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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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N 3


Freitag, L. Zanuar

JnsertioaSgebührea für die 3,'pältige Pettt- M

zeile werde» mit 2 kr., beztp. 3 kr. berechner. -M.D

Telegramme

Berlin, 2. Zan. König Friedrich Wil-
helm^IV. ist heute srüh 12 Uhr 40 Mi». in
Sanssouci entschlafen. Der bisherige Prinz-
Rcgent führt die Regierung als König Wil-
helm fort.

Paris, 1. Jan. Beim officiellen Empfang
in den Tullerieen sprach Lord Cowlep im
Namen des diplomatischen Corps. Der Kai-
ser dankte für die ausgevrückten Wünschc und
fügte hinzu: Der Zukunft gegenüber bin ich
vertrauensvoll überzeugt, datz vas freundschaft-
liche Cinvernehmen der Machtc den Frieden
erhalten wird. Zn dcr Erwiederung an Morny
sagie der Kaiser: Jch habe stets auf die Mit-
wirkung des gesetzgebenbcn Körpers gezählt.

(Schw. M.)

Eiae Stimme aus England über die
venerianifche ^rage.

Ein ausgezeichnetes militärischcS Fachblatt,
dic „Armp and Navp Gazette" äußert fich
über obtgc Fragc in nachfoigender hervorra-
gender Weise: Das Fcstungsviereck, um wel-
ches es sich besonders hanbelt, ist weit mehr,
ats btoö eine Sicherung ösierreichischen Bc-
sitzes. Eö ist ein Bollwerk zur Verlheidigung
der Südgrenze DculschlandS und Oesterreichs,
damit daö gesammte Deutschland eines Auö-
ganges nach dem Mittelmeere sichcr sei. Geht
Venetien für Oesterretch verlorcn, so fragk cs
sich, ob Deutschlanv nicht schließlich ganz vom
adriatische» Meerc abgeschnitten werde, und
welche benn bie Berhältnisse sein würben,
unter dencn eine erfolgreiche Vertheidigung
Süddeurschlands bewerksteüigt werben könme.
Sei Oestcrreich einmäl auö Vcncticn gedrängt,
s» werde auch bie Schweiz eine leichte Beule
deö mit Ztalien alliirten Frankreichs werven
könncn.

Außer Oefterretch kann kein Staat der
Schweiz beistchen. Zst aber das Festungs-
viereck unv mit demselben die Möglichkeit eines
Flankenangriffs aus franzvsische Znpasions-
truppen vertoren, so kann Oesterreich nur
noch einen Angriff iu der gront machen,
bei bem cö üderholt werden muß. Es uiuer-
licgt keinem Zweiskl, daß ber italienische Krieg
18s9 ber militärischen Unabhängigkeit ber
Schweiz eine schwere Schlappe beigebracht
hat, bic nicht minder gefährlich s'ür Europa
ift; hört das Festungsviereck auf, deutsch zu
sein, so ift eö um sene Unabhängigkeil für
immer geschehen, und die Schweiz wird bei

der nächsten Gelegenheit incorporirt oder an
nerirt werden.

Napoleon I., obwoh! keine Armee ihm
entgegenstand, wagtc nicht nordwärtS zu
ziehen, bevor Mantna gefallen war. Sein
Neffe wurbk durch das furchtbare Bollwcrk
auf dem Zuge nach Osten zum Stillstanb gc-
bracht. Wäre das Festungsviereck nicht, so
könnte Nicmand sagen, wo vie französische
Jnvasion von 1859 innegehalten und was
für Annerationen und Concessionen Frankreich
noch für nöthig erachtet hätte, um das Gleich-
gewicht mit dem neuen Königreich Jtalien
herzustellen.

Bvr dcr Erstürmung der vier Festungen
könne man in Ocsterreich nicht von Ztaiicn
aus cinbrechcn; darüber könnten mchrere
Feldzüge hingehen, und dann bliebe noch immer
der Alpenwall übrig. Nun zur Kehrseite
dcs Verhältniffes. Die Armp and Navp Ga-
zette setzt voraus, Oesterreich habe Venetien
verlorcn.

Oesterreich verthcibigt sein Gebiet nicht mehr
durch vier fast uneinnehmbare Festungen, die
in einem rcichen und bcvölkerten llande liegen,
wo alle Bebürfniffe leicht zu. haben sind, und
Straßen und Eisenbahnen de« Verkehr nach
jedem belicbigen Pnnkte vermitteln. Es stehr
auf den Kämmen der Berge, muß eine weit
ausgevehnte Grcnze statt bcs beschränkten Rau-
mes zwischen Verona und Peschiera beschützen,
jeben Paß mit großen Kosten befestigen, und
Garnisonen und Artillcrie dasclbß unter schwe-
ren Auslagen erhalten. Der Feind in der
Ebcne kann aber seine Truppen beliebig con-
centriren, da und dorl falsche Angriffe machen,
und im gegebenen Moment mittelst ber Eisen-
bahnen seine ganze Truppenmacht an einen
Ort werfcn, um durchzubrechcn. Die Oester-
rcichcr müffen jeden Zugang bcsetzcn und kön-
nen sich nicht bewegen, weil sie nicht wiffen,
wo der Angriff statksinbcn wirb. Ein großer
Lheil ihrer Armee bleibt zerstreut, und den
iiberwälligten Vertheidigcrn kann keine Hülfe
gebracht werden. Die Garnisonen sind durch
vie Alpenvorsprünge von einander geschieden,
werden abgeschnilten und vereinzelt aufge-
rieben.

Zst die Znvasion cinmal über die Alpcn
gedrungen, so wäre Tprol für Oesterreich
verloren, und der Keldzug würdc in Bapern
und im Drauthal, anstatt am Rhein geführt
werden. Allc Vertheidigungen bes oberen
Rheines, des SchwarzwaldeS und selbst der
obern Donau würden umgangen, und der
drjttc Theil Deutschlands in fremder Gewall

sein; Oefierreich müßte im Hcrzen stiner Län-
der um scine Erkstenz kämpftn, eisie verlorcne
Schlacht würde Wicn preisgeben; an der
Elbe, in Norddeutschland, und selbst am un«
tern Rhein würde der Feind eiuherziehen
könncn.

Aber dte Jnvasion kann ja auch geschlageu
und dann vernichtet werben? Dagcgen erin-
nern wir, daß Maffena vor Suwaroff über
die Alpeu und die Franzosen vor WeUington
über die Pprenäen zurückgiengen. Sclbst der
Verlust einer ganzen feinvlichen Armec macht
den Eisisatz zwischcn Ocsterreich und der Zn-
vasion noch nicht gleich. Die Riederläge deö
Fciades, der nur eiaen Theil seiner gesamm-
ten Macht vorausgeschickl hat, ist eben nur
cin Vcrlust, die Niederlage der Oesterreicher
aber völliger Ruin, und dcr Sieger kann vie
Zerstückelung, ja selbst das Aufhören der Mo-
narchie dictiren.

Diese Erwägungen scien die beste Antwort
auf die Forderung, daß Oesterreich den kost-
spieligen Besitz Veneticns aufgebey, und, wie
bie „Times" leichthiü, äber mit völliger lln-
kenntniß des Sachverhalts sagt, mit dem Er-
lös seine Finanzen restaüriren solle. Oester-
reich müßte neue, kostspielige Festungcu bauen
unb noch zahlreichere Garnisonen an einer
auSgcdchnten Grenze unterhalten. Dies wäre
bas cinzige Resultat der angerathenen finan-
ziellcn Opcralion.

Aber Oesterreich werde doch immer fremd
in Venctien bleisten und dem von außen dro-
henden Kriege auögesctzt sein, was schließlich
zum Ruin führcn müßte. Eine freunbschaft-
liche Abtretung Vencliens würde ihm bagegen
die enthusiastische Dankbarkeit Jtaliens und
deffen Allianz im klgenen und österreichischen
Zntereffe sichern.

Zst dem wirklich so? Jst es so gewiß, daß
Jtalien nie französisch wcrden, nie Hand in
Hand mit Frankreich eroberungSsüchtig gegen
Deutschland ziehen wird? Werdcn Wölse nicht
zusammenjagen können, wo Schafe im Ueber-
fluß vorhanven stnd? Acrgerlich erwibert man,
bieS würde der Ruin Jtaliens sein. Zugcgeben.
Hat aber Thorheil keinen Antheil am Thun
der Menschen? Würdc es vcrnünftig von
Oesterreich gehandelt sein, seineVertheidigungö-
mittel auf bie Voraussetzung hin aufzugeben,
baß Lie Jtaliener immer weise handeln und
sich nie Verlockungen hingeben wcrden?

Abcr selbst bei vorhanbener Gewißheit da-
rüber, daß Frankreich dem Königreich Jtalien
feindlich sein würde, könnte kcin vernünftiger
StaatSmann Oesterreich das Aufgeben deS

Zn drr Prairir vrrirrt.

Nach der Erzählung elnes ainerikanischen FreiwiMgen.

(Fortsetzung).

Jch ßand auf, sammelte eine Anzahl dieser
Schnecken und vetzetzrte sie uüt wahrem.Vergnügen.
Ejnigermaßen gekrästigt durch diese dürftige Mqhl-
zcit, prustc ich meine Lage mit großerer Kaltblü-
tsgkeit »ls bisher. Es blieb mtr nur ein einziger
Entschluß ührig; ich mußte diese mcnschenleerc Ein-
öde verlaffen. Uein Leben hing davo» ab; je eher
baher, dcsto beffer. Aber welche Richtung hatte ich
einznschlagens Has war das erstc Problem, das
mir zur Lösung »orlag. Ach sah nach der Sonne;
sie war demllntergehen naheund wollte schon hinter
dem Rande des Gcbirges »erschwinden. Wir waren
als» westwqrts gercist, um die «erhängnißvolle Ge-
gend zu erreiche», und um San Antonio de Berar
«ieder zu gewinnen, mußte ich ostwarts gehe». Zn
der baumlosen Ebcne bot sich nichts dar, das tch
als festen Zielpunct hätte annchmc« können, und
mein Schatte» war daher mein cinziger Eompaß.
Meine W- erung gtng oftwärtS; ich mußte im»«r

Sorge tpagen, daß Vormittags mem Schatten hinter
mir, Nachmittags vor mir blieb. Außerdem ge-
dachtc ich, meinc AugeN immer auf einem Punkt
der Landschaft festzuhalten, um nicht von der ge-
raden Linte abzuweichen. Zch brach daher auf, in-
dem ich mir einen Zielpunkt wählte, und ging da-
raus los, ohne rechts oder links abzuschweifcn. So
wanderte ich den ganzen Tag lang. Als die Nacht
kam, hatte ich immer »och die grenzenlose Ebenc
vor mir, aber tch hatte wenigstens die Gcwißheit,
nicht von dem richtige» Wege abgewichen zu sei»,
und das war ein großer Trost. Ach schlug mein
Lqger auf, ehe cs ganz Nacht wurde, um Waffer
zu suchen und Achneckcn zu sammeln. Während der
beiden ersten Tage fand ich dtese beiden Stärkungs-
mittel ohne große Mühe; aber vom dritten Tage
an «urde» das Waffer und die Schneckeu sehrselten
und verschwanden bald ganz. Hungcr uud Durst
stnge» «ieder an, mtch zu quälcn, und ich mußte
die gerade Linie verlaffcn, um Nahrung und Waffcr
z« suchen.

Vou Zeü zu Zeit hörte tch ein Geräusch, wic
crne» fcrnen, dumpfen Donner, und dann kam
eiur Heerde wilder Pftrdeherangesprengt, die aher

scheu bct mir vorbetstog und verschwand, ehe tch
Zeit fand, dte Flinte anzulegen. Dann nnd wann
schenchte ich auch einen Htrsch auf, aber leider stets
anßer Schußbereich. Mehrere Flüge Krantche segel-
ten hoch über mir durch die Lüst« und ich schoß »ach
ihnen. Obgleich ich glanbte, das Schrot »uf ihr
Gefieder schlagen zu hören, fiel doch ketn einziger
herunter. DaS waren die einzigen lebenden Wesen,
denen ich begegnete, mit Ansnahme der Hornkröte»,
widerwärtige Thiere, die mir zst allen andereu
Zeiten cinen unüberwindlichen Ekel «ingeflößt habcu
würden. Aber der Hunger auälte mtch; ich bot all«
Kraft auf, die ich uoch übrig hatte, uub ging nach
diescm häßlichen Wild auf die Jagd.

Jch darfjcbochnichtvcrgeffen, von deu Cohoten zu
spreche». Diese Thicre folgten mir stets in etner ge-
wiffcn Entfernung, strtwährend berert, nber mich
herznstürzen und mich in Stücken zu reißen, so «ie
ich vor Mattigkeit hrnsank. Zch wendete »lle Mtt-
tel auf, um fic ia den Bereich meines Gewchres
zn lockcn, abcr cs bltrb alleS vcrgebenS; sie ware»
zu schtau und zu mißtrauisch, um sich von meinen
Liften täufchen zu laffcn. Sie folgte» mtr Schrttt
für Schrttt «nd schieuen meinen Lod vorauszuschen.
 
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