Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0545

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Mittwoch, 12. Zttni

ZnserttonSgebühren für die Zspaltige Pekit-
zeile werdea mit 2 kr., bezw. 3kr. berechllet.

Deutschland

Karlsruhe, 10. Zvnt. Setne Köntgltche Hohett der
Großherzog haben Sich unter dem 3. Zunt d. Z. aller-
gnädtgft bewogen gefunden, den Präsidenten der Oberrech-
»uugsramMer, Staatsrath Trefurt, auf sekne unterthä-
»tgste Litte. uvter Anerkennung setner langjährtgen und
treuen Dienstletstungen, iu den Ruhestaud zu versetze» uud
den Gehetmen Rath Freiherrn v. Stengel zum Präsi-
denten der OberrechnungSkammer zu crnennen. (K. Z.)

Karlsruhe, 9. Iuni. Jn d,e EommMo»,
zur Berathung des neuen Vcrfaffungseniwurfs
wurden gewählt: Guyet, Rothe, Schenkcl,
Zittel, Häuffer, Hemtz, Paravicini, Trauh
und v. Stöffer. Die Cominifston zur Prü»
fung der Diöccsan-Synodalprotokoüe besteht
aus den Abgg. Blum, Neuber, Trauß, Hamm
und Fink. Ferner ist einc Commisston zur
Begutachtuug einer obcckirchenräthlichcn Vor-
lage über dic Beibehaltung dcs Skatusquo
hinsichtlich der Gottesdienstordnung aus den
Abgg. Blum, Dicß und Asmus, eine svlche
zur Prüfung der oberkirchenräthlichcn Vcrwal-
tuug ver verschiedenen Fonds aus den Abgg.
Lichtenberger, Nau und Asmus, und cndlich
über die Frage wegen Oeffentlichkcit der Siz«
zungcn aus dcn HH Prälat Dr. Holßinaiin,
Geh. Rath v. Stöffer und Pfarrer Dr. Fink
gebildet. (K. Z.)

<? Vom Neckar, 10. Juni. Der Tod
Cavvur's hal lnzwischcn aüen Organen der
inländischcn und auswärtigen Presse mehr vder
wcniger Gtoff zu ernsten Betrachtungen gebvten.
Deren Ansichtcn stnd über die nächste« Folgm
jenes für Ztalien so verhängniffvolle« Cteig-
niffes getheilt. Währcnd dein die Cinen cin
neues Aufstackern der nnr mit Mühe gelösch-
ten Kriegs- u»d Repolutionsflammen i» Ita-
lien erwarten, sind die Andern dafür, daß die
innern Zustände ZtalienS hinlänglich cvnsoli-
dirt seien, um das große Werk des Zustande-
kvmmens eines einheitliche» Jialiens anch durch
minder bedeutende geistige Kräfte vollbringen
zu laffcn. Nehmen die Ereigniffe in Jialien
aber wirklich einen auf diese letztere Alterna-
tive hindeutenden Fortgang, so wird dennoch
ein Mißstand kaum zu vermeiden sein, der in
seiner Weise ebenfalls als ein nationales Un-
glück sür Jtalien zu betrachten ist, nämlich
eine noch größere Abhängigkeit dieseS neu-
geschaffenen Staates von Frankreich, als vor-
her. Keiner wird es so, wic Cavour, verstchen,
Las cigentlichc Fahrwaffer zwischen den Klip-
pen des zweideuligen französischen Schußes
auf der einen und der hochgehcnden Brandung
der nativnalen Strömung ZtalienS anf der
andern Scite einzuhalten und unter den oft-
mals stch widerstreitcnden Kräften, durch welche

Ztalieus Emheit zu Stande kam, die für dke
jeßigc, n«ch nicht zum völligen Abschlnß ge-
kommeue CnM daselbst, allein hcilsame und,
förderliche rechte Mitte herausznfinden. Schlicß-
Iich läßt stch bci cinem StäatSmanne von so
großen Geistesgaben und so hoher Einstcht, wie
Cavour, wvhl voraussetzen, daß es wcitere
Aufgabe seines Lebens gewesen wäre, Jtalien
— wie srüher von der österreichischcn — so
aach iu der Folge vvn der französischen Br-
vormundnng völlig freizumachen. Diese schwie-
rigste Aufgabe hinterlirß Cavour uugclöst, und
es steht fthr i» Frage, ob ihre glückliche Lö»
snng einem Andern so leicht gclingm wird.

Heidetberg, 10. Znni. Dem Mannh. Z.
wird über hiesige UniverMtsverhältniffe »vom
Neckar" geschrieben: „Den neuern ErnenNüngen
und Vcrfttznngen, welche theilwcift das von
unsercr Regierung jeßt cingchaltene freistnnige,
zeitgemäßc L-yfiem charakteristren, werden
ziemlich sicherm Vernehmcn nach bald ander-
wcitige nachfolgcn. S» soll unter Andern
Gervinus zum Curator der Univerfftät Heidel-
berg ernannt wcrden. Die Geh.Räthc Schloffer
und Leonhard, die Senioren dieftr Universttät
und dic aus einer frühern Blüthezeit derselben,
nach vem vor 3 Zahren erfolgten Tode Kreu-
zerS allei» noch vorhandenen alten Lehrer,
solleu pensionirt werden. Es geschiehr dieseS
Letztere ftlbstverständlich jedoch nur wegen dem
bereits sehr vorgerückren Alter und der Kränk-
lichkcit Beider; auch haben vieftlbe« schon seit
längerer Zcil keine Vorlesungen mehr gchal-
ten. Für die Universität wirv diese Maßregel
in sofern wichtig ftin, als die PcnsivnSlast
vou bcr Staatskaffc zu tragen ist, unv aus
der Universitätskaffc somit eine crhebliche
Summe für Berufimg neuer activer Doccnken,
over zu anvern Zwecken, stüssig wirv. Da-
gegen hört man, daß anch Geh. Hofrath Bähr,
Prof. der Philologie in Heivelberg, ein Bru-
ver veS in Ruhestand vrrfttzten Kirchenraths,
und wie dieser sich der orihovoxen Richtung
in kirchlicher Bezichung zuneigend, penstouirt
werdcn solle."

Pforzheim, 9. Juni. Jn der am letzten
Donnerstag stattgehabte» Monatsvcrsammlung
ver hiesigen Mitglicver und Freundc des Na-
tionalvereinS hielt Herr I. Faucher einen
längeren Vortrag über den Einfluß der Ge-
werbefreiheit und der Frcizügigkeit auf die
Ausbtldung der englischcn Zndustrie und die
Gründung des allgemeinen Wohlstandes in
England. ES war von großem Jntereffe, die
aus persönUcher Anschanung entnommenen
Daten zu vernehmen, wonach dort die freie

Jndustric überall und in rein gewerblicher wie
in avgemeiner vvlkswirthschaftlicher Beziehung
dic besten Erfolgc erringt, während gerade die
wcnigen, besonvercr Verhältmsse wegen in
England noch concessionirten Geschästc dieje-
nigen seic», welche die geriügeren Resultate
erziele».

Konstanz, 7. Juni. Seit 2 Tagcn be-
findet fich Staatsminister Dr. Stabel hicr,
um inil den Mitgliedern des großh. Hofge-
richts über die GerichtSorgünisätion nnv Re-
form dcs Strafversahrens und der bürger-
Uchen Proceßordnung mündlich Rücksprache zu
nehmen.

Gotha, 7. Juni. Das Leipziger Bezirks-
gericht hat auf Vernichtung sämmtlicher 1800
l» Leipzig iagernvcii Eremplare ver gcgen dic
Trinitätslchre gerichteten Schrift des Dr.
Bayer crkannt.

Berlin, 9. Zuni. Die „Pr. Z.", welche
Vie neuliche (lktzte) Rote Lord Z. Ruffells
in der Macdonald-Angelcgenhcit mittheilt, fügt
bei, die prcußische Regiernng werde auf die
Kunbgebung Nuffells oder vielmehr Palmer-
stons „schriftlich nicht wcittr antworten."

Wiea, 7. Juni. Vorgestern wurde von
der ministeriellen Commission der Entwnrf
des nkuen Preßgesetzcs vollendet; dcrselbe ist
ziemlich librral; daS Concessionswesen hört
in Bezug auf die Joiirnale auf. Zebermann,
der zum Gewcrbcbetrieb befähigt ist, kann
Zeitschriften und Zeitungen gegen vorherige
Anzeige und Beobachtung dcr Vorschriften,
weiche in Bctreff der Hinterlegung'von Erem-
plaren bei der Behörde in Betreff der Stem-
pelung und Steuer ststgesetzl sind, herausgc-
ben, nachdem er früher die entsprechende Eau-
tion erlegt hat. Die polizeiliche Bevvrmun-
dung ist beseitigt und Preßvergehen sind dcn
gewöhnlichen Gerichten überwiesen; das Sy-
stem der Verwarnnngen hört auf.

Wien, 7. Juni. Von der Linken deS
Abgeordnetenhauses habcn sich 24 Deputirte
unter Giskra als Club constituirt und von
ber großen (Mühlfeld'schen) Partei gelrknnt.
Die Fraktion Giskra ist entschloffen, nicht
mehr nnbedingt ministeriell zu stimmen.

Wien, 8. Juni. ES wurben Anträge
eingebracht bczüglich der Verantwortlichkeit
der Minifter und dcr Periodicitäk dcr Ses-
sipnen des Rcichrathes.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth, 7. Zuni. Da dic Steuererekntisneu
fortdaucrn, wird auch an Pesth die Reihe
kommen. Es wird tin großes Lager auf vem

R; 13S

öll spät.

Eine diimsche Arlminalgeschichte.

(Fortsetzung).

Darauf geschah es, daß er im Gartcn Streit mit
dem Pfarrer anfing, und darauf unverzüglich zn
ftinem Brudcr nach Aalsöe lief und dtesem den Bor-
fall erzählte. „Hat Dich Zcmand auf dcm Wcgt
hierher gcsehcn?" fragte der Brudcr. — Niels mcitite:
„Ncin!" — „So wollen wir", fagte Morten, „ihm
cinen Schrecken einjagen, den cr tn de« ersten oicr-
zehn Tagen nicht verschmcrzen soll." Hierauf führte
er Niels heimlich in fttn Haus, wo dicser fich bis
zum Abcnd versteckt hielt. Sobald sich Alles zur
Ruhe begebc« hattc, gingcn die Bcrdcn zu cinem
Grenzstein, wo die Felder dreier verschicdener Eigen-
thümer znsammensticßen; hier «ar zwet Tage zu-
vor dlc Lcichc eines Selbstmörders, eines Burschen
von Niel's ungcsährer Größe, Altcr und Aussehen,
bcgraben worden. Dersclbe hatt« in Aalsöc bet
Mortcn BrnnS gedicnt, und aus Derzweiflung —
die Eincn sagtcn, wcgcn Morteu's tyrannischcr Bc-
handlung, Andere, wegen eincs unglücklichen Liebcs-
verhältnisses — seinem Leben mit eigcner Hand cin

Ende gemacht. Diese Leiche nun grnben dic bei-
den Brüder wieder aus, so ungern anch NielS an
diefts granenhafte Gcschäft -ing, der von Morte»
förmlich dazu gezwungcn wurde, und schleppten fie
nach Hause, »enn der Hof, «elchen Morten be-
wohnte, lag ganz in ver RLHr. Nnn mnßte Ricls
fich »ollständig «ntkleidcn und vie Kleidcr Stück für
Stück der Leiche anziehen, ftgar stine Ohrring«
mußte er hergeben. Darauf »ctfttzte Morte» dem
Todten mit einem Spaten einen Streich in das
Gcsicht, einen andcrn an die Schläfe, und verbarg
ihn dann in eincm Sacke bis zunt nächsten Abend,
dann truge» fie Sack uild Leiche in den Wald, der
dicht an Weilby grenzte.

Niels hatt« freilich mehrere Male ftinen Bruder
gcfragt, «as rr im Sinne hcgt und was alle dtese
Borkehrungen tcdcuten ftllten. Dieser aber hatte
immer darauf crwidert: „Darum brauchst Dn Dich
nicht zn bckümmcrn; laß das meine Sorge ftin."
Im Walde angckommcn, sagte Morten zu ftinem
Bruser: „Run holst Du mir «inen der gctoöhn-
ttchen Hausanzüge, am liebsten de» kangen griinen
Schlaftock, in welchem tch thn deS Morgens östet
gesehen hade." — „Das «ied nicht wohi angchen",

gab NielS zur Antwort, „denn des PfarrerS Klci-
dcr hängen allc in seinem Schlaszimmer." — „Dann
beftrg« ich das ftlbst", dersetzte dcr Bruder. „Gchc
nur Dn indeffen von hinnen nnd kehre nie wicder
zurück. Da hast Du cinen Beutel mit HUnVert
Thalern; sie wcrden wohl hinreichcn, bis Du füd-
wärts von hier cine ncue Heimath gefnnden hast;
aber weit weg «on hier, hörft D», wo keinc Seelc
Dich kennt! Legc Dir cinen andcrn Namen bei und
sctze ni« mehr Deinen Kuß aüf dänischen Bodcn.
Wander« «ur des Nachts und vcrbitg Dich den
Tag über in den WLldcrn; hier ist der Brod-
sack, den ich von Hauft mitgcnsMmen hahe; der
wird Dich sättigcn, bis Dn jenftits der Grcnze
unseres KönigrcichtS angeköMmen vist. Machc Dich
jetzt nur eilig auf tzcn Weg U«d kehrc nicht witder,
sofern Detn Leben Dir lieb ist."

Riels gehorchte, und damit trenntcn sich die bet-
den Brüder; auch habcn sie fich ftit dieftr Stnnde
Nie wiedtr gcfthen. Der Flüchtling hatte i» srem-
den LLndern dtel ausstehen müffen, «ar als Sol-
dat angeworben wordcn, hattc »iele Iahre gtdient
unv «ar in mehrcren Feldzügen geweftn, wo er
ftine körperliche Rüstigkeit verlore» hatte. Arm,
 
Annotationen