Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Januar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0091

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
.. - . .- . .7-7---- —

ÄA'k- « Erschein^ Montags allsgmommea, laglich. «Etz InsertionSgebühren für die Zspaltiae Pktit- MM^M^

Preis vlertelrabrlich 5Z kr. zeilewerde»mit 2kr., bezw. 3 kr. verechnet.

Die Graner Antwort auf das kaif.

Nescript.

„Ew. Majestät! Jn Bestürzung haben wir
das Schreiben Ew. Majestät vom 16. Januar
in Ewpfang genvmmen. Die drohend ernste
Mahnung des Königs fordert uns auf, unsern
Empfindungen Worte zu leihen und das freic
Wort, welches aus der Quelle der Wahrheit
und dem unerschöpflichen Bvrn so vieler er-
lebten Leiden geschöpft ist und sich zu dem
kön. Thronc Ew. Majestät erhebt, wird nicht in
der Wüste verhallcn. Wenn jene hochberühmten
Männer des Vaterlandes, welche in dieser Pc-
riode der Cviistituiruiig Ew. Majestät erlauchte
Person umgeben, Ew. Majestät auch gesagt
habe», was die Natio» in diesen trauervollen
12 Zahren gelitten hat, Alles konnten ste nicht
erzählen. Wir Bewohner des flachen Landes,
dic wir unter den Streichen des entschwunde-
nen Spstcms am schmerzlichstcn litten, wir
könnten Ew. Majestät crzählen: wie fremde
Beamte unsere heiligsten Erinncrungen ver-
höhnten, wic sie unsere Nationalität, unsere
Muttersprache zum Gegenstand des SpvtteS
machten, wie sie uns aussaugten mit uner-
schwinglichen Abgaben, und nicht blos mit die-
sen, und uns arm machten, denn wir stnd arm
gcworden, wic man uns zwang, die Zustiz zu
kausen, welchc zahllvse Malc wegcn ihrer
Kvstspieligkeit gar nicht in Anspruch genom-
men werdcn konnte, und bci welcher der Uin>
stand, vaß man Magpar war, genügtc, um
Unrecht zu erhalten, wic ihre Organe zur
Nachtzeit in die friedliche Wvhnung des Bür-
gcrs brangen und ihn unter dcm Wehklagen
seiner Kiuver in Eisen schlngcn und in fremde
Gegcnden schlepptcn, um dort Opscr soldati-
schcr Barbarci zu werden. Himmelschreien-
des hat die gehöhnte Nativn ertragen; deß-
halb wird bie Weishcit Ew. Majeftäl sic nicht
verurtheilen, wenn sie jeht nach so vicl Un-
glück, Unterbrückung unb Leid, voll Trauer
im Rückblick aus die Vergangenheit und fast
vhne Hoffnung für die Zukunft, wcnn auch
einigermaßen erlöst von ihren Kettcn, in ber
Finsterniß — denn noch hcrrscht es nicht, das
Licht — in geräuschvvller Weise ausgctreten
ist. Möge Ew. Majestät sprechcn, wic einst
Ler Schöpfer sprach: Es werde Licht! und es
wird Licht und Leben werden. Mögc Ew. Ma-
jestät sagen: Volk, deine Wünsche sollen er-
füllt, bie Gesetzc von 1848 hergestellt, alle»
Verurtheillen bie Erlaubniß zur Rückkehr er-
theilt werden, damit so manche unserer Mit-
bürger nach zahllosen Leiden wieder bas Brod s

des Vaterlandes effen können, nachdem sic das
bittere Brod der Verbannung gegessen haben;
sagen dieß Ew. Majestät geradezu ohue Vor-
behalt unv mit Verineidiiug aller halben Maß-
rcgeln, und die strahlenbe Sonnc wirb die
Versöhnung zwischen Volk und Fürsten be-
scheinen.

Tausendjährig ist die ungarische Verfaffung,
mit tauscndjährigem Kampfe hiclt sie der Ungar
ausrecht — der ewige Kampf hat sein Ver-
trauen untergraben, die langc Geschichtc der
Rcchtsbrüche ihn mißtrauisch gemacht. Dcr
Erguß unseres Herzens, welcher stch in ehr-
furchtsvolle Worte kleidet, wird Ew. Majestät
königliche Würde nicht verletzen. Dies ist ein
offenes Wort, das Wort des Kindes zuin gnä-
digen Vater: das Diplom vom 20. October,
welches mit Berusung auf die pragmatische
Sanction die Verfaffung herstellt, widerstreitet
eben bieser; denn, indem es ein zweiseitig
vcrpflichtender Vertrag ist, bindet es Ew.
Majestät ebcn so sehr zur Aufrechterhaltuiig
der alten und verfaffungsmäßigcn Rechte deS
Volkes, seiner Freihcit und Unabhängigkeit,
alS cs die ungarische Nation verpflichtet zur
Treue gcgrn Ew. Majestät und Anerkennung
ihres Erbrcchts. ' (Schluß f.)

Deutschland

Karlsruhe, 23. Zan. Dem „Schw. M."
wird von hicr gcschrieben: „Zeitgemäße Ver-
änderungcn in dcr innercn Verwaltung werden
dem Vernehmen nach dem in diesem Herbste
zusammentretendcn Landtage unterbreitek wer-
den. Als Grunvlage hicsür svll das Gesetz
vom Zahre 1848 gelten, welches abcr nicht
zum Vollzug gelangte. Es wird nainentlich
auf Herstcllung größerer Verwaltungsämtcr
angetragen werde», da das jctzigc Verhältniß,
wvnach ein Bestand von 10,000Seelen mehrere
Amtsbezirke bildct, aus finauziellen und po-
litischcn Rücksichieii unzweckmäßig erscheinen
muß."

<? Heidelberg, 26. Jan. Gestern Abend
hielt im ^großen Saale des Museums Herr
Geh. Hvsralh v. Mohl den vierten Vortrag
aus dem Cpclus der zu Gunsten vo» L-teins
Dcnkinal cröffneten Vorlesungcn. Gegenstanb
deffelben waren die beiden, als Publizisten,
als Staats- und Völkerrechtslehrer berühmten
Moscr, Vaier und Sohn. Beide gchörten
bekanntlich dem vorigen Jahrhundert an, unb
außer seiuer uiiisaffenden schriftstellerischen Thä-
tigkeit war iiainciillich der ältcre Moser noch
burch seinc, oftmals sehr widrigen Lebensvcr-

hältniffe, merkwürdig. Unter Anderm mußte
cr, ähnlich wie Schubart, in Folge ciuer ihm
mißgünstigeu Fürstcnlaune, sieben Zahrc ein-
geschloffen in eincm Kerker, aus dcr Festnng
Hohentwiel znbringen. — Der unmittelbar
vorhergegangene Vortrag wgr jener von Hrn.
Prof. Jollp über die geschichtliche Entwick«
lung der deutschen Städte. Der Redner gab
hier ein klares, anschauliches Bild über bie
Anfängc der Städtebildung in Deutschland zu
den Römerzeiten und über ihre spätere er-
neuerte Gründnng undWiederherstelluug haupt-
sächlich durch Kaiser Heinrich l. Er ging so«
dann übcr auf die hohe Bedeutung des deut-
schen Städtewcsens im Mittelalter, auf die
inncrn Einrichtungen der deutschen Städte und
deren hochwichtige Bezichungen zu Kaiser und
Reich, auf ken bedculenden Einfluß derselbcn
in Bezug auf Wohlstand, Bildung und Gc-
sittung. — Der Redncr schloß seinen Vortrag
in sehr paffender Weise mit eincm Hinblick
auf die jetzige preußische Städtcordnung, deren
Bcgründer der gefeicrte Ministcr von Stein
war, dcffen Andcnken in mittelbarer Weisc sein
Vortrag qalt. — Vorher hatte nach dem fest-
gesetzkcn Turuus Hr. Prof. S tarck einen Vor-
trag über dcn Otto-Heinrichsbau aus unserer
weitberühmten Schloßruinc erstattet. Dcr Red-
ner hatte hiebei Anlaß genommen, sich über
die mitkclalterliche und selbst römische Bau-
kunst überhaupt, von der sich gerade in unse-
rer Gegend sv viele Spuren finden, in um-
faffender Weisc auszusprechen. Der erstc Vor-
trag, mit welchem dcr Cpclus diescr öffentlichen
Borleslingen eröffnet wurde, war jener von
Häusser über Steins Leben und Wirken,
welchem wir seiuer Zcit in unsercm Blattc be-
reits eilie bcsoiidcre Betrachtnng gewibmethaben.

^ Heidelberg. 26. Jan. Laut zuverläs-
siger Nachricht hat die ziemlich bedeuteiide und
für solid gehaltene Cigarren- und Labaks-

handlung vo» N.in Maunheim ihre

Zahlungcn eingcstellt. Die Verluste in der
Handelswelt sollen bcdemcnd sein und die
Passiva sich auf fl. 400,000 belaufcn. Von
hiesigen Häusern ist sicherem Vcrnchmen nach
nur ein einziges betheiligt.

Älus Baden, 24. Zan. Zn Bczug auf
den Anschluß Würtembergs an dic badische
Odenwaldbahn ist in Würlcmberg bcrcits durch
Gesetz vom 17. Nov. 1858 Rcg.-Bl. S. 250
bestimmt, daß, „falls im Großherzogthum
Baden eine Bahn durch dcn Odenwald übcr
Mosbach gebaut würbe, übcr Neckarsulm
eine Bahn bis an dic badische Gränzc gcgen
Neckarelz hergcstcllt werben solle.«

Kie lirtit mich.

öioveUcte von Earl Stugau.

(Fortsetzung).

„Mellcrcht auch kcnnt Mclanie Zhre ctfersüchtige
Natur und besorgte, ihre Theilnahme sür den
jungen Poeten möchte Sie unangenehm berühren.
Sic hat, ich wicderhole es, unrecht gethan, sich
durch solche Bcsorgniß abhalten zu lassen, ailein
das tann ich Sie bci mciner Ehrc versichcrn, daß
nichtS, Äorübcr Jhre Frau zu erröthen hätte, bei
der Sache im Spielc war. Wollen Sie das glauben?"

„Aa, gnädige Frau, ich glaube cs", crwidcrte
Theodor; „die Wahrheit hat cin Gepräge, das
fich nicht vcrkcnncn läßt. Zch panke Jhnen rccht
hcrzlich für Zhre Mittheilung und bittc, ticf bc-
schämt, um Jhre Entschuldigung wegcn mcines
unwürdigen VcrdachteS, der mittelbar auch Sie
traf. Es hießc Zhnen wenig Ebclmuth zutrauen,
wenn ich es für nöthig hieltc, noch die weiterc Bitte
an Sie zu stellen, vvn unserer hcutigen Unterre-
dung Niemand etwas mitzutheilen, selbst meiner
Frau nicht."

„Halt da! mein werther Herr", antwortete die
Frau Baronin, „das wäre nicht klug. Wollen Sie
tn dcnselben Fehler verfallcn, den Sic Jhrer Frau
vorwersen? Wollen Sie auch hinter dem Berg
halten? Nichts da! Melanie soll Allcs wtssen, und
Sie selbst müssen cS ihr sagen. Zwischen Mann
und Fran muß Allcs glatt und eben scin, sonst
fällt das Vertrauen, und ohne diescS gibt es kein
Gedcihen für das häusliche Glück. Sie können
Zhrer Frau auch ein wcnig den Tert lesen «egen
ihrer Geheimnißkrämerei, bas kann nicht schaden;
ich selbft wcrde es thun."

Zn dicscm Augenbltck« ertönte die Stimme des
Generals im Vorsaal:

„Wo stcckt denn meinc Frau?"

„Sehen Sie hier ein Beispiel", sagtc bie Ba-
ronin, „wie leicht manche Situationcn verdächtig
scheincn können, ohne eS zu sein. Wenn nun
ein Mann hier einträte und fände mich töto n tete
mit Zhncn, könnle er nicht auch —falls cr so miß-
trauisch und cisersüchtig wäre wie Sic — sragcn:
in welchem Verhältniß steht meine Frau zu diesem
Herrn Holdmann?"

„Sie haben recht, und ich muß mir dre Lcction

gcfallcn laffen", entgegnete Thcodor. „Erlauben
Sie jctzt, daß ich mich empsehle."

„O nein, das erlaubc ich nicht", erwiderte die
Baronin; „vielmehr werden Sie mir den Arm geben
und mich in den Salon führcn, wo ich Sie mit
dcm Zntendantcn und mit Bcrgfeld bckannt machen
«ill. Sie werden sich dann dcsto mchr überzeugen,
daß Sie Gcspenster gesehen haben.

Thevdor wollte Einwcndungcu machen, allein es
half nichts. Di« Baronin nahm ohne Umstände
seinen Arm und sührte ihn iu den Salo», aus
dcm cben die mnntercn Töne «ines Strauß'schen
WalzerS erklangen.

„Gcrade recht", sagte sie, „treten «ir gleich ein
in bic Reihc; ich kann Zhnen die Strafe nicht er-
tassen, mit mir oieftn Walzer zu tanzen."

„Zch wünschtc mir immer", antwortetc Theodvr,
„eincn so milden Richter."

Mclanie warnichk «enigüberrascht, ihrcn Mann
plotzlich in dcr Reihc Lcr Tanzcnden zu crblickcn.
Einigc Worte, dic ihr nach beendtgtem Wrlzer
Marie in dic Ohren siüsterte, genügten, sie über
d-S Weftntlichc aufzuklären.

(Schluß folgt.)
 
Annotationen