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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0193

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Deutschland.

Karlsruhe, 25. Febr. Nach der Nr. 9
des evang. Kirchen- und Volksblattes hat Hr.
Prälat Ullmann den an ihn ergangenen ehrcn-
vollen Ruf an die Universität Halle abgelehnt.

Karlsruhe, 25. Febr. Geh. Rath Lainep
tst gestern Nachmittag nach Freiburg gcreist,
wie man sagt, um sich mit dem Erzbischof
bezüglich dcr Pfriindciibeseßungsangelegenheit
persönlich zu besprechen. — Minister Stabel
ist aw L-chleimfieber bedenklich erkrankt.

(Schw. M.)

Mannheim, 25. Febr. Wie wir -ereits
in diesen Blättern mittheilten, wenvcte sich
eine Anzahl hiefiger Gemeindebürger mit der
Bitte an großh. Ministerium des Znnern um
Erläuteruiig, beziehungsweise Abänderung des
8. 84 der Gemeindewahlordnung, und mit Be-
zug hicrauf hat eiu Theil deS großen Aus-
schuffes vvr einigen Tagen beim hiesigen gr.
Stadtamt um Aufschiebung der auf den 27. d.
anberaumten Wahl cines I. Bürgermeisters und
Anweisung des Gcnieiiideraths zur vorheri-
gen Vornahme der Ausschußwahl nachgesucht.
Zn Folge Erlaffes großh. Ministcriuins dcs
Znnern hat das gr. Sladtamt die angeord-
ncte Wahl zurnckgenommen und müffen zuerst
die Wahlen in den großen Ausschuß vor sich
gehen. Hiermit ift auch diese wichtige Ange-
legenheit geordnct. (Lztg.)

Stuttgart, 23. Februar. Der „Staats-
anzeiger" enthält eine köuigl. Verordnung, die
Abänderung der Preß-Bcrordnung betreffend.
Paragraph 4 aduiinistrative Entziehung der
Gewerbsconcessionen ausgehoben. Sofortige
Abgabe des ersten ErempIarS von Zeitungcn
an die Polizei beibehalten. Die Cautionen
für politische Blätter herabgesetzt auf 4000
bis 800 fl. herab.

Stuttgart, 26. Febr. Fast in allen Thei-
len unsercs Landes treten die Bürger zusam-
men, um Eingaben und Erklärungen gegen
vas Concorbat abzufaffeii.

Wünchen, 21. Febr. Heute ist hier der
Gcnerallieutenant und Präsidenl dcs General-
auditoriats, Freiherr Heideck vvn Hci-
degger, gestorben. Er war Mitglied dcr
Regcntschaft in Griechenland während der
Minderjährigkeit des Königs Otto, und hat
mehr noch durch scine künstlerische Thätigkeit
sich einen Namen gemacht. Mehrere sciner
Schlachtcnbilder sind von Kvnig Ludwig sür
seine Privatsammlungen und für die Pinako-
thck erworben worden.

Elberfield, 21. Fcbr. Jn dem hiesigen
Waisenhaus scheinen sehr grave Ertravagan-
zen, deren Zweck „reli'giöse Erweckungen" wa-
ren, »orgekommen zn scin. Man berichtet
vo» Erschütterungen der Kinder an Leib und
Scelc als Fvlge der srommen Operationen
für deren Seelenheil. Nach cinem ausgegebe-
nen Flugblatt zeigte fich die sog. Erwcckung
der größtentheils unmündigen Kinder zuerst
bei eiuigen Mädchcn, spätcr bei einzelnen
Knabeu, und zuletzt wurde «ine große Anzahl
vou Knaben, 60—70, davon ergriffcn. Bei
vielen derselben stellten fich Krämpfe ein,
welche eine ganze Nacht dauerten, worauf Be-
ruhigung und stilles Beten eintraien; andere
schrieen, brüllten und tobten, und meinten,
der Satan habe sie gepackt, halte ihnen den
Mund zu, damit ste nicht bete» könnten.
Mehrere Wochen lang haben diese beklagens-
werthe» Zustände bereits gedauert. Die Ge-
meindebehörden sind jetzt eingeschritten.

Berlin, 23. Fcbr. Die vor Knrzem hier
erschienene Schrift: „Die französische Armee
auf dem Erercirplatze und im Felde, von
cinem alchn Offizier", welche jetzt schon die
zweite Austage erlebt hat, hebt hervor, daß
Frankreich seit dcm Frieden »on Villafranca
nicht allein uicht entwaffnet, svndern consequent
seine Rüstungen fortgeseßt hab«. Der Ver-
fasser bestreitet nicht, daß der Kaiser dcr
Franzose» avgenblicklich den Frieden als ein
Bednrfniß für Frankrcich erachte, richtet
aber die ernste Mahnung an das gesammte
Deutschland, nicht sorglos zu sein, sondern sich
auf Alles gefaßt zu halten.

Bei dem geheimen Civilcabinet des Königs
sind seit -dem Tage der Thronbesteigung nicht
wenigcrals 6000 Jmmediatgesuchc eingegangen,
dic nur persönliche Unterftützung zum Gegen-
stande haben.

Eine Stettiner Petition an das Abgeordnc-
tenhaus vcrlangt: Entfcrnung der reactivnären
Bcamtcn, Modification dcs Herrenhauses,
Wiedcrherstellung des alten Landwehrspstems,
Erlaß einer wahren Amnestie, Aufhebung des
Bundcstagü, Herstcllung einer Ccntralgewalt
und Wiedcrbcrusüng eines deutschen Parla-
ments.

Der „Moniteur" zeigt an, der Prinz von
Schaumdurg-Lippe habe dem Kaiser seine
Thronbesteiguug nolificirt.

Berlin, 24. Febr. Zn der Budgetcom-
mission Les Abgeordnetenhauses wurde init
großer Majorität der Antrag beschloffen:
„Das Haus der Abgeordneten wolle die Er-
wartnng aussprechen, daß die Königl. Staats-

regierung die Gesandtschaft in Kaffel und
die Mlnistcrrksidentur in Darmstadt aufhe-
ben und deren Functionen andcren Gesandt-
schaften in Deutschland übertragen werde;"
ebensv das Haus wolle die Erwartung aus-
sprechen, daß die Königk Staatsregierung
das Generalkonsulat in Kvpenhagen (Rpnv
Quehl) aufheben werde.

Wien, 23. Febr. Das Köni'gl. Schrek-
ben, welches den ungarischen Landtag für den
2. April nach Ofen einberuft, hat den uns
vorliegendcn telegraphischcn Berichten aus
Pesth zufolge dort keineswegS einen günstigen
Einvruck gemacht. Znnächst ist dic Einberu-
fung nach Ofen, da die Gesetzartikel des Zah-
res 1848 bcstimmen, daß dic Vertretung in
Pesth tagen soll. Dann ist es ber Paffus,
daß nicht allein die Vertreter Ungarns, son-
dern auch die damit verbuntenen Theile die
Vcrsammlung bilden sollen, der einen sehr
ungünstigen Eindruck hervorgebracht bat, denn
man schließt aus dem Umstande, daß diese
Theile nicht spcciell angeführk sind, daß nicht
alle „psrtes säaexse" vertrcten sein werden.
Zn der That dürfte man fich hicrin nicht
irren, denn so vicl man vernimmt, bezieht
sich dieser Paffus zwar auf Siebenbürgcn,
nicht aber auf Kroatien und Slavonien. Aus
dem Einberufungsschreiben geht im Allgemei-
nen hervor, daß die Regierung an dem Di-
plome vom 20. Oct. festhält und die Gesetz-
artikel des nngarischen Landtages vom Jahre
1848 nur jn den wcnigsten Pnncten zu be-
rücksichtl'gkn die Absicht hat.

Pesth, 25. Febr. (Sch. M.) Die Justtz-
onfereiiz hae die Erbfolqcdiscussion vertagt.
Jn ciiier von der Commission formulirten
Modificakion der ungarischen Criminalpraris
wird festgesetzt: daß die Zsraeliten, wenn sic,
abgesehen vvn Rcligion, Wählerqualificirung
besitzen, sammt ihrer Familie von der Prügel-
strafe ausgenommen sind.

Pesth, 25. Februar. Das Cvmitat von
Agram hat beschloffen, alle officiellc Bezie-
hungen mit dem Comitatc von Pesth abzu-
brechen, wegen des von der Repräsentanz
dieser Stadt in Betreff des Belagcrungsstan-
des vvn Fiume gefaßten Beschluffes. (Jnd. b.)

Keeskemer, 16. Febr. Koffuth, Klapka,
Perczcl, Türr und Michael Horvath wurden
vorgestern zu Repräsentantcn der Stadt ge-
wählt (!). (Pr.)

Agram, 19. Febr. Die Jnstaüation des
Obergespans deS Fiumer Comitats wurde
heute in Duccari unter dem Jubel der Be-
völkerung vollzogen. Eine Dankadrcffe wurde

Das große Faß gu Heideiberg.

Historische Nooelle von Wilh. Jungmann.

(Kortsctzung.)

Dann sich zu dem Pfalzgrafen wendend, fuhr
er fort:

„Nun gestatten mir wohl Eucr Durchlaucht, dasi
mtr dicser Verbrecher noch heute vorgeführt «erde,
denn mcin Herz brcnnt vör Ungcduld, mir in drcser
Sache noch heute Gewißhcit zu verschaffen, um so
viellcicht im Stande zu scin, nun auch den verlo-
rencn Sohn in dic Arme der Mutter zurückführen
zu können!"

Frcundlich gcwährtc ihm dcr Fürst diese Bitte,
und mit cinem Schrciben dcssclbcn an den Cri-
minalrichter in der Hand, «iltc nun der Marquiö
augenblicklich in die Stadt hinab, Leontinen und
Aurelien i» dem Schloffc zurücklaffend, «o cr sic
dann später abzuholen versprach.

18.

Zn eincr engen, kaum zehn Fuß breitcn nnd
langen Zellc deS ZuchthauseS zu Heidelberg lag
der alte Musikant auf cincr hölzerncn Pritsche,
mit schweren eiscrnen Kettcn an sein Lager gefcffelt,
die ihm kaum so virl Spielraum gewährten, fich

auf demselben erheben zu können. Scin AuSsehen
war noch verwildctcr und abschreckender als vorhcr,
dcnn scinBart, zu unmäßigcr LLngc herangewachsen,
bedeckte den untercn Theil seines eingefalleucn Ge-
sichtcs, während die kupferfarbige Nase und die
brcite Schramme, welche von dcr Stirne bis auf
die linke Wange herablief, nur noch grcller hervor-
traten.

Furchtbare Flüche vor fich hinmurmclnd, daß er
so dumm gewcscn, sich faNgen zu laffcn, und über
neue Pläne brütend, abcrmals aus dem Gcsängniß
zu entkommen, tratcn eben zwei Gerichtsdiener bci
ihm ein, ihn loszuschließen und ihn in das Ver-
hörzimmcr zu führen, wo bcrcits dcr Eriminal-
richter und scin Atiuar und der MarqüiS seiner
harrten, um ihn wcgcn dcn Kindern dcS Letztercn
„zur Rede zu stellen.

Trotzig und frech wie immer, trat der Gefan-
genc hcrcin; als ihn aber nun dcr Richtcr, auf
den Marquis dcutcnd, fragte:

„Kcnnst Du diesen Herrn?"

Da antwvrtetc er dreist:

„Neinl Jch kenne ihn nicht! Zch habe ihn nie
gesehen!"

„Es ist dersclbe, den Ihr vor einigen Wochen
aus dcr Straße nach Neckargemünd angefallen, um
ihn zu berauben und zu ermorden!"

„DaS kann scin! Jch habe ihn im Eifer nicht
so genau betrachtet!"

Uebcr diese Frechheit auf's Aeußerstc cmpört, -trat
jetzt der MarquiS dicht an dcn Verbrecher hcrau,
maß ihn mit durchbohrcndcn Blicken und sprach
dann mit vor Zorn bebender Stimmc:

„Du kennst mich also nicht? Zaques Dirmont?
Dcslo bcffrr aber kenuc ich Dich, Elendrr! und bin
gekommen, jetzt Rcchenschafi von Dir zn sordrrn,
was aus meinen Kindern geworden ist. Jch habe
Dich aus Armuth und Vcrzweiflung geriffen, ich
habe Dich in mcinc Diensie genommcn, Dich mit
meinem Verirauen bcehri und Dir sogar meine
Kinder, mein LiebstcS auf Erdeu, anverttaui, um
sic hierher zu bringen; Du hast is uichi gethan;
meine Kinder ncbst dcr Dir übergebenen Summe
sind vcrschwunden, und nun keffe ich Dich hier
als Sttaßcnräubcr, der sogar mich fclbst zu er-
mordcn WillenS war! Jst das drr Dank für allc
dic Liebc und die Wohlihaien, di« ich Dk erwie-
sen? Sage mir, «o meine Kinder hingekommen
 
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