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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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N 31


Freitag, r. März

InsertioaSgebühren für die Zspaltige Petit- D

zeike werdea mit 2 kr., bezw. 3 kr. verechllet. -M. MM M»

H Der Nationalverein und das
Grotzherzvqthum Heffen.

Be, der i'n dem frnheren Artikel (vergl.
Nr. 36) näher bezeichiieten, berechtigten Ten-
denz des Nationalvercins mußte es das Rechks-
bewußtsein des hesstsctien Volkes nicht ivcnig
verletzen, daß das Ministerium, gestützt auf
eine im Octobcr 1850, „zur Zeit eiucs Noth-
standes" und ursprünglich nur auf die Dauer
von 6 Monatcn erlaffenc, später aber auf un-
bestimmte Zcit ernenerte Verordnung, den Ge-
richten die Erhebung einer Anklage gegen die
Theilnehmer an dem Nationalvcrern auferlegte.
Diese erkannten jedoch nur thcilweise die Ver-
einsthcilnahme als straffällig an und in Folge
deffen fanden mehrfache Freisprechungen Statt.
Es konnte dieses zum Beweise diencn, wie
zweifclhaft das Necht zu einer Anklage, —
cS ergab stch dieß aber auch aus den Ber-
handlnngen in der hcsstschen Kammer, da viele
Mitglieder derselbcn die Gülügkeit dcr Fort-
dauer besagter Verordnung verabredeten, —
die Staatsregicrung sclbst sah sich genöthigt,
die erhobene Anklage nicht mehr allein anf
besagte Verordnung ;u stützen, svndern sich
auf den Bundestagsbeschluß von 1854 zu be-
rufen, und ungeachtet von allcn Sciten, selbst
den Blättern conservativstcr Richtung, gegen
die Verfolgung sich ausgesprochen wurde, be-
harrtc man regieruilgsseitig auf dcvi betretc-
ncn Wege. Da crklärten Hunderte von Bür-
gern zuerst in Offenbach, dann in Maiuz und
mchreren andern Orten vffe» ihrcn Beitrirt
zu dem Vereiii, so daß enblich die Regierung
nothgedrungen dcr öffentlichen Meinung Rcch-
nung tragenv, dic weiteren Untersuchungen
ststircn licß, und dicser Tagc sind denn allc
Untcrsuchuugen, gleichwie dic bis jctzo gegcn
die Mitglieder des Nationalvcreins erlaffeuen
Erkcnntniffe, niedergeschlagen worden und zwar
ohne Ansuchcn dcr Beiheiligten. Diescr Sieg
der öffentlichen Meinung ist um so bcdcutungs-
voücr, da die einzige Waffe das öffcntlichc
Wort war und nur mit friedlichen, gesetzlichen
Mittcln das Ziel erreicht wuvdc. Statt Hun-
derte zählt der Verein jetzo Tausende von
Mitgliedern in Heffen, und von ihnen darf
man mit Recht mit einem der thätigsten Mit-
glieder des Vereins sagcn, daß sie ihre Vater-
landsliebe bethätigten, indem ste mit ihren
Namen öffentlich vvr aller Welt stch zu ihrer
Gcsinnung bekennen und dcr Mißliebigkeit in
das Gcsicht trotzen, daß sic sich den Reihen
Gleichgesinnter zu gemeinsamer Wirksamkeit
förmlich und dauerud eiiiordneii, der Disci-

plin einks Vcrcins sich unterwerfen, Geld,
Zeit und Kraft für deffen Zwecke opfern und
ff'ür das, was fic wollen, eiiizustehcn sich be-
reit zeigen.

Abcr aüch Noch audere weiter reichcndc Fvl-
gen hatte dieser Kampf für ein verfaffungs-
mäßigcs Recht in Heffe», -- man wurde sich
bewußt, wie dic Berfaffuug während der letz-
ten zehnjährigen Reacüonsperiode in sehr we-
sentlichen Puncten zum Nachtheil der Rcchtc
des Volkes auf willkürlichc Weise verändcrt
wordcn und daß es an der Zeit, diese Recht«
zurückjtifordern. Es wurde fcrner die Thä-
ligkeit des Ministeriums während seiner zehn-
jährigen'Daucr einer eingehenden Beurthcilimg
und Prüfung unterzogen, -welchc nicht ohnc
Erfolg bleiben kann.

Noch zur Zeit ist v. Dalwr'gk Minister mit
Portefeuille und Gehalt, sein Auftreten bei
irgend einer unabhängigen Kammcr abcr cinc
Sache der Unlnöglichkeit, daß aber in Bälde
eine derartige KaMmer kömmt, ist zwcifellos.

Die neuen österr. Reichsrarhsstatute.

Die ,,N. F. Z." äußert sich übcr die neue
österr. Verfaffung in folgenber Weise: „Nach
langen schwercn Gcburtswchen ist endlich dic
neue Verfaffung in Oesterreich zur Wclt ge-
Tonimcn. Wäre vor einigen Zahren sv vicl
gewährt worden, sv hättc.ein allgemeiner
Zubcl und eine allgcmeine Bcgcifterung diese
Evncession begrüßk, und Oesterrcich wäre je-
dctifalls mit minder üblem Erfolge aus dcm
Kampf gegen den Napoleonismus hervorge-
treten, zumal seinc Regicrung auch der Spm-
pathicen Deutschlands nicht s» sehr verlusiig
gewcscn wäre.

Was heute gewährt wird, enthält uube-
streitbar cincn großen Fortschritt. Ob der-
selbe aber jetzt noch genüge, scheint uns gleich-
wohl mehr als zweifelhaft.

Noch kcnncn wir die Einzelbestimmungen
blos sehr summarisch nach dcm mitgelheiltcn
Telegramme. Unser Urtheil ist also auf we-
nige Hauptpuncte beschränkt.

Vor AUem zweifeln wir, ob Ungarn be-
friedigt sei'. Hier tritt das Schlimmc der
Situation, in welche die hochfahrenden Staats-
künstler und die mit ihnen verbündeten Prie-
ster das Kaiscrreich durch ihre.so lange gc-
übten Künstc gebracht, recht deutlich hervor.
Die durch die seitherigc Mißhandlung erbit-
terten Ungarn werden von einer Reichsver-
Iretung vorausstchtlich nichts wiffen wollen,
bei welchcr sic dorch 85 Abgcordnetc untcr -

343 Mitgliedern vcrtreten sein sollen, fonach
natürlich überstimmt sind. Sie werden volle
Selbstständigkeit, bloße „Pcrsonalunion" for-
dcrn, — deren Gcwährung aber hinwi'edcr
ciner Aufiösung des Reiches gleichstünde!

Völlig Unklar ist uns noch das Verhältniß
dcs Ganzen zum CleruS. Das heillöse Eon-
cordat ist gewiß noch nicht unschädlich ge-
macht.

Was wir ferncr für ungenügend erachtk'n,
ist die Art der Wahl dcr Abgevrvneten zum
Reichstäge — nicht durch das Vvlk, sondern
durch die LaNdtage, und nicht nach der Ge«
sammtheit, sondern auf Grnndlage der sogen.
„JntcreffcnvertretUng", wobei das richtige Ver-
hältniß durch die bureankratische Festsetzung
gewiß nie erzielt wird.

Endlich vermiffen wir auch eine Vereini-
gung dcr vcrschiedenen Theile Deutsch-Oestcr-
rcichs zu einem geineinfamen Ganzen (wor-
über wir uns bereits in Nr. 47 der Heidcl-
berger Ztg. ausgesprochcn), wir Ungarn eiü
solches bildet. Diesem Lande gegenüber taugt
aber diese Zcrfplitterung in bloße Eittzelnpro-
vinzen nichts; man muß diescm machügen
Körper einen ähnlichcn zur Scite stellc».
Ueberdies fordertc solches auch das wohlvcr-
stanvcne Zntereffe des Wicner Cabinets sclbst,
im Hinblick auf das übrige Deutschland. Ein
als solches vercinigtes Dcutsch-Oesterreich be-
säße in unserm gemeinsamen Vatcrlande einb
Bedcutung, welche sowohl dcn Sonderland-
schaften als dem Gesammtreiche fchlt. Der
Wictier Hof möge nie vergeffen, daß er über-
haupt dernialen jedes festen Haltes entbehrk,
wenii er sich nicht auf Dcutschland stützen
kaun. —

Wir fürchten also, daß die ncuen, so lang
verzogertci, Conceffioncn den erwünschten Er-
folg wieder nicht hcrvorbringcn wcrdcn, ob-
wohl sic, wic gesagt, cincn bedeutendcu Vor-
anschritt bilden. Es sollte uns frenen, wcnn
dcr Worllaut der Statuie mehr gcwährte, als
wir nach dcm Telegramm annehmen können,
und wenn die Aufnahme sich günstiger gestal-
tete, als wir hoffen zu dürfen glauben.

Deutschlan-

Karlsruhe, 27. Kebr. DaS heute erschienene Regte-
rungsblatt Nr. 11 enthält:

!. Unmittelbare ällerhöchste Entschlteßungen Sr. Köntgl.
Hoheit deS Gr oßherzogs. 1) OrdcnSverlethungen:
Dcm Gch. Rath Profeffor vr. v. Vangerow tn Heidel-
berg den Stern zum innehabmden Commandeurkreuz deS
Ordens vom Zähringcr Löwen, dem A. Daubree, vo^ea
ffe Is kaeulte 6es iscieaees, loAevieur eu 6dek 6u
Oorps Imperial 6e8 Niue8 zll Slraßburg, dem Renier

Das große Faß,>u Hridelberg.

Histoeische NoveLe von Wilh. Jungmann..

- (Fortsetzung.)

Hier hiclt dcr Alte eine Zeii kang innc-, glcich-
sam um sich zu sammeln, rvas' er nun noch zn sa-
gcn habe; dann aber'fuhr er weiter fvrt:

„Zctzt, gniidiger Hcrr! «iffen Sie Alles, was
ich mir habe zu Schulden kornmen laffen. Es ist
cine «underbare Fügung Gottcs, daß ich gerade
hierher kommen mußtc, wo mein Schicksal seincn
Endpunkt errcichen wird. Daß gcrade Sic cs sein
mußten, an dcm ich cin neues Vcrbrechen vcrüben
wollte, das giücklicher Wcisc vcreitelt worden ist,
gibt mir einen ncuen Beweis dcr göttlichcn All-
macht, und demüthig beuge ich mich ihrem Willcn.
Meinc Stunde ist abgclauscn und mit Fassung gehe
ich dem Tode enlgcgen!"

Tief erschüttcrt «on dem so cben Gehörten, cilte
der Marqüis so schnell alS mbglich wteder in daS
Schloß hinauf, um LlleS dicscs dem gütigen Für-
ste» mitzutheilen und ftine Anficht darüber zu »er-
nchmen.

Mit dcr größtcn Theilnahme hatte der Fürst dieft
Mitthcilung vernommen, dann abcr sprach er:

„Nunmehr, mein thcurcr Marquis! kann ich
Jhncn dte Vcrsichcrung gebcU, daß auch Ahr Sohn
wicder aufgefmidcn wird, und daß er Zhnen nähcr
ist, als Sie viellcicht glauben. Laffcn Sic mich
dic nöthigen Schritte bei dcn Bchörden in Landau
thun, um mir Gcwißheit übcr meinc Vermuthung
zu vcrschaffcn. Ich werdc Jhnen dann ungesäumt
Mitthcilung von dem Resultatc meinerBemühun-
gen machen. Ahrc verehrte Gattin hat mich untcr-
richtct, daß sie auch dcm Knaben ein solches Kett-
chcn mit dcn Buchstabe» l,. v. 6. (Lcontine von
Guift), wie dcm Ntädchcn um dcn Halü gclegt,
alS sie sich von demftlben trennte, und bei wcm
diests Kettchen gcfunden worden ist, der muß Ahr
Sohn sein!"

DerMarquis war damit einvcrstandcn, und schon
'nach ciner Stunde ging ctn reitender Bote mit cinem
Schreibcn des Pfalzgrafen an den Magistrat von
Landau ab, um diesen zu crsuchcn, nähere Auskunst
über den vorliegcndcn Fall zu ertheilen.

Mtt dcn steudigsten Gefühlen und den bangftcn
Erwartungen hatte dcr MarquiS mit Gattin und

Tochter das Schloß verlajftn, um Letztere wir rm
Triumphc in ftin Haus cinzuführen, als er auch
schon dcs andern Tagcs cinc Einladüng erhiclt,
mit dieftn wieder dahin zurückzukchrrn, dä Rach-
richten aus Landau angekommen fticn.

Was mögcn sie cnthalicn? war dic erstc Frügd,
dic alles Blut nach dem Hcrzcli der drei Dahin-
beschiedencn drängte. Hat man ihn aufgestinden?
die zweitc, und wann wcrden wir mit ihm vereinigt
werden? die drittc, und auf alle drei sollten fie nun
ungcsäumt cinc Antwort erhalten.

An der Seitc seincr Gemahlin euipfing der Pfalz-
gras die Gelabenen in ftinem Cabinet, und näch-
dem er fic gebetcn, sich miederzuläsftn, entfaltcbe S
bas Schreiben und las eö ihncn mtt läuter Sttmme
vor. -Es lautete so:

„Der Bürgcrmeistcr und Magistrat dcr steten
Reichsstadt Landau entbietet Sr. Durchlaucht dem
Pfalzgrafen bei Rhein, Herzog von Bayrrn u. s. w.
ftinen ehrfurchtsvöllstcn Gruß, und ertheili ihm auf
ftine gechrtc Anstage folgrndcn Befchcid:

„Am Zahre dcr Geburt unftres Hcrrn und Hei-
landes Aefu Christi 1571, am 5. Mai, wurde in
der Gegend von Landaü ein Knabe bon ungeführ
 
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