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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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Rakos eirichtet, und -ereiis sind Aktillerie- I
parks eingcriickt. Cavours Tod erwecki hier
wieder Hoffnungen aufkriegcrische Bewcgnngcn
am Po, da man hoffr, die energischc Partei
werde das Regiment in die Hände bekommen.
Man ist also zum Nachgeben scit gestern
wcnig geneigt. (Allg. Ztg.)

Pesth, 7. Juni. Ivanka hat zur Deak'-
schcn Aoreffe ein Ämcnbement eingebracht,
welches im Wcsentli'chcn Folgendes beantragt:
Der Titel soll nicht „Ällerdurchlauchtigstcr
Kaiscr und König" lauten, sondern nur „Al-
lerdurchlaiichtigster Hexr". Absatz 27 wäre
dahin zu sormuliren: „Wir können nicht ein-
wiüigcn, daß die Steuersrage und Recruten-
steüung in was rminer für einer Bczichuug
vver daß überhaupt das Finanz- und Kriegs-
wescn dem ungarischen Landtage entzogen
werde". Nach Absatz 3l ist einzuschalten:
„Wir beabsichtigen jeder Nationalrtät auf
Grund dcr Glcichberechtigung Alles zu gebeu,
was ohne politische Zerstückeiung des Landes
unb ohne Gesährduog seiner geseßlichen Selbst-
ständigkeit gewährt werden kann." Zu Absatz
3ä ware hinzuzufügen: „Wir halten die Ein-
berufung dcr Militärgrenze für unuingäuglich
nothwenbigz denn wir wünschen beren brü-
ckende Verhältniffe ihren eigenen Wünschen
und Jntereffcn gemäß zu beendigcn, unb der-
selben »inc dem Zeitgeistc cntsprechende llin-
gestaltuug zu gebeu." Absatz 36, Puuct. 4,
ist durch den Zusatz zu erweitern: „linsercn
klaren Gesetzen entgegen und ohne Einwilli-
guug bcs 'Lanbtags wurbe cin frembcs Re-
crutirungSspftem eingesührt, daS Militär über-
mäßig vcrmehrt und ein großer Theil unserer
Lundöleute »icht in ungarische, sondern in dic
Regimenrer ber Erbprovinzen eingereiht, und
während sie und die ungarischen Regimentcr
genölhigt werden, außerhalb des Vateilanbes
Dienstc zu leisten, hält fremdes Militär unser
Land unb unsere Festungcn besetzi." Am
Schluffe von Punct 4 tst hinzuzufügkn: „Die
mit der Eintreibung gesetzwidriger Steuern
betrauten Bcamten werden vvn dem, dem
Landessürsten gedührcliden Gehvrsam besreit
und unler erccptioneUe militärische JuriSbic-
tion gcstcUt. Puncl 5 wäre dahin zu mo-
dificireu: „Allcs das geschieht in demselben
Moment, wo bie Vcrtrcter der Nation mit-
einander berathen. Äbsatz 39 soll es heißen:
„Die im Sinne des Gesctzes gebildete Armee."
Absatz 40 soü mit den Worten schließeii:
„Wir bebürsen die Entsernung des fremdcn
Militärs unb der ungesctzlicheu Beauitkn. Jn
der Schlußtitulatur wärc nur das Wort „Euer
Majestät" zu gcbrauchen.

Pesth, 8. Zuni. Jm Unterhause weiterc
Berathung der Adreffc. Die Rumänen verlan-
gen die Abänderung dcr Worte: „uiigarischer
Standpunct, ungarische Jnreressen" in die Worte
Landesintereffen, Standpunkt des Vaterlandcs,
wodurch eine neuerliche Erörterung der Na-
tionalitätssrage hervorgerufen wird, bis Eöt-
vös dic Unzwcckmäßigkeit ciner svlchen gclc-
gknheitlichcn Behanblung der wichtigsteu Fra-
gen hervvrhebt und zugleich erklärt, nächster
Tage eine motivirtc Propositivn zur Rege-

krankllch und elend, kam es ihm «ndlich doch in
den Sinn, die alte Hcimath wieder aufzusuchen,
und er hatte sich so, unter vieler Noth nnd Bc-
schwerde, vom Rheine bih über die Eidcr durchge-
bettelt, bis er «ieder nach Aalsöe, seinem Gebnrts-
orte gclangte.

C a v o u r.

Die „Köln. Ztg." cnthalt solgende biographische
Notizen. Graf Camillo Benso di Cavour
ist gcstorben in dcr Fülle dcr Kraft; er ward gc-
borcn am 10. August 18l0. Scin Erzieher war
der Geschichtschreiber Abbc Frczet, dcr ihn, dcn
zweiten Sohn dcs Hauses, zur militärischen Lauf-
bahn vorbercite» sollte. Aus der Soldatenacademic
ward der Knabe scincs fetncn Schliffcs «egen dem
Hofe von Karl Felir zum Pagen. empsohlen, ent-
wickelte aber so vicl „Ungelchrigkeit", daß erchald
entlaffen ward. Den Zorn der Seincn vcrgaß er
in den Studien der Gcfchichte, der Völkcrkunde
und der Mathematik, für welche er früh bcsondere
Gabcn zeigtc, obwohl er durch dicsc plebejischen Lieb-
habereienden Grolldercr von Benso di Eavour nur

I lung der Nationalitätsfrage ei'nbri'ngen zu
wollen. Er hvfft, dieser Landtag, wcnn cr
Dauer haben wird, werde das große Werk
der Beruhigung der Nationalitäten vollsühren.
Die weiteren Punkte der Deak'schen Propo-
sition wurden mit großer Majorität ange-
nommen. (Preffe.)

Pesth, 8. Juni. Unterhaus. Die Be-
rathung der Adreßpunktc wurve sortgesetzt.
Jm Verlaufe der Verhaiivlung hebt Szalay
hervor, eS sei unzweckmäßig und in keinem
Parlamente gebräuchlich, einfache Stylände-
rungen in pleuo zu berathen; es wurte da-
her auf seinen und Eölvös und Nyary's An-
trag eine Commissioy gewählt; für baö volle
Haus wird nur die Berathung wescntlicher
Modificationen vorbehalten.

Krankreich.

Paris, 8. Juni. Gestern beschäftigte sich
der Senat mit Petitioncn, vvn welche» eine
die Uebersührnng der sterblichen Reste Ludwig
Philipps nach Frankreich verlangte. Der
Senat ging zur Tagcsorbnung über, nachvem
der Berichierstatter ein Schreiben des Mini-
sters vorgeleseu hattc, nach wclchcm ber Kaiser
sofort nach dcm Ablebcn bes Königs die Bei-
setzung der Lciche in der Familicngruft von
Dreur gestattet hattc, die Prinzen des Hauses
Orleans jedoch von dieser Ermächtigung keinen
Gebrauch hatten machen wollen.

Paris, 9. Juni. Der Deputirte Keller
läßt bei der Discussion über das Budget des
Jnnern die Lage des Landes die Revue pas-
stren: er beklagt es, daß dic Sicherheitsgesetze,
die gegen dic Nevolutionäre gegeben worde»
sei'en, alsbald gegen dic alten Partcien ange-
wenbet wurden. Jn seinen Angriffen auf die
Regierung unb die Bchörden vergißt er sich
so weit, daß cr zur Ordnung gcrufen werden
muß; auch finbet er es höchst sonderbar, daß
man gegen die revolutionären Zournalc sich
so tolerant verhalte, während man gegen den
Clerus mit Verfolgung vorgehe. Der „Con-
stitutivnnel" äußert sich sehr bitter über dic
Redc dieses Deputirten.

Paris, 9. Juni. Die auf die Donau-
sürstenthümerfrage bezüglichen Confcrenzen
sollen am 20. d. in Konstantinopel eröffnet
werden. Nach den Zilstructionen, die Fürst
Labanvff, der Vertrctec Rußlauds, sür die-
selben erhielt, hätte bie russtsche Regierung
nichts dagegen, wenn dic Regierung der
Donaufürstenthümcr bei einer Vacatur einem
frimdeu Fürsten anvertraut würde.

Der gefcHgebende Körper hat gestern die
Budgets bes Staatsinniisteriums, svwie des
Zustiz- uud auswärtigcn Ministeriums ange-
nommen. Man schriit svdann zur Discussion
über daö Ministeriuln bes Znnern.

Paris. Zm gesetzgendcn Körper bestrei-
tet Olivier, daß das Budget im Gleichgewicht
sei, da die Äusgaben nicht durch dic Einnah-
mcn beglichen würden; man habe von erstc-
ren eineu Theil vcrheiinlicht und bei leHterem
berests einc mögliche Vermehrung in Alischlag
gebracht, Man habe die Gewißheit, daß die
Armee weit mehr als 400,000 Mann belragc,

noch stärker reizte. Nachdcm er cs mit dem zwan-
zigsten Zahre bis zum Genielieutenant gebracht,
durchaus kcinc Anlage zu nvbeln Passionen ent-
wickklt, wohl aber sich den bedcnklichen Ruf etneS
„liberalen Gcnie's" ersvorbcn, gcstattete zu Anfang
der dreißiger Zahrc seln gestrcngcr Vater, die Epan-
letren abznlcgen und sich auf die Landgüter znrück-
zuzichcn. Hicr ftudirte er theoretisch und praktisch
die Landwirthschaft und gtng dann zur Vollendung
seiner Ausbildung nach England, wo er mit Na-
tionalöconomie, Handels- und Fabrikwcsen und
politischen Znstitutionen fich mit allem Ernste be-
schäftigte. Erst1842 kchrtc er nach Turin aus dcr
Frcmde heim, in der cr fich einc vollcndete Kennt-
niß der englischen, franzöfischcn und deutschen Zu-
stände crworben, die ihm später als GanzcS eine
solche Sicherhelt und Ucberlcgcnheit tn den diplo-
matischen Combinationen verllch. Er sprach flie-
ßend Französisch und Englisch, Deutsch jedoch nur
gebrochen. Jn jene Zeit ficl die Bildung von land-
wirthschaftlichen Vcreinen, Gewerbschulen, wiffen-
schaftlichen Gesellschastcn u. s. w., wrlche den An-
fang der vicrziger Jahre für ganz Europa bezeich-
nct, in Piemont aber sofvrt eine practische Richtnng

i wie angegcben wvrdcn, und dies werde el'nen
Mehraufwand von 120 Millionen erfordern;
er, ber einer Meiaung angehöre, die es mit
der Ehre des Landes nicht leicht nehme, for-
dere die Regierung zu einer fri'edltchen Hal-
tung auf; die Ungewißheit deS Fricdens sei
unheilbringend für das Land; man solle Eu-
ropa einen Vertrag über allgemeine Entwaff-
nung vorschlagen unb am Princtp bcr Nicht-
intervention festhalten; die übertriebenen Bau-
ten einstellen, durch welche Frankreich wie
eine Maurerwerkstättc aussehe und bcn Fana-
tismus für gradlinigc Straßen aufgcben, und
sich des Unglücks der Regierung Ludwigs VXl.
erinnern. Magne envidert, man habe bei
dea präsumliven Mehreinnahmen die Tarif-
erhöhungen rn Anschlag gebrachi; die Armee
sei wirklich um 67,000 Man» stärker, als im
Bndget angcgebcn worden, daS sei aber »ur
vorübergehcnd und berührc bas Bubget von
1862 nicht; das Kriegsml'nisterium bcschästige
stch schon jetzt mit dcr Verininderung ber
Armee auf den Bndgetstanb. Die-Regierung
habe kein Zntereffe daran, dem Lanb etwas
zu verheimilchen. Buffon, der Berichterstatter,
brklagt auch die unproduciiven Militäraus-
gaben, die man vermindern mnffe; man habe
dcßhalb die 67,000 Mann, welche die Armee
über den Budgetbestand hinaus zähle, nur als
eine vvrübergehende Last belrachtet.

Paris, 9. Zuni. Jn dcr gestrigen Sitzung
des gesctzgebendeii Körpers bemerkte Herr
Billauik gelegentlich ver Discusston dcs Bud-
geis des auswärtigen Ministeriums, er hege
bie Hoffnnng, dte Verhanvlungen in Betreff
Syriens würden zu eincm bkfriedigenden Er-
gebniffe führen. Die Regicrung kenne ihre
Pflicht, habe ste in der Vergangenheik erfüllt
unv werde sie auch in der Zukunft erfüllen.

S ch w e i z.

Altdorf, 5. Zuni. Heute ist die von
Zürich den Urner Schützen geschenktc große
Tellsstatuc auf einsachem Piedestal aufge-
stellt worden.

Englan -

London, 8. Juni. Zn der gestrigen Un-
terhaussitzung lenkte Sir Rvbert Peel rie Auf-
merksamkeit des Hauses auf den Tob bes
Grasen Cavour, und sprach sich lobend über
,'hn auS. Lord Z. Russell sagte, er sei in
diplomatischen Vcrbinbungen mit Cavour ge-
stanbcn, und er müffe ihm das Zeugniß ge-
ben, daß cr mit Herz und Seele sein Valer-
lanb geliebt habe. Er habe sich völlig ber
Aufrichtung Ver Unabhängigkeit Jtaliens ge-
weiht, zuerst durch ein Bündniß mit Frank-
reich und England im Krimmkrieg und dann
aus dem Pariser Congreß, wo er mit großer
Wirkung die Leiden Ztaiiens auseinandeigc-
setzt. Sein Character werde steis ein hcr-
vorragender in der Geschichte sein. (Lebhaf-
ter Beisall.) O'Dvnoghue (Zrländer) griff
Cavour an, weil cr Schuld sei, daß der Papst
seine Besttzungen verioren habe. Milne sagte,
dcr Tod Cavours sei ein Vertust für bie
ganze ct'vtlisirle Wett. Lorb Patmerston spricht

erhielt. Hebung dcr Nation, Wicdergebnrt Jtalicns
hicß dic Parole. Jn der Sociotü sgrsria machte
Eavour für die cnglische Landwirthschaft Propa-
ganda, übcrzeugt, daß Reforinlust auf dem ma-
teriellen Bodcn auch Muth zu Verbefferungcn an-
dcrcr Art «cckcn wcrde. Und „Auferstehung" —
„lrisorsimeoto" — hicß auch das neuc Organ, das
Cavour mit den Grafen Cesare Batbo und Santa
Rosa, wic mit Buoncompagni im Herbst 1847
gründete, um die Mittelklassen zu gcwinnen und
scinem Vaterlande die englische Verfaffnng zu cnt-
«ickeln, mehr aber nvch, um die Ztaliener zu ge-
wöhnen, im englischen Sinne Politik zu treiben
und dem Stockjunkerthum den ^rieg zu machen.

So crschien der Anfang dcs Wendcjahres 1848,
das auch in Cavour's Lebcnsgange die Entscheldung
für's Leben brachtc. Eine gcnucsische Dcpntation
wandtc sich an dic Spitzen der Turincr Preffe, nm
Reformen durchzusctzcn; Cavour verlangte mehr;
er sprach für eine Vcrfaffung und schickte, als dic
Censur da's Sitzungsprotocoll im „Risorgimento"
slrich, eincn Abzug dcm König mit der Past zu.

(Kortsetznng folgt.)
 
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