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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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Mittwoch, 2S. Mai



18SL.

Deutschland

Bon der Rench, 26. Mai. Heute mor-
gen wurde eine 22jährige Frauensperson von
Herzthal, O.-A. Oberkircy, crmordet und ihres
Geldcs im ungefähren Betrag von 600 fl.
beraubt. Dcr Thäter svü im Augenblick noch
unbekannt sein.

Stntrgart, 25. Mai. Der „St.-Anz."
bespricht in einem Frankfurter Artikel das
Flugblatt des Nativnalvereins über die Bun-
deskriegsvcrfassung. Darin heißt cs: »Sich
ihrer Machtbefugniffe begeben kvnncn diese
(dic Mittelstaaten) nur, wenn cs cinem all-
gemeinen, wirklich beuischen Jnteresse gilt...
Es ist übrigens anch dann noch die Frage, ob
die Großstaaten beffere Führer abgcben; denn
wie die östcrreichische Armee im italienischen
Kriege anerkannt schlecht gcführt war, so
konnte cs wohl auch keine jäminerlichere Füh-
rung geben, als die ber preußischen Truppen
im Trcffep bei Waghäusel, wo sogar badische
Artillerieuntcroffizicrc ein befferes Führertalent
zeigtcn." Damit man abcr nicht verkenne,
daß der „Staatsanzeiger" nur aus particu-
laristischen Motiven so spricht, fügen wir bei,
daß derselbe besonders gcgen eine starkc Cen-
tralgewalt und ein Parlament eifcrt. Dann
schließt er pathetisch: „Weun übrigens die
Brvschüre von ber Hinneigung einiger dcut-
scher Cabinete zu Frankreich spricht, so ist
dies Verlenindung und wir muffen die Ueber-
zeugung aussprechen, daß dies nimmcrmehr
von einem deutschen Minister gesagt werdcn
kann."

Mainz, 22. Mai. Gestern wurde mit
Ueberbrückung dcs dritten 2-ogens der stchen-
den Eisenbahnbrücke am rechten Rheinufer be-
gonnen. Dic Riescnarbeit soll bis December
d. I. vollendct werden. (M. A.)

Bonn, 25. Mai. Gestern durcheilte un-
sere Stadt im Flugc eine ungeahule Schre-
ckenskunde. Ein allgemein geachteter Mann,
Hofrath Spitz, Quästor dcr Universität, hoch
in den Jahrcn, in den besten Vermögens-
Verhältniffen lebend, besonders geschäpt als
Beamter wegen seiner überaus pünktlichen
und gewiffenhaften Geschäftsführung, hat sei-
nem Leben, wie einstens Sencca in Folge
des ihm gewährten likvrum mortis srbitrinm,
im Babc durch Einschneiden der Abern ein
Enbe gemacht. Dcr Grund dcr furchtbaren
That ist uiibekaiini. Es läßt sich nur ver-
muthcn, daß körperliche Leiden den sonst kla-
ren und heüen Geist in einem unbewachten
Augenblicke verwirrt und übcrwältigt einen

Es wrrLe Licht!

Herrn Wissmeister Brugger in reinster Hochachtung
gcwidmet.

Als, cin unsichtbar Licht im Dunkel,

Der Urgeist auf den Waffern ging,

Und keiner Leuchte Goldgefunkel
Am finstern Firmamente hing,

Da rief er, deffen mächtig „Werde"

Das Chaos fchuf, ein Nachtgedicht:

„ES fahre Lcben in dic Erde,

„Es «erde Licht!"

Und plötzlich stand am Himmelsbogen
So flammend hell der Sonnenball;

Da lächelten die schwarzen Wogen,

Da lächelte das öde All.

Nun schlug d,er Puls im Wcltcnreiche;

Froh ward des Schöpfers Angesicht;

Das Lebcn prieß ihn, nicht die Leiche —

Denn es «ar Licht.

Was er ins Dasein noch erkoren,

Bis zum Geschöpf vcrnunftbeseelt,

unseligen Entschlnß rasch zur Ausführung ge-
föidert habcn. (Kln. Z.)

Würzburg, 23. Mai. Zur Militärcon-
ferenz sinb die Bevollmächtigten vvn dcn Kö-
nigreichen Bapern (Generallieutenant v. d.
Mark), Sachsen (Geiicralinajvr Stieqlitz),
Hannvver (Gcneralmajor Müller), Württem-
bcrg (Gencral v. Wicderholt), Churfürsten-
thum Heffcn (Oberst v. Mayerfeldt), Groß-
herzogthum Heffen (Oberstlieutenant Beckcr),
Herzogthum Naffau (Major v. Arnvldi) an-
gekommen.

Berlin, 23. Mai. Der Polizeilientenaiit
Greiff ist gegen Steüung einer Cautio» von
2000 Thlrn. seiner Haft cnilaffcn wvrdcn.

Berlin, 24. Mai. Veranlaffung zu ber
hciitigen Jnrerpellation in der Kammer wege»
der Amnestirten gab eine in der heutigen „Bos-
stschen Zeitung" enthaltene Erklärung Ronge's,
nach ber die Poiizei in Breslau die Amnestic-
Ordre in derselben Wcise auslegt, wie bie
hiesige, unb demznfolge aoch Ronge als eincn
Auslänber ansiehk, ber die Verleihung des
preußischen Jndigenats von Neuem nachzu-
suchen hat. — Jnzwischen hat sich auch der
Minister bes Jnnern in einer untcrm 2t. d.
M. erlaffenen Verfugifiig ganz im Sinne des
hiesigen PolizeipräsidiumS ausgesprochcn; es
heißt in dieser Verfügung: „Auf Zhre Vor-
steUung vom 2. d. M., die Anerkennung Jh-
rer Eigenschast als Preuße betrcffend, eröffne
ich Ew. Wohlgcboren unter Nückgabc Ler An-
lagen, daß die unter demsclbcn befindliche Ver-
fügung des hicfigen Polizeipräsidiums vom 18.
v. M. gesetzlich gerechtfertigt ist, da Sie, Ih-
rem eigenen Zugestäudniffe gemäß, seit länger
als lO Jahren ohnc Erlaubniß stch im Auslanvc
aufgehaltc» habcu, — hierdurch aber in Ge-
mäßhcit K§. 15 und 23 des Zndigenatgesetzes
vom 31. Decembcr 1842 vie Eigenschaft als
Prcußc vcrloren haben. — Jn Folge des
AUerhöchsten Gnabeu-Erlaffcs vom 12. Jan.
d. hal zwar in Rückstcht auf die prcußische
Sirafrechtspflege Jhrer Rückkehr in die prcu-
ßischenStaateuNichts entgcgcngcstandcn: durch
den gedachien Allerhöchstcn Erlaß ist Jhnen
jevoch das damals bcrcits verlorcne biessci-
tige Unterthanenrccht nicht wieder verliehen
wordcn." — Den betreffenven Flüchtlingen
wird nichts andercs übrig bleibcn, als so
bald alö möglich ihr ihnen vcrlorcn gegange-
ncs Vaterlanb wieder zu verlaffcu und in
ihr früheres Asyl zurückzukehren, das sie, durch
die Amncstic verlvckt, leichtfinniger Weise ver-
laffcn haben.

Berlin, 27. Mai. Jn der heuiigen Siz-

DaS Schönste ist am Licht geboren,

Dem alles Herrliche vermählt,

Die Nacht erzeugt nur Spuckgestaltm,

Das Göttliche vermag sic nicht;

Jedoch d»S Göttliche soll «altcn —

Dcnn es ward Licht. —

O spräche so ein freundlich Wcrde,

Das des Geschlcchtcs Schnsucht stillt,

Die Macht, die eine helle Erde
Zn schrecklich Dunkel cingehüllt. —

Ob nicht der goldne Himmelsfunken
Bald aus den finstern Wolken bricht?

Laut fleht das Volk tn Racht versunken:

Es werde Licht!

So theile dich, du sinstre Wolke,

Dah endlich doch daS Licht frohlockt,

Und fort nicht mehr in meinem Volke
Dcr mächt'ge Puls der Frciheit stockt;

Sie ist die wundcrthät'gc Sonne,

Die Lcbcn in's Erstorb'ne spricht;

O jubclte die Welt in Wonne:

Und eS ward Licht! U.

zung des Abgeordnetenhauses antwortete der
Justizminister auf eine Interpellation über das
Zndigenat Amnestirter: Das Zndigenat sei
durch eiucn zehnjährigen Äufenthalt im Aus-
lande verloren und nur die Rechtsverluste
aufgehobcn. Das Znbigcnat sei staatsrcchf-
licher und nicht strafrechtlicher Natar. Die
Regierung nimmt jedoch die Unbcscholtenheit
der Amnestirten für amncstirte Vergehen an.

Wien, 22. Mai. (Zeit.) Noch gestcrn
Abenb, bald nach der Ankunft Jhrer Majeftä-
ten von Tricst, fand in der Hofburg unter
Vorsitz dcs Kaisers cin Minifterrath über die
ungarische Frage statt, in welchem es sich
zeigtc, daß die bishcrigen Bcsprechungen noch
iminer nicht zu einer vollkommenen Ueberein-
stimmung zwifchen den veutschen und den un-
garischen Ministern geführt hartrn. Beide
Theile wollcn zwar, daß die Adrcffe des un-
garischen LandtagcS beantwortet werde, aber
über den Znhalt vieser Antwort und über die
nachher cinzuschlagenben Schritte differiren
die Anfichten. Herr von Schinerling und
die beutschen Minister wollen in der Antwort,
wie ich schon gestern anbeutete, nur den Nach-
weis führen, daß die auf Wiedereinführung
der Gesetze von 1848 gerichtcten ungarischen
Forderungen ungercchtfertigr seien, da dik Un-
garn selbst auf dem Debrecziner Landtag von
1849 zuglcich mit ihrer Lossagung von dcr
Dynastie auch jene Gesetze aufgehoben, also
die Rechtscontinuität unterbrochen haben; es
sollben Ungarn nur bargcthan werden, daß, nach-
dem sie seldst die pragmal.Sanciion eigcnmächtig
zerriffen habcn, es in ver Machtvollkommen-
heit bes Kaisers liegt, dicselbe wieber aufzu-
richten, oyne deßhalb bie vernichtenden Äefetze
vvn 1848 wicvcr yersteücn zu müffcn. Nach
dicser Antwort soll der Pesther Lanvtag auf-
gefordert werden, die Reichswahien vorzunch-
men, und, falls er stch deffen wcigert, zu di-
reclen Wahlen >n Ungarn, Croatien unb Sic-
benbürgen geschrittc» werdeü. Bieibt auch
diescr Versuch erfolgloS, so wollen bie deur-
schen Minister den gegenwärtig versainmcllen
Reichsrath als compeient zu Beschlüffen über
vie Gesammtmonarchie crklären und bie Zu-
stimmung der Abwescndcn als selbstvcrständ-
lich annehmen. Die ungarischen Mintster da-
gegen, der Hofkanzler Baron Vay, Graf
Szccsen und der ebcn hicr anwesende Zuver
Curiae, Graf Apponyi wollen in dcr Aurwort
auf die Adreffe gleich posttive Vorschläae zur
Abändcrung einiger wesentlichen Artikel der Ge-
setze von 1848 machen und beu ungar. Landtag
aufforvern, diese Vorschläge soglcich in Erwä-

Ein eifersüchtiger Mann.

Nach dem Englischen von Ch.

(Schluß.)

Bald kam dcr vertrocknet aussehende Doktor wie-
der herein und hörte ihre beredten Betheucrungen
mit zerstrcuter Miene an, wic man daS Geschwätz
cines klcinen Kindes hinuimmt, fühlte ihren Puls
und gab dcn Wärterinnen die Weisung, sie in ihr
Zimmer zu führen.

Erschöpft von dcm Aufruhr dcr Gefühle folgtc
sic, ohnc sich im Geringstcn zu weigern. Aber «er
kann den Todcsschaucr bcschreiben, welcher zu ihrem
Herzen drang, als sic in das ihr angewicsene Ge-
mach kam. Da stand ein schneeweißes Bett, ein
Tisch, ein Stuhl, alles nctt und rcin; dcr Duft der
licblich ricchcnden Blüthen drang durch ein vcrgit-
tcrtcs Fenftcr herein.

Einige Erfrischungen wurdcn ihr gebracht, doch
weigerte sic fich, davon zu nehmcn. Sie konnte
nicht «cinen; thrc Augen schienen zu Stcin erstarrt
zu fein. Sie hörte das «ahnsinnige Gelächter ihrer
Mitgcfangenens — fle sah einige dtt harmlvsesten
 
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