Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Januar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0039

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
N 11


Sonntag, SÄ. Zanuar

InsertionSgebühren für die Zspaltige Petit- M
zeile werde» mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechü'et.


ll Die Crifis iw Rordamerika.

Es sind kaum drei Zahre, daß von Nord-
amerika die große Geldcrisis ausgüig, die in
ihren Folgen dcn Handcl und selbft die Poli-
tik zweier Wellen erschüilerle, und schon wie-
der stcht jctzt die Union der Vereinigten
Staalen am Randc eines politischen Um-
schwungS, dcffen Folgen bis jetzt noch unbe-
rechenbar, jedenfalls aber für die Handels-
welt von eingreifender Wirkung sind.

Der Süden der Union droht sich von dem
Norden loszureißen.

Schon lange war dcr heftigste Kampf ent-
brannt zwischen den Kegnern der Sclaverei,
den sog. Abolitionisten im Norden, u»d den
Sclavenbesitzern in den 15 südlichen, sog.
Sclavenstaaten. Seit dcn lctzten 30 — 40
Jahrcn hatte die Partei der Sclavenbesitzcr
die Oberhand und beherrschte die Unionspoli.
tik, sie bcguügte sich nicht mehr mit der Auf-
rechterhallung der Sclaverci in den südlichen
Staate», sonvern suchte deren Einsührung im
Norden ins Werk zu sctzen; mußten did
Sclavenbesitzcr ja doch den Ueberschuß ihres
Negernachwuchses nach andern Staaten aus-
führen, damü ihnen in ihrem Lande die
Menge der'Neger, welche jetzt schon fast die
Mehrzahl der Bevölkerung bilden, nicht übcr
den Kopf wachse. Durch bie Wahl des dcr
Ausbreitung dcr Sclaverci abgeneigicn Prasi-
denten Lincoln, der im März o. I. sein Auit
antritt, hat dic Sclavenpartei eine Nieder-
lage erlitten, die sie zu den äuhersten Vchrit-
ten zu treiben scheint.

Vorerst ist es blos der Staat Süd-Carolina,
dcr sich von der Union entschieden losgesagt
hat, ein Gebiet von 1330 m Meilen mil et-
wa 700,000 Esnwohnern, von dcnen piehr
alS die Hälfte Sclaven sind: allein mchrcre
andere, vielleicht alle anderen südlichen Dtaaten
werden solgen. Schon haben die Führer dcr
Separatistenpartci, wie die iieucrcn Nachrich-
rcn melden, die übrigen Sclavenstaaten in
eincr Adreffe aufglforpert, zü einem Svnder-
hundc zusaulMknzutrcten, ünb Präsibent Äucha-
uan soll sogar die Rebellen offen begünstigcn.
Zn der ganzen Union herrscht große Auf-

Ueber diese Verhältniffe enthqlt das Zogr-
nal bes Debats eine intereffante Zuschrisr aus
Rewpork vom 19. Dec., welcher wir Folgen-
des entnehmcn: »Zn den 15 süblichen Staa-
ten eristiren zwei Parteicn, die svweit als
nur möglich auseinander gehen und von dcnen
die cine sür die Union, dic andere aber da-

gcgen ist. Zieht man von der Nordgränzc Süd-
carolina's uod parallel mit ihr biS zum Mis-
siffippi eine Linl'e und steigt von ba bis zum
Gols von Mericv herab, so crgibt sich eiue
Gruppe von 5 Staaten, Miffiffippi, Alabama,
Flvrida, Georgia und Südearolina, eng mit
cinander verbunden, ohne trennende Bcrge und
Flüffe und wegcn ihrer geographischen Lage
Golsstaatcn gcnannt, Von dem ausschließ-
lichen Anbau von BauinwoUe hcißen sie auch
Baumwollcnstaatcn. Die weiße Bevölkerung
dieser 5 Staaten ist fast ohne Ausnahwe für
die Lostrennung von der Union und sür bie
Bilbung eincr Weribional-Republik eingenom-
mey. Südcarolina hat zu dieser Bewegung
den Anstoß gegebcn, es wird sich von ber
Union trennen. Sein Beispiel wird höchst
wahrschcinlich vvn dcn übrigen Baumwollen-
staaten nachgcahmt werden, beren Vertretcr
sich zu diesem Zweck im nächsteo Monat ver-
sammeln werdcn. Was Louisiana und Teras
hetrifft, beides Sclavenstaaten, die sich in An-
hängcr und Gegncr ber Union theilen, sv ist
ihre Lage sehr kritisch. Man muß nicht ver-
geffen, daß der erstc dieser Staaten, am Aus-
fiuß des Miffiffippi gelegen, deffen Schiffsahrt
er beherrscht, in den projectirteu Sonderbunb
nicht lintrete» kann, ohne daß sich gegcn ihn
bie nördlichen Userstaaten erheben, die cin Zn-
teresse haben, daß die Schifffahrt frei bleibe.
Was Teras betrifft, so verbicten demselben
oie deutsche Einwanderung und tzie Nachbar-
schasl von Merico, wvhiu sich die flüchtigen
Sclavcn maffenwesse begeben, in gewiffer Be-
ziehung de» Anschluß an die rebcllischen Siaa-
teu, mit denen es in letzterem Falle alle Ge-
sahren z» trage» hätlc, ohne den entsprechen-
den Nutzen zu haben. Die acht Sclavenstaa-
lcn, wklchc zwar Gegner einer Univn, aber
dnrch Anschqnlliigswkise und Zntereffc mit den
7 ohencrwähnlen Staaten cng zusammenhän-
geu, sind Tknilessee,Virginien, Kcntukp, Arkan-
sas, Nordcqiyliiia, Miffouri, Delaware und
Marpiand. Die 8 letzteren nehmen inbeffen
eine cigenihüinlichc Stetiung in der Union ein.
Da bse Ncgerbevölkerung in ihnen vcrhältniß-
mäßig nnbedeutend ist, so haben ste, was auch
gcschehe, allen Vorlheü davvn, sich an den
Norben anzuschließen, weicher in der gegcn-
wärtigen Frage nicht. blos die Gerechtigkcit
Iinb Wahrheit, souvcri, auch die Mehrheit, de»
Rcichlhuin uiid die Macht sür sich hat.

So ist zur Stunde der politische Zustand
der 15 Sclavcn- vder Südstaaten im Gegen-
satz zu dem Norden, welcher 18 svgen.'srcie
Slaaien bcgrcift. Dic Südstaaten sind, wie

man sieht, m'cht einig, wedcr üder Mittel
noch Zweck, ste sind gcthcilt, unqewiß, schwan-
kend unb jebeiu Einfluß zucänqiich. Jm Gan-
zen ist dic Mcinung des Südcns: Errichtung
eines unabhängigen Sondcrbundcs mit dcr
Sclaverei als Basts, ihrer Ausbreitunq alS
Princip, und als Eonüqiicvz dic Jnvasion
Centralamerikas und bic Anuipton Merico's."

Deritschland.

KarlSruhe, 11. Za». L»ut all-rhöchstcr Ordee, «l. ä.
PoIsdam, L. d. M., hat das großh. zwrlt! Ziisanterie-
rcgtment nnnmehr den Namcn „ZweittS Znfanteriereglment
Kinig »°n Prcuß-n" zu tühren.

Karlsruhe, 11. Zan. Bei der heutigen
Wahi eines hiesigen erstcn Bürgermeisters
wurde dcr scüherige Oberbürgermeister Malsch
einhellig wieher gcwählt.

— Das Palais dcr Gräfin von Bevilaqua
wurdc heule von vem großh. Handclsministe-
rium um den Betrag von 60,000 fl. crsteigcrt.

Aus Baden 8. Zan. Es zirkulirt gcgcn-
wärtig untcr dcn Abgeordncten dxr zweiten
Kammer cine Adreffc an den Präsidenten der
aufgclösten kurhessischen zweitcn Kammer.
Zn derselben sind bie Gesinnnngen der Theü-
nahmc und des Schmerzes über die kurhessi-
schen Wirren kunv gcgebcn. (Schw. M.)

Aus Baden 9. Zan. Die einstimmige
Wahl dcs Rechtsanwalts K. Hütlin zum
Bürgermeister von Koiistanz hat auch außer-
halb der Stadi in wcitcreii Kreisen freuoige
Theünahme errcgt, weü ste als ein sprechen-
chendes Zcichcn der vvrherischenden Stim-
mung unseres Landcs gegen den Ultramon-
taniemus unb seinc Bestrebungen angesehcu
wcrven dars. Lie dernialige Zusammensetzliiig
des bürgerlichcn Wahlkoücgiums dcr Stgdt
Konstanz rührl nämlich noch aus der glücküch
übcrwundeiien Rcaktwnszeit her niid bcstcht
keineswegs aus lauter politischen Gestnnungs-
genoffen des Erwählicn. Wie schwer iinn
auch Hütlins hewährle Gewandthcit in Ge-
schästen, bie Energie und Biederkcü ftsncs
Eharaktcrs in ver Wagschale ziehen mochien,
den Ausschlag zur einstimmigcy Wahl gab
die Erwägung noch eines andern Umstandes.
Hütlin ist bekannt als ciner der ersten und
tüchtigste» Vorkämpfer gegen das uns zuge-
muthete Concorbat. Die gründlicheu unb
tresfiichen Aufsätze, womit die Freib. Ztg. se>-
ner Zeit biesen Kampf gcsührr uud dadyrch
wcscntlich zum Siege der gutcn Sache in
unserem Lanve beigetragen hat, sind zum größ-
ten Theü aus rer Feber bes Rechtsanwalts
Hütlin gefloffen. Oiescr Umstanb enlschied

^ Ende gut, Älles gut.

Novellete aus dem Leben eines beruhmten Malers von

Mar Kemy.

(Fortsetzung).

Was sollte er aus diescm dunklen, sonst unfreund-
Uchen Epigramm machcn?

Nach büstcrem Sinnen rsef er vor sich hin: „Was
in aller Welt ist vorgefallen? Jst fic todt — ?!
Herr des HimmelS! AllcS verhänge übcr mich, »ur
dies »icht. Oder oerweigert er mtr ihre Hand?
Dann «ürde cr eö direct schreibcn und mich nrcht
die wcisc Beisc machen laffcn. Oder will er sie
mrr geben? Warum schreibt er mir'S denn nicht
offcn und überläßt mich dieser foltcrndcn Unge-
wißhcit?" —

Die ganze Nacht saß er in dumpfes Brütcn ver-
sunkcn airf dem Kanapee; erst als dcr Morgcn
grautc, goß stch Schlaf üher fttnc müden Angen.

So picl sah er ein, daß cr ungesqumt gehorchc»
müsse. Am Morgen packte er sofort seinc Sachen
und besorgte seinc HeschLfte. Däun mqchte er ein
paar flüchtige Äbschredsbesuche. Einigen ftins;
Freunde theilte er mit, daß ihn Verhältniffe und

Verpflichtpngcn zu xiner schnellen Rückreise in ftine
Heimath vcranlaffen, und hieß Sie, Allen denen,
die er nicht mchr hätte sehen können, ftlnx besten
Grüße zu beftellen,

Der nqchsteTag war eiu rauher, kaster und ftür-
mischcr. Es hattc die ganze Nacht gcschncit, i;nd
die Stadt glich eincr weißen Decke. Da rollte mit
dem Glockenschlag acht ein Postwageii hurch das
Thpr i» das Freie. Aus dem Fenster ho.g sich eine
Äestalt, üef ifl Lefl Mantel gehüllt und verschwafld
dann wredcr. ES war Gerhard, der Petersburg
Lebewohl! sagtc.

4.

An cincm Maiensorifltag, au welchem dic Sonne
sehr mrsd schien und der diesmal ungcwöhnlich früh
erschienenc Lcnz schon in Mald und Fclp prqngte,
herrschte im Hauft des Grafen cin ungewöhnliches
Leben. Die Bedienten in voller Livrec eüim ge-
schäftsg hin und her; sie hatten allerlci Besehle er-
haften zum sestlichen Aflsschmücken der Ziinmer,
zum Anordnen dcr Tafelrc., ohne daß flc wußtcn,
worum es sich cigcnüich handclt. Ünd das will
viel sagen!

Zm Zimmer des Graftn, welcher in vollster Gala

sirahlte, wqren piele Herren versammclt, und dre
Diener raunten sich zu, sie ftten in heimliche Ge-
sprächc verflochten. Ja, Eincr wolltx sogqr heisti-
lich gefthen hahen^ daß ein Prieftcr darflflter fts.

„DummeS Geschwatz!" ricf ein junger Pursche,
indcm er mit ftinen Treffen spielte und fich wohl
ein General dünken mochte, „Zhr woslt immcr in
Eurer Krämerftele AlleS bcffcr wiffen wic Pnd.rrk-
Was wird's denn GroßeS ftin ? Ei» Difler, wft
der gcstrenge Hcrr afte Nast laflg zn gehxfl pstegefl.
Abcr da wollt Zhr, daß er Euch haarklein crzähft,
wer da Alles geladen und was gegeffen und was
getrunken wrrd, und däß er Euch gar zum gcheiqien
Sccretair mache."

„Halte er ftin ungewasch'ncs W»fll!" rief dkk
Andere, im Tiefstm in ftiner Bcdftntenehre vxr-
letzt, „er Spsing in'S Fcld ! Respect vor ftinem
Vorgcsetzten! Wcnn man so an dft zwanzig Jahre
einer Herrschaft gcdient hat, da kennt man ftden
Zug in ihrem Geficht unh sieht's ihr an Nas' und
Ohren ah, ob Alles guft Wcge hat vdxr etwaS
Besonderes rm Spiel ist. Studirc er erst! Wft
sind so klug, wie mancher so beschnicgelte Doctor,
und mancher Doctqr wär' cs zufrreden, wm« er
 
Annotationen