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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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L8«1


Dienstag, 19. F-ebruar

JnfertionSgebührea für die 3spaltiae Petit-
zeile werdeu mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechaet.

Der Kall Gaeta's

Gacta ist gcfallc». Nach vkerinonatticher
Vercheirrgttng fiestk fich ver Erbe der bourbo-
nischen Dpnastie genöchigk, auch das leßle
Stück,Erde, das ihm von seiiiem schönen
Reiche übrig gebliebe», zu verlaffen. Damals
als er am Äbend des k. Sepkbr. dett HafeN
seiner Hauptstadt verließ, um fich nach seiner
Festung zurückzuziehen, ivar cs wenigstens
auf eigenem Schiffe, Und eigene lreu geblie«
benc Uuterchanen führken ihn dorthin. Zetzt
fehlt ihm auch dieser Trost: cin freMdes Schiff,
dem Monarchen gehörig, dep ihm lange heuch-
lerischen Beistand geleistet, auf den er bis
vor Kurzcm trügerische Hoffnung gcsetzt, trägt
ihn jctzt in fremdes Land. Weder die An-
rufuugeii, mit denen er die Svuveräne Euro-
pa's bcstürmte, nvch die Wäüe Gaeta's, noch
dic muthvolle Ausdaucr, mit welcher er —
die hcldeninüthige Königin zur Seite — den
Gefahren der Belagerung trotzte, vermochten
den Verlust der Krone abzuwenden, die, be-
lastei vvn der Schuld seiner Väter, schwer
auf seiuem Haupic gepuht hatle: die Macht
der Ereigniffe war stärker als persönlicher
Mnth, ünd die Kanonen Piemonts wirksamer
alS die Spmpathieerzeugungen, deren fich der
unglücklichc Mönarch von Zeit zn Zeit er-
freute. Zn dcn Manifesten, wclche in kurzen
Zwischenräumen von Gaeta ausgingen, pflegte
sich dec König alS den Vertretcr ved monar-
chischen Principien, seine Sache als die Sache
der Legitimität, seinen Stnrz äls dcn llnter-
gang ber alien stäallichen Orvniing zu be-
zeichnen. Unv in dek That, wenigftkns was
Ztalien bekriffl, ist er der letzte standhafte
Verlreter einer Ordnung gewefen, welche seit
dcn Wiener Verträge» aüf oer Halbiüsel zu
Recht bestaiid, nnd wclche nunmchr dem Än-
brängen neuer Principien znm Opfcr gefallcn
ist. Ob aus diescn Principien, deren Waffe
bisher nur Gewalt und Usurpation gewesen,
cin ncner rechtlicher ZustaNb in Ztaiien sich
auferdauen wirb, hängt davon ab, in wclcheM
Maß es bcr piemoniestschen Regieruftg gclingt,
fämmtlichen Provinzen in befriebizenden Zn-
stilutionen gerecht zn werden, vor Ällem aber
vavva, ob eö den Ztalicnern gelingt, im Glücke
Maß zu halten. Dcr Fall Gaeta'S ist, wenn
nicht dcr größte und letzte, doch ein bedeuten-
der Schrilt zur Lüsung der italienischen Frage
im Sinne der Einheit. Unter den günstigstea
Umständen tritt in wenigtn Tagen baS itä-
licnische Parläment znsammen. Die Wahlen
haben der gemäßigten Partei ein bedeutendes

Sas große Faß M Heidelberg.

Historische Novelle von Wilh. Zungmann.

(Förtsetzung.)

13.

Die Leiche deö im Univcrsiiätshospital zu Heidcl-
berg verstorbcncn jungen ManneS war in allcr Stille
auf dim dortigen Kirchhofc znr Lrdc bcstattet wor-
den und dcr tiksbctrübte Vater drssclbkn wierer nach
Krankfurt zurückgckchrt, um nun auch dcr daheim-
geblicbenen, durch Schrecken schwer erkrankte» Mut-
ter die Trauerkünde zu überbringen, daß ihr Sohn
nicht mchr am Lcben sei. Mcister Wcrner abcr,
sammt Frau uftd Tochtet, hattcn mit erlcichtcrten
Herzcn dic Rückreise nach Landau angetrctcn, da
ja Gerhard, nunmchr gänzlich von aller Schuld
freigcsprochen, wieder steißig an seinem Faffe ar-
beitete; Zulietta aber, von der Pfalzgrastn sclbst
tn Schutz und Schirm genommen, hattc fich die
Liebe und das Vertrauen derselben iwsolchem Grade
«rworben, daß sie fortan in dir unmittelbarcn Nahe
dieser erhabenen Frau »crweilen mußtc.

Dcr Prozcß des »lte» Musikanten «ar bald be-
cndct, denn des DietzstähW der Lbffcl überwiesen,
wozu fich nöch mehrere an andcren Ortcn verübtc

Ucbergewlcht verschafft, Garibaldi ist vermdcht
wötden, Sön eiftem uNzeiligeft Ängriff zur
Etöbeküftg Vkftetiefts abzuflchcn, und nü» ist
auch däs letzte Bollmerk dcr bourbonischeft
Dpftastie gtfalleil. Der Proclamirung des
KöftigreichS Zkälie» steht nlchks mehr im Wege,
sie wird eifter der erflen Acte des Parlaments
seift, und was-die römische Ftage bctriffk, de-
ten Lösftng übcr die Refldenz dcs Königreichs
entscheidek, so ist. äuch dicsc berkits von Pa-
ris aus angefäßt wotden. Rom — so lau-
tct Lie ftächste Stufe, welche auf dem Wege
zür Einheit za trstcigen ist. So crmuthigcnd
auch das Vötftm der preußischen Kammer für
die Abfichten der Actionspartci iiber Venedig
sein mftß, da es die preußische Neutralität
für deft KaMpf um Vencdig zft versprechen
scheint, sv wird man in Jtalien doch nicht
vergcffen, baß niche Herr v. Vincke dermalen
dcr Leiter det auswärtigcn Angelegenheieen
Preußens tst, NNd daß Herr v. Schlcinitz die
Aufgaben der deutschen Politfk wesentlich an-
ders bezeichiitl, ünd i» der fortschreitendcn
Eonsoliditüng Jtülietts nicht gerade das drin-
gendste ftftd vornehmste Zntereffe Dcutfchlanvs
gefunden hat. Dagegen scheint »un die rö-
mische Frage für reif zur Entfcheidung gehal-
ten zu tverden. Die Broschüre, welche oieser
Tagc zu Paris erscheint, und welchc diesmal
mit ganz besonderem Apparat iu Scene ge-
setzt wird, stcllt die Lösung in sehr kalcgori-
scher Weife anf, und der officiöse Ursprung
wird dieSMal so wenig verläugnet, däß ein
Btuch mit dem römischeii Hof uiivermetdllch
erscheint. Wirv NapoleM ift reinster Uneigcn-
ftiitzig'keit für Bictoc Emanuei die Kastanien auS
dciii Feaet holen? wird er auf die Zdec der
Grllndiing napoleviiischer Dpnastiecii in Ztaiicn
öhfte Gegcftleistung vcrzichtc»? Wird er, dcr
Savöpenftnv Nizza beanspruchte, als Sardinien
nur durch vit Lömbardei ünd die Herzogthü
mer vergrößerl wurde, und noch die italic-
nische Confödetälion in Aussicht stand, die
ietztc» Stücke zum italienischcn Einheitsstaai
fftgen, au, eigene Kosten, ohne Entschädiguiig?
Und selbst abgesehen von einer Gebielscni-
schädigung, wird iiicht Zlaiien dadurch mit
neuen BaNdcil an vas Kaiserreich gefeffclt
und dieieui dädurch neue Kräfte zugeführt?
Zn diesen Fragen aber concentrire sich für
uns vas Zntereffe an ber »fortschrrltendcn
Consollvirung Ztaliens". Nur dann könnte
stch Deutschland mit dem italienischcn Ein-
heitsstaat befreunven, wenn er nicht durch
Frankreich und zum Besten Frankreichs zn
Skändc käme. So länge aber hierauf Ztalien

ähnli'che Vckbrechen gcselltcn, wurdc er zu mehr-
jähriger Zuchthaussträsc und Landcsvcrwcisung ver-
urtheiit, und auch scin angebliches Wcib, wegen
Theilnahme an diescn Verhrechcn, ebenfalls auf
längere Zeit eingesperrt. Was abtr das Vcrhält-
niß dcs jungen Madchens betraf, dic beide anfangs
gleichlautend für ihre Tochter ausgabcn, so hatte
die Alte fpäter doch selber eingcstanden, daß sie die
Mutter dessclbcn nicht sei, auch nie mit dcm Mu-
sikanten verheiräthct gewcsen, sondcrn daß dcrselbe
ihr das MLdchen, als noch ganz klemes Kind, nebst
einer klcinen Summc Gcldes übergcbcn unh sich
dann vtelc Zahre lang entfetnt »vft ihr in dcr Welt
herumgetrieben habe. Ersi vor Kurzcm fki er wie--
der zcrriffen und zerlumpt zurückgckchrt und habe
ffc und das MLdchcn gezwungen, mit ihm als rci-
ftnde Musikanten hcrumzuziehen. Dutch dieft Aus-
sagen eines Anderen belehrt, blieb Ler Alte dcn-
noch darauf dcstchen, daß Julietta ftine Tochtcr
fti, dcrcn Multer kurz nach khrer Geburt gestorbcn,
und nichtS konnte ihn vermögcn, etwas Räheres
üdtr Lie HcrkUnft dcs Mädchens anzugcben, das
so offenbar eine gauz andere Abstammung als dic
fttnigc »krricth.

keine bcftiedkgende Antwort zu geben weiß.
stehcn uns andere Zntetcffen näher ais seine
Consolidiruftg, deren „Fortschritte" der Natur
der Sache nach vor Venedig nicht Halt ma-
chen köftnen. (S. M.)

Deutschland

Karlsruhe, 15. Febr. Seine Köntgltche Hoheit der
Großherzog haben unterm 14. d. M, gnädtgst gerlcht,
den Erpedttor Seufert bet dem Evangeltschen Oberktrchen-
rath zum Regtstrator bet dteser Behörde, und den Kanzlet-
assistenten Gustav Frantzmann dahier zum Erpedttor bet
dcm Evangelischen Oberktrchenrath zu ernenneu.

ÄarlSruhx, 16. Febr. Heute tst ctne Anzahl aSer-
höchster Befehle (Nr. 1V bis 16) vom 13., 15. und 16.
d. M. erschtenen. Dieselben verfügen FolgendeS:

An dte Etelle der vorhandenen zwet 12-Pfünder-Batte-
rten werden zwet gezogene 6-Psünder-Batterten aufgestellt.
DaS großh. Kriegsmtntsterium ist mtt dem wetteren Boll-
zug beaustragt. Dte Jnfanterieregimenter werden statt der
gezogenen Gewehre großen Kaltbers mtt gezogenen Ge-
wehren kletuen KaltberS bewaffnet. DaS großherzog-
liche Krtegömintsterium wtrd mit dem Voüzug dteseS
BefchlS beauftragt. Laut A. h. Ordre Rr. 1L tretea ta
der Organifation der Znfanterle des großh. ArmeecorpS
solgende Aenderungen ein: Dtefclbe erhält ein wettcreS
Znfanterieregiment, welches dte Nummcr 5 zu führen hat.
Das Zägerbataillon erhält zwct weitere tzompagnien, wird
daher künfttg auS 6 Eompagnten bestehen. DaS btshertge
3. Füsitterbataillon wird als solcheö aufgehoben und bildet
daS 1. Gatatllon deS neuen 5. ZnfanterteregtmentS. DaS
neu aufzvstellenve 2. Batatston deS 5. ZnfanterieregimentS
wird aus geschlossenen Compagnten des 2., 3. und 4. Zv-
fanterteregimentS formtrt, wozu jedes der genannten Zn-
fanterieregimenter die vierte Compagnte mtt ihrem voll-
ständigen Znventar abzugeben hat. Zn den vter Ltnteu-
Znfantcrieregimcntern wird sodann aus dcn fieben vorhav-
denen Compagien dle abgegangene oder fehlende auS den
Mttteln deS RegimentS neu aufgestellt. Dte neu zü for-
mirenden 2 Zagercompagntcn wcrden auS den Mttteln de-
BatatllonS tn demsctbcn aufgestellt. Dte Untformtruug deS
.5. Ltnicn-ZnfanterteregtmentS ist gleich deu audern Znfan-
Iffrtcregtmentern. jedoch mil hellblauer Achselklappe uud
Aermelplattk, erstere mtt der Nummer von rothem Tuch
versehen. Dte AuSrüstung dcs RcgimentS hat auS Ge-
wchren kleincn KaltbcrS zu bestrhen, sonst wie dte übrigen
Linien-Znfanterttregimcnter, jedoch rnit schwarzem Lederzcug
und Trommeln neuen ModellS. Dem Rcgtmentsstäb und
dem 2. — neu aufzustellenden — Batatllon wtrd dte Stadt
Durlach, dem 1. Bataillon dte Rcfidenzstadt KarlSruhe alS
Garntson zugewtesrn; btS zur Herstellung der Kaserueu«
räume tn Durlach wtrd der RegimentSstab und daS 2. Bu-
taillon tn Rastatt dte Kasernen beziehcn. Dte Aufstellung
des 5. ZafanterteregimentS hat am 20. d. M. zu geschehen.
Daffelbe wtrd tn die I. Znfantertcbrtgade eingethetlt. Mtt
Bekanntgebung deS neuea FrtedenSdieNststandes all.er Ab-
theilungen der Jnfanterte wtrd das großh. Krtegsmtntstc-
rtum beauftragt. (K. Z.)

? Karlsruhe, 17. Febr. Zum Nach.
fölger des bishcrigen Vorstandes der Amorti-
salionskaffe, Director Scholl, welcher auf
seiil Aiisuchc» in Ruhestand versctzt wlrd,
ist Obcrrechnungscakh Harcer crnannt.

Karlsruhe, 16. gebr. Durch höchsten
Befehl vom Gestrigen ist auch dic Bewaff-

Mit dcr zartesteft Aufmerksamkeit behandelt und
in dcr tlmgebung ihrer hohcn Gönnerin war Au-
lietta schon nach einigen Monaten eine ganz An-
dere geworden, und HLtte nicht der tiefc Kumpier,
die Tochter eines im Zuchthause sitzendcn Verbre-
chers zu ftin, sichtbqr anf ihren Zügen gelegen,
dann hättc man flc leicht für einc zum Hofe Gc-
hörige halten können, so abcr hieit sie sich stetö
schüchtern von jeder Berührung mit andern Mäd-
chcn ihrcS Altcxs zurück, uno nur wen» sie ver-
stohlen in dcr Nähe Gcrhai:d's vercheilen konnte,
war sie glücklich und zufricdcn, denn auch cr hatte
ja Niemanden, dem er eigcntlich angchörte.

Die Dankbarkeit gcgen den jungen Mann, dcr
sich ihrcr so ritterlich angenommen und der durch
sie in so große Gcfahr gckommen war, Hatte sich
bald in die innigste Zuncigung gegen ihn umge-
wandelt und stnnbcnlang hätte sic ihm zufthen
können, «cnn er mit dem Schurzfell angctha», mit
kräftigcn Ärmcn die Dauben seines FaffeS hobeitc,
und mit tiefem Bedauern schicn sie zu gewahren,
«ie die Arbejt immer mehr ihrer Bosteiidung sich
nahtc, wo dann Gerhard wiedcr näch Landauzurück-
kehren würd«.
 
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