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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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N 117


Mittwoch, 22. Mai

JnsertionSgebühren für die 3spaltiae Petit-
zeile werden mit 2 kr., be;w. 3 kr. berechnet.

Deutschland

^ Heidelberg, 17. Mai. Von den 14
gcistlichkn Abgcvrdnkien zur GeneralsNnode sind
bis heutc 12 Wahleu bekannt. Von der Dur-
lacher Partei sinb sechs: Schenkel, Zittel,
Doll, Rieger, Asinus und Trauß gewühlt;
der Bruchsaler Partei gehören die übrigen
6 Abgeordnetcn an: Ullmann, Bähr, Heintz,
Fink, Häusser unb Hamm. «chopfheim-Lör-
rach und ILmmendingen-Hornberg sind noch
mit der Wahl im Rückstand. Von ben 7 welt-
lichen Abgeordneten sind erst 2 gewählt: Geh.
Rath r>. Stößer von Karlsruhe und Hof-
gerichtSrath Gupet von Mannheim.

-s^ Heidelberg, 18. Mai. Wir haben
noch nachzutragen, oaß in der gestrigen Sitzung
des deutschen Handelstages bei Berathung üder
die Einführung des Handelsgesetzbuches zu Re-
solution III. der Vorcommifsiv» das Ameude-
ment des Hrn. v. Spbel als Nr. 6 ange-
nommen wurde: „Die Vollstreckbarkeit der
Urtheile muß eine allgemeine im ganzen Bun-
desgebiete sein." — Zn der heutigen Sißung
wurbe sodann zu den 6 Resolutionen auf ben
Antrag ber Abgeordneten von Gleiwitz und
Erfurr noch als Nr. VII. hinzugefügl: „Jn
Erwägung, daß zwar die Mißstände bei der
Verwaltung der Eisenbahnen einer weiteren
Regelung dedürfen, daß aber wegen mangeln-
der Zeit das hierüber vorlicgende Material
zu etner Vorlage an dte Regterungen ntcht
hat verarbeitet werden können, beschlteßt ver
deutsche Handelstag:

1) .Die Tarife sind möglichft nach gleichen
Einheitssätzen pro Centner unb Metle zu btlvcn.

2) 'Da, wo zwingende Umstänbe nöthtgen,
hiervon abzuwetchen, sind dteselben für Zwl-
fchenstationen in ein der Billtgkett entsprechcn-
des Verhältniß zu den Tarifsätzen ver End-
stationen zu stellen.

3) Keinesfalls darf die Gesammtfracht für
etne geographtsch entfernter gelegene Stalion
niedriger sein, als für die einer derselben
Route angehörigen näher gelegene Station."

Die beiden letzten Gegenstände der Tages-
ordnung, näinlich „die Beseitigung differen-
tteller Behandlung des deutschen Hanbelö und
der deutschen Schifffahrt in fremden Län-
' dern rc." und „Aufhebung der ElbzöUe ünd
der außerhalb des Zollvereins nvch bestchen-
den Transttzöllc" wurden ohne wesentliche Ab-
änderung nach den Anträgen der Vorcommission
zum Beschluß erhoben und damit die Verhanb-
lungen geschloffen.

^ ^ Heidelberg, 18. Mai. Unter den
Festlichkeiten, welche zu Ehren der Mitglieder
dcs Haiivelstagcs Statt fanden, ist wohl die
gestrige Fahrt nach Neckarstcinach nnd die
Schloßbeleuchtung der Glanzpunkt vvn Allem.
Nach einem im Hotel Schrieder von dcn De-
legirten des Handelstages veranstalteten Fest-
Dcjeuner, wozu die Spitzen der Gemeinde-
behörden, Mitglieder der Universität, sowie
die Festordner rc. geladen waren, und wodurch
die Mitglieder des Handelstages ihren Dank
für die freundliche Aufnahme in unserer Stadt
aussprechen wvllten, begaben sich die Fest-'
theilnehmcr, leider unter herabstürzendem Rc-
genguffe zum Landungsplaße der Dampfschiffe,
wo zwei auf das stattlichste gcschmückte uud
mit deutschen und badischen Fahnen bestaggte
Bote zum Empfang der Gästc bereit standen.
Noch war der Himmel mit drohenden Wolken
bcdeckt, als plötzlich bei der Abfahrt die Sonne
sich zeigte und das Wetter freundltcher sich
gestaltetc. Die Fahrt nach Ncckarsteinach
konnte daher in munterster Wcise ausgeführt
werden. Nach kurzem Aufenthalte kchrte man
zurück, und kaum waren die beiden Schiffe
unterhalb der Brücke angelangt, als mehrere
Signalschüffe, die aber von den Schiffen aus
unbeantwvrtet blieben, wodurch eine Verzö-
gerung Herbeigeführt wurde, das baldige Schau-
fptelderSchloßbeleuchtung verkündigten. Plötz- .
iich wie durch einen Zauber sianden die ma-
jestätischen Ruinen dcr deutschen Alhambra
im herrlichsten Feuermcep, die bengalische Be-
leuchtung war pollstän^g gelungen. Wahr-
haft zauberisch war der Anblick unserer herr-
ltchen Ruine, deren Größe und Pracht in ihrem
vollsten Glanze sich zeigte.

Die kurze Zeit, in welcher das prachtvolle
Schauspiel vor unseren Augen sich entfaltete,
wird gewiß Allen, dte es geseyen, in unver-
geßlichem Andenke» bleiben, insbesondere wer-
ven die Mitglicder des Handelstages dte freund-
lichsten Ertnnerungen in die Heimath mit-
nehmen, wenn sie der Fahrt uach Neckarstei-
»ach und namentlich der zauberhaften Schloß-
belcuchtung gedenken. Wohl nur eine Stimme
wirb darüber herrschen, daß die diesjährige
Ausführung jene des vorigen Jahres über-
strahlte, indem ste reiner und brillanter war, auch
bei weitem nicht so viel Rauch entwickclte. Hr.
Richard-Janillon, welcher das Ganze aus Gefäl-
ligkeit anordnete und bic zur Beleuchtung geeig-
netsten Stellen aussuchte, verdient daher, sowie
die Materialhandlung C. A. Thomas — Herr
Gauße, — welche sich durch Lieferung treff-
lichen Materials auszeichnete, rühmliche An-

erkennung. Der hiesige Gemeindcrath aber,
welcher beide Festlichkeiten zu Ehren deS deut-
schen Handelstages veranstaltete, hat sich da-
durch bei den Mitglredern dcffelben den auf-
richligsten Dank erworben und in ihrem Her-
zen'eine dankbare Erinnerung begründet.

Beinahe wäre das schöne Fest noch durch
einen Unglücksfall gestört wvpden , indem cin
Hr. B. aus Frankfurt in seiner allzugroßen
Begeisterung vurch den edlen Rebcnsa'ft von
dem Dampfbvot in die Fluthen des Netkars
stürzte, und da das Dampfschiff zufällig, was
doch sein sollte, kein Rettungsbovt hatto, so
war es ein Glück, daß zwei Knaben in einem
Nachen herbeieilten und den Halbertrunkenen
an den Haaren an das Land zogen. — Doch
müffen wir es rühmend am Schluffe dicses
Arttkels anerkennen, daß troß der ungeheuern
Menschenmenge, welche diecherrliche Beleuch-
tung ergötzte, auch nicht die kleinste Unord-
nung vorfiel.

8 Heidelberg, 20. Mai. Der erste deutsche
Handelstag endigte, wie bereits gemeldet, mit
dem Beschluß, eine Deputation zu wählen,
um Sr. Kön. Hoh. dem-Großherzog für
die Huld, welche Hochderselbe dem Handelstckg
erwieseu, im Namcn der ganzen deutschen Äer-
sammlung ihren tiefgefühltcn Dank abzusta'tten.
Durch den Präsidenten des Handelsministe-
riums Herrn Geh. Rath Weitzel, welcher
auf telegraphischem Wege angefragt wurde,
ob Seine Königliche Hoheit bie Gnade haben
würde, die Deputation anzunchmcn, wurde
auf dem gleichen Wege die Antwvrt ertheilt,
daß der Großherzog kieselbe niit Vrrgnügen
Abends */z7 Uhr zu empfangen berett wäre,
worauf b,e Abgeordnetcn am Samskag um
4 Uhr abreisten, Am Bahnhof in Karlsruhc
von Herrn Geh. Rath Weixel rmpfängeti, be-
gaben sich dieselben zur bestimmten Stünde
in das Schloß, wo sie von den dienst-
thucnden Staats- und Hvfbeamtett in vdllcr
Galla empfangen wurden. Kausti Waren die
Dcputirten angelangt, so öffneten stch die Flü-
gelthüren des Audienzsaales und das hohe
Fürstenpaar, der Großherzog und die
Großherzvgin, empfingen die Abgesandtcn
mit gewvhnter Huld, wobet sich Höchstdieselben
mit jedem Einzelnen der Herren auf das Her-
ablaffendste unterhielten, und S. K. H. der
Großherzog die Mitglieder der Deputation
einlub, ihre Namen in etn Album einzutragen.
Dte Herrn Abgeordneten wurden darauf zur
Abendtafel geladen. Andcrn Tages kehrte»
dieselben zurück und konnten ihren noch an-
wesenden Cvllegen den eben so herzlichen als

/ä Fürsten und Dichter!

Ahr Dlchter auf, entrollet eure Lieder!

Ksidt in den Lüften fiattern sie wie Fahnen:

Doch krästig seien fie, werth eurer Ahncn,

Und wlc Ihr Wort, so seicn sie auch bicder!

Es Me drin dcs Bolkes Klage wiedcr:

« i^^r lollt bcn Weg zur Freiheit ba'hncn,
Legt tn den Licdern vrum cin deutsches Mahncn
Kur keck und frci am Thrön der Fnrsten nieder!

sic, ihr sollt zum Thronc schlcitzcn,
So trctet unbefangen aus und drcister,

Ahr ftw ,a Sohne aus dem Land dcr Eichcn!
Zhr Dltzter h°r , ihr, dentschen Sangcs Meistei
Bor Konrgcn sollt ihr das Haupt nicht neiacn
Derwetl ,hr Kon'ge seid im Reich der Geister.

--- k.

Kir Heirathsrandidaten.

Novelle von Wilhelm Zungmann.

(Fortsetzung).

Was sollte das bedeuten? Was war mit Adolf
vorgefallen? Plötzlich erhob sich dieser vom Stuhle,
lächcltc wie verklärt, wmktc mit der Rcchten «ie
zum Abschied, hob dicselbe zum Himmel empor und
schritt dann langsam, wie er gekomMcn, znr Thüre
hinaus, dte sich abermals ohne Geräusch öffnete
und schloß, und alles war verschwunden.

Rasch sprang Brenner ans dem Bett hcraus, 'etlte
an Hclcncns Lager, sie zu wecken, und rief dann
aus: „Hclene, Hclcne! hast du nichts gefthen?
Großcr Gott, mit Adolf muß etwaS schr bcdeutungs-
volles vorgcgangen scin!"

Mit Verwunderung blicktc Helenc ihrcn Gatten
an, denn sie hatte weder ctwas gefthen noch gehvrt,
sie hattc ruhig geschlafen; als sie aber nun frug,
waS dcnn eigcntlich »orgcgangen sci, da hütete sich
Brenner wohl, ihr etwas von dcr eben gehabten
Erschcinung zu sagen, und stammelte nur dic Wortc:
„Mag es ein Traum odcr mag cs Wirklichkcit ge-
wcstn ftin, jedenfalls will ich etne Gewißheit dar-
über haben. Erlaube nur, daß itz mich auf einige
Augenblrcke cntscrnen darf. Jch werde sogleich
wieder hier sein."

Nach dieftn Worten klcidete sich Brenncr rasch
an und eilte von dannen, gcradewegs aus Dtmm-
ler's Wohnung zu, unb schien fast vor Schreck in
den Boden zu sinken, als er hicr alles in Bestürzung
fand, und auf ftrne Frage, was hier vorgcgangen
ser, die Aniwort crhiclt: „Vor zwet Stundcn sei
Mathilde von einem Mädchen entbunden worden,
und vor einer halben Stunde Mathildens Gatte,

dcr Vater dcs neugebornen Kindes, aus dieftr
Wclt geschicden."

So wenig nun auch Brcnner an Gespenster und
übernatürlichc Dinge glaübte, und sich alle Mühe
gab, die vor kurzem gehabte Erscheinung für cinm
Traum, hcrvorgerufen dnrch ftine aufgeregte Phan- »
tasic, die sich stcts mit dem erkrankten Frcunde be-
schäftigtc, zu halten, so wurden doch allc dieft Ver-
nunftgründe zu Boden geworfen, alS cr sich an
das Lager des eben verschtcdcnen Freundes führen
ließ, und thn in eben demftlbcn Kosrüm erblicktc,
in dent er ihm erschiencn war. Konnte sich.seine
Phantasie so «eit versteigcn, ihm das Bild des
Frcundcs in einem Kostüm vor dte Augen zu führen,
in dcm er ihn nie im Leben erblickt hatte, benn er
hattc ihn ja «äbrend ftiner Krankheit nicht etn
cinziges Mal besucht? DaS kounte er nicht be-
greifen; das vermochtc seine Vernunft nicht zu eut-
räthseln, und mit Thränen in den Augen stand
er jetzt an der entftelten Hülle seines FreundeS,
der gewiß in dcm letzten Augenblickc des Scheidens
fttner noch licbend gedacht hatte.

Da lag er nun, mit allen seinen Hoffnungcn
nnd Plänen, als erstarrte Leiche im unteren Ge-
 
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