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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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Frettag, SS. Kehrugr

^,...._..ührea für die Zspaltige Petit-

zeile werden mit 2-kr., bezw. 3 kr. berechNet. MflMMMM»

Deut s ch l a n d.

KarlSruhe. 2Y. Febr. Das heute erschienene Regte-
rungsblatt Nr. 8 esthälr:

1. Unmittelbare allerhächste Entschtteßungen Sr. Köntgl.
Hohett desGroßherzogs. 1) Ordensvertethung an den
k. t. österreichtschen Kämmerer, Obcrst und Brtgadjer der
dret Fretwtlltgen -Eavällerteregimenter, Leopold Fretherrn
v. Edelshetm, das Eommandeurkreuz 2. Claffe des Ordens
vom Zährtnger Löweu. 2) Erlaubniß zur Ännahme etncS
ftemden Ordens. Dem dtenstthuenden Kalymerherru Wtl-
helm Frhrn. von und zu Gemmingen dcn ihm von Gr.
Maj. dem König von Preußen verltehenen Rothen-Adler-
Orden 3. Clässe. 3) Dienstnachrtchten. Außcr den schon
mitgethetlten wurde der AmortisattonSkasse-Dtrector Scholl
auf ssetne unterthäntgste Bsfte, unter Ankrkcpnung setner
mehr als vierzigjährigen treuxn und ausgezeichneten Menste,
tn den Ruhcstand versetzt, der Oberrechnungsrath Harrer
mtt ber provisorischen Versehung der Stelle eines Dtrec-
tvrs der Amortisattonskasse dcauftrWt, dte durch die Äeur-

laubung deS Wtesenbausncisters dastter erledigte Steüe deS
Wiesenbaumetsters der Domänenadmtnistration dem damtt
seithkr provisörisch betrauten Domänenverwalter Kiltan,
unter Ernennung zum Wlesenbaumeister, übertragen; Ea-
meralpraktikant Mtchael Getffer wurde zum Etsenbahnbqu-
Cassier in Mosbach ernapnt. (Schl. f.)

-- Lluö dep» Mittetrhesflkpetse, 16.

Febr. Zn dem Rdtteck'schtn ßtflatslexicvn le-
se» wir: ,,Man dgrf die Volksschule nicht als
bloßes Anhängsel der Klrche betraHten und
behandeln; man darf ße nicht als ein blvßes
Lorbereilungsmittel zur ktrchllthen Bildung,
den Gchullehrer nicht als Diencr dcs Mar-
rers ansehcn; man uiuß vtcsntehr anerkeiinen,
daß die Schule ctneo eigenen Organismns
bildct, der, wie jeder And>re, um zu eiuem
gedkihlichen Wirken zu gklstngen, vor Alkem
eine ielbslcigeue Lcwcgung ui,r ismwickluiig
rrheischt, sonach nscht de» cbensasls selbstsrän-
bigen Bewegungcn eines andern Organismus
unbedingt zu sosgf» geovthsgt wcxdxn darf.
Sonst crscheint dte ^ch,»le nn,r als
Mittel zu ihr an und für sich freui-
den Zwecken, und die hicrarchisch-
ultramonianeii Parteien übtkn dann
nur ein ihnen zustehenhs.s R.e,cht anS,
wenn sie rie Schulen zur Äerdum»
mung des Volks bennßlen."

Die Wahrheit »nd Richtigkcit.dicses Sätzes
wird auch iäglich mehr vvn nnserm intclligen-
tcn Bürgerthum erkannt, wird vpn Zcdem,
der sich um die geistigc Eiuwicklung dcs dent-
schen Volkcs kümmcrr, gcwürdigci und vpn
erleuchteten Regierungen in seiner Totaliiät
respectirt und darnm Sinrichlungen getrvffcn,
vie dem Treiben seiier Partsi e>n Eyde ma-
chen. Auch in unscrem schvnen Baden, wo
das Concordat gesaUrn und das geistige, wie
das inaierielle Leben.i,g,ch allen St>tsn hui
einen iieuen, herrlichen Aufschmv»g yilnmt,
dars dcr Bürgerstand, cars daS stch um d>e

Bikrnti.q pfr Jugcvd iiileressircnde Puhlicnm
erw.qrtcn, pstß bei dem Vollzng der kirchlichf.n
GeftKe jencr Partei in den Bi,ldnngsstättcn
dsö Volkc? der Hqdcn eiiiriffcn wird, her
seishsr zu so n»edien Zwkchen benützt wordki!
iß. Während Pis Urhcbcr des Klrchenstrkites
die Giltigkeit her Gesetze und deS unbestreit-
baren Staätsrechies zu umgkhen suchicn, uiid
hinsichilich des Vksetzunqsiechies der Pfarreieil
und anderer gcistl.tchcr Pfrstnhen factisch Op-
postlion ergriffen, sst es keinem von dicsen
Hcrren echgefallen, die Uebertragpng eines
Siaatsä.mtes, z. O. einer grvßh. Bezirksschnl-
visitatur adzulehneii, ober auch den Wunsch
zu äußern, der LocalprtsschuUnspection ent-
hoben zu werden. Selbst iießen sic es sich
gerne gefqllen, daß ihnen hohe S>aatsbehhrde
Mcßner, Glöckner und Orgauißei, crnannie,
während dsc Bcsetzung solch nscdcrer Kirchen-
dienste ihnen eher zustehen möchte, als andere
Dienste, wozu ste stch weniger berechiigt füh-
len dürsten. Frggt man: Warum? so findet
flian in dem sraglichen 1'ericon dic bcstc Ant-
wort.

Die Herren wehren sich und schreicn Zeter,
wenn übcrhaupt davon die Rede ist, auch
diese Mißstände, d>c wir soeben erwähnten,
zu beseiiige». Astein, Jhr Hcrren, laffet Pie
Hänve von dem, waS Euch nichts ängc'ht,
wcg!

Seiiher war die Leiiung und Aufsicht des
gesaipmken Vvlksschulwesens, nach Coiisesstö-
nen geschieden, ihnen anvcrtrani, selbst in
.Vchullehserseminarien war ihneii die oberste
Leituiig in Pie Hände gelegt, um den künf-
tigen Schullehrer ja.zum gchorsainen Dkener
linb Knechl nnd zum tüchligen Meßner heran-
zubildeii; währcnd cs die Haüptaufgabc in
diescn Anstalien sein soll, tüchtige vehrer
hcranzubsibci,. Wit dem Concordate glauben
wlr auch, sei dixses alic System gesallcn, und
wcnn däs badische Volk über piescn Sicg zu
jnbeln Ursache hai, so dürfte am allerwcnig-
sten die Areude einc ganz ungetrübtc, der
Sieg gegen die genaniite Partei ein vollstan-
diger gciiaiiiit werdcn, 'so. lange noch dicse
Parlei in den Volksschulen herrscht, so lange
yoch in diesen heiligen Siätien ihre uiilautcreii
Bestrebungen vffcn stehen und auch nach Be-
scitigung des Concvrdals der Schullchrerstand
factisch nach den Grundsätzen dcffelben ge-
maßregell und gedrückt wird. Hoffen wir,
daß unsere crlenchtete Regicrung recht bald
durch Unterstellung dcs Volksschulwcsens unter
den „großh. Obcrstüdienrath" diesem
iraurigen Zustande ein Ende macht, die Schu-

lfn und hphrer befrejt, um dqmit den religiöse»
Friedcn um st> schncller hcrzustellen.

Die täglich n'och vorkominfn.heii hierqrchi-
schen Ukberschrkitimafn düsft.en doch Gxuiid
genug zu esnem solchen Schrine hohcr Htaais-
regierung ahgeben, dsr überall. mit Enthiisias-
miis und Frctzde wird hcg> isßt werden. Trenne
män auch die Meßner- imd Glöcknerdienste
von den Lchusp/eiisten, penli das Opscr, das
dadurch Siäat und die Gcmemde bxiugen, ist
cin geringes Afqiiivaleni fnr dki, hoheii Ge-
wi'nn, her dahvrch den Schlijro n»d der Pil-
du»g des Volkcs erwächst!

W -Aus Oaden, 20..Zebr. Zn eiuig-»
Schulbcjirkrn des Unterrhei'nkreises circulirt
gcgcnwsrtig uistcr den vehrern 'zuni Ünter-
zeichiien eine „,ß r k l ä r u n^g.", dse sxästr in
d.en jamöien „Harlhruher Anzeigcr" aufgcnoln-
wen werden soll, u.nd in welcker — und zwar
ohilk alle Vegrstndungin hohcmGräd k(!)
mißbilligt wird: erstens die Lendenz und
zwktteiss d ie A rt uitd W e i s.e deö Aus-
tretenS.der Badischen Schulzkltnng.

Die Bad. Schulzeitung hat stch k l a r und
deutli'ch in ihrem Programm Hher di'e
Tendenz ausgesprochen, nnd cs kgnn di'est
letztere wohl nur von unqcmein eifrigen Freim-
den des Krebs g a nges odcr blödstylligkn
Nachbetern derstlben mißhrüigt werden,
von Freunren ciiies veiiiunsugeii Fortschrstteö
aber sicher nichst.

' Was dieArt u i^d Weisc des A u f-
tr,etens her Bad. Lchuizeiluiig bcirifft, sv
wird auch dieje in ver e p o ch c m a.ch e n d e n
Erklä'rung jn hvhc.ui Grade mißhilllgt.

Nun, wir'gevkn geriic zu, daß das W-
herige Auftreten dcr Bav. Schulzeitung kein
so lcl' s e,s , wie das eincr.K a tz.e war, aber
es war y,nch stsn.es, wie das cines in der
Nestr,enz..erjHejissndk.ii. llltrgkirchlishkn Blatses,
dnrch dae maii ehcr allcs Anderc zu erstrcbrn
stch beulüht, als das Wohl des Volkcs, sür daS
es mi't allen Kräfteii zu wirken dcn Einfaiti-
gen vorzuycucheln jich nicht cntbiödete. Geradc
aber beßhalb, weil die Bad. Schulzeiinng nrcht
auch in dikses Horn ftößt, wird ste vvn dis-
str Seiie hcr mit dcn gifiigsten Pfeilen ver«
jolgt und zu zernichten gesucht. Daß stch
aber sclhst Lehrer in das Lager dieser schlim-
men, durch gewiffe Vorgänge aüf das Aeu-
ßcrstc gcreizten Feinve begcben unb gegen ihre
Standcsgcnossen kämpscn, vqs ist lrau-
rig, sehr traurig, ist aber größttntheils
bem .unstligen Verhältniß zuzüschreiben, m
dem stch die Lrhrer einem gewiffen Slaude
gcgenüber befinden, das aber, wst wlr zuver-

S»s große Faß M Hsidrlhxrg.

HtftoHlsche' Novelle von Wilh. Z u n g m ail n.

(Fortsetzung.)

„Erlaffen mrr es Kw.'Hurchlqncht, all tzqs Glnck
und.dtc Wonne.zu.schtldern, welche ich an dicsem
stillen Orte, in den Armen meineS angcbetctcn
jungcn Wcibcs gcnoffcn. Nie kehren sie zurück dicse
goldcnen Zciten meincr Zugcnd, und cin immcr-
währender Kummer wird mich bis zum Grabc be-
gleitcn.

Ein Priestcr hatte uüs nach reformirtem Rttus
getraut. Abgeschlpffcn von der iibrigen Welt„ scrn
von ihren Kämpscn.nnd Schrecken, von Bruder-
zwist und MeNchelmord, lebten wir nur sür uns
und unsere Liebc, uNd selbst Lconline hatte keinen
Gedanken daran, sich in ihre frnhercn Verhättniffe
zurückzuwünschen.

Da trat cin Ereigniß etn, wclches, wenn es Mög-
lich geweftn wäre, unserc Wonnc nur noch hvher
hätte steigern müffen. Leontine gebar mir cincn
gcsunden, kräftigen.Knab.en, und m.it ähm w»r dcr
hechste meincr Wünsche erreicht.

Pleich einem von Entzücken Berauschten, nahm

ich den holdcn Säugling, das Pfand un.ftrer Liebc,
in die Armc mid danktc dcm AllmLch.tigxn für dic
Gnade, die er mir hatte zu Theil wcrden lassen.

ünftre Wonne.stieg «och höhcr, als inich Lcon-
tinc nach kaum eincm Zahrc auch mit riiicm lieb-
lichcn WLdchen beschcnkte; doch von jetzt an trat
cine Mendung in unsereiy Schicksalc ein, dic.all
unftr Glück vernichtete.

Trüber waren die Vcrhältniffe drgußen gewor-
dcn. Was nicht mit dcr Gewalt dcr Waffcn er-
zwungen werden konnte, sollte nun durch Zntriguc
.und Mcuchelmord crrcicht werdcn, und Alles «urde
im Geheimen in Bewegung gefttzt, sämmtliche Hu-
gcnottcn mit eincm Schlage zu vernichten. Auch
unser Aufenthalt war vcrrathen wordcn und Lcon-
tincns Oheim, dem Hcrzog von Guift, Alles daran
gelcgen, uno in ftinc Gewalt zu bckpinmen.

Weim -Kreund. hatte mir das .geineldet und mich
driNgcnd ersucht, unftren bisherigcn Auscnthalt so
schncll als möglich zu vcrlaffen und nbcr die Grcnze
zu stielien, da von dcr Rache des.Herzogs das
Schllnunste.zu besürchten fti, auch bereits mehrcre
Bcrtrautc abgcftndet worden, fich unftrer mit Ge-
walt zu bemächtigen.

Unsere Lage war verzwcifelnd. Wie kpnnte ^pon-
tine, noch nicht cinmal vom Wochciiberte gcncftn,
stch. auf dst Flucht begcben, dic vielleichtzum größtcn
Theile zn Füße zürückgelcgt wcrden mußst? Wie
konntcn wir dic bcidcn ganz klcinen Ki'nder, hon
dcncn das ältcstc kamn ein Zahr alt war, üuf
dieftr Klucht mitn.ehmen? Das war nicht mpgiich,
und doch mußte so schnell ast möglich gehändelt
werdcn. Es gcschah.

Ejner meincr vcrtrautcstcn Di.cner erhielt von
mir dcn Austrag, die bciden Kinder hesmiich äus
dem Schloffc zu entfernen, Ae einstweilcn irgcndwo
untcrzubringen, bis er Gelcgenheit finden «erdc,
sic uns hierher nach Heidcloerg nachzuführrn, wo
wir hofftcn, ust.ter.bem Schützc eilsts proftstanti-
schen Fürstcn bcfferc Zeiten abwarten zn können.
Sollten wir ftlbst aber den Ort nicht errcichen,
dann hatte cr dtn Äusträg, dic beiden Kinder bei
ciner hicsigen achtbarcn Familic untepzubringen,
wo «ir sie dqnn später «ieder HLtten an uns ne'hmen
können. Eine bedeutendc Summe Hatft ich bem
Dicner zu dicftm Zwccke einge'hLndigt und' glücklich
war er mit. den.Kindern aus. dem .S.chloffe . ent-
kommen.
 
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