Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0363

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
R S1


Freitag, LS. Aprtl

JnsertioaSgebühren für die Zspalüge Petit- -M

zeile werden mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechnet. MM M.«

Eine vrleanistische Schrift.

Di'e Broschüre des Herzogs von Au-
male, deren Confiscativn wir gemeldet ha-
ben, ist, wie der „Allgemeinen Zeitung" ge-
schrieben wird, eine Antwort der Familie Or-
leans und ihrer Partei und aller Freiheits-
frcunde in Frankreich auf das Pamphlet, wel-
ches als die Rede dcs Prinzen Napvleon im
Senat bekannt ist. Den Titel eines Empor»
kbmmlings, rusi der Herzog v. Aumalc dem
Prinzen zu, konnie sich der obscure Unterlieute-
nant beilegen, als er die Krone Karls des
Großen auf sein Haupt setzte. Aber man ist
kein Emporkvmmling, wenn man scin Erbrecht
in Straßburg und Bordeaur angeschlagcn Hat,
wenn man ohne Uebergang aus dem Eril zur
Regierung gelangt, wenn man fich Napo-
leon lll. nennk. Obgleich Sie so prächtig vom
Staatsstreich am 2. Dez. sprechcn, hat man
Sie Loch nicht in den Reihen der Getreuen
gesehen, welche an jenem Tage ins Elpsee lie-
fen, um sich unerschrockcn dcm Glück des neuen
Diciators zu widmcn. Freilich waren Sie
auch nicht unter den Vertrctern der Nation,
welche auf der zehnten Mairie und hinter Len
Barricaden gcgen den Umsturz aller Gesctze
ihres Vaterlands prvtestirten. Wo stecktcn Sie
denn, Niemand wüßte cs zu sagen, wenn Lie
entschloffencn Männer, welche den Kamps hin-
ter ven Barricaden fiir ihre Pflicht hielten,
fich nicht erinnerten, Laß Sic plötzlich unler
ihncn erschienen waren, um oer Polizei ven
Weg zu weisen, welche fie im Namen des
Siegers abfaßte. Jch erstaune über Jhre Rück-
fichtslostgkeit gegen ben Herzog von Orleans,
meinen Großvater, der wie L»e aus rer tzin-
ken einer republikanischen Versammlung Platz
genvmmen hatte. 'Er büßte scincn Fehler; er
gigg aus dem Convent anfs Schaffot, wäh-
renv Sie von den Banken der Moiuagne hin-
abstjegen, um die prachlvolle Wohnung zu usur-
piren, wo der Hcrzog von OrtcanS geboren
war. Wäre die Februarrevolukion etnige Mo-
nate später ausgebrochen, hätte sie Jhren
Vater in der Pairekammer im Genuß einer
aus Sie übergehenden Dotativn getroffen. Ha-
ben Sie viellcicht vergeffen, was Zhr Vater
Zerome und Sie selbst geihan haben, um nach
Frankreich znrückkchren zu können, und kie
Güie vergeffen, womit Sie mein Vatcr in
Sk. Cloud empsangen hattc? Unter ven Thür-
hütern, welchc die Vorzlmmcr Les Kaisers
ansüUen, können Sie noch denjcnigen erkennen,
welchcr Sie inS Cabinet Louis Phillpps cin-
führie, als Sie kamen, ihm sür seine Gnade

zu danken und neuc Gnaden zu erbitten. Der
König, mein Vatcr, hat nur einen verfaffungs-
widrigen Act begangen, als er ohne Wfsen sei-
ner Minister Jhrer Tante, dek Könrgin Hortense,
die Rückkehr nach Frankreich gestattete, wäh-
rend ste selbst und ihr Sohn mit den Republi-
kanern gegen den Thron conspirirten. Unter
der Juliregierung wurde nach Straßburg und
Boulognc Niemand erschoffen, was ohne Zwei-
fel ein schwerer Fehlcr war, in welchcn übri'
qens die Orleanisten wieder verfallen würden.
Äber die Bonaparte halten in dem einzi'geu
Falle Wort, wo eS sich ums Erschießen han-
delt. Jch bm vollkommen überzeugt, daß Sie,
mein Prinz, und die Jhrigen dieses cinzige
Versprechen genau erfüllcn würden. Sonst
hat Jhrc Regierung kein Glück mit ihren Ver-
sprechungen. Ein einzi'ger Mann hat die re-
pnblikanischc Vcrfaffung beschworen, nnd er
hat den 2. Decembcr verbrochcn. Das Kai-
serthum ist der Friede und wir hatten den
Krieg in der Krim und in Jtalien. Frei bis
zur Adria, und Oesterreich ist noch in Vene-
dig, wie andererseits alle Bctheiligten die Er-
füllung der in Villafranca gemachten Zusagen
noch erwarten. Die weltliche Macht des Pap-
stes sollte respectirt werden, nnd wir wiffen,
wie es hcute darum steht. Das Worihalten ist
wahrlich keine Tugend der Familie Bonaparte,
und in dieser Beziehung möge Jedermann auf
seiner Hut sein. Zch glanbe, man kann schr libe-
ral sein, ohne alle revolutionären Unternrhmun-
gen zu bewundern, und vhne dem Grundsatze zu
huldigen, daß der Zwcck die Mittel heiligek.
Jch gestehe, daß die Erpeditionen nicht nach
mkinein Gcschmacke sinv, welche ihr heimlich
anzettelt, öffentlich verläugnet und nachträglich
ausbeutet; daß ich die plötzlichcn Znvafionen,
welche alles Völkerrecht barbarisch mit Füßcn kre-
ten, ebcnsowenig liebe als Verbissenheit gcgcn ei-
ncn jungen König, deffen Sturz Jhr beschleu-
nigt habe, als Jhr ihn den Weg der Rcfor-
men bekrcten sahet, und deffen Untergang Jhr
arrangi'rt habt, als Jhr ihn entschloffen zu
seiner Vertheidigung sahet. Jiisbcsonderc
vermag ich nicht Beifall zu klatschen, wen»
ich einen sardi'nilchen General, wclwer Jhren
Kaiscr in Savopen bcgrüßte, von Chambery
wegcilen sehe, um mit der Hand, welche noch
warm ist von dcm Händedrucke Zhres Kaisers,
eine Handvoll Franzosen zn meucheln, welche
derselbe Kaiscr zur Verthcibigung der päpst-
lichen Staaten ermächtigt. hatte. Oh! ich be-
zweifle nicht Eure Macht; denn ich bemeffe
sie an der Arroganz Eurer Sprachc und an
meinen Besorgniffen um dic Zukunft Les Va»

terlandes; aber kch kenne den Ursprung Eui
rer Macht, den Jhr von Euren Händen nr'ch
wegzuwaschen vermöget. Eines Tages wird
Euch die fürchtcrlichc Frage vernichten: »wäs
habt Jhr aus Frankreich gemacht?" — Das
Erschei'nen der Broschüre erregte ungemeine
Sensation, man riß sich um sie und las sie
laut vor. Aber svfort verbrei'ten sich auch
Schaaren von Polizeiagenten über alle Stadt-
theilc, um die Broschüre wegzunehmen.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 16. Aprtl. DaS heute erschtenene Re-
gterungsblatt Nr. 17 euthält ferner (Schluß):

2) Dtenstnachrichten. Außer den schon mttgethetlten noch
folgende: Se. Köntgl. Hohett der Großherzog haben
Stch gnädigst bewogen gefundcn, unter dem 30. v. M.
den Zngenteur Frhrn. Wilhelm v. Kageneck tn Kchl zum

Bezirksbauinspector Baurath Ernft Oel zu Konstanz auf
setn unterthänlgsteS Ansuchen, unter Anerkcnnung seiner
mehr als vierztgjährtgen treuen und ersprießltchen Dtenste,
tn den Ruhestand zu versetzen; die Domänenverwaltung
Rarolfzeü dem Domänenverwalter Franz Alban Trau zu
Billtngen zu übertragen; den Secretär Eduard Muncke bet
dem Evangelischen Oberktrchenrath zum Domänenverwalter
tn Villingen, dte Referendäre Morttz Frey von KarlSrühe
und Otto Flad von da zu Secretärcn bet dem Evange-
ltschen Obcrkirchenrath, den Baupraktikanten Frtedrtch Kal-
ltwoda von Donaueschtngen, dcrzeit Dienstverweser dcr Be-
zirksbauinspection Achern, definitiv zum Bezirksbauinspector
daselbst zu ernennen; die erledtgte Stelle emeS Hausgetst-
lichen bet dem Zuchthause tn Bruchjal dem Prtester Fcrdt-
nand Etsen von Kartung, zur Zett Pfarrverweser tn Sas-
bachwalven, zu übertragen.

ll. Verfügungeu und Bekanntmachungen der Mintsterten.
1) Bekanntmachung deS großh. Justizmintsteriums: dtc Ci-
vtlrcchtSpftege der AmtSgerichte betreffend. 2) Bckännt-
machung deS großh. MintstcriumS deS Jnnern: Dte StaatS-
genehmigung von Sttftungen betreffend. Darunter etne
von Frhrn. Jgnaz Heinrich v. Weffcnberg, im Betrag von
4000 fl., an die Taubstummenanstalt Pforzheim zur Ver-
pftegung und Ausbtldung eineS wcitern KtnbeS außer der
bestimmten Anzahl. 3) Bekanntmachung deS großh. Han-
delsmtntsteriumS: Dte Ertheilung etnes ErfindungSpatentS
an William Lancaster tn Obertürkheim bei Kannstadt be«
treffend. 4) Bekanntmachung deS großh. Ftnanzmintste-
riumS: Dte Errtchtuag eineS Nebenzollamtes l l. zu Otteu-
heim betreffend.

ltl. TodeSfälle. Gestorben sind: Am 19 März d. I.
der kath. Pfarrer Karl Bräg 1n Roggenbeuern; am 27.
März d. I. der pensiontrte kath. Pfarrer Cinus Maus zu
Achkarren; am 2. April d. I. der Hauptmann v. Schwetckart
vom ArmeecorpS tn KarlSruhe.

^ Karlsruhe, 17. Apn'I. Gerücktwcise
vcrlautet, daß Gch. Reqierunqsrath Schmidt
in Mannheini in den Ruhesiand ireten und
Cabineisrath Ullmann zuin Reqiernngsrath an
die Steüe des Herrn Gockel wcrde ernannt
werdcn.

Karlsruhe, 17. April. Auch die

Augsb. Postzeitiing nnd nach ihr die Psälzer
Zeitunq tischen ihren Glänbigen die Fadel von

Ein Ahcntcurr unler Setttern.

Mitgetheilt »on Ed. Franke.

(Fortsetzung).

„Bittet Sali's Länzer um eine Tour mit seiner
Dame", fiüsterte sie wahrend des Tanzes. „Nehmt
mich aber mit und bietet ihm cinen Tausch an. —
Er hat mich lieb — es «ird ihm nicht unwillkom-
men sein, und ich sorge dann schon, daß er eine
Weile auf Euch zu achtcn vcrgißt."

Zch driickte cntzückt der licblichenKlernen hieHand.
Jn wenig Augenblicken stand Sali an meincr Seite.
Sie zittcrte heftig, als ich ihr« Hand ergriff, ich
nahm das für cin Zeichen ihrer Neigung und wolltc
die Hand mit Jnbrunst an mein Herz ziehcn.

„Laßt das", fiüstertc sie. „Jch bin verlobt!"

„An eincn Verbrecher!" ricf ich, wenn auch lcise,
doch erregt. „Brndct ein solches Wort?"

„Von mir zu sprcchen, war eigentlich meine Ab-
sicht nicht", sagte Sali rasch und lz.ise, „abcr ich
fühle jetzt,- cs trägt vielleicht eher zu Lurcr Rct-
tung Vei, als jede gutgemeinte Warnung. — Sp
sei es denn. — Zst Konrad ein Verbrecher — ich
werß es »icht. - Die Welt mag darüber richten.

— Zch kennc nur Vergehen. — Seine Handlungs-
weise gegenEuch cntspringt aus Liebe —aus grenzeu-
loser Liebe zu mir. — Wenn Liebe, aus Furcht zu
verlieren, die Grenze übcrschreitet — wcr mag cs
Verbrechcn nennen? — Nur Liebe kann der Liebc
Richtcr sein. — Bleichte auch durch manche Vor-
sälle ihre Blüthe etwas in meiuem Hcrze» — die
Dankbarkeit degießt sie wieder, gibt ihr ncue Frische

— und nährt die Wurzel, daß fie unvergänglich
grüne." — Jhre Stimme wurde bewcgt, eine Thräne
glänzte in ihrem Auge. — „Konrad hat mcine gute
'arme Mutter jahrelang crhalten -- vielleicht ward
er, um diescr schönen Tngend willen, was er jctzt
ist — und ich, ihre Tochter sollte undankbar gcgen
ihn sein — ihn vcrlassen? — Nimmermchr! — Er
bedarf eines Engels. — Belingt es mir nicht, ihn
von dieser Bahn zurückzuführen, so «ird doch, so
lange cr athmet, nie ein andcreS Gefühl in meiner
Brust Platz' finden."

„O wärst Du mein Engel", ricf ich leisc und
wolltc ste an mich drücken. — Sie verhindcrte es.

„Jhr tragt den Engel der Kunst in EurcrBrust",
sagte sie — „cr erhebt und schützt Euch. — Wollt
Jhr den Armen, vom Geschickc Verwahrlostcn den

RettungSanker entreißen, um ihn unrettbar in's
Verderben zu stürzen? — Nein — das wcrdet, da«
könnt Jbr nicht — denn mcin Entschluß ist uner-
schütterlich. — Jch schätze Euch mebr, wie jede«
andcrn Mann — ich «ürde Euch lieben, wenn Pfiicht
und Wckrt mich nicht bänden. — Dieses Geständniß
genüge Euch zu erkennen, warum ich bei jedem un-
übcrlcgten Schritte Eurerscits im tiefsten Znnern
erzittere."

„Sali, meine Liebe, meine Achtnng für Dich tst" —

„Bcweist sie mir durch strengc Befolgung deffen.
was ich von Ench fordere", sagte sic schnell. — „Eure
Ncigung zu mir erzeugtc daö magischc Dunkel, i»
«elches tch mich hüllen mußtc. — Es «ar Rahrung
für Euern abenteuerlichen Sinn. — Doch nun tst
es gclöst — da, wie ich weiß, John Euch alles mit-
getheilt. — Was'Euch jetzt noch zu mir zieht, tst
jcne Schwächc, welche uns nach jeder überstandencn
'Krankheit anklcbt, aber auch zugleich der Vorbote
gänzlicher Genesung ist. — Ahr werdet fir schneller
findcn, «cnn Ahr Pcsth verlaßt, von «o jetzt ab
ohnehin Euer Lcben stets bedroht ist; denn Eifer-
sucht ganz zu bcsicgen, gelingt scltcn, und fic er-
sinnt Dinge, «elche auch dem wachsamsten Auge
 
Annotationen