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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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der beabsichtigten Uebertragung dcr di'plomati»
schen und militärischen Leiiuug Badeus an
Preußeu aus. Daß ein Blatk, welches 1850
die Lebenssähigkeit unseres StaaleS bcstritt,
in bergteichen Nachrichten macht, welche bei
der mangclnden Wahrheit auch nicht einmal
das Verrienst des Glltersundenseins für sich
haben, barf kaum Jemanden wundernehmen.
Seltsam aber mag Manchem die Naivetät ei-
nes benachbarten Nationalvereinsorgans er-
scheine», das sich solch einen colossalen ultra-
montanen Tendenzbären so dona Lcke ausbin-
den läßt unb die perfiv-plumpe Lüge allen
Ernstes als eine freubige Nachricht bejubelt.
Ein gesunber politischer Sinn muß vor Aüem
das destehenbe Rccht gewahrt unb ein neues
Recht nur auf vem Bobcn bes alten, nicht
aber mit willkührlicher Umgehung deffelben
aufgerichtet wissen wollen. Unrecht ist ein
hohlcr Boven, und wer es billigen wollte,
wenn das Oberhaupt eines Staates dessen
Selbstständigkeit mit Bciseitesepung seiner ge-
setzmäßigen Organc einem anbern Staate zum
Opfcr darbrächte, dem würde mik Recht dic
einseitigste Teiibeiljreikerci vorzuwerfen setn.
Uebrigcns geht aus ber bisherigen Haltung
unsercr Regierung gegcnüber dem National-
verein nicht mehr noch wcniger hervor, alS
daß sie dcnselben, gleich andern dcutschen Re-
gierungen, vorcrst gewähreii läßt unb ohne
Zweifel ferner gewähren laffcn wird, so langc
derfelbc in de» Schranken der Gesetzlichkeit
verharrt. Zu cinem weitergehenben Schluß
iiegt keinerlei stichhalrige Prämisse vor.

Frankfurt, 17. April. Gkstern starb
dahicr gehr. Aricdr. v. Blittersdorf, früherer
bavischcr Ministcr und großh. badischcr Bun-
destagogesandte.

Stuttgart, 12. April. Die von den
Ultrauionkancn unter Beihülfe vder Mitur-
hcberschaft vo» Bcamten hervorgerufene Agi-
tation für bas Eoncordat nimmt ihren Fvrt-
gang. Vvn der Art, in welcher solche betrie-
ben wirb, gibt der „Beobachter" u. A. svl-
gende Probe: F., den 3. Äpril 1861. Dcr
Gemcinderath und Bürgerausschuß hat heute
Mittags, präcis 1 Uhr, im Rakhhause dahier
zu erscheinen, um stber etwas Dringcnves
verhanbeln zu können rc. Wer nicht pünct-
lich erschcint, wird unnachflchtlich gestraft.
Schultheißcnamt D." Die Verhandlungen
lcit.te dann der Pfarrer und erklärtc: „Wer
die Adresscn nicht untcrschreibt, der ist kein
Ehrist, ber hat kcine Rcligion, er verleugnet
den Glauben, und ich werde deßhalb keinem
Solchen mehr in's Haus kommen, werde mit
Solchcm keiucn Umgang mehr habea und nicht
mehr mit ihm verkehren, ich werde Territo-
rialspcrre gegen ihn eiutreten laffen."

Stuttgart, 14. April. Dic vom kürzlich
verfiorbenen Staatsministcr v. Herdcgen be-
klcivete Stellr eines Vorstanvcs des statistisch-
tvpographischen Burcau's wurdc dem Staats-
rath vvn Rümelin in wiverruflicher Eigen-
schast übertragen.

Stuttgart, 15. April. (UIw. Schtl.)
Die beibe» Fluchtlinge Karl Maper aus Eß-
lingen und Lubwig Pfau aus Heilbronn,

entgehen. — Noch ist Konrad von Eurem Hiersein
nicht unterrichtet — im nächstcn Augenblickc kann
es gcschehen. — Vertraut bcm Zufall nicht zu schr,
er ist ein hämischer Dämon. — WLHnt nicht, weil
er Euch glückiich hcrcinführtc, er führe Euch ebcn
so sicher zurück. — Auch ich bin gefährdet dei Eurcr
Entdeckung; denn dcr Äerdacht meiner Mitwirkung
kann nicht ausbleibcn." — Sic wurve dringendcr.

— „Wenn Jhr mich also je gelicbtzu haben glaubt?

— wenn Jhr mir den Glauben an Eure Achtungs
erhalten wollt - wcnn Euch mcin Lcben wcrth ist

— dte Rcihc des Tanzes ist an uns" — sagtc fie/
fich untcrbrcchcnd, schnell und zog mich in dic Mitt»
dcr bereits Tanzenden. — Bet dcr Colonne wicdcr
angelangt — Zufall oder Absicht dcs jungen Mäd-l
chens — gcnug, wir trafen hier wieder zusammcn.!

„Jch habe Petrooe noch auf eine Tour cngagirt,-
Du nimmft es doch nicht übel?" sagte fie zuSali.s

— Diese drückte ihr statt aller Antwort schweigend
die Hand.

„Zhr Lroatter seid doch geborne Tänzer. So
zicrlich, so gcschmeidig, daß es foglcich hicr dic all-
gemeine Aufmcrksamkeit crrcgt", sprach Zcmand
hinter rnir. (Aorts. s.)

werde» sich nach zwölfjähri'ger Verbannung
in ihrc Heimath zurückbegeben und sich den
Gerichten stellcn.

Köln, 15. April. Jn der zwischen Deutz
unv Mülheim liegenven Maschiiienbaufabrik
und Eiscngießerci van dcr Zppen mib Char-
lier sinb für Preußen 1 Million Spitzkugeln
für gczogene Kanoncn in Auftrag gegeben
worben. (F. I.)

Berli«, 13. April. Das endgiltigc Pro-
gramm zu ber vom 2. bis 12. Sept. d. I.
in Genf stattfindenden Versammlung evangc-
lischcr Christen aus allen LSndern ist er-
schienen.

Zn Prag haben am 12. Abends wieder
allerlei Siiaßcnscandale stattgcfunden. Das
die nach Wicn abgchende Deputation ge-
lcitende Volk hat auf dem Heimwcge Ova-
tionen und Katzenmusiken gcbracht. Abenbs
rotteten sich auf dem „Altstädter Ring" mas-
senhaft Menschen zusammen, angcblich um
einen Fackclzug für de» neugewählten Bür-
germeister zu erwarten. Dabci wnrde ge-
johll, gezischt; die Sicherheitsorgane konnten
den Platz nicht räumen, doch zerstreute sich
nach und nach die Menge von selbst.

Prag» 15. Apr. (Ostv. P.) Da der
Obcrstlanbmarschall Graf Nostiz krank ist,
präsibirie der heutige» LandtagS-Sißung deffen
Stellvertreter Dr. Wanka. Die Lanvcs-Aus-
schußwahl dauerte vvn 10 Uhr Vormittags
bis 7 Uhr Abends; vaS Resultai ist den
deutschen Gioßgruiivbesitzern günstig. Der
Schluß der Sitzung war äußcrst stürmisch;
die Czechen veilangen Auffchub der Reichs-
rathswahlen »m 24 Stunbcn; Klaudi, zur
Ordnung gerufen, spricht weiter; Rieger und
Clam äußern sich heftig. Der Präsibent ge-
währt ohne Abstimmung den Aufschub. Vitua-
tion bedenklich. Minister Schmerling wird
morgen früh erwartet; er hat sich allc Ova-
tionen verbeten.

Wie«. Man schrcibt der „R. W. Z.":
Wir hören, daß das Finanzministerium seine
Finanzvorlage sür die Reichsvertretung been-
det hat. Sie bestcht auS eiuem Budget uud
einer Bankbill. Das Budget ist für die ganzc
Mvnarchie aufgcstellt. Die BankbiU wiü cnt-
weder mit Hilfe der bestehenden Nalionalbank,
wofern ihre Actionäre fich hiczu bcreit zcigen,
vder mit Hülfe ciner neuen Bank dic Baar-
zahlungen in progressivcr Weisc inuerhalb 18
Monaten aufnehmen unb die Valuta her-
stellen.

Wien, 13. April. Die Stellung der
Lanbtage zu bcr Frage: ob Einheits- ooer
Föderativstaat? wird immer klarcr und deut-
licher. Die rcindcutschen oder wenigsteus
überwiegend deutschrii Provinzen, wie Ober-
und UnterSsterrcich, Salzburg, Tprol, Steier-
mark, Kärnthen unb Krain, habcn sich alle
in entschiedener Weife sür die Einhcil deS
Staates und für einc einheikliche Constitution
ausgesprochen; basfelbe bclonre ber schlesischc
Landtag in Troppau; selbst die böhmischcn
und mährischen Lanvtage, wenn sie auch die
Jvee des Einheitsstaates in eiuer etwaS mo-
dificirteren Richtung auösprechcn, solgen doch

-- 88 Heidelbcrg, den 13. April. Unjere Theater-
/Saijon wird zwar am 1. Mai beendigt sein, doch haben
>wir erfahren, datz die Direction unjerer Bühne noch
während 'des hier abzuhaltenden deuljchen Handelstages
- das Publikum mit zwei Opern überraschen wird, von
welchen dieeine das grotzeTonwerk Glnck's, „Orphens"
und die andere „TannhLuser" von Wagner sein soll,
wozu schon jetzt die Chöre einstudirt werden, nnd die
Direction ausgezeichnete Kräste zu Sbloparthien gewon-
ncn haben soll. Wenn wir unS auch längere Zcit ent-
halten haben, Berichte über die hiesige Bühne Jhneu
mitzntheilen, s° sind wir eineö Theils cin Feind jeder
Lobhudcleien, andern Theils hassen wir auch die Art
und Weije gewisser Berichterstawr, welche cine Freude
darin finden, immer nnr die Schaüenscite >n ihrcn Biihncn-
artikcln hervorzuheben. — Derjenige, wclcher jich be-
rusen glaubt, über dic Bühne dssentliche Urtheile abgeben
zu könneu, soll nicht nur das Manna seines bittern Ta-
dets flietzen lassen, sonder» er soll, wo er denselben sür
nothwendig findet, dem Dgrstellcr auch sagen, wie er
cs hätte besser machen können; denn nur so kann
dic Kritik bclehrend, sowohl für das Publiknm, wie sür
den Darsteller wirken. Die pecuniären Mittel, »m in
Heidelberg eine Musterbühne zu errichten, sind nun leider
bis sttzt nicht vorhanden. — Haben wir in der nun bald
vollendcten Saison auch Manches gesuuden, was wir
anderS gcwünscht, so baben wir aus der andern Seite
doch auch 1>ei manchcn Bübnenmitgliedern ein rühm-
liches, ersolgreiches Kunststrebcn bebbachrel, das auch cins
würdige Anerkennung »erdienl. Wir wollcn uns schlietz-

keineSwegS jener erkremen Partei, welche
gleich ven Ungarn vie vollste Unabhängigkeit
der böhmischcn Krvne und vie Einvcrleibung
Mähreas und SchlesienS anstrebt. Wie sich
auf vem böhmischen Landtage die deutschc
Sprache mit der der Czechcn friedlich ver-
trägt und oft abwechselnd beide Zviome von
einem und dcmselben Redner ,in einer Rcde
gebraucht werdrn, eben so scheinen fich auch
beive Nationcn auf dem Landtage zu nähern
und zn gleich lobenswerlheui Zwecke: Lrrin-
gung einer möglichst freicn Verfaffung, ver-
einigen zu wollen. Besonders zu bemerken
ist, das sich die großen Grundbesitzer, also
die Elitc des Adcls, der deutschen Partei
nichts weniger als seiiidlich, wie man doch
befürchtetc, entgegeüstellen. Zn maßgcbcnden
Kreisen schöpft man daher wieder einige Hoss-
nmig zu eiiier friedlichcn und zweckenisprechen-
dcn Lösung der Verhältniffe.

Wie«, 14. April. Eincn peinlichen Ein-
druck bringt ein Vorfall zwischen zwei libcra-
len Abgeordneten hervvr. Einc uiigeschickte
Feder hatte eiu gcschäftigcs Mißverhältniß
zwischcn jencn beiven öffcntlich zur Sprache
gebracht, Obwohl keine Namen genannt
wurden, so glaubte doch Dr. Berger es sei-
ner Chre schuldig zu sein, in cincr durch
verschiedene Zeitungen unter seiner Namens-
unterschrift abgedruckten Anzeige ven Thatbc-
stanv veröffentlichen zu soüen. DieS bcwog
ven anvern Beiheiligten, Dr. Schuselka, wie
bereils milgetheilt, sciiic Eiitlaffung als Land-
tagsabgeordiieter einzureichen, weil „die Miß-
lichkrit seincr Privatvcrhältniffe von einem
LandtagSmitglied i» schonuiigSlosester Weifc
vor die Oeffentlichkeit gebracht wvrdcn sei."
Leider wurke dcr Gegenstanv auf dem Land-
tage selbst mit ziemlicher Ungefchicklichkeit
behandelt.

Wien, 14. April. Der Wiener Jouriia-
listen - und Schriftstellerverein „Concorvia"
hat in seiner gestern abgehaltenen General-
vcrsaminlung beschloffcn: 1) daS von Dr.
Franz schuselka cmgereichlc Entlaffungsge-
fuch als Vereilisprasideilteii nicht aiizunch-
wcn; 2) den Dr. Franz Schufclka zum blei-
bcnden Verciiis-Präsiventen zu erwählen; 3)
ein Comite nieverzusetzen', welches vie Voll-
machl erhält, Schuselkas Bcsitzthum in Gain-
farn gegcn jeven Angriff sicher zu stelleii.

TLien, 15. April. Dcm Renomme Ber-
ger'S gab die Erklärung Schuselka'S im
gestrigen „Wanderer" dcn TvVeSstoß: „Daß
derselbe die Forderung an Schuselka kcines-
wegs, wie er im Lanvtage behauplet, cinem
„Unbekannten", sonvcrn vcm Vater eines in
seinem Bureau beschaftigten Concipientcn, dcs
vr. Stirner, cedirt habe." Äuch zweifelii wie,
ob die heutigcn Declarationcn von Stirncr
(Vatcr unb Sohn) in den hiesigen Blaitcrn,
des Znhaltes: „daß der Ersterc mit Herrn
Berger nie ein Worl gesprochen habe, und
baß Beide bei Ciiilcitung dcr Klage gegen
Schuselka ohne Bergers Vorwiffen gehanvelt
hätten«, im «tande sein werdcn, in der öffent-
lichca Meinung eincn Umschwung zu Gunften
Bergcr's hervorzurufeo. — Die Zcichnuiigen

lich in diesem Berichte uur auf daö historische. Lustspiel
„Anna Lise" von Hermann Hersch dejchränken, wozn
die Direcliön unS einen werthen Gast in Hrn. Günther
vom Maimheimer Hoflheater vorführte. Ein junger,
kunstbcgeisterterMime, welcher den Eharacter dcS „Fürsten
von Anhail-Desjau" mit einer Wahrheit darstellte, welche
dcn Zuschauer zur höchsten Bewunderung hinriß, denn
nnr so und nicht anderS kann, nach den'vorhandenen
historische» Nachrichten, der eisenfeste Geist dieses jungen,
thatkrästigen Fütstcn gewesen sein. Mehrsacher Hervor-
rus mag dem würdigen Künstter einigeii Ersatz für seine
gcdiegene Leistung geben. Auch Frtn. H. Merken hat
tyre schwierige Ausgabe in der Tiiclrolle recht verstän-
dig gelöst, nur würden wir dieser jugendlichen Künst-
lerin rathen, stch in den letzten Scenen, wo ste mil dem
Dessauer kommt, nicht so leichenartig zn schininken, in-
dem die Ueberraschung, den lang vermißten Geliebten
wiedcr zu sehen, gewiß daö Blu, der jungen, resoluten
Anna Lise mit verstärkter Gewal! in die Wangen trieb.
Auch die Parthien der „Fürstin Henrictte" vvn Fr. Richter,
dib deö „Atarguis de Cyalisac" von Hni.Richter, „Köhje'S"
von Hrn. Kleinert und dcS „HojmarschallS" von Herrn
AlbinuS, wurden dem Ganzen entsprcchend gut darge-
stellt, nnd kein Besucher ging an diesem Abcnd unde-
friedigt nach Hguse; nur möchlen wir die Regie darauf
ausmerksam inächen, mchr Sorgfalt auf die Einübung
der Staristen zu vcrwenden, damit, wenn „rechtS" lom-
mandirt wird, nicht ein Theil der wackeren Desiauer
links sich wendet, waS schr oft den Einbrnck einer sonst
würdigcn Barstellung stön.
 
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