Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
März
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0295

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7L.


Donnerstag, 28. März


L8SL

in demselben Augenblick zeigle man Pius IX.
sciiie Wicderelllfichrung an. Die Bersainiii-
lnng war hinlkrgaiigcn, iind dic römische Re-
publik war folglich, Dank ciiicr Ucberraschuug,
übcr den Haufcn geworfcn. (Bewegung.) Aber
Gott läßt sich von den Mcnschcn nicht hintcr-
qehen. An dcm Tagc, da Pius IX. unicr dem
Schutze der freinden Bajonctte in Noui ein-
zog , hatte cr aufgehvrt, Souvcrän zu ski»,
unv die wcltliche Macht war für immer todt.
Durch unsere Waffen zurückgeführt, konnte der
Papst die Herzen seiner Unterthaiicii nicht wic-
der finden, und er wird »ur durch das Schwert
Frankrcichs aufrccht erhalten; zieht cs daffelbe
znrück, uud der päpstliche Thron stürzt. Zul.
Favrc schildert hierauf Vic weltliche Machl dcs
Papstes und führk zu ihrer Charakicrisirung
mchrcre ofstcieUk Dvcumelitc an. Dicse dcn ital.
Bevölkerungen auferleglc Herrfchast, fährl er
fort, ich verdamme sie niit alleu Großmächtcn
Lurvpa's, mit eucrn Staatsinänncrii, mit cucrn
Gesandten, mit euernMinistcrn, welcheerklären,
daß diescs Regime unerträglich ist unv daß
die Dienstc, welche wir dem Papstihum ge-
Icistct haben, nur mit Undank uiib Spolt ver-
goltcn wurden. Mil warmen Wvrten bcfpricht
cr sodann dcn Enthiisiasinus, wclchcr sich bci
dem italienischcn Krieg in Fraukreich unv Zta-
licn geliend gemacht hat. Abcr in wclchcr ilage
besindcn sich unscke Soldatcn? Daffelbe Frank-
rcich, wclchcs den Eiithusiaoiiius hcrvorruft,
untcrdrückt ihn in der ewigcn Siabt. Jst dics
cine gcrcchte und ehrcnhaste Pvliiik? Kann
einc solche Situation fvrtdauer» ? Will Frauk-
rcich seine tapferstcn Kindcr zwiugcii, dcn Zia-
licncru deu Munv ziizuhalieu, wclchc auSrufeii
wollcn: „ES lebc Frankrcich, es Icbc dcr Kai-
scr!" Dcr Friedcn von BiUasranca hat Frank-
rcich in vie vcrwickcltsten Bcrlcgciiheitcn vcr-
sctzt, cr zwang cs, dcm Willcu ber Bcvölkc-
rungcii zuwiberlaufkiibe Raihschiäge zu erthei-
lcn, odcr in de» Augen Europa's a» Ansehcn
zu verlicrcn. Dcr Frtede vou Billafrauca hat
tie Lccupation Roms mchr als je unpolitisch
gcmacht. Die vvn Frankrcich an dcu Papst
alcich nach seiner Wicdcreiiiführiing geslclllcn
Foiderungcii in Bctreff dcr Rcformcii sinb,
wie vorauszusctzen war, gescheitert. Frankrcich
hielt scine Rcgierung aufrccht, wclche es uiiß-
billigle. Eincn Augcnblick haite man Lust, bie
Truppcn von Rom zurückzuzichcn, abcr da
kam das Ulitcrnchmen Garibalbi's dazwischen.
— Da ich gerade bci Garibalvi stche, so wtll
ich inir folgcnbc Bcincrkung crlaubcn. Gari-
balbi hat nicht durch die matericUe Kraft bie
ncapolitanische Monarchie uuigcstürzt, sondcr»

dieselbe ist durch Verachtung und Unpopula«
riiät gesunken. Denn cinzig stehk in dcr Ge«
schichte da, daß Garibalci nach allen seinen
Sicgen nicht alS Dictaior, sondern wie ein
ciiifachcr Tourist, nur von 5 Frcundcn be-
gleitet, vor Neapel erschicn. (Gelächter.) Uin
seine Macht zu grünben, gcnügte es ihm, das
Herz Ztaliens zn öffnen und tie Hoffiiuug drr
Nationalität hinctnstrahlcn zu laffcn. — ...Eincn
schwcrcn Vorwnrf habc ich dcr Negicrung zu
machcn, da es ciiie Ucbcrirciung dcs Gcsctzcs
sst, daß sie cincn französischcn Gcneral cr«
mächtigle, in frcmde Dicnste zu tretcn. Das
französische Gesctz bcstraft kcn Bürger, der
sein Land verläßt, uin ciiiem freiiidcn Herrn
zu tiencn. Ebenso crhebt sich tcr Ncdner gcgen
dic zu Gunsten des PapstcS vcranstaliclen Gcld-
sammluiigcn. Mit ganz bcsoiidercm Nachdruck
und nicht ohne lebhaftcn Widcrspruch eines
Thciles dcr Kammer führt cr aus, wie Pie«
mvnt keineswegS das Bvlkerrecht verlctzt hadc,
lnbcm cs iu tcn Kircheustaat eingeruckt sci,
um bie scine Sichcrhcit bcdrohcudcii papstlichen
Truppcn zu zerstrcucn. Ein GlcicheS habe ja
auch Ocsicrrcich 18ö9 gege» Piemont gclhan.
Castclsibarbo sei cin Kriegscrcigniß, kcin Hin-
tcrhalt gcwescn, unb wcnn dasclbst französi-
schcS Blut gcfloffcn, so sci die Tvleranz der
französlschcn Negicrung dafür vcraiitworllich.
Das ganze Bvlk habe nach scincr Befrciung
die Haiibc nach Picmonl ausgcsticckt, und
wcnu hcute sich dcr großen iialiknischcn Ein-
hcitsbewegung nvch ctwas wibcrsrtze, so sci
bics uur Rom', over vielmehr baS Schwert
Frankrcichs; dcnn wcrde ticscs zurückgczogcn,
fo gebe eS für daS Eiiihcitsweik kciu Hin-
bcrmß mchr. Eiilwcbcr müffc mau dcn nakio-
nalcn WiUcn achtcu, ober ihu votlkomiiirn ver-
'nichtcn. Eine Eiilichcibuiig durch ben Evugrcß
sei nicht zu erwaiicu, ba dicser sclbst unter
bcu gcgebciicn Vcrhäliniffc» uiimöglich sci. Es
gebe alio nur zwct Auswcgc, cniwcder uiüffc
man Roin verlaffcn, okcr dcn vvUstänvigen
Kirchenstaat wicvcr zurückcrobcrn. Äber da zu
blciben, wie maii jctzi sci, vie Gcndarincn dcs
Papstcs znmachen, bicMaiiifcstailoncn zuGun-
stcu Lici. Euiaiiiiels zu nntcrdruckeii, die ilalicn.
Patrioicn hicr, bie papstl. Zuavcn bort zu be-
wachen, daS sci keine der Poliiik ber großc» fran-
zös.Ralivn wurbigcRoUc. DieWicdcrhcrstellnng
der welilichen Macht deö Papstcs sct kcmcs-
wegs cin französifches Zntcrcffc. Man könne
dies nur mit voUkvmiiieiicr Uiikciiiilnlß dcr
Geschichte Frankreichö.sagcn. Die Könige »on
Lubwig dem Heiligeii diö auf Napolcon 1.,
seien stetS den Ucbergriffcn der Päpste ent-

Adreßverhandlungen im gefstzgeben-

den Körper über -ie römische Frage.

Jn der Sitzung des gesctzgebenden Kör-
pers vom 21. März crgriff zucrst I. Favre
das Wort zur Bcgrüiidung sciues Amenkkmeiitö,
das dic Zurückzichuug der französifcheii Ti uppcn
aus R o m vcrlangt. Der Rcdncr schilbert
zuerst bie Ereignisse »on 1847 nnd 1848; wic
man 1847 geglaubt habe, das Papstthuin wollc
sich mit der italiciiischcn Unabhängigkcit ver-
söhncn, wie das allcs aber nur ZUusion ge-
wcsen sei; denn bas Papstthum und dic Frci-
heit scicn zwei Mächte, von bcnen, bci ihrer
Berührung, eiue uniergehc» müffe. Der Kricg
mit den hinter dcn Wincio zurückgcworfcncn
Ocstcrreicheru war dainals unvermeiblich, uub
der Papst wurde aufgcfordert, gleichfalls sein
Contingcni zu stellcn; er scgiiete auch wirklich
die Fahnen der Bcfieiungsarmcc, bekam aber
kurz Larauf wicdcr Reue und rief durch eine
denkwüidige Encpclica die Truppcn wieder
zurück. Dcr Papst erinnerte sich damals seincr
hohcn Mission, alö Sicllvertrclcr dcs Urhebcrs
dcs Friedcns und Lcs Lchrcrs kcr Barmherzig-
keit. Er licß das Schwcrt sinkc», wclchcs doch
dic wescntlichste Bedingung seiner weltlichcn
Macht ist, unb dankic ab als Souverän.
PiuS IX. floh uach Gacla, uud wcnn Karl
Albert bc> N'ovara nichk bcsicgt wordcn wäre,
so würde bie Trcnnung dcr beiden Gcwaltcn
dcs Papstcs jctzt cinc Thalsachc scin, welche
ganz Europa anerkannt' habcn würde. Was
lhat jcdoch hierauf Frankrcich? Es fandte cine
Erpcbilion nach Nvm nnd slclltc die wcltliche
Macht des Papstcs mit Waffcngcwalt wieder
hcr. Auf Frankrcich ruht dcßhälb dic Verant-
worilichkeik, dercn Folgcn hcute so schwcr auf
uns lastkii. Jch weiß, daß cs schwicrig ist, zu
sagen, was das Lanb will; abcr ich glaube
bestätigen zn könncn, daß däs Land dic Wie-
dcrherstellung der weltlichcn Macht bes Papst-
thums nicht wollte. (AnSrufungen auf mchre-
ren Bänken.) Das sranzösische Erpcditions-
corps wurdc, wie inan die gksctzgcbende
Vcrsammlung versicherke, nur in der Äbstcht
nach Rom gesandt, um ber drohcndeu Hcrr-
schaft Oesterrcichs Widcrsland zu leisten. Zwci
Minister gabcn ihr Ehrcnwort, taß bic rö-
milche Republik nicht beeinlrächiigt würde. Ge-
ncral v. Lamoiicierc crklärte, wcnn die Com-
missivn geglaubi hätte, daß Frankrcich nach
Jlalien ginge, um im österreichischcn Sinne
zu handcln, so würde sie ihre Zustiinliiung
nicht gcgcbcn habcn. Auf diese Erklarungcn
hin wurde die Erpcdition voiirt. Wohlan!

Ein Abenleuer unler Gettlern.

Mitgciheill von Ed. Franke.

(Fvrtsctzung).

„Sie kleidete sich um, zog sich dunkel an, damit sie
m der Dunkclhcit nicht so leicht bcmcrkt werde. —
Sic vcrstehen sich — ich habe cs lirngst gemcrkt. —
Trafcn sie nicht zulctzt immcr zu glcichcr Zcit„ gegen
Abend, am Dürchhanse zusam'mcn? — Abcr sie soll
ihn heute' zum Letztcnmalc gcschen habcn. — Er
nimmt dicsen Weg zum Adjutantcn Ruse — cs ist
der kürzcre — cr gcht !hn gcwöhnlich." —

Bei Ncnnüng meines Namens und wcil eS ihncn
klar schicn, daß hicr ein Vcrbrcchen vollführt wer-
den solltc, brachen die Soldatcn Nus dem Hinter-
haltc hcrvor; allcin ihre Waffcn machten Lärm —
das Gcsiiidcl entkam, trotz der sorgfältigstcn Ver-
folgung.

Da Sie nun gestern nicht crschicncn und Jhncn
durch das Verschcuchcn der Gauner auch kcin Un-
fall zugestoßcn scin konnte, ciltc ich in allcr Frühe
hcr, Sie zu warncn. Zu mciner Verwunderung
findc ich Jhre Thüre verschlosscn. — Ach klopfe —
keine Antwort - und doch war es mir, als ob sich

drinnen etwaS regc. — Jch gehe hinaus auf dcn
Gang — schaue von Außen in's Kcnstcr und sehc
cine weiblichc Gcstalt auf dcm Sopha licgen. —
Das Haupt war abgewenbet. — Jch hiclt mich cine
Weile ruhig. — Jctzt bcmerke ich, wie dic Gcstalt
lcise den Kopf erhebt und nach dem Fenster schiett.
— Sie mußtc mich crbiickt habcn; dcnn sie schloß
rasch «iedcr die Augcn, that, als ob sie sich ün
Schlafc gcwendct und blicb scitwärts liegen; aber
dcnnoch, so stüchtig ich auch gcstcrn Abenv das Gc-
sicht bes dic Wachc am Ncugcbäude fragcndcn Frauen-
zimmers erblickt, ich wollte darauf schwörcn — sic
und die schcinbare Schläferin sind eine Person. —
Ach muß nun freilich vcrmuthen, Sie wurdcn
gcstcrn Abend von ihr gefundcn, das Ganzc sei cinc
sttäiro ck smour und will keineswcgs indiscrct sein;
allcin dennoch warnc ich Sie. Untcr jcncn Gau-
nern war von cincm Fraucnzimmcr die Rede und
eS wäre also nicht unmöglich;-daß sie unter einer
Deckc spiclen." — Entschloffen, das Abcnteucr allcin
zu enthüllen, licß ich ihn bei drm Glaubcn cincr
Liebcsavcntüre, sagtc ihm — cin Ncbenbuhlcr habe
das bcabsichtigtc Rcndczvous zu stören vcrsucht, sci
mir jedoch, wic cr bemcrkt, dadurch nur nützlich ge-

worden, dcnn die Furcht habe daö Mädchcn zu
eincm Schritte verlcitct, welchcn sie sonst nie ge-
wagt habcn würde. Bat um fcrncrc Discrction
und vcrsprach ihm spätcr, allcs mitzuthcilen, dankte
ihm noch für dicscn ncucn BcweiS sciner Freund-
schast und empfahl mich.

6.

Wenig Minuten und ich stand vor mcincr Woh-
nung. Skatt soglcich rn's Zimmcr zu rilcn, trieb
es mich, vom Gangc aus durch das Fcnster zu
spähen, um dic etwa noch Ruhcnde durch rasches
Schlicßcn nicht zu crschrccken. DaS Jntcrcffc, wel-
cheS mir das Mädchcn eingcstößt, «ar so groß, daß
die Erzählüng mcineS FrcundeS wirkungslos blicb,
ja nicht im Geringftcn mcin Nachdcnkcn «ach rief,
sonst HLtte hixr schon ein schwachcr Lichtschimmer
über alles Vorgcfallcnc aufiauchcn müffcn.

. Das Fcnstcr crrcichcnd, beuge ich nnr den Kopf
ein wcnig rwr, um die viellcicht Erwachte uirgcschen
zu bclauschcn. — Dic Augen sticrten abcr sp ge-
waltsam hindurch, als ob sie mit Gewalt ctwas er-
spähcn wolltcn, erspähen müßtcn, was nicht vor-
handen war, dcnn nichts war im Zimmer zu sehcn
nicht« zu hörcn. — Aücs tvbt — leer, slille. —
 
Annotationen