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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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Donnerstag. I«. Februar L8KL.

— Vaden und die Refoxmen

(B-rgl. Nr. 1k und 25 d. Bl.)

Nach zuverläfflger Mittheilung ffnd unsere
MlNtsterleu mlt den Vorarbeilen zu den mehr-
fach angeregten Refoimen in dcr Justiz und
Verwaltung beschästigt und werden diese sammt
der neuen Gewerbegesetzgebung dem im künf-
tigcn Spätjahr zusammentrctenden Landtage
zur Kenntnißnahme und Berathung unterbrei-
tet werben.

Zm vorleßtcn RegierungSblaite ist eine eben
so einfache aw zwcckmäßige Vollzugsverord-
nung übcr dic Vornahme der bürgerlichcn
Trauung erschienen und hiedurch dcr Schluß-
stein ay unserc neuc kirchliche Gesetzgebung
gelegt worden. Jn derselben Nummer dieseS
officiellen Organs der Negierung war zugleich
eine Bestickmung über dic Allodification der
Lehey der Bcrlichingen-Noßach'schcn Familie
enthalten, auf den Grund ciner mit dicser
srühcr reichsunmittelbarcn Familie crzielten
freiwilligen Ucbcreinkunft. Dieselbe ist inso-
fern wichtl'g, als hiemit wenigstens ein An-
fang gemacht ist, um bie ans der Verwcrfiing
der ihrerzeit vielbesprochcnen Adelsdeclarativ-
'nen entstandenen Schwierigkeiten zu bcseitigen.
Hinffchtlich der übrigen Mitglieder des frühercn
reichsunmittelbarcn Adels, sofern mif diesen ein
gütlicheS Uebereinkommen nicht zu Stande
koinmcn sollte, bleibt auch diese Frage noch im
Wegc förmlicher Gesetzgebung definitiv zu re-
geln übrig.

WaS unser Gemeindcgesetz bctrifft, so find
bekanntlich einzelne Bestinimungen deffclben,
besvnders hinfichtlich der Wahl und Gntlas-
sung der Gcmcindevorsteher, zu Anfang dcs
vorigen JahrhundertS dnrch andcre Anord-
nungcn crsetzt worden, wclchc einigcrmaßcn
das Gcpräge der minder freiffnnigen Epochc
an sich tragen, in wclcher ffe erlaffen wurden.
Von einzelnen Städten dcs ilandes, untcr an-
deren Mannheim, sind deshalb auch schon Vor-
stellnngen an die Rcgierung eingcreicht wor-
den, um eine Wiederherstellung der ursprüng-
lichen Faffung des Gcmeindegesetzes zu crwir^
ken. Hoffcn wir, daß diese ihrerzeit dcn ge-
wünschten Erfolg haben werden.

Ein besonders wichtiger, bis jetzt nur allzu
wenig bcachteter Gegcnstand, ist endlich unsere
jetzige Preßgesetzgebung.

Unscr altes, frcisinniges, aus der Pcriode
»on 1831/32 herrührendes Preßgesetz ist bc-
kannt, ebeuso deffen damaligc leider allzu kurzc
Dauer, sowie dic nachmalige, cbcnfalls auf
ienen nur kurzcn Zeitraum beschränkte Wie-

Das große Faß zu Heidelberg.

Historische Novelle vou Wilh. Jungmann.

(Fortsetzung.) '

10.

Zwei .lange Vcrhöre hattc Gcrhard bereits durch-
machen'müsscn; man hatte ihn hin zu dem Ver-
wundeten geführt und ihm deffen Wundc gczcigt,
die er ihm, nach deffen Angabc, beigebracht haben
sollte, und, er konntc cs nicht leugnen; man hatte
bereits eine Maffe von Zcugcn und besonders jcne
Gästc äus dem „Rittcr" ocrnommen, die am Abende
vor dcr That in dcmselbcn den Streit zwischcn den
beidcn jungen Leuten mit angchört; alle sagten zu
Gunsten Gerhard's und zum Nachthcile deS Ver-
wundeten aus, der durch,sein unanständigeS Be-
nchmcn dic Vcranlaffung zum Strcite gegeben, und
dennoch war es noch nicht erwiescn, wer auf dcr
Straße dcr angreifende Thcil gcwesen, da außer
dem altcn Musikanten, seincr Frau und Julictta
kein andcrer Zeuge sich dabci befunden, Fclir und
Gerhard's Aussagcn fich aber geradezu widersprachen.

Felir Wundc war gefährlich. Nach dcm Aus-
sagen der Aerzte mußte der Tod erfolgen; dgrum

dereinführung deffelben in den Jahren 1848
und 49. — Von 185j an bis eine Zcitlang
nach 1854 hattcn wir in Bezug auf unsere
Pxeßverhältniffe ein Propisorium, welches zwar
gleichfalls den Character der Zeit nicht ver-
läugnen konntc, in welcher es erlafsen wurde,
jedoch der freisinnigeren Bestimmungen nicht
ganz entbehrte. Naiiicntlich war unter Andcrin
Oeffentlichkeit und Münd'ffchkeit dxs Gerichts-
verfahrens in Preßproceffen vorbehalten. Der
wichtigste Rechtsfall dieser Art, welcher um
jene Zxit (im Zahre 1853) zur Verhandlung
und Entscheidung kam, war unstreitig der
wohlbekannte Preßproceß gegen Gervinus.
Zugleich war dieser Fall der bezeichnendfte für
den Geist der damaligen Zcitepochc. Dcr
Einsendcr deffen hat der Verhandlung dieses
Falles (bei dem obersten Gerichtshofe) bcige-
wohnt und glaubt nicht zu irrcn, wcnn er dcr
Meinung ist, daß hanptsächlich dem legalen
Einfluffe dcS als ausgezeichneten Rechtüge-
lehrten bekannten damaligcn Präfidentcn die-
scs Gcrichtshofcs, Hrn. Stabel — unbescha-
det dcr Selbstständigkeit und Unbcfangenheit
der sonstigen Mitglieder dcs Gcrichts — zu
verdanken ist, daß damals kcin Zustizmord an
der Wiffenschaft, au den in das Gebiet der
freien, gelehrten Forschung fallenden Erzeug-
niffen des menschlichen Geistes begqpgen wurdc.
Die Anklage, welche, wie ipan glaubt, auf
Grund einer gehäffigen Denünciäiion gegen
einen allgemein geachteten Gejehrten und
Schriftsteller gerichtet war, der wenige Zahre
porher von einer ertremen Partei der cnt-
gegengesetzt(n Richtung als Reactionär. be-
irachtet nnd verfolgt war (!), wurde zunächst
zwar nur aus forinellen Gründen abgcwicscn,
jedoch in einer Wcisc und einer Richtung, daß
der Staatsanwaltschaft die Lust zur Erhebung
einer erneuerten Ankloge, und wohl auch die
Aussicht auf eincn günstigen Erfolg benom-
mrn war.

Wir habcn dieses Prcßfalles deßhalb aus-
führlichcr Erwähnung geihan, wcil man mit-
unter, vielleicht nicht ohnc Grund der Mei-
nung war, daß derselbe auf die bald hierauf
erfolgende Aenderung unscres Preßgcsetzes
einen nicht unwesentlichen Einffuß geäußert
habe. Zm Lanfe des Zahres 1834 erschien
nämlich cin svg. Bundes-Preßgesetz (fast zu-
glejch mit einem anderweitcn Gesetze über
das Vercinswesen). Nun ist zwar dieses
Gesctz an und sür fi'ch nicht als solches zu
betrachten, vielmehr als ein blvßer Beschluß
vder eine Verorbnung anzusehen, da in dieser
Beziehung eine gesetzgeberische Kraft des Bun-

hatte man auch scincm Vater Nachricht von dcr
bcdenklichen Lage scineS Sohnes gegebcn und ihn
aufgefordcrt, den letzten Wunsch desselben zu er-
füllen, ihm.die väterliche Verzeihung für alle scine
JugendanSschwcifungen mit hinüber in dic Heimath
des ewigen FriedenS zu geben.

Durch dtesen Umstand gestaltetcn sich denn auch
dte AuSsichten auf Gerhard's Zukunft immer trübcr,
da Felir allein nur wußtc, wie cs cigentlich mik
sciner Verwundung zugegangen war, und nur cin
freimüthigcs, offenes Gcständntß von seiner Scite
konnte Gerhard retten, dcr jetzt, in tiefe Gcdanken
versunken, wieder in seinem Gcfängniffc saß. DaS-
selbe, zwar auf das fcsteste verschloffen und an scinen
schmalen Fcnstern mit starken eisernen Stäben vcr-
schcn, bot dcnnoch zicmliche Bequemlichkcit dar.

Noch hatte man dem Angeschuldtgten keine Kctten
angelcgt, noch konntc er frci und ungehindert in
scincr Zellc auf und ab wandeln, abcr wie lange
sollte, wie lange durfte daS noch andauern? Schied
Felir von dieser Wclt, ohne rie Wahrhcit gesagt
zn habcn, dann mußte dtes Allcs aushören und er
«ar als Mörder gcbrandmarkt, allen jenen Folgcn
auSgesctzt, die fich an solche Thaten knüpfcn.

des und eine Beeinfluffung dcs einzelnen
deutschen Hfaates außep seiner legalen Com-
petenz stcht. Dic betreffendkn Anortnungen
flnd auch in vcrschiedenen deutschen Staaten
z. B. in Baiern, nicht anerkannt und haben
in unserem engeren Vaterlände (Baden) >>n
Jahre 1857 nur deßhalb Gcsetzeskraft er-
lqngt, weil dic Regierung, dcn constitutionel-
len Wcg entfaltcnd, dieselbe den ffarmnern
zur Kmntnlßnatzme und Berathullg vorlcgke.
Daß diesetz neue Gesetz hier sofort ohne An-
stand durchging, war bei der damaligen Zeit-
lage just nicht befreindend. Nach dicsem Ge-
setz'e hqben wir nun wieder Concesffvns-Eni-
ziehungen auf dem BerwLltnngswege und nn
geri'chtlichcn Versahren für Preßproceße keine
Oefsentlichkeit und eine sehr beschränkte Münd-
lichkeit, mit Äusnähme ei'nzelner wenigcn,
der Cognitiou und Äburtheilung der Schwur-
gerichte vorbehaltknen Ansnahmcn.

Aus diesen und andern Gründen steht^un-
ser jetziges Preßgesetz nicht nur hinter dcn altcn
sreiffnnigen Rechtsnormen dfs Zahrcs 1831/32
weit zurück, sondern selbst hinter den in des
Zwlschenzcit zumeist Geltung gehabt häbenden
provisorischen AnordnungciN Bei der zeik-
gemäßen geistigen Richtnng, von der unsere
hohen Regierungskreise jetzt anerkanntermaßen
dnrchdrungen sind, ist zwqr an etwaige Miß-
bräuchc »nd Gelahre» kanm zu denken. Doch
wäre selbstverständlich anch.tzlxr kin di'e seit-
herigen Provisorien und schwankenden Bestim-
mungen destyitiv abschließendes geeignetes Po-
siiives Gesetz sehr am Platze, zu dcffen Grund-
lage etwa jcires aus der Periodc von 1831/32
dienen mag.

D e u t s.ch l a n d

Karlsruhe, 11. Febr. DaS beate krschienene Rcgte-
ruvgSblat! Nr. 8 cnlhält feraer (Echtuß):

ll. Berfügungen üub Belauntoiächungen dcr Mtnistcricn.
l) Äckanntniachung d-ö großh. Ntntstcrlnm» d-s Jnnem:
Dte Staatögenehmigung von Sttftnngcn Im Scetrilö be-
trcffend: 2) Betänntmachnng dek großh. Mtntstcrtcn deö
Jnncrn nnd des Haiidel», dic nähcre Abgreozung de« Ge-
schästskrctseö «cr Mlntsterien dc» Znitcrn unv des Handel«
betreffcnd.

Nach Z. l «erbleibcn dcm Mtntstertum de« Innem:
a) äüe Angelegcnheitcn, wclche iil die Mrthschastsordnung
«om 18. Oltobcr 1834, sowie b) jenc, welche tn dtc lan-
desherrlichc Bcrordming vom t t. Febr. 1853, dte Lettung
d-S AuSwanderungSwesinS ictreffcnd, etnschlagen, cbenso
o) alle Angclegcnhettcn, welche dte tn iem §. 2 de« Bnn-
dcsbeschloffeS vom 8. Jnli t854, dic Verhtndemng des
MtßbranchS dcr Preffe betreffend, benannten G-werbc be-
rührcn, sowie dte Erlaubntßertheilung zom Haufirm mtt
Dmckschrtstcn »nd Btldwcrken (§. 20 dcr VollzugSverord-
nung zum Preßgcsktze vom 27 F-brNar t85t); >i) da«
Kaminfrgirrtwesin e) das FenrrvnfichernagSwcscn; k) das

An scinein klcinen Tischc sitzend, den Kopf auf
beide Hände gcstützt, ließ er eb'en die bunte Rcihe
der Jngcnd-Erinnerungen seines kurzen Lebens,
ben tiefen Schmerz seines gutcn Meisters und stiner
Meisterin ünd wohl auch den bestligcndcn Traum
von LcnchenS einst gehoffter Gegenlicbe, dic ihn
nunmehr wahrschcinlich auf's tiefste verachtcn mußte,
an stinem Geiste vorüberziehcn, als plötzkich die
Riegel dcr Thüre hinwcggcschobcn und dieselbe ge-
öffnet wurde und Lenchcn, an dcr Hand ihrer Mut-
ter, hereintrat, die er noch vor «cnigcn Aügen-
blicken voll Abschcu gegcn ihn erfüllt glaubcn mußte,
die aber jetzt, gleich eknem lieblichcn Engel, aus
chimmltschcn Regionen gesandt, trvstcnd und ver-
söhncnd ihm gegenüber stand.

Es war ctn rührcnder Moment, als die beiden
jungen Leute nach längerer Trcnnung endljch sich
wieder fahen, in cinem engcn Kcrker, dcffcn Pforten
sich für Gcrhard viellcicht nnr auf dem Wege zum
Schaffot wicder öffncn sollten.

Gcrhard haite fich rafch erhoben und, bcidc HLnde
.über dic Brust gckreuzt, an der Wand lehnend,
glaubte cr vor Scham und Reue tn den Boden zu
finken, dem immer noch heißgcliebten Mqdchen so
 
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