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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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M; 128.

Mtttwoch, z. Iuni

JnsettionSzfbüh^a füx ^


L8«1.

Das preußische Abqeordnetenhaus
«nd die Militär - Berwaltung

(Schwß.)

Jn der heutigen Sitzung ist der erste Red-
ner der Abgeordnete vr. Falk. Derselbe spricht
gegen eln Bündmß mit Oesterreich. Man
schlleße nur solche Büudniffe, die man ge-
brauchen könne. Nun könne Oesterrelch aller-
dings uns gebrauchen, wir aber Oesterrelch
nichl, welches in Ungarn und Jtalien genug
zn thun habe, und uns keineu Mann zur
Seite stellen könne. (Zustimmung rechts.)
Ebenso seien die AusMe des-Abg. Reichen-
sperger gegen den Natjonalvercin zurückzn-
weisen. Er, Rednev, sei nicht Mtglied des
Naiionalvcreins, aber er erkenne die hohc
uationale Bedeutung dieses Vereins an. Vou
feudaler Seite spreche man stets vom „obcr,
ften Kriegsherrn", deffen Anordnungen- mau
i» militärischer Beziehung nicht entgegentreten
dürfe. Was sei das? Die Bezeichnuug „ober,
ster Kriegsherr" sei ein dunkler Bcgriff. Er,
Redner, kenne nur eineu constitutionellen Kö-
nig, der vie Verfaffung beschworen habe.
(Bravo.) Die Herren sollten den Namen
des Königs nicht so mißbraucheu! (Wider-
spruch und Lärm links.) Der Finanzminister
weist die von fcudaler Seitc kundgegebenen
Anschauungen mit großer Entschiedenhcit zn-
rück. Mit diescn Anschauunge» habc die Re-
gierung nichts gemein. (Bravo.) Lrete ein
Constict cin, so werde die.Staatsregiernng
denselben auf dem strengen Wege der Vcrfas-
sung zu lösen wiffcn. Die Staqtsregicruug
habe gewiß die Aufgabe, dic Rechte vcs Kö-
nigs als des oberstcn Kriegsherrn zu wahreu,
sie werde aber auch immer die Nechte dicses
Hauscs anzuerkennen wiffen. (Bravo.) Abg.
Schulze (Berlin) theilt den gestern von dem
Abg. Hoverbeck eingenommene» Standpunct.
Es handle stch nicht um eine cinstweilige,
sondern um eine bleibende Einrichtnng; er
könlie de» für die Sache geltend gemachteu
Gründeu unter keincn Umständen beistimmen.
Di« Steuerkraft des Landes wcrde übcrmäßig
angespannt. Dazu verwandle man so und so
viel productive Kräftc in unproductive, ja in
consumirende. Man erschöpfe die Kräfte, che
der Krieg da. Das sei die Gefahr. Die po-
litische Lage gebiete allerdings die militärischeu
Vorbereiiungen, das erkenne er an. Licge die
Gewähr für den Schutz Dcutschlands doch al-
lein in Preußen. Ein gutes., erhebendes Be-
wußtsein sei es, einem großeu eiuheitlichen
wilitärischen Körper anzugehören; und dieses

Bewußtse« habe mau in den kleiuen Staaten
uicht; auch wiffe man es in Deutschland s«hr
wohl, daß der Schittz Deutschlands nicht bei
den Herren Beust, v. d. Pfordten und Bor-
ries zu suchen sri. Aber einer geschickten,
glücklichen Hanv bedürfe es, um die preußi-
schen Angelegenheiten zu leiten; möge dies«
glückliche Hand Preußcn, mögc sie Deutfch-
land nicht fehlen! (Bravo.) Abg. v. Tettau:
Das Land könne die Last sehr wohl tragen.
Man sehe den Lurus in den Wohnungen, in
den Kleidern dev Damen. (Gelächter.) Das
sei ein Maßstab für die vorhandcne Kraft.
v. Blankenburg häkt cs uuter seiner Würde,
die Ausfäüe zurückzuweisen, die gegen ihn und
seine Freunde (die feudal« Partei) gemacht
worden seien. Man habe die Diüge mißver-
standeu, und daS sei auch dcm Finauzminister
passirt- - (O! O! rechts.) Dic Majorität
scheillc die Absicht cines Staatsstreiches zu
haben. Der Präsident uoterbricht deu Red-
ner, tzer kein Recht habe, der Majorität die-
ses Hauses Zntentivnen zuzuschreiben, die au-
ßerhalb der Verfaffung lägcu. Dcr Abgcordn.
v. Blankenburg fährt fort, indem er sich gegen
den Rationalverein wendet, der solche Folgen
haben werde, wic Preußen ste seiner Zeit in
Dresdeu und Badeu mit Zündnadclgewehren
bekämpft. Abg. v. Vincke (Hageu): Gegen
die feudale Partei brauche er sich nicht zu
wenden, da der Finanzmiuister kn dieser Bc-
ziehung das Röthige schon gesagt habe. Daß
die Disciplin der preußischen Ärmee vvn ei-
nem Votum dieses Haus«s abhängig sein könne,
das sei ein schwerer Vorwurf gegen die Ar-
mee, wie keiuer in diesem Hause gefallen sei.
(Bravo.) Jhrem Könige habe die Arwee zu
gehorcheu, das sei ihre Pflicht; Politik habe
sie nicht zu treibcn. Bon eiuem StaatSstreiche
soüe mau doch auch schweigen. Ob es jemals
eine« preußischen Minister geben könne, der
flch zu einem Staatsstreich bereit finde, wiffe
er nicht; sehr bestimmt aber wiffe er, daß kein
König von Preußen einen solcheu Minister je-
mals behalten werde. (Bravo.) Die Macht
dcs Köuigs von Preußen licge eben in etwas
Auderom. (Bravo.) Jndeffen laff« sich die
üble Laune jcner Herren (dcr feudalen Par-
toi) m-vhl begreifen; die Grundsteuer licge ih-
nen nach schwer auf dem Herzen, denn in
Finanzsachen hüre ja bekanntlich die Gemüth-
lichkesi auf. (Hciterkeit.) Redner hebt sodann
dic finauzielle Seite der Sache hervor. Hicr
sci Vorstcht über Vorflcht geboten. Der Fi-
nanzminister sage, daß die Sache vom Zahre
1867 an burch die Mehreinnahme gedeckt wer-

den würde. Vergeffen sollten wir aber nicht,
daß «ir m den letzten Jahren nur mit De-
ficits und Aulechen abgeschloffen hätteu. Dazu
komme die Last dcr Einquartierung im ganzen
Lande. Redner wendet sich sodaun zur auS-
wärtigen. Politik. Man habe gefragt; ob er
auch jetzt noch für die Einigkeit Ataliens sei?
Za, allerdings. Profcffor Döllinger in Mün-
chen sage jetzt vom Papste daffelbe, waS er,
Redner, damals bei der Adreßdebatte gesagt.
Nun, wenn solche Sonnen am Lacholischen
Kirchenhimmel das sagten, so müffe er, der
Protestant, doch wohl Recht gehabt haben.
(Heiterkit.) Mit Oesterrcich sei kein Bünd-
niß einzugehen, weil basselbc genng für sich
zu thun habe; dcm Hrn. Reichenspcrger schei-
nen die Vcrhältniffe in Ungaru wohl ganz
fremd zu sein. Für die Vorlage spricht der
Abg. v. Brand; außerdem sprecheu uoch der
Abg. Kühne (Berlin), dcr Kriegsminister und
dcr Referent, Abg. Stavenhagen. Dawit ist
die Generaldiscussion geschloffen.

Deutfchtand.

KarLsr.uhe, 3. Juyt. vr. AnLust Lorcnt tn Mann-
hcim erhielt LaS Ritterkceuz mit Etchenlaub deS Ordens
vom Zährtnger Lowen, der evangel. Hauptlehrcr Qutlltng
tn Mannhetm, In.Anerkennung setner fünfztgjähren treucn
Dtenste, die kletne goldene Ctvtl-Verdtenstmedatlle, nnd
unter dem 3Ü. v. M. dxr Pürgermetster. und. UntftWheber
Franz Laver Rtestcrer zu Wettelbrunn die kletne goldene
Civtl-Verdtenstmedaille. — AmtSrtchter Frethr. v. Ungern«
Stcrnberg zu Hetdetberg wurde als LegattonSrüth vrk dem
Rang des Raths einer Mittelsteüe zum Vorstand des großh.
Gch. CabinetS ernannt. (Schlnß s.)

Karlsruhe, 3. Juni. Wic die Karlsr.
Zcitung vernimmt, haben die HH. Prälat U l l-
mann und Mlnisteriälrath Bähr lhr« Wahl
zur Gcneralstznode abgelehnt.

Karlsruhe, 1. Juni. Die „KarlSr. Z.«
crkiärt, daß Baden eine Miiitärconvention
mit Preußen ebensowenig beabsichtige, als mit
den Würzburgern.

Freiburg, t. Juui. Der „Schw. W>"
schreibt vo» hier: Uusercr jüugsten hiesigeu
Mittheilung gegenübcr hsben wir zn berich-
tigen, daß hier kein „nationaler Berein« ge-
bilbet und die Bildung eines solche« auch
nicht in Aussicht geuommen worde» ist. Die
rn Ausstcht stehenden, für Baden hesonders
dedrohlichen Gcsähren haken ciiien KreiS hii-
siger Männer veranlaßt, bie Mitlel und Wege
zur Abhülfe iw Nügemeinen z«m Gcgenflaude
der Besprechung zu machea«

Dresden, 1. Zuni. Dre erste Kammer
bcrieth heute über Petitionen. Bei der des
dcuischkatholischen Landcs-KircheuvorstandeS

I« spät.

Eine dänische Eriminalgeschichte.

(Fortsetznng).

Niemand von Allcn haite während der Reise nach
dem AmtSsitze, «o sich das Gefängniß befand, avch
nnr cin Wort gesprochen, und Söfrenfen trennte
sich mii gebrochenem Herzcn von dem Gesangenen
und deffen Tochter, ftiner Verlobten.

Die Lerchc des Ermordeten wurde am folgcnden
Lage auf dkm Kirchhofezu Wcitbsichrlich begraben.

Alsbald nach der Beerdigung fand anch das erste
Zeugenvcrhör, vor Gericht statt. Die drei ersteu
Zeugen bestättgten mit emporgehobenen HLnden ihre
srühere Anssage vo» Wort zn Wort, keine Stlbe
nmrde davon gcnomme», keine hinzugefügt. Auch
traten außerdem noch drei ncuc Zeugen, die bciden
Knechte des Pfarrcrs und die Vichmagd, auf. Die
zwci Ersten waren an jcnem Tage in der Geßyde-
stnbe gcseffen, und «eil das Fcnstcr offen stand,
hatten fie deutlich »ernommen, wie der Pfarrer nnd
dcr Ermordetc einander heftig schalten und jencr
die Worte ausstieß: „Du Hund, ich wcrde Dich prü-
geln, bis Du todt zu meinen Füßen liegst !" Sie

bezeugteu feruer, daß der Pfarrer, wenu er in Zorn
gerathe, fich uicht bedächte, mit dem Ersten dem Bc-
sten, was er gerade bei der Hand hätte, zuzuschla-
gcn, und daß er auf solche Weift einst ftinen vori-
gen Biehjungc» mit eincm Pfahlschlägck geschlagen
habe. Die Viehmagd erklärts: .daß fic M derstlben
Racht, in welcher Jens Lorftn den Pfarrer tm Gar-
teu gcsehen habe» wollte, «ach im Bette gelege»
fti; fie habe sodann die Thüre, «elche von dor Diele
in dcn Garten sührt, knarren hören, worauf fie
aufstaud, hinausschautc, und de» Pfarrer tm Tchlaf-
rocke und mit der Nachtmütze in den «Karton hinaus-
gehen sah. Was er dort vorgenommen, habe sie
nicht bemcrkt, rllein eine guteStunde nachher habe
ste dic Thüre wicder knarrcn gehört.

LlS nun dte Zeugcn »lle abgehördwaren und der
Wchter dcn Angeschuldigten fragte, ob er dte That
bekennen «olle, oder waS er tm umgekehrten Falle
zu ftincr Vertheidigung zu fagen haketz saltete dteftr
die HLude über der Brust zusammeu und sprach:
„So wahr mir Gott helft uud ftin heiliges Wort,
ich witl dft Wahrheit reden, und so bin tch mir
nichts Andercs bewußt, als «as ich bercitS vorhm
hekannt häbe. Jch habe den Verftorbene» mit dem

Spaten geschlagen, doch uicht auders, alS daß er
gleich nachhev aus dem Garten -ntrinnen kauute.
Was ihm später begegnet ftin mag, oder mte es
kommt, daß er in meinem Gartcn begraben licgt,
das weiß ich «icht. Das betreffend, «Ls Acns Lor-
ftn und die Magd bezengen, mich zu nächtlicher
Stunde im Garten gesehe» zu habcn, so iügeu fie
entwedsr, oder mag es ein Blendwerk der Hölle ge-
weftn ftiu. Jch armcr Mann habe Ricmaudcn zur
Vertheidiguug hier auf dcr ganzen Erde, das sehe
ich wohl! Wrll Er im Himmel auch schweige», so
muß ich mich seine« unersorschlichen Wille» s»ge» ft'
— Hierauf ließ » Kopf und HLudc s«km und
ftufzte fchwer aus.

Vtele dor Anwesenden konnten flch der Thräne«
nicht erwehren. Es ließ fich eiu leises Gemurmel
vernehmen, daß der Angcklagte doch viellejcht un-
schuldlg ftin konnte, allein dieswar mehr nurWir-
kung deS Mitlcids und der Erschütterung der Ge-
müther, als wirkliche Ucberzeugung. Ach! Sösreu-
ftn's Herz HLtte den armen Mann am liebsten gleich
freigcsprochen, allein das Gesühl durste ja nicht
Hcrr über dcn kalteuVerstanL und die strenge Pflicht
des RichlerS «erden. „Weder Witleid, noch Haß,
 
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