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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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Utidelberger Iritung.

88.


Dienstag, L«. April

JnserttonSgebührea für die Zspaltige Petit- M
zeile werden mit 2 kr., bejw. 3 kr. berechaet.

Deutschland.

^ Karlsruhe, 13. April. Kürzlich wurde,
wrnn wir nicht irrcn, zuerst von eincm Kölner
Blatte die Nachricht verbreüet, Se. K. Hoheit
der Großherzvg sei mit dem Herzog von Sach-
sen-Coburg übercingekommcn, dic diploma-
tische und militärische Leitung ihrer Staaten
an Preußen abzutreten, worauf jedoch Prcußi-
scherseits noch nicht eingegangen worden sci.
Dic Urheber und Verbreiter dieser Ente schei-
nen gänzlich vergessen zu haben, daß Baden
ein constitutioneller, und zwar aufrichtig con-
stitutionell regierter Skaat und es somit nicht
wohl denkbar ist, daß eine Maßregel, welche
so nahc an den selbstständigen Bestand des-
selben rühren würde, mit gänzlicher Umgehung
des Mlnisteriums und der Landesvertretung
hättc ei'ngeleiket werden wollen. (Wir habcn
aus diesem Grunde von jenem Gerüchte 'bis
jetzt keine Notiz genommen. D. Red.) Die
bekannte und mehrfach bethätigte deutsch-pa-
triotische Gestnnung unseres Großherzogs stellt
es zwar außer Zweifel, daß derselbe an Opfer-
willigkeit keinem dcutschen Fürsten nachstehen
-.wird, sobald cs stch um gemcinsame Maßnah-
men zum Schutze des großen Vaterlandes han-
delt. Ein einseitiges und verfrühtes Aufgeben
der staatlichen Selbstständigkeit zu Gunsten einer
andern Macht würde just Baden und seinen
Herrscher zum grvßten Theil des Ansehens
und Einstusses entkleiden, der ihm bei der
Entschkidung über gemeinsame deutsche Ange-
lcgenheiten als souveränen Bundesgliede zu-
steht und dessen es nothwendig bedarf, um zu
einem zweckdienlichen Uebereinkommeii das Sei-
ni'gc beizutragen.

Kgrlsruhe, 14. April. Geh. Re-
gierungsralh Gockcl ist in Nuhestanv vcr-
setzt, Referendär Frep zum Sekretär beim
evang. Oberkirchenkirchenrath ernannl.

Heidelberg, 12. April. Dic Berathun-
gen der vom großh. Handelsministerium ein-
berufenen Notabeln zur Begutachtung des Ge-
werbegcsctzentwürfö sind vorgestern zu Ende
gegangen. Außer den Mitgliedern des großh.
Haudelsministeriums nahmen auch Vertreter
der andern Ministerien an den Berathungen,
welche unter dcm Vorsttze des Prästbenten dxs
Handelsministeriums gcführt wurden, Antheil,
so Ministerialrath Ammann von Seite dcs großh.
Zustizministeriüms, MinisterialrathSchmidtvon
Scite des großh. Ministeriums des Jnnern und
Ministerialrath Regenauer von Seite des großh.
Fliianzmilirsteriuuis. Wir beschränken uns vor-
läufig auf die Mittheilung, daß im Allgemei-

Ein Abentcuer unler Settlern.

Mitgetheilt von Ed. Franke.

(Fortsctzung).

Die stets abweichende Richtung und tiefe Finster-
niß machten mich so wirre, daß ich gar nicht inehr
wußte, wo ich mich eigentlich befand. '

Kein menschllches Wesen, nicht einmal ein thieri-
scher Laut ließ sich vcrnehmen. Alles öde und stille,
als ob «ir auf einem Kirchhofe wandelten. — Bei
unserem Ausgange jeder Furcht bar, mußte sich
diesc aussteigend, ohne lautc Acußerung, in mir
kundgeben, denn mein Führer stand Plötzlich stillc
und sagte:

„Jhr zittert ja. Habt Jhr Furcht? — Wenn
das ist, laßt uns umkchren. — Furcht gibt uns
unsern Feinden sicher in die Hände. Jch will aber
nicht, daß Euch Leid geschieht; doch müßt Ahr da-
zu mitwirkcn, sonst gclingt's nicht/'

„Der ungebahnte Weg — dic unheimlichc Stille,
ein leises Frösteln in der seuchtkaltcn Lust — durch-
ricselt mich — weiter nichts", — sprach ich letse,
doch etwas zittcrnd.

„Dic Einsamkeit und Stille ist jetzt zu Ende —

nen die Grundsätze, denen der Gesetzesentwurf
huldigt, angenommen und i'n Folge hi'evon auch
di'e einzelnen Paragraphcn gutgeheißen worden
stnd. Nur in Bczug auf die Errichtung von
Gewerbekammern hat fich die Anstcht dahin
ausgesprochen, daß wegcn der großen Verschi'k-
denheit der Vcrhältnisse in Baden es besser
wärc, vorerst auf nähere Bestimmungcn zu
verzichten und die spätere Ausführung dem
großh. Handelsministerium, das je nach den
örtlichen und persönlichen Verhältniffen ab-
und zugeben könne, zu überlaffen. Dem Ver-
nehmcn nach zeigte fich in den Berathungen
nicht selten eine große Verschiedenheil der An-
fichten zwischen den Männcrn der Theorie
unv der PrariS. Ersteren ging der Entwurf
in manchen Punkten, z. B. im Alter zum Ge-
werbsbetrieb nicht weit gcnug, allein die leß-
tcrcn pflichteten den Anfichtcn der Regierung
bei. — Die Verhandlungen wurden durch zwci
Stenographen aufgezeichnet und sollen durch
den Druck vervffcntlicht werden.

<? Vom Neckar, 13. April. Das in
Oesterreich neu erschienene Protestantengeseß
verdient eine um so größere Beachlung, als
dicses endlich einmal eine Maaßregel ist, bei
welcher es fich nicht blos um Namen und
Formcn handelt, deren wahrhaft liberaler Geist
viclmehr keinen Zweifel übrig läßt. Das lei-
dige Concordat ist hiedurch factisch aufgehobcn.
Zugleich ist hiedurch eine alte Schuld gesühnt,
welche fich das Haus Habsburg zur Zeit der
Ferdinande dem Protestantismus gegenüber zu
Schulden kvmuzen ließ. Vor dem dreißigjäh-
rigcn Kriegc waren fast drei Viertheile des
vsterreichischen Volkcs zum Protestantismus
überqclreten, aber während des Verlaufs je-
ncr für Deutschland übcraus traurigen Epoche
zu dem, nach Ferdinands II., des Jesuitcn-
zöglings, Anslcht, allein selig machenden Glau-
beu großentheils zurückbekehrt worden. Diese
ganze Zeit über lastete, mit Ausnahme der
Regierungsperiode des hclldcukenden Joseph II.,
auf dem Protestantismus ein arger Druck,
so daß stch auch jetzt noch dic Änzahl der
Protestantcn auf nur etwa 300,000 belanfen
svll. Ungarn ist hiebei nicht mit inbegriffen.
Die dort wohnenden Protestantcn betragen
über 2 Millionen. Was Böhmen betrifft, so
war der altböhmische oder czechische Adel noch
vor Huffens Zeitcn durchaus protestantisch,
ist jedoch schon zu Ansang des dreißigjährigen
Krieges (nach der Schlacht am weißen Berg)
völlig ausgerottet oder zur Auswanderung ge-
nöthigt worden. Die großen Gütcr desselben
crhielten andere Adelsfamilien, meisteus deutsch-

das Blut wird bald wieder wäriner durch Eure
Aderu rollcn. — Gebt mir Euren Mantel."

Er nahm mir denselbcn ab und wickelte ihn sammt
dem seinigcn zusammcu, dann verbarg er das Paquet.

„Wir brauchen hier keine Umhüllung mchr. Bei
unserer Rückkehr werden wir sic wieder finden. —
Jetzt mit aller Furcht über Bord — frank und frei
mitdem^Schifflein indicgesuchtc Buchtund habtdop-
pclt acht, damit das Auge nicht geblendct und die
Vorsicht vergeffen wird. — Er legte mcinen Arm
in dcn sctnigcn und wollte weiter. — Ach hicltihn
einen Moment. „Jhr flößt mir wirklich Jntereffe
ein — seid nicht ohne Bildung, das leuchtet aus
Wort und Bcnehmcn hervor. — Stellt Euch mor-
gen Abend bei mir ein — wir werden ungestört
sein. — Jch freue mich, Euch nahcr kenncn zu
lcrnen — aus Eurem früheren Leben Manches zu
erfahren."

„Ja, ja", fiel er ein. „Ach bin übcrzeugt, daß
mit meiner Biographie mchr zu machen ist, als mit
jenen schalen Liebes- nnd unwahrscheinlichen Hof-
intrigucn, womit die Welt übcrreich gefüttert wird.
— Thatsachcn, wic ich sie geben kann, verschlingt
Zcder mit Heißhunger. Man fürchtet sich zwar da-

österreichischen UrsprungS, oftmals Creaturcn
und Günstlinge Ferdinands II. zum Eigenthum
oder zum Lehen. Dereu Nachkommen, dr'e
jetzige Ariflokratie Böhmens, haben sich, zum
Danke hiefür, in neuestcr Zeit mit der ultra-
czechischen Partei in Böhmen allii'rt, um der
Wiener Hofburg, in welcher jetzt ein später
Enkel jenes Ferdinands restdirt, womöglich
ähnlichc Verlegenhciten, wie in Ungarn und
Galizien, zu bereiten, ein neuer Beweis für
die alte Richtigkeit des Satzes, daß die Söhne
die Schuld. dcr Väter zu büßen haben. Jn-
dem wir indessen hoffen wollen, daß das auf
neue Bahnen cintrekcnde Oesterreich auch über
diesen Stein des Anstoßes hinwegkommen wird,
wic übcr so manchen andern von größerer
Bedeuiung, schließen wir für jetzt, dessen jetzige
Berhältniffe einer künftigen umfaffendern Be-
sprechung vorbehaltend.

Freiburg, 11. April. D'er hier neube-
gründete Arbeiterverein hat eine so lebhaftc
Theilnahme gefunden, daß demselbcn schon
gegen 200 Mitglieder beigetrctcn und weitere
Anmeldüngen eingekommen sind.

Speyer, 11. April. Fast täglich gehen
Transporte von Pfcrden hier durch, welche
für Jtalien bestimmt sind. (Pf. Z.)

Frankfurt, 13. April. Wir haben schon
berichtet, daß trvtz der jüngst vorgenommencn
Verhaftung die Verbreitung anonpmer Schand-
briefe mittelst der Stadtpost immer weiter vor
sich geht. Unter Anderen erhiclten vorgestern
viele Perssnen einen Brief von eilf engge-
schriebenen Quartseiten, der an Frechheit die
bisherigcn Leistungen wo möglich noch über-
bietct. Er gibt cine ausführliche Zusammen-
stcllung aller anonpmen Schandbriefe und An-
zeigen, durch die scit nngefähr 5 Vierteljahren
bis vor zwei Tagcn einzelne Privatpersonen
gekränkt und verlästert wurden, und spiegelt
sich wohlgefällig in diesen Thaten, die er alle
als das Werk des BriefschreiberS und sciner
Bande darstellt.

Haunover, 11. April. Die Adreffe,
wclche die Dcputation des Nationalvereins
persönlich nicht übcrrcichen konnte, ist aus
Herrn v. Bennigsens Feder gefloffen und
lautct folgendermaßen: „Aüerdurchlauchtigster
-c. rc. Eine Versammlung unabhängiger
Männer aus allen Theilen des Landes, welchc
hier in Hannover zusammengctreten ist, fühlt
fich berufen und verpflichtet, vor Ew. König-
lichen Majestät in diesen gefahrdrohcnden
Zeiten ein offenes Zeugniß über die Gefühle,
Befürchtungen und Erwartungen deS Han-
nvverschen Landes abzulegen. Die regelmä-

bei — aber man macht alles ohne Gefahrmit durch.

— Darin biegt der Reiz — besonders für die Wei-
ber — sie lesen am begierigsten, was am unheim-
lichsten tst. — Gut denn, ich sorge morgen Abend
sür die Untcrhattung — Jhr für den Wein."

„Jhr wurdet zu etwas Befferem gcboren" —
sagte ich.

„Wozu wtrd der Mensch geboren?" rief er. —
„Zum Essen und ^Lrinken. — Die Befrtedigung
dicses Bebürfniffes ist das Triebrad zu allen unsern
Unternehmungen. — Sind wir dabei glücklich —

— gcrathcn wir gewöhnlich auf Abwege. — Der
Gaumen wird verwöhnt und stcigert entweder dte
Bedürfniffe nach allcn Richtungen — oder wir »er-
sagen uns das Nöthigste uizd werden Gcizhälse, —
beeinträchtigen nun durch zuvieloder zu wenig lieber
uns sekbst — statt dcnen mitzutheilen, welche das
Glück nicht begünstigt hat — den Bettlern. Die
Bettelei und dcr Diebstahl aber sind als Mann nnd
Frau zu betrachten und heimlich vermählt. — Der
Mann ist immer verpflichtet für die Frau zu sorgen.

Sind nun die Schvoßkinder des Glückcs hart
gegen dic Frau, die Bettelei — s» suchtder Mann,
der Di-bstahl, die Ungerechtigkeit des Schicksals gut

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