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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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4

ÄAr. 'M UH Srscheint, Montags auSgenommen, taglich.

L V4R. Preis vierteljäbrl,ch 54 kr.

Samstag, 4. Mai

- .skr i>ke 3spiiltige Pttit-

jeile werden niit 2 kr.- bezw. 3 kr. betechaet.
-Liss, ,

L8«L.

H Rundscha«
l.

Bei der jctzigen außerordentlich raschen
Entwicklung politischer und sozialer Verhält-
uiffe erscheint es zweckmäßig, schon nach Ab-
laus ciner kürzern Zeitperiode übersichtlich die
wichtigstcn Ereignisse zusammenzustellen, da bei
der Maffe des sich alltäglich darbieteiiden
Stoffes eS ohne Zweifel der Mehrzahl des
Zeitung-lesenden Publikums nicht leicht, auch
nur die wichtigeren Ereigniffe im Gedächtniß
z« bewahren und des Zusammenhangs der-
selben sich stets bewußt zu sein, obgleich nur
hierdurch die Tragweite dcr einzelnen Erschei-
nnngen erkennbar und detcn Bcdeutung auf
das Ganze ersichtlichi Bei dem grvßen Ein-
siuß ber Zeitereigniffe auf das sociale nnd
commercielle Leben bleibt aber nicht leicht ir-
gend Jemand unberührt und läßt sich daher
dicse Kenntniß nicht enlbehrcn, ohne selbst bei
gewöhnlichen bürgcrlichen Unternehmungen stch
bedeutendem Nachtheile auszusetzen, und erklärl
sich auch theilweise hiekaus das stcts zuneh-
mende Zntcreffe für das Ldsen von Zeitungen
und Journalen. Abgeschen hiervon' ist es jc-
doch bei dem berzeitigrn Stande der Volks-
bildung Bebürfniß und selbst Ehrcnsachc, durch
Lectüre sich denjcnigen Grad von Bildung zu
erwcrben unb auch noch anderki als dem spe-
cielleu Beruf angehörende Kenntniffe sich an-
zueigncN.

Dem bewcgten 1848r Jahre fvlgte alsbald
Erschlaffung und Zudifferentismus "für polft
tische Angeiegenheiten. Die reactivnäre Par-
tei benutzte ries sogleich nnd Oesterreich, dcn
Rcigen eröffncnd, steuerte mit »ollen Segeln
dem bckannten Ziele zu, das Volk mundlos
zu machen, und bald schien Preußen mit Oe-
sterrcich nur darin zu rivalisiren, in sämmt-
lichen Mittel- unb Kleinstaaten die Errungen-
schaften dcs Zahres 1848 und 49 wegzuesca-
motiren. Mit der Reaction in innigster Ver-
bindung, wie stets in Zeiten politischer Ab-
spannung, ging die Kirchengewalt; sie wurve
regelmäßig um ihren Beistand angcgangen-
wenn es galt, veu, sowohl ihr- als der herr-
scheuden Gewalt gemeinschafllichen Feind, i-den
staatlichen Geist der Neiizeit- welcher als re-
volutionärer Sinn und als Gegner von Kirche
und Königthum angeschcn wurde", zu bekäm-
pfen. Mit der, vorzugsweisc der katholischen
Kirche, eigenthümlichen eiserncn Conscquenz,
wurde allmählig der Boden gelockert, auf wel-
chen der Saamc gesäet wurve, deffen Früchte
erft einige Zahre später zum Anfgang bestimmt

waren. Man bemühte sich, und es gelang
sehr leicht, fast alle Träger der herrschenden
Gewalt mit solchen Männern zu umgeben,
welche die Kirche als alleinige Stütze der
staatlichen Macht darstellte und auf geraden
und krummen Wegen erhob sich in dicscr Weise
die Kirchengewalt zu immer größerer Bedeu-
tung. Selbst in vorzugsweise protestantische»
Ländern errang sich die Hierarchie bcdeutenden
Einsiüß und die katholische Kirchengewalt er-^
wirkte mit dcn einzclnen Stdätcn Ueberein-
künfte über' angebliche Rechte der Kirche im
Staat, Concordake oder Conventionen, welche
je nach Lagc dtr Verhältniffe zur Veröffeut-
lichung kämen »dcr nicht. Aber deren Wir-
kungen traten, wenn auch nicht publicirt, doch
sobald zu Tage, daß der allgemeine Wider-
wille hiergegen energisch sich kund gab, und
die Regierzingen thcilwcise «ökhigte, den Be-
strebungen der Kirchcngewalt cinen Halt zn
gebieten. Selbst in Oesterreich, dcm Sitz und
der Burg des Katholirismus, konnte das mit
der päpstlichen Curic vor kinigen Zahrcn ab-
geschloffene Concordat, welchcs der katholischen
Kirche die früherc Macht wieder einräumte,
thatsächlich nicht zu aller Ausführung kommen.
Der freimüthige Reichsrath Maager fordcrte
statt der im Concordat zugestandenen Dulvung
der Evangelischen, deren volle Gleichbc-
rechtigung, und schon nach einigen Mona-
ten wurdk, wcnn auch sichtlich nur mit Wi-
derstrcben, diesem gcrechtcn Ansinnen durch cin
kaiserliches Paient Genüge gcleistkt und zwar
zur Befricdigulig deS bei weitem größtcn Theils
drr katholischcn Bevölkcrnng von Oesterrrich
selbst, da hierdurch uicht die Rechte der katho-
lischcn Kirchc gckräükt, sonbern nur die dcS
Staats und dcr Kirchengewalt entsprechcNd ge-
ordn et werden. Bezeichnenb für die Stinimung
in Oesterrcich ist vie Wahl der Mitglieder zu
den verschiedcnen österreichischen Landesver-
tretungen, wklche vorzugsweise auf solche Män-
ner gefallen, vvn denen bekannt, daß sie ge-
gen bas Fortbestehen des Concvrbats. Gleich-
wie aber s. Z. der Abschluß des österreichischrit
Concordats mit bem päpstl. Stuhle den Weg
bahnte, mit den Rcgierungen von Würlemberg
und Bäden in gleicher Weise ein folches abzu-
schticßen, so verdankl man ber Kenntniß von deN
traurigen Folgen des österreichischen Concor-
dats den Kampf der Volksvertretnngcn in die-
sen Ländern gegen deffen Einführung. Baden
ging hierin mit höchst ancrkenncnswerther
Energie voran, und wic hier, so wurde es auch
in Würtemberg von den Stänbcn verworfcn;
auch im Großherzogthum Heffen kommt un-

zweifelhast die öhüe Wiffe» der Kammer äb-
geschlvffene M länge verheimlichte Conven-
tion mit dem Bischof vvn Mäinz außer Wirk«
samkeit. Auch in Naffau bemühte fich das
Episcopat erföltzlos, den Abschlüß eints neüeü
Concordats zü Stande zü bringen. Vergeb-
lich erscheini sonach das Srreben der Oberherr-
schaft der Kitche übcr ven Staat; die überall
zur Geltung gekvmmene» Begriffe übtr dss,
was Rechtc dcs Staats und der Klrche, haben
die Ueberzkugung begründet, daß der Stüai
kcinen streng kirchlichen confessionellen Stand-
punct einzunchmeil hat, sonbern daß in dtüi-
selben alle Staatsangehorigcn gleicht Rechkt
unv gleiche Pfiichten haben müffen.

Deutschland

* Heidelberg, 3. Mai. Die Karlör. Ztg.
ist ermächtigt, bas nachfolgende Hanb schrei-
ben Sr. Königl. Hohcil des Gtoßherzbgs
an Se. Erccllenz bcn Herru Staalsminister
vr. Stabel mitzutheilen:

LiebcrMinisterStabel!.

Lie haben mich durch Schreiben vom 20. April ge-
beten, Sie der Jhncn provlsorisch uberträgenen Leitung
de« MinisteriUms des Großh. Haused und der ailswLrrigen
Angelegenheite» zu entheben. -- Die Begründung Jhtes
Anjuchcns dnrch die nolhwendige Rülksicht auf Jhre
durch die übermäßige Anstrengung tm Dienße jchwer
erschüttcrte Gesundheit ist zn memem lebhasten Bidanern
sv zwingender Art, dah ich nichl abiehnen kann, der-
setben zn wiüsahren. Zft Ihre jchwere Erkranknng dvch
leider ein jxrechendes Zengniß der anfopsernden Gewis-
senhasligkeit gewesen, mii der Sic bie veedoppetten Ber-
pflichmngen und Sorgen Jhrcs ÄmicS versehcn hade«.

Jhre Wünjche nach Mdgiichkeit ztz. erjüitm, sieber
' Minister Stavel, ist mir ciiie wapre und crnflr flstichi
der Dankbarkeil für die wejentlichcn ünd ersoigreichen
Dienste, welche Sic deM'StaMt in lHwe'ren LirwiM
lungen geleistet, und für die GestNNÜngtit, die Sie niir
stetS bewLhrt haben. Jch muß fle niiter diescn Lmstän,
den bcsonderS darin bethäligcn, daß ich Zhnen jedwedh
Jhren Gesundheitsbedürsnissen angcmesseiie Erleichicrüng,
und zwar, Jhrem Wunschi geüiäh, üöch vor öeiii Witoer-
antrirt Jhrcr Berujsgeschäfle, g-währe.

llm Jhnen nicht nur einen Beweis meiner besondern
Unerkennnng zu geben, sondern gleichzeitig eine vpn
vielen Erfahrungen und von der voflständigen Durch-
führung der in der StäatSvenvaltung üülerübtfliüenen
Reorganisalion gesorderX Vcrbesstrung jü öekvirkllchenj
beahsichtige ich- Sie unter Beläflnng in Jhrer FüüctioN
a!S Jnstizminister gl-ichzeitig zum Prasidemen des Staats-
ministeriums zu ernennen.

Die in der Proclauiation vont 7. Ahri! v. I. fliid'er!
gelegtcn Grundsätze bezwicken vor Meni Beieinfächünß
und Rücksührnng der Staatseinrichlungen ans ihre tebm-
digen Grundlagen nnd demgemäß das Heranz'iehen.der
Selbstbetheiliguitg der Bevölkcrung auf allen lhtö elßen-
sten Jnteressen zunächst bernhrenden GebiAen.

Sie sind auS der Ausfasfung herpvrgegangeü, datzs
um diese Zwecke zu erreichen, Gesetzgchung pnd dst Per-
waltungseinrichtungen des Großheizöathums in Üeber-

einstimmung gefttzt Ivcrden müssen mil veni Geist ünsdrii

Kiö Heirathsrandiöatcn.

Növelle von Wilhelm Jungmann.

(Fortsetzung).

Sprcchen konnte Helcne nicht. Unter einem Strom
von Thränen sank sic dcm gelicbten jungen Mann
nm ds» Hals, nnd ihrc Augen sagten ihm mchr
als allc Wortc, daß fie mit seincm Vorschlag voll-
kommcn einverstanden sci. Als aber ihre Aufre-
gung fich gelegt, als fic wieder zu denkcn und zu
sprcchen vermochte, versicherte sie auch ihn, unter
allem, was ihr hcilig sci, durch den angestrcngtcsten
Fieiß, dmch die sorgsamstc Sparsamkeit auch von
ihrcr Seite alles dazu bcizutragen, diescs Ziel so
bald als möglich zu erreichen, unv sei diescs ge-
schehen, ihn dmch trene Ltedc und Anhänglichkeit
für allc diesc Opser und Entdehrungen anf's reich-
lichste zu entschädigen.

3:

Was Brenner und Helenc sich so seierlich ver-
sprochen, daS hatten sie auch treu und ehrlich gc-
haltcn, den» kaum «aren zwei Jahre verflöffen,
fo traten fic als Bräutigam und Braut mit freudc-
strahlenben Biicken cines Tages in ihre zukünftigc

Wohnung, welche Helene mit unverdroßcncm Eifer,
unierstützt von ihrcn beiderseitigcn Ersparungcn,
auf'S freundiichste hergcrichtet hatte. Dte Wohnüng
selbst umfaßtc zwei nctte Zimmer nebst Küchc und
dcn nöthigen Keller- und Speichertallm nnd wär
ganz geeignet, einem jungen, attgtheiiden Ehepaär
das freundtichstc Asyl zu bieten. Das tine der Ziin-
mer, gcgen Nordostcn gelcgcn und dic Aussichi in
dre hcrrlichen Anlagen dcS SiädtchenS bietend, Aär
von Hclcnc zum Schlafgemach auskrsehen wordtn,
dcnn hicr standen bercits zwei Beiten, dtc die sorg-
lichste Aufmcrksamkeii nicht beffer htrzUrichten im
Standc gewescn wärc; gegenübcr deNftldcn ein
Waschtisch und einige Stiihle, während in eiNer
Ecke rtn tannener Schrank sich gar hctrlich prodn-
cirte, aber auch zu glcicher Zcit dic gärtze Ausstat-
tung dicses traulichen Zimmers begrenzte. DäS
nach der südwestlichen Seite geiegene, unmittelbar
an daS Schlafgemach anstoßende Zimmer, das zu
deni sogenanntcn Staatszimmer auserfthen wörden
war und deffen Fcnstcr an die fthr belibtt Haupt-
sträße des Städtcheno mündeten, ddt, wenn »Uch
nicht einen glänzenden, adcr doch eincn recht wohl-
thuenden Anblick var, und mit Staunen konnte MaN

hier gtidähr wttden, iöie aüch mit grtintze» Äit-
teln denndch eiNt Bchaglichkeii htrtzesteüt Msjtztl
kann, üni die vielleicht maNche reichi tzäisiilie ditft
beidesi jungen Leutt zn bcntidesi ick Stasidc gt-
«tftn wärt. Hier hertfchte ktin Gläsiz, keint Uep-
prgkeit, nichts idas daö Autzt isii ttstcn Äutztnbtick
zu bestechen dermochte, UNd denNöch «tiltt daöftlde
siiit dtm iNnitzsten Vergnügesi asis desi Getzinstäsi-
den, die dasftlbc rings umgaben. Einc Komode,
ein Kltiderschrank, cin Tisch, iinigc Stühlc, ein
Spiegel UNd sirehrire Bilder ivarin älles, wäö däS
Ziksimer ikihW, und deNnoch sühlie isiasi stch in
dcmftlbisi fo hiiikischj dii- man da sür tsinsiit j»
vcrwcilen fich rccht gern entfchloffen häsiin rdürhe,
denn bei der größien Bescheidesihcit hcttschti hier
doch ein sölcher Geist dcr Ordsiung ünd dir flnsii-
gcn Eintheilung, daß man unwlllkürlich disii Äe-
schmackHelinin's allc Gcrichtigkeitididerkahten läffisi
mußte.

Mit Staunen und Bcwundcrung hatlt Brensiet
heute zum Erstcnmale die für ihn bcstimmte Woh-
nung in Augcnschetn genommcn, die cr mvrgen
schon bezichen sollte, um acht Tage darnach ftinc
gelrcdte Helene als Frau tnderft>bcnzu empfangen,
 
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