Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
März
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0235

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


Dienstag, 12. März


— Zur deutschen Berfafsungsfrage

n;.

(Schluß.)

Dic von uns in eiNkm früheren Artikel be-
richtete Eßlinger Anfprache an die Lestcr-
reicher ist inzwischen durch eine Zuschrift
deutsch-gestnntcr Männer aus Wicn crwicdcrt
worden. Diesc Zuschrift, insofern sie wirklich
der Ausdrnck eincr größeren Anzahl oder gar
dcr Mehrheik der Dcutsch-Oesterreicher sein
svllte, ist in doppelter Beziehung merkwürdig,
einmal, weil daraus unumwunven hervorgeht,
vaß sich auch die Bewohncr der deutschen
Provinzcn des Kaiserstaakes nicht leicht von
der Jdee eines Mehr vbcr wcnlger einhcilllchcn
Gesaminiösterrcichs trennen wollen, und so-
dann, wcil ebcn senc Zuschrift als Vorschlag
ciner dcutschen Ccutralgewalt den (früher in
Nr. ö bei einer andcrn Gelegenhcit erwahiiten)
Gedankeu eines sogi Bliildesdirkclöriuins wie-
derholk. Anf den erstey Aiischeiu faßt sich
dicse Zdee ziemlich plausibel auf, namcntlich
dcshalb, weil man dcnken sollte, daß deren
Auöführung auf Grnndlage der seßigcn staals-
lechtlichen Verhältiiisse DeiitschlandS im Wege
ruhiger Resorin noch am chcsten ausführbar
sei. Die Bcdeiikcn, dic jcdoch bei nähcrcr
Uebcrlegung hiegegen austauchcn und die mei-
stens ihren lktztcn Grund darin haben, daß
eben eine solche CeNtralgcwalt ihre nothwen-
dlgste Eigenschaft, die elner einhkltllchen uNV
uniheilbaren nur allzusehr vermiffen läßt, ha-
ben wir ebenfalls schon früher dargclegt. Wir
kommen deshalb lediglich aus unscrc, in dcu
fiüheren Abschuiltcn hierüber gcäußerten An-
stchten zurück unv bctonen wiederholt, daß, so
nothwendig uns, wie jedem deutschen Patrio-
ten, die deuische Änigung crscheint, dennoch
die äußcre Form derselbcn als eine offene
Frage beyandelt und dercn festc Gestaliung
einein solchc» Zeitpunktc uberlassen werden
müffc, wo Ercignlsse vou entscheidcnder ,Bc-
dcutnng uud durchgrcifkndcr Gcwalt die deul-
schen Veihallniffe flüffiger grstaltet haben. Am
chcsten könuen und werden unausbleiblich solche
Eikiguiffe im Falle eines äußeren Krie-
gcs einiretcii, in welchcm die Ration durch
dc» Drang der Selbsterhaltung i'hre Einigung
sinden wiib. Diese Anficht iheiltc bercits der
längst bahillgeschiedenc, unvergcßliche Rott-
cck, uiib baute auf diescn Umstand sclbst
mehr, alS auf eine innere Erisis, wori» wir
lhm voUkominen beipflichten. Worte allein
helfcn unscre Einheit nicht begründen! die-
sclbc» habcn wohl lhren guken Zweck sür Be-

lehrnng, Vorbcreitiing nnd SammluNg der
Gemüther; sic allein aber vcrfehlcn ihr
schlicßliches Ziel gewiß ebenso sicher, als vor-
eilige Thatcn Unberufencr. Zn beiverlci Be-
ziehung haben wir in frühern crregtcn Zahren
sehr auffaüenvc Erfahrungcn gemachk und ver-
danken hauptsächlich dicscn bciden Uinständen
das vvrmalige Scheitern unserer nationalcn
Hoffnunge».

Wir erwähilen diesen Umstand nur beiläu-
fig und findcn kaum für nvthig, hieran für
allzu eisrige und ercKvtrische Gemüthcr eine
fvrmliche Warnung zn knüpseii. Was wir
so cben ausgesprochcn, scheinl man nämlich
jetzt so ziemlich von allen Seiten einzuschen;
die früheren politischen Parteien haben fich dem
Grunrprincipe nach in eine cinzigc, die deutsch-
nationaie, vereinigt, durch wclches Merkmal
fich geradc unsere jetzige Zcitepoche politisch
characterifirt, und wir wüuschen und hoffcn,
daß Las treffliche Wort Waldccks, des einsti-
gen Führers der preußischen Linken: „Es gibt
keine Partci dcs Umsturzcs mehr", auch für
alle Folge eine Wahrheil blciben werde. Da-
mit ift im Zittereffe Ver nativnaien Sachc
selbst eincm wcit-eren Mißstande, unter dem
namenllich wir Deutsche vorzugsweisc litten,
aiißervem aber auch schon anderc Vöikcr, welche
ffch in ähnlichen Ucbergangsperioden und criti-
schen Lagen bcfandeii, — der am mcisten schäd-
liche Nachiheil benommen. Wir meincn daS
zersplitterte und vereiiizelte Kämpfen fiir un-
scre hohcn nationalen Güker. Um z» einein
gedeihlichen Endziel zu gelAigen, erschciiit uns
daher nach allcn geschichilichcn Erfahcuiigen
noch eine weitcre Einignng der iiaiionalen
Bestrebungen in einer höheren Pvtenz iioch-
wendig, nämlich dic schlicßliche Verciiiigung
dcrsrlben in der Hand ceiicö Mannrs, wcl-
cher den Geist seiner Zeit vollkoinmen ersaßt
unv die hohen geistigen Anlagen, den Much
und den festcn Willen hat, die Zdee in Wirk-
iichkcit, den Geist in Fleisch ubergehen zu las-
scn. Dcn Britieii warv diescS seinerzeit vurch
Wilheim von Oranie», de» Nvrbamerikaiicrn
durch WaShington zu Theil, de» Ztalierii ver
Neuzeit hat es, wenigstenS annähernd, auch
nicht an einzclncn hervorragenden Kraftcii ge-
fehlt. Ohne solche Mäniier von uiigewöhn-
liched Bedcutuiig, in welcher sich dcr Geist der
Zeit kiNstaUisirtc, HLtten sich tic Volkskiäfic
allein uberall zersplittert und im Gaude vee-
lansen. Auch uns Deutschen wird ,s — wir
zweifeln nicht daran — in entscheidenden An-
genblickeu nicht an eincm solchcn Mamie gc-
iwcchen. Um sciiie Aufgabc zu erfülle», mnß

derselbe ein Mann der That im vollcn Sinne
des Wvrtes sein, wo möglich aus dem Kric-
gerstande hervorgegangen, Feldheir und zu-
gleich Staaismann. Hiebei ist unbenommen,
ja es isi sogar mn sv zwcckdienlicher, wenn
derselbe zngleich einen deutschen 'Fürsteitthroil
einnimmt. Jedenfalls wird derjenige Fürst,
welchcr dereinst in dem nnausbleiblicheii gro-
ßen Kampse nach Anßcii mit hohen Opfern
muthig vorangeht, Aussicht habe», die erste
Stelle in der Gesammiversaffmig Deutschlands,
die Overführung im Krieg und im Frieden
mit Necht zu erwerben, besonders dann, wenn
er zngleich als Schutz und Schirm der innern
Freiheit, der maleriellen Wohlfahrt nnd der
geistigen Güter stch bewährt. Man beschul-
vige uns hiebei nicht eines opti'mistischen Fa-
taiismiis: Es beruht in vcn Gcsctzen Lcr gött-
lichen WeUordnung und liegt nach den Er-
sahrungen dcr Geschichte offen nnd zweifellos
vvr, daß die rechte Zeit auch die rechken Män-
ner erschaffi, sei es niiii auf Throuen oder in
Hiitten, wclche ihrkn Geist m sich aufnchmen,
und in die äußere Bildung unv Gcstaltniig
ver Diiige übergchen laffen. Es wäre aber
cbenso thvricht und gesährlich, vvreilig i'n das
Rav der Zcit eingreifen und dcffen GaNg ällzu
hastig beschleunigen zu wollen, als zu versu-
chcn, vaffelde aiifzuhaileii, oder in seinem Laufe
rückwarts zu rolleii.

D eutschland

ÄartSruhe, S. März S-iiie Köillglichi H«hilt de>
Großhcrjvg h-brn Sich mitcrm 8. d. M. gdädlgst
brwdgcn gcsuiidcii: tcu außeroidcnllichcn Profcssor tlr. Olto
Spicgrlberg tn Göttingcn zum ordenttichen Profcffor tn
dcr mrdtctnischcn Kocnliüt drr Uiiiverstiät Frciburg IIIIV
zum Dircclor drr EntbtudungeunftuII dufelbst, spwte zum
Obcrhebarzt uud Hebammeulchrer sür den Obcrrhelnlrei«
zu crucuneu.

Äarlsruhe, S. März. Da« hrute erschiencnc Regle-
rungSdlall Nr. 12 eulhäll:

I. Unmlllilbarc allcrhöchstc Entschließungc« Sr. Königl.
Hohcit de« Großherzog». 1) OkdcndveMhung: dem
Kanzlctrath H.-Slrohmcycr, Rcgistialvr dci dcm Zustrz-
mlnisterium, daS Rtllerlrruz dc» Orden» vom äähriogcr
Löwcn. 2) Erlaubniß zur Ännahmc srcmder Orden: an
cen Rcntic« Samuel v. Habcr zu Pari», dcn thm von
Sr. Maj. dcm Köillg vvn Preußen verlichcncn Rvlhen-
Adlcr-Orden 4. Elaffc. Dte glctche allerhöchste Erlaubniß
erhirN dcr Dirrllor der Heii- und Pstegc-Iistalt PUenan,
Gch. Hofrath l>r. Rvller, sür da» ihm von Sr. Hoh.
tcm Fürsien Kari Änion zu Hohcnzollcrn-Sigmaringcu
mit Genchmigung Sr. Maj. dcö König» von Prcüßcn
vcrltehene Ehrcnkrenz zwciler Klaffc dc» sürstlich hohen-
zvllcinstchen HauSoidcn». 3) Dicustnachrichtcn. Äußcr
dcn jchou mttgclheiNcu noch jolgcndc : da» zwciie Dialvnat
und die damit vcrbundcne Lchrstclle am Äymnastum und
der höhcrn Pürgerschnle in Lahr dcm bishertg-n Lihrer an
der hihern Bürgcrschüle zu Ettcnhcim, Pfatrcr K. K.
Schvll. (Schiüß f.)

Einr Hcirath Lurch die Sritung.

Von Eoiistanze von Bubna.

(Fortsetzung).

„Mcin Urtheit über biesen Gcgcnstand", sagte
er, „wird uin so «cniger maßgebend sein können,
als ich die Charactcr-Schildcrung nicht kennc, um
die es sich handelt. Wäre ich mit dicser und den
Verhältniffcn vcrtraut, die jencs Schwanken, jene
moralische Schwache erzeugtcn, die Sie mit Rccht
verdammen, so würde ich »iclleicht in cbcn dicsen
Verhältniffcn dic Motive, wenn nicht die Eutschul-
dignng solcher dHandlungswcise findcn. So kann
ich Sie nur verstchern, daß Klarhcit und Festigkeit
der Grundsätze, und ein entsprechcndes Handeln mir
allcin als dcr Achtung des cigcnen Znnern und
frcmdcr Anerkcnnung «ürdig erschicn, und solche
Lcbensansichten bisher auch mcin höchsler Ssvlz
gewcsen. Allcin man ist nur ftark, so lange die
Gelegenheit zum Erprobcn der eigcnen Kraft noch
fchlt, lcider zerbricht dicsclbe nnr zn leicht im Au-'
gendlick des Kampfes mit dcn uiworhcrgesehcncn
Ereigniffcn des Lcbcns. Dann crkcnnt dcr Mensch
erst dic ganze Ohnmacht seines starkgetraumten
Willens, die Unhaltbarkeit seiner edelsten Grund-

sätze, sciner großherzigsten Entschlüffe! Wie schnell
erliegen sie dcr gewaltigcrcn, berauschenden Machi
ihrcr reizendcn Feindin, der Phantasie. Zhre licb-
lichen, sinnvcrwirrenden Gebildc perblcndcn bie
Seele und täusäftn diesclbe oft über dcrcn «ahrste
und rcinste Empfindungen."

„Aber sie sollte keine Macht über wahrc Herzens-
rcgung habcn", sagte Thckla. „Liebc liegt tiefer;
in den innerftcn Schrcin dkr Seelc kann ihr feinb-
licher Zauber nicht dringcn."

„Wic aber, wenn das Herz durch ihn berücki,
stch cin BUd gcschaffcn, das eben diese Phantasic
mit den schönstcii Karben schmückte, und es stndct
plötziich daS Original dieses geliebtcn Bildes, nur
tausendmal vcrschönt durch dcn Hauch des Lebens
unb der Sccle, wer mgg es kalt und hart verdam-
men, wenn es in dem Kampse nach Wahrheit mit
der Täuschung ringt, und scine Gesühle nicht rasch
und kaltcn Btutes in den Damm der Vernunft
zurückzudrängen vcrmag?" ,

Werbern sflrach diese Wprte mehr zu sich selbst,
als zu seiner reizendcn Zuhörerin,, an welche cr stc s
anfangs gcrichtet hatte. Dieses Sclbstvcrgcffen, i
der Ton der Leidenschast und verhaltenen Schmer-

zes, der darin bebte, ließen Lhekla nicht länger
zweifcln, daß Edmund sein eigcnes Herzenskebcn
in Ler Doppcttmpßndung für Zsidore und sie selbst
gcschildert. Aber sic glaubte auch, und diese Hoff-
nung erfüllte sic mit stolzer Freude, mit Grnud
vcrmuthcn zu dürfen, daß dic Liebc zu Thekla sich
siegreich dem Zauber entwinbcn würde, in dcm seine
glühende Phantasie Zsidorens gchcimnißvolles BilL
erglänzen sah."

Der Wiederschei» diescr glücklichen Gedanken ttuch-
tete rosig von ihrcm schöncn Augcsicht, und vrt-
kiärte ihre Stimmung. Nie war das junge MLd-
chcn Edmund so reizend und licbcuswerth crschienen,
und dabei sprnch aus ihrcm ganzen Wesc» einc
Znnigkcit, cine Tiefe der Empfindung, die dcr Ba-
ron nie so magisch empfunden und ihn daher um
s° mächtiger ergriff. Dcr Btick ihres herrlichen
dnykeln Auges, womit sie ihm „gute'Nacht" ge-
sagt, bcgicitetc ihu in den Schlummcr, Jsidorcns
Bild crblich vor scinem glückvcrhcißendin Glanze.
Mit wclch scltsamcn Gefühttn cmpfing cr dahcr
! den folgcnden Nachmittag ein Schreiben, das ihre
i Schriftzügc trug. Es «aren Wochcn vergangen,
seit sie ihm kcine Nachricht gegeben, und er glaubte
 
Annotationen