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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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nahm fle nach längerer Debatte etnen'Antrag
mit 22 gegen S Stiwmcn an, dcmzusolge vie
Regierung crsncht wird, zu uutersuchen, ob
die Deutschkacholike» noch auf dem Glaubens-
bckenntuiß »on 1848 stchen, und wenn dieß
nrcht der Faü, se nach dem Ergebniß der
Untersuchung weitere geeignetc Entschließung
zu faffen. (Dr. I.)

Bcrlin, 30. Mai. Wie die „Prenß.
Ztg." schreibt, hat der Kriegsminister dem
Könrge vorgestern von dem Vorgefalleneu
Melbung gemacht und Se. Masestät hat an
demselben Tag die Einleitung der kriegsge-
richtlichcn Untersuchung gegen den General-
major v. Manteuffel angcordnet,- nnd bcm
Gonverneur von Berlin, Generalfeldmarschall
Frhrn. v. Wrangel, sowie auch behufs Kon-
stitliirung der gesehlich vorgeschriebencn-gc-
mischten Unterslichungskommission in Veireff
dcr gegen den Stabtgerichis-Ralh Twestcn
einzuleitenden Untersuchung dem Zustizminister
die nöthigen Befehle durch Ordre erihcilt.

Berlin, Zt.Mai. Heute bcganncn bei
der zweiken Deputatiou des Criminalgerichts
die Verhandlungen in dem Spiegelthal-
schcn Processe, deffcn in dcr lctzten Zeit in
dcr Preffc häufig Erwähnung geschehen ist.
Die umfangreiche Anklage zerfällt in drei Puncte
und lautet: 1) auf wiedcrholten Betrug gegen
die Minister der auswärtigcn Angclegenheiten
v. Mautcuffel und Schleinitz, 2j auf Miß-
brauch der Amtsgewalt, um Untcrbeamte zur
Ausstellung unrichtiger Quittungcn zu zwin-
gen, und 3) auf Untcrschlaguiig in amtlicher
Eigenschaft empfangener Möbel. Der Angc-
klagte, Gencral-Consul Ludwig Pcter Spiegel-
thal, iff in Person erschienen. (Pr. Z.)

Die »Berliner Volkszeitung" schrcibt: Weun
cin Dueü statgefunden und eincii bluiigep
Ausgang gcnommen, pflegt dic „Kreuzzeilung"
es stetS ein „beklagenswerthes Ereigniß"
zu nennen. Wche abcr dem Manne, dcr da
meinen soüte, es müffe in einem gesittelen
Sraale andere Millcl geben, die vcrletzte
Ehre herzustellcn, als einc Nauferei auf Tod
und Lebcn, ihn würde sic mit dem billersten
Hohne als Fcigling dem Uebermuth und dcn
Reikpeitschen ihrer Zunkcr preiSgcben. Was
für einen anderen Ausgang konnten in dem
vorliegenden Faü die Schritte des Hcrrn. v.
Manteuffel bei dem Verfaffer der Broschürc
haben, als diesen?! Er hätte widerrufcn
müffen, oder sich dem Hohne und den Miß-
handlungen der Parteigenoffcn des Herrn v.
Manteuffcl aussetzen. Dic Provocation blcibt
also seldst nach ber obigen Darstellung doch
auf Seitcn des Letztcren. Er war und ist
Beamter und ist durch die Broschüre böchstens
in Bezug auf sein Amt belcidigt. Wir mei-
nen, eS hätte ihm lediglich gczieml, die Gc-
setzc anzurufen, die wahrlich den Schutz der
Beamten und der Mitglieder dcr bewaffncten
Macht reichlich gcnug demeffen haben. Was
soll aus der Prcßfrcihcit werden, wenn bcn
Schriftsteller außcr dcn Paragraphen des
Strafgesetzbuches stets auch noch bie Ptstolen-
kugeln hoher und hvchster Beamten bcbrohen.
Schneü hat der Verfaffer dic Wortc am

weder Gunst, noch Ncid, dürfcn auch nur eincn
Gran in dic Wage der Gcrcchtigkcit legen" — so
dachte und handclte dcr rechtttcbcnde Mann.

Nach seiner innigstcn Ucbcrzeugung konntc der
Richter selbst nicht anderö als so schließen: „Dcr
Angeklagts hat dcn Niels BrunS erschlagcn, doch
schwerlich mtt Vorbcdacht, oder aus böscm Willen.
Zwar tst bekannt, daß es seine Gewohnheit war,
denjcnigcn, auf welche er erzürnt war, zu drohen,
daß er es ihne» eininal, wcnn sie am wenigsten
daran dächten, gedenken würdc, allein nie hat man
erfahren, daß er derlei Drohungen an Jcmanden
aussührtc. Nun will ja jedcr Mcnsch gcrn scin
Leben erhalten und seine Ehre retten, daher bcharrt
er auf dcm LLugnen, so langc er es vcrmag."

Morten BrunS, ein starrköpfigcr Gcscllc, immer
boshaft und nun noch boShafter vb der Ermordung
seines Bruders, begann nun von Werkzeugen zu
redcn, «odurch verstockte Sündcr zum Gcständniß
gebracht wcrdcn könnten; allein der Richtcr wollte
und konnte gcgc» cinen solchen Mann die Folter
nicht anwenden; dcnn, was ist dicse auch andcrs,
als dcr Probirstein sowohl körpcrlichcr, als geisti-
ger Krastund Schwäche? Derjenige, welcher die

Schluffe ftkner Broschüre: „Freili'ch kann der
Einzelnc weni'g thun. Sci'n Handeln ist bc-
schränkt, seine Worte verhallen. Aber Zeber
mnß thun.^ils ob Etwas an ihm lägc, als
vb scin Reden und Hanbeln von Bedcutung
wäre", i'n Bezug auf sich selbst zur Wahrheit
gemacht. Mit seinem Leben unb seiner Ge-
sundhcit ist cr für seine Ueberzeugung einge-
tretcn. Möchten sie ihm zum Hcile des Va-
terlandes, das heute mehr als je solcher Kräftc
bedarf, ungeschwächt erhalten blciben! — Ge-
stern Morgcn sürchtete man, daß dic Ver-
wundung des Sladtgerichtsralhs Trvestcn eine
Amputation des rechten Armes nothwendig
machen würde; im Laufe des Tageö hat sich
jcdoch der Zustand des Kranken gebcffert.

Berlin, 1. Zuni. Nach einem hier ein-
getroffenen Telegramm aus Warschau hat
man bort die Bekanntmachungen dcs Gencral-
Gouverneurs abgeriffcn. Auch die polnischen
Trachten wcrden wiever sichlbar.

Berlin, 1. Zuni. Der Schluß des Land-
lags wirb voraussichtlich sparestens am 8.
d. M. erfolgen. — Eine Broschüre „Aufruf
an die Deutschen von Zoseph Mazzini" (als
Antwort an dic Herrcn v. Berg, Rvdbertus
und Bucher). Aus dem Italienischen. (Ber-
lin, Haffelberg) ist pvlizeilich mit Beschlag
belegt worden.

Berlin, 1. Zuni. Jn der heutigen Si-.
tzung ves AbgeordnetenhauseS bildet der zwi-
schen der preußischcn und französischen Regie-
rung am 4. April d. Z. abgeschlossene Staats-
vertrag wcgen Herstellung einer schiffbaren
Vcrbilidung zwischen dem Nhein-Marne-Ca-
nal und der Saa», nebst bem oazu gehörigen
Schlußprotvkoll den Gegenstand einer mehr-
stündigen recht lebhaften Debatte. Die ver-
einigtcn Commissionen für Handcl unv Finan-
zen empfehlen die Ertheilung ber verfassungö-'
mäßigen Zustiirunuiig. Tie Herren v. Vincke
und Reichenspcrger (Köln) erklärten sich ge-
gegen die Csinmission, weil sie bie Rentabi-
lität bczweiseln unv rügen, baß bem Hausc
uoch kem Kostcnvoischlag überreicht sei. Die
Hcrrcn Sello und Reichenheim weisen im
Gegcntheil auf vie politische und mercantile
Wichtigkeit des Canalcs hin und euipfchlca
kcn Commissionsantrag. Ler Minister bes
Auswärtigen: Die Verwersung eines mit
einer fremden Macht abgeschloffcnen Vertra-
ges sci ein politischer Act von der crnsthafte-
sten Bedeutung unv könne nur. in den aller-
seltensten Fällen unter Anführung der über-
zeugcndsten und überwiegendsten Gründe aus-
geführt werden. Die Verwerfung würde ei-
nen peinlichen Eindruck im Gesolge haben,
einen Eiudruck, der auf die sonst so guten
und freundschqftlichen Beziehungen mit dcm
großen Nachbarstaate nachtheilig cinwirken
und auf viesc einen empfindlichen Rückschlag
bewirken würbe. Man möge daher aus po-
litischcn Rücksichten vie verfaffungsmäßige
Zustimmung nicht versagen. Herr Behrendt
(Danzig) beantragt Aussctzung des Beschlus-
ses bis zur Borlegung eines Kostenaiischlages
und vertheidigt benscldcn. Dies verlängert
die Debatte auf's Reue. Der Ministec des s

Foltcr auszuhalten vermag, upd derjenigc, welcher
dcrselbcn unterliegt: Beide können lügen; ein ab-
gcpreßtes Gcstänontß kann nie zuverläsfige Wahr-
hcit sein.

So hatte dcnn Erik Söfrenscn als Richter übcr
den Maun, mit wclchem er dcmnächst durch die
süßestcn Bandc auf das Engste vcrknüpft werden
sollte, einen harten Stand. Als er cben in der
Einsamkeit, das Entsctzlichc, das seinem Urtheil an-
heimgegeben war, crwägend, tieffinnig dasaß, sprang
dic Thüre aus und herein stürzte — Metta, dic
Tochter des PfarrerS — ach! Söfrcnscn durfte fie
ja nicht mehr Braut nennen, sic, die viclleicht nie
seine Gattin werdcn konnte — mit fiicgenden Haaren
und crloschenem Blicke, und warf sich, seine Khiee
umfaffend, ihm zu Füßcn. Erik schloß die Gcliebte
tn seine Arme und sie weinten ciue gutc Wcile mit
cinander, bcvor Eincs von thneu ein Wort hcrvor-
bringcn konnte.

Der Amtsvogt «Urde zucrst Herr scincr großeit
Betrübniß ünd flüstertc: „ich weiß, theuerste Mctta,
«as Du bcgchrst, daß ich Deineu Vater rettc; nicht
wahr, mcin Hcrz? Ach! Gott sei uns armen Men-
schenkrndern gnädig — ich kann, ich darf j» nicht!

AuSwärtkgen erklärt sich gegen den Antrag,
welcher ohnc Veranlaffung die Sache hinaus-
schieben und einer Ablchnung gleichkommen
würde. Nach dreistündiger Dcbatte wird der
Antrag Behrendr (Danzig) abgelehnt und
nach dem Commissionsantraqc der Couvention
die verfaffungsmäßigc Zustimmung ertheilt.

Wien, 30. Mai. Die „Allgem. Ztg."
behauptct, durch „Mittheilungcn aus authenti-
schen Kreisen" in ben Stand gcsctzt zu sein,
cinigcs Lr'cht in die Sclbstmordgeschichte des
Grafen Teleki zu bringen. Sie erinnert an
dic bekannte Vergaiigenheit des Grafcn und
an sein dem Kaiser Franz Zoftph auf Ehren-
wort gegebenes Versprechen, „allc und jede
Derbindung mit Frankreich, bem Auüland und
dcr dorr sich aufhaltenden Revoliztionspropa-
ganda abbreche» zu wollen", und fährt dann
fort: „Leiber war cr in seinen politischen ge-
heimen Agitationen bereits zu weit gegangen;
er hatte, gestützt auf bie ihm in Frankreich
gewordenen Zusicherungen und Vcrsprechuugen,
bci einer gewiffen Partei allzu sanguinische
Hoffnungen erweckt, und konntc nnn nscht
mehr zurück, ohne sich vor dcrselbcn zu kom-
promittiren. Falsche Scham war es baher,
welche ihn veranlaßle, sich neucrdings an
Frankreich zu wenden, und sich bcrufend auf
früherc Versprechungen, um eine enbgiltige
enischeidende Antwort zu bitten. Da erhielt
er denn auf geheimnißvollste Weise ein Schrei-
ben, wonach Kaiser Napoleon erklärt: Teleki
habc ihn stets mißvcrstanden, er könne nie
uud nimmer derlci Anforderungen, die cr unv
die ungarische Sache an u'hn stelle, erfüllen,
ohne sich selbst zu gefährden uud vor ganz
Europa zu komprvmittiren; kurz, dieser Brief
schlug alle Hoffnungen, die Teleki und seine
Partei gehegt, gänzlich nieder. Auf wunder-
bare Weise war einer dem Kaiser und den
österreichischen Zntereffen lreu ergebe'ncn Per-
sönlichkeit vie Eristenz dieses Briefes bekannt
gewordcn. Er wußte sich auf noch heut un-
dekanniem Wege denselben zu vcrschaffen, und
sandle ihn sosort, ohnc irgeiibweiche» Nutzen
oder Vvrtheil zu begchrcn, an das Ministerium
nach Wien, welches ihu ohne Verzug in bie
Hände des Kaiscrs gclangeu licß. Se. Maje-
stät bcfahl nach Durchlesung dcs Schreibens,
das kaiserl. Hanbsiegel darunter zu drücken
und es ohne jcdes erläuternde Wort über den
Hergang wohlversiegclt an den Grafen Tcleki
zurückzuschicken. Die Nacht nach Empfang
dieses BriefeS erjchoß stch Teleki; dies war
bie Antwort, bie er seinem Kaiser gab. Allc
die vorangeführten Umstänve, seine Erwartung
auf die Antwort aus Paris (denn daß baS
erwähnte Schreiben eine Antwort auf ei»
früheres war, soll dcutlich aus dcm Znhall
hervorgcgangen sein), endlich scinc Besorgniß,
als er ben Verlust des Briefes bemerkt haben
mag, dürften als der beste Kommentar über
das Motiv zu dcr großen Ausgeregtheit und
Ueberreizung, wclchc bie Zeit an ihm bemcrkt
wurde, dienen, und somit manchcs Räthsel
gelööt erscheinen."

Wien- DieAdrcsse, welche bie Mchr-
heit bcr hier lebendcn, der intclligenten Claffe

Sage mir, glaubst Du selbst «irklich an dic Un-
schuld Dcincs Vaters, gegcu den Allcs zeugt?"

Metta lcgte die Hand auf die beklvmmene Brust
und entgcgnete: „Ach weiß es nicht!" — und dabei
fing sic an bitterlich zu «einen. „Jhn vergraben",
sagte sic dann weiter, „das wird er dvch wvhl schwcr-
lich gcthan habcn; allcin daß der Bursche dort im
W^dc von dcn crhaltenen Schlägen gcswrben sein
mag, das halte ich selbst nicht sür unwahrscheinlich.
Gott weiß es."

„Liebcs Kind", wandte der Richter ein, „ZcnS
Lorscn hat ihn ja in jcner Nacht im Gartcn, und
die Magd auf der Diele des Hauses gesehen."

(Kortsetzung folgt.)

Müller. Na was sagst du denn zu dieunjlaubliche
Noblesse in Dresden? — tL-chnltze. Was is denn
wieder los? — Müller. Ein Advokat Dr. Papper-
mannhatsür verschiedene L-chillerloosinhaber den Ätajor
Serre verklagt, weil die jezogenen Gewinne nich den
versprochenenKaujpreis haben sollcn. — Schultzc. DeS
is recht! Janz recht! Wenn Jemand i,r Deutschland noch
so beschränkt is, sich aus uncijennützige Weise sür einen
wahrhaft edlenZweck auszuopsern, der oerdient,
daß der Pöbel ihü verdächtigt, etwas dadci ver-
dient zu habe». (Kladd.)
 
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