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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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N SL. Drenstag. 2». April


L8SL.

Deutschland.

^ Hridelberg, 22. Äpr. Ueber den Be-
such hiesiqer Uiüversität im Sommersemester
lieqen bis jetzt noch keine bestimmteii Resul-
tatc vor, es ist jedoch geqriindete Aussicht vor-
handcn, daß derselbe den früheren nicht nur
nicht nachstehen, sondern dieselbe überholen
ivird. Die erste Jnscription, wclche am Schluffe
vorigcr Woche gcschloffen wurde, ergab 77
ueuciiigeschricbcne Academiker; vorgemerkt für
vie nächste Einzeichnunq, dcren bekaiintkich drei
Statt finden, 17. Von ersteren gehören 42
der jtiristischen Facultät an, die übrigen ver-
thcilkn sich ziemlich gkeichmäßig auf die übrigen
Fächer.

Mannheim, 19. April. Gestern fand
eahicr im »Badener Hofe" die von eiuer An-
,ahl von 300 — 400 Männern gcbildctc Ver-
'aminlung der hiesigen Mitgliedcr und Freunde
res Nationalverelns statt. Tagcsord-
iiiing war die schlcswig-holstein'sche Frage und
tie Bcziehungcn des Vereins zu den mate-
rieken Jiitercffen und Gemeindeaiigelegkiihiiten.
.)u erstercr Beziehung wuree eine Beschluß-
iaffung dcs Ausschuffes durch eine an Ein-
stimmigkeit gränzende Mehrhcit zum Bcschluß
i rhoben. Diesclbe gcht dahin, unier Moüvi-
ru»g durch die Lage von Schlcswig-Holstein
i.nd die daraus für gan; Deuischlanb erwach-
senden Gefahrcn die nationale Einheit Deutsch-
lauds uiid Vertrctung dersclben durch Line
Eentralqewalt mid cin deutiches Parlamcnt
als Zielpuukt dcs Strcbens dcs National-
vcreina anzunehmen und namcntlich für die
Centralgewalt das Oberhaupt des größten
deutschcii Staates, Prcußens, zu bczeichii'eli.
Zum zweitcn Punkt der Dagesordiiung mächte
Dirccior Schröder von dcr höhercn Bürger-
schnle dic Veriaiiimlung mit dcn Ergebniffen
dcr jüngstcn, zu Fraukfurl a. M. abgchaltknen
Vci sainmlnng südwcst deutschcr Naüonalökono-
men in ciiigängigcr Weise bekannt. Daß bei
den einzeliieu Reden cs weder an scharfer Be-
euchiiing der Zcitlage, noch an drastischcn
Schlaglichiern auf gcwiffe Abnoriiiitätcn dcr
letzlen Tage frhlte, ist leicht crklärllch.' Die
Rcdiicr wurden durchweg, vom Beifall der
Auwcscndcii beglcitct, mchrfach uiiicrbrochcn.
Auf dcn Anlrag des l)r. Ladcnburg wurde
fchlicßlich noch der kinstiinmige Beschluß ge-
faßt, dic aUgcmcine Einfuhriing dcs auf dein
Nürnbcrgcr Tage bcschloffcncn gcmciiisamrn
deiitfchcn Handclsgescxes für wünschcnswerth
zu crklärcn. (K. Z.)

/X/X Bom Neckar, 16. April. Dem

„Fr. I.« schrcibt man von Rüdesheim vom
15. April: „Die Versammlung naffauischer
Männer, di« auf gestern Nachmitiag hierher
nach Rüdesheim ausgeschriebcn war, hat nach
lebhaftcr Debattc mit Stimmeneinhelligkeit
unter Anderm beschloffen:

„Bczüglich des dem Landtage vorgelegten
Gcsetzenlwurfs über Besoldung der Lehrcr
erklärt die Versammlung zur Schulfrage im
Allgkmci'nkn: dic Versammlung ist der Ansicht,
daß die entstehenden Schulqesetzc auf Grund-
lage völligerEmancipationderSchule
von der Kirche zu erlaffen sind unv der
Gemeinde die ihren Jntereffen und ihren
Verpstichtungen entsprechende Mitwirkung bei
Besctzungen und Dotirungen der Lehrcrstellcn
gewahrt werde."

Neben den audern wichtigen Beschlüffen
heben wir diefen deßhalb insbesvnbcre hcr-
vor, weil die Wichtigkeit dieser Sache vom
Publikum imuier nicht genug bei uns, wie
in vielen Staalen Deutschlands anerkannt
und gewürdigt ist. Daß eine Versammlnng
von intelligcnten Mäniicrn so rccht die hohc
Bcdeutuiig der Schulfragc erkcnnt und in der
Beaufsichkigiing und Leitung der Schulen cin
Barometer unb Thermomeler zuküuftlgcr, bes-
screr Zciten crblickt, dünkt uns von gewich-
tiger Erheblichkcil. Wir habe'n in diesen
Blättern schon mehrsach angercgt, wie man
glaubt über cincn vermeinilichen Concor-
datssieg triumphircn zu können, wir sagen
nein, und deßwegcn neiu, wcil cs kein voll-
stäudiger Sieg ist, sv lange Lic Schulen noch
nach Grundsätzen dcs Concvrdats gclciict und
regiert werden. Jn Baden haben sich die
Ultrainontaiicn und Pictisten furchtbar zur
Wchre gesctzt, als sie hönen, taß ihncn der
wichtigc Schauplaß ihrcr Wiiksamkcir — kie
Volksschulen cntzogen weideu sollen. —

Das stnd wahrhaf! dcutsche Männer, die
ebeu in den Schiile» schon eiiie» bcffktn Gcist
gioßgczvgen wiffen wollen, die die Bcdeutung
bcs Schulunterrichls crkcnncn! Mögc» alle
Vakerlandsfreuiide diescm cdlcil Beisplele fvl-
gen und bedcnkcn, daß das wahce VvlkSglück
in dcn Schulen begrünter werbcn muß. Nicht
unwichtig erschcint es, daß bei Bcsctzungcii
der LehrstcUcn die Gemeiude, wie bei Pfarr-
stcllen, ihre Jntcrcffn dnrch ihcilweise Mik-
wii kung naiiienlliih' in Slädten zu wahrcn
sucht.

Von Ocstcrrcich ans erfahrcn wir, daß
dcr Sccüoiischef, Rüicr vvn Hock und Dr.
Giskra, beide Abgcorvnete, iu Ihrcn erstcn
Nrdcn ncbe» ,)A u fh c b u » g des Coucor-

dats „Trennung der Schule von der
Kirche" als noihwendige Erforderniffe der
Ncugcstaltung und Hebunq des KaiserreichS
driugend befürwortcn. Wir zweifcl» nicht
daran, daß auch dort für das Schulwescit
einc neue Aera stch bildcn wird und hoffen,
daß die Schulen zu Staatsanstalten erhobcn,
nicht mehr den Coiifessionsthcileu al-
lein übcrmittelt, wcil sie dadurch ihrcn allge-
mein erzieherischen und naiionalin Character
vcrlieren werdcn. Kirchen und Pfarreien möge
jcde Confcssion errichtcn nach Giiidünken;
allein für Schulen uab Volksunterricht soll
und mnß der Staat sorgcn, damit er
seine Bürgcr auch gründlich erziehen las-
sen kann. Das neue Protcstantcii-Stätuk in
Ocsterreich verlicrt ungcmein an Bedeutnng,
baß man die Errichtung von Schulen in das
Bcreich von Coiifessionsgcmeindcn stcllk; dicse
Sache gehört in kas Bcreich der polikischcn
Gcmeiiide und noch bcffer zur Sorge dcr Staals-
rcgierung. So trennt mau immcr aus's Ncue,
wo maii vereinigcn könntc, und trotz den
riescnmäßigen Fortschriticn leiden noch Gc-
mcindcn, Staate» nud Staatsinäniler an den
krankhaftcn Auswüchscn des Mittelaliers.
Daß man sich doch darüber uicht erhcben
kann und iinnicr noch mcint, die Schulcn
müßien auch in wcltlichcn Gcgenständeii nach
Confessionen gcschieden sein! —- Zmmer di'e
alte, schlimme Politik: das Volk von unten
herauf gctrcniit zu halten!

Frankfurt, 18. April. Jn letztcrer Zei't
komincn häusig Transporte von nencn gezoge-
nen Kanoiicn von dem größicii Kalibcr, von
Bcrlin kommciid und für die vcrschicdciien
BundeSfestungrn bcstimmt, per Eisenbah» und
bei gesiploffcuen Wagcn, hicr durch.

Gotlia, 17. April. In der gestrigen
Sißung des gkmeinschafilichen Landtags er-
klärtc dcr coburgische Abgeordnete Oberläukcr,
cr habe gchört, daß auf Verauloffung dcs
hicsigcn Regiineiits-Cviiiuiandcurs daS Oisi-
ziercorps dcr bciden Baiaillone zu dcm qvld-
ncn Ehrcnschildc für teu Rvnig von Rcapel
beigcstcuert habe. Er kiuipfie daran dcn An-
trag, bis zur Mitthcilung dcs gciiaucn Sach-
vcrhalts die Beichlußfaffuug übcr dcii Mili-
tär-Elat zu siispcndiren. Es wucde jcdoch
dieser Anlrag abgclchiii, da die Bcistcucr der
Ofsizicre zu dcm gciianiilcn Zwcckc mit dcm
Miliiär-Eiai in gar kriiicm Couiicrc stchc.

Gothn, 18. April. Dcr gciiiciuschaftliche
Landiag wiirde hcuic vcrtagt.

Dresden, l8. April. Lic Zwrite Kam-
mer hal hcuie den Amrag dcs Abgcordueten

Ein Äbenteuer unter Aettlern.

Mitgcthcilt von Ed. Franke.

(Schluß.)

Glücklich gelangte ich um das Neugebäude — in
die mir bckannten unauSgcbautcn Straßcn. — Zean's
Kaffcehaus war noch geoffnet. — Jch säubcrte mcin
Gcßcht mit der mir von John übcrgcbcncn Flüfsig-
keit, borgte mir, untcr dcm Vorwande cincs Schcr-
zcs, dcn Mantel des Hansknechtcs und crrcichtc glück-
lich mcinc Wohnung.

Müdc, abgespannt, verbarg ich nur noch die Klei-
der, um jedcm möglichcn Verrath am Morgcn vor-
zubeugen — dann warf ich mich auf'S La'ger und
entschlief, ehe ich eS ahnte.

Am andcrn Morgcn erwachend, traten auch die
Bilder dcr Vergangenhcit sogleich vor mcmc Seelc;
allcin durch dcn Eintritt mcineS Dirners gestört,
konnte ich mich ihncn nicht ganz hingebcn.

„Hcute Nacht ist cs wieber bunt hcrgegangen",
hob er nach kurzer Zeit an.

Jch erbcbte, faßte mich jedoch und fragte, ohne
besondcre Theilnahmc zu vcrrathen.

„Was ist denn vorgefallen?"

„Der Bchörde war verrathen wordcn, daß das
Dicbsgesindcl gestcrn ein Gelage hatte. Man gc-
dachte sie zu übcrrumpeln, abcr Dicbe find immcr
schlauer als die Obrigkcit, sie erwacht crst nach der
That, statt daß sic wachen solltc, dicsc zu vcrhin-
dern. Durch langes Ucbcrlegeii hatte man, wie gc-
wöhnlich dic Zeit vcrpaßt — und llichtS als ein
leereS Ncst gcfundcn. Um doch ein Aufhcbcns von
der Sache machen zu konncn, wurde zulctzt in's
Blaue hinausgcschoffen — natürlich ohnc Jcmand
zu treffcn."

Jch schwieg. — Sali war also, wenn auch ver-
lctzt, cntkommen uud die Sache blieb sichcr unent-
deckt.

„Auch hat sich," hob der Dieucr wieder an —
„nicht gar «eit vom Ncugcbäude — ein »erliebteS
Paar hcute Nacht den Tod gcgcbcn."

„Ein clektrischer Schlag durchzuckte mich. - „Un-
weit bes —" sragtc ich langiam.

„Dks Neugebäudes - ja," crgänzte er. — „Das
MLdchen hat eincn Schuß durch die Brust. — Der
Gelicbte, wahrschcinlich um nicht crkannt zu wer-
den, hat sich das Gcsicht so zerschoffen, daß man
nicht begreifen kann, wie das mit einer Ladung

möglich war, und Loch fand man nur eine Pistole."

Jch zittcrte am ganzcn Korper. „Wcr ist das
Mädchcn?" sragte ich »üt haibcrsticktcr Stimine,
hoffcnd bic mich durchzuckcndc Ahnung koimtc ben-
noch trügcn.

„Ptan kcnnt sie nicht," erwicdcrte cr. — „Sie
soll hübsch scin und ist schr anständig in Wciß. ge-
klcidet. — Beide Lcichen sind in das nächstc Haus
gcbracht, biS sie zur Aiialomie äbgcholt wcrden."

Zch vcrmicd, burch «citeie Fiagcn dic Bcwcgung
meineS Znncrn zu vcrrathcn. — Schnsucht nach
Ucberzeugung tricb mich hinaiiö, die Lcichcii zu schen.

„Es «ar Sali und Konrad!"

Lächelnd, wie cin blcichcr Engcl, lag Sali da.
— Einc gebrochcne Lilie, wic sie mir gcstcrn er-
schicn, alS sie an Konrads Scite die Thräncn vcr-
barg, wciche auf das Grab ihrer Hoffnungcn nie-
derstclen.

Konrad war nicht zu crkcnncn — die Kleider
nur vcrricthcn mir, daß cr cS war.

Hattcn mcine beiden Kugeln so gut getrvffen —
so war eS ein Werk der Nemesis — ich hatte cs
nicht vollbracht.

Mcin Schmerz um Sali «ar ticf und «ähr —
 
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