinheit tn der Ticfe ihrer klaren blauen Augen,
wclche so fest indie seinigenblicktcn. Etncn Augen-
blick bchielt dieser Gedanke die Oberhand, dann
abcr stieß cr die kleine Hand auf die Scite und
verlicß fic, indem er einm Much vor fich hinmur-
meltc.

Marie Lee hatte dasünglück, sehr hübsch zu sein
nnd war UIN so unglücklicher, da fie mit einem eifer-

süchtigcn Manne verheirathet war. Bei raschem,
fertigem Wip und viel Unterhaltnngsgabe, ver-
einigt mit persönlichen Reizen, «urde ihrc Gesell-
schaft erfrig gesucht.

Sobald ihre Augen für dte Fehler ihres Mannes
gcöffnet warcn, svchte sie sorgfältig die Klippen und
Sandbänke im ehelichm Meerc zu »ermciden. Sie
gab eincn der Männer nach dcin andern auf, welche
sich ihr gmähcrt hatten, sobald fie Percy mißficlen.

Maric «ar nicht gefallsüchtig, die Natur hatte
ihr ein Herz gegeben, und obwohl sic ihrem Mannc
geistig überlegen war, liebte sic ihn ausrichtig.

Die meisten Fraucn hättc seine Unbilligkett zum
Coquetiren angespornt, abcr dic nachgicbigc, sanfte
Maric zeigte auch nicht einen Schein vvn Wider-
spruch bei dcn albcrnstm Beschnldigungen. Doch
allc diese Opser vermochten nicht, den Geist der
Eifcrsucht zu banncn. Sie saß, nachdem ihr Gatte
sie verlaffm hatte, dic Hände fcst zysammengepreßt,
bleich und thränmlos da und bemühte sich verge-
bcns, die Ursache sciner Verstimmung zu errathen.

Stundc auf Stunde zerrann und er kam tmmer
ntcht. Mit müden Füßen stand fie unter dem Fen-
ster. Der Lärm der großen Stadt hatte aufgehört;

Schweigeu und DMkelheit bedeckte die schlafmden
Einwohner.

Marte konnte es nicht langer «rtragcn. Sie schlug *
den Vorhang zurück, lteß ihn wieder fallcn und
preßtc ihr Gesicht fest gegcn die Fmsterscheibm, alö
könnten ihre ermüdeten Augm die Finsterntß der
Mittcrnacht durchdringen. Ste hörte Tritte! Er
ist's!

Zitternd sauk ffe auf das Sopha, um seine An-
kunft zu erwarien und nahm ihre ganze Seelenkrast
zusammen, um seincbittereHärte ertragenzukönncn.

Er kam munter zu ihr herauf und küßte sie auf
di« Stirne; Marie strich mit dcr Hand über die
Augen und sah ihn nochmals a». Rein, er war
nicht vom Weine aufgcrcgt. Was konnte «ohl dtese
plötzliche Sinnesänderung bcwirkt haben? Sie war
aufrichtig und lauter und dachte nicht an Verrath.

„Percy bereut seine Ungerechtigkest", sagte fi« zu
fich stlbst. „Männer wollen stlten einsehen, daß fie
Unrecht hattm." Und mit dcr Großmuth eineö
cdlcn Herzens bcschloß fic, ihn wcder durch Wort
noch dnrch Blick daran zu erinnern, daß seine Worte
wic gistigc Pfeilc in ihre Seele gedrunge» waren.

Den nächstm Tag schiug Percq ihr vor, eine kleine
 
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