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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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N 107


Mittwoch, 8. Mai

JnsertionSgebührea für die Zspaltige Petit- M D2 M
zerle werdea mit 2kr., bezw. 3 kr. verechnet. M^W^WMO

Bestellungen anf dic

Heidelberger Zeituug

für di'e Monate M a i und Iuni werden
für hi'cr mit 36 kr, angenvmmen bei der

Expe-ition

H Rundschau
II.

Von geringerem praktischen Erfolge, als der
Kampf gegen die Ucbergriffc der Kirche, war
bis jctzt der bei den verschiedenen deutschen
Stänrekammern betrcffs der politischen An-
gelegenheiten. Fast ohne Erfolg war bis jetzt
das Sireben und Ningen nach nativnalerEi'nig-
keit. Preußen, statt stch an dic Spitze der Be-
wegnng zu stcllen, verharrt fortdauernd in
Passtvität und befolgt die Politik des Zuwar-
tenS. Die Verhandlungen in dcn preußischen
^Kammern selbst haben dargethan, wic wenig
dort noch dcr Nechtsstaat zur Geltung gekvm-
men und wohin die frühere Zunkerwirthschaft
geführt. Aenderungcn des früheren SKstkins
werde» in wahrhaft homoopathische» Dosen
versucht, und die moralischen Erobcrunge»
Preußens können bei cincm solchen SKstem
nur sehr geringe scin. Statt eines thätigen
Eingrcifens kann Preußen sich bi's jctzt stcts
nur zu Palliativ-Mitteln cntschließen; die An-
gelegenheitcn Schleswi'g-Holsteins und Kur-
heffcns sind Beweise hierfür.

Die sächsischc Ständevcrsammlung hat in
letzterer Zcit mi't großer BeharM'chkeit aüf
Erwciterung dcr ständischen Nechte bestanden,;
auch die Haiinöverische Kammcr bckämpfte init
Energie mehrfache ministericllc Willkürli'chkci-
ten; die baperischc Ständcversammlung schci'nt
gleichfalls die bisüerigc Willkür, mit welchcr
die Staatsgeloer vcrwendct wurdcN, in die
gebührcnden Schranken zurückzuweisen nnd ge-
währcn sämmtliche Volksvertretungcn dic cr-
frculiche Aussicht auf ein Streben, die na-
tivnale Einigung Deutschlands zu erziclcn.
Selbstverständlich kann ein Erfolg dcssen nicht
leicht erreicht werden, wen» nicht eine Gleich-
mäßigkcit ter Mittel vorhanden ist, um die
vcrlchiedenen Nkgi'crungen zu nöthigen, dcm
allgemeincn Vcrlangen nach nationalcr Eini-
gung gcrccht zu werdcn. Vvn großer Bcdcu-
tung ist daher die znr Zeit in Anregnng ge-
kvmincne Vcrsammlung deutscher Abgeordneier.
Die Nath- nnd Thatlosigkcit der deutschen Re-
gleruiigcn über die wichiigsten nationalen An-
gelegcnheiten, — die Vkrhanrinngcn des Bun-
deStags gebcn Zeugniß hiervo»,— muß cndlich
aufhörcn, cine patriotischc Verzichtleistung auf

eingebildetc Vorrechte steht nicht zu erwarten.
Nur ein dcutsches Parlament kann crwirken,
daß der Bundesstaat zu einem Staatenbund
sich cini'gc, wodurch eine Gleichbcrechtigung
Aller erzielt und verhindcrt wird, daß die
Fürsten allein regicren und daß von dcren
Persönlichkeit die Geschickc Deutschlands ab-
hängen.

Anch di'e Forderungen für die mattriellen
Zntercssen des Volks, welche man in ncuercr
Zeit durch Einführung oder Anbahnung dcr
Gewerbcfrkiheit zu fördern sich bemüht, kön-
nen ohne ein dcutsches Parlament nicht voll-
ständig erfüllt wcrden. — Die Hindekni'sse,
welche der Einführung eines gleichcn Maaßes
und Gewichtes für alle deutschen Staaten,
so wje dcr des jetzt vollcndcten Handklsgesetz-
buchs im Wege stehen, beweksen zur Genüge,
wie es unter den jetzigen Verhältnissen fast
cine Sachc der Unmöglichkeit, selbst gemein-
same Bedürfnl'sse zur Ausführung zu bringen.
Könncii ja selbst die drohcnden Kriegsgefahren
bei den bekannten Anneriorisgclüsten Napo-
leons die deutschen Regierungen noch nicht zu
der Ueberzcugung bringen, wie nothwendig die
Vercinbarung über die Oberfeldherrcnwürdc
iin Falle cines Kriegs. Seik Jahren dauern
die Verhandlungen hierilber; aber Oesterreich,
dcffen Zusainmengehvrigkci't mit Dcutschland
in neuester Zeit so bedeukend gelockcrt ward
und dcssen Volksvertretung bis jetzt, wenig-
stenS dem Anscheinc nach, zu einer engercn Ver-
biudnng mit Deutschland nich! geneigt schcint,
kanll sich immcr noch nicht entschließen, die
früher geübte Hegemonic aufzugeben, obgleich
eine frci'e Vereinigung dcr gdruianischen Völkcr
mi't dem deutsch-slavi'schen Oesterreich cine Bei-
dcn nutzbri'ngeiide Skärke gewähren würde.

Das Spstcm dcS Ski'llstandes i'st unhaltbar
geworden, nud iinabwei'sbar sind die Fvrde-
rungen nach nati'onaler Eini'gling. Was dcr
Naiionalvercin stcts als Ziel seiner Bestre-
bungen an die Spitze scincs Programms stclltc,
ein deutschcs Parlamcnt, wird auch das Ziel
sein, nach welchem die Vcrsamnilling deutscher
Abgevrkneten streben muß. Die Weltereigniffe
warten nicht Mit ihrerEntwicklung, bis Dcutsch-
lanvs Eiiizelstaaten mit ihren reformatorlschen
Plancn zu Endc gkkommeii. Möge daher eine
Einigung fiallfinden, bevor es auch hierfür
zu sxät.

Derrtschland

Karlsruhe, 5. Mai. Heute fand hier
i'm Localc des Bürgerverci'iis die erste öffcnt-

liche Vcrsammlung von Mi'tgli'edern und Freun-
den des deiitschen Nationalvercins statt. Die
Versammlung war zahlreich besncht. Herr
Rechtsanwalt Busch leitete die Verhandlungen,
an denen sich zwei auswartige Ehrengäste, dke
Herren Nr. Ladenburg aus Mannheim nnd
Dr. Pickforb aus Heidelderg, als Nedner be-
thei'ligten. Ladenburg cntwlckelte dle Anfgabe
nnd die Mittel des Nationalverel'ns, Pickiord
das Verhälkniß deffelben zu den Einzelstaaten,
denen gegenübcr, wie der Redner richtig. aus-
führte, dcr Vercin seine Missivn als eine wahr-
hafl conservative und rettcnde geltend machen
darf. Beide Vorträge erfreuten sich reicber
AnerkcnNung Seitens der wie von eincin Wil-
len Und ekner Gesinnung beseelte» Vcrsamm-
'lnng, dic mit AuSnahme eines einzsgen An>
wesendcn (der sei'ner Zcit auch quf der zwei-
ten Durlacher Versamnilung mit ei'ncm radi-
calen Antrag Fiasco machte) sich einstimmig
auf Ladcnburg's Antrag für das Programin
des Nativnalvereins aussprach: ci'n dentfches
Parlament mit einhcitlicher Centralgcwali für
die militärische und diplomatische Führung dcr
Nation und Uebcrtragung dicser CeNkrälge-
walt an die Krone Prenßcn. Ebenso nburde
einstiininig angenvnimen ein AUtrag des Hrn.
KuUsthändlers G. Holtzmann: es möchtcn
sänimtliche Mitgliever des Ratiönälbere'kns
im Land'e Baden cinen gemeinsäMen Aufruf
zum Beitritte zu dem Vereine und scinen
Zwecken erlaffcn.

Aus Baden, 25. April. Die süddeutsche
Prcffe, besondeis Jhr BlaE, hat iü neuester
Zeik die wichtige Frage Vvn verschiedenen Sei«
ten beleuchtct, ob nicht im Jntercffe von Süd-
westdcutschland wei'terc inilitärische Vor-
kehrnngcn zu trcffen sci'en, um ei'neui bom
wesilichen Nachbär diöhenden Angriff wi.rksam
zu begegnen. Söndcrbarer Weisc hat die ba-
dische Pteffe nur eincn ganz geringen Nnihcil
an diescr Diseussion genommcn, obwvhl ge-
rade Badcn dasjenige Land ist, welches den
ersten Anprall dcs Fcindes äiiszuhalten häk
und mit srincr offcncn Läge in kürzester Frist
und mit grvßker Leichligkei't bon sei'ndlichen
Eorps überichwemmt werdc» kann. Von Ra-
staik landaufwärts besiiiden stch uikgends Ver-
theidignngswcrke, wclche eincm kleincren Vrup-
peiikhkil so langk Schutz gewähren könNken, um
dic ÄllsaMMluiig größörtr Kräfic zu ermög-
lichen. Scitdem SavöpcN illit Frankrcich ver-
cinigt'ckst, bcstcht eine vi'el Höhere Gefahr fnr'
den Seekreis, insofcrn auzunkhiucll ist, daß
der Feind die Neutralltät der Schwci'z' nicht
beachten und zwischcn Schaffhausen und Kvn-

Pü Heirathsrandidaten.

Nooelle von Wilhelm Jungmann.

(Fortfetzung).

Die Sehnsucht nach Ztalien mußte der Psticht des
Sohnes «cichen; allein so schr cr sich auch becilte,
in di« Heimath zn gclangen, er kam zu spät, den
letzten Segen dcs Vaters in Empfang zu nehmen,
dcnn er war bereits hinübergegangcn in jene lich-
ten Räume, wo der Geist, befrcit von jcder drücken-
den Keffel, segncnd auf ftinc zurückgclaffenen Licbcn
herniederschaut. Die Sorge für dic hochbetagtc Mut-
ter und dcn noch ünmündigen Bruder «ar das cin-
zige Erbthcil, das ihm dcr Vater hinterlaffcn hatte,
denn mit einer zahlreichen Kinderschaar geftgnet,
von denen neun wieder gcstvrben warcn, «ar es
ihm nicht möglich gcworden, ctwas für seine Hinter-
blicbcnen zurückzulegen, und so mußte denn Adolf
nun sür ihn eintreten, ihncn den Verlust des Gat-
tcn und Vaters zu erfttzen. Er that es mit Licbe
und Aufopferung, doch nagte ein stillev Kummer
an ftincm Herzcn, nicht nach Jtalien wandcrn zu
können, zu dem sich auch noch de« Unmuth gcftllte,
hier in dieftm klcinen Städtchcn keine Gelkgenheit ^

zu finden, scine erlernte Kunst zur Geltung zu brin-
gen, und dicsts war es, was ihn oft fo still und
traurig sttmmte.

Die andere dcr bciden Personen war Mäthilde
Müllcr, dic «ir bcreits dem Namen nach kcnnen,
ohnc von ihren Verhältniffen und ihrcm Eharacter
ctwas Näheres zu wiffcn.

Mathilde war dtc Tochtcr cineS pensionirteN nie-
deren StaatSdieners, dcsscn Gattin schon vor meh-
reren Jahrcn gestorbcn war, und der sett dieftr Zeit
ftiner einzigcn Tochter scin gesammtcs HauSweftn
als unumschränkter Gebieftrin übergebcnhattc. War
nun schon dic Mutter darauf bedacht, ihr, als ein-
zigcm Kinde, schon in frühester Ingend allen Wil-
lcn zu laffcn, so konntc es sich jctzt auch nicht fehftn,
daß durch Mathildcn's uunmehrig« Stcllung im
Hause ihres BatcrS fich tägltch mchr und mchr cin
Gcist des Eigenwtiftns und der Hcrrschsucht in ihrem
Lhäracter cntwickeltc, der sonst nicht mit ihrem Tem-
pcramente im Einklang stand. Arbeitsam, freund-
lich und gefällig, znvorkommend gegcn Jedermann,
konnte sic doch durchauS ftincnWidcrspruch vcrtragcn
und kam er auch von dcn ihr zunächststeheiiden Per-
sonen. PünMich bis zur Pedantcrft, war eä ihr

unablässiges Bestrcben, alles in Zimmer, Küche,
Speichcr und Kellcr ill schönster Ordnllllg zü kr-
halten, machte es thr stets das illnigfi« Vcrgnügell,
Zemand hci sich zu empfangcu und ihrc HLuSliche
Einrichtung und Saubcrkeit bewunrerll zü laffell;
allein cs fehlte. hei solchen Bcsuchkn iillmcr ak der
wahren Herzlichkcit von ihker Seite, «nd nüt zu sehr
trat stcts das Bestrebcn hcrvor, bei ftlchcit Gelegen-
heikcn in den Augen Anderer zu glällzcn.

Mathilde mochte zu jencr Zcit llngcfähr A Iahre
zählen, war schön und beftndcrs anmathlg geballt.
Jhre Hauk «ciß und zart; ihr Geficht fchön und
regelmäßig; ihre Augcn hcllblau, aber ctwaS mäit
uud nur im Affect glänzend und sprühcnd, ihre
Haarc hcllblond und stctS schön geordNet, kutz fle
war ein Mädchen von wirklich allgenehmem Aeußerll,
und hättc nur thr Gemüth glcichen Schritt gehab-
ten mit den Lutzern Kormen, dänn «ärr jeder junge
Mannzu bcnciden geweftn, dcr sie als Gattin hcim-
zuführen das Glück gehabt hätte.

Bieke junge MäNner hattcn stch bereiks-uni dlefcS
Glück beworben, brftnders ftit jencr Zeit, «o ihr
durch eine Erbschaft einige tausend Gükdrn zuge-
fallen waren, allein da sie metstens dem Handwetker-
 
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