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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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Htideltmger Iritung.

N; 20


Donnerstag, 24. Zanuar 1801.

Deutschland.

Aus Süddeutschland, 16. Jan. Unter
vorstehkndcm Datnm schreibt man dcr „Deutsch.
Allgem. Ztg." Folgcnves „zur Aufklärung über
den hesscn-darmstädtlschen Antrag
wcgcn des „Nationalverelns": „Bci dcm ge-
rechtfertigten Aufsehen, welches der Antrag
der großh. hessischen Regierung beiu, BuudeS-
tag wegen Znterpretation des Vunbes-Verelns-
gesetzes in Betreff des Nationalvereius in ganz
Deutschland erregt, halke ich mich für ver-
pflichtet, durch Jhr Blatt den nähcrn Sach-
verhalt mitzntheilen, wie er mir aus authen-
tischer Quelle bekannt geworden ist.

Dicser Antrag wird nämlich von.verschie»
denen Seiten verschieden gedeuket. Namentlich'
sind eö zwei Vermuthungcn, dic aufgestcllt
werden. Einerseits glaubt ma», großh. hes-
sische Regierung habe ven Antrag in der Ge-
wißheit gestellt, daß sie auf einc Mehrheit in
der Bundesversammlung für ihrcn Antrag be-
stimmt rechnen könne. Dagegen wird von an-
derer Seite behauptet, dieser Antrag sosie nur
der bctreffendcn Negierung einen Rückweg vor-
bereiten badurch, baß die übrigen Bunbcsregie-
rungen^auf ihrem bishcrigcn Verhalten dem
Nationalverein gcgenüber beharren würpen.
Aus dem Folgenben wcrden Sie sclbst beur-
theilen können, wer Recht hat.

Zur Würdigung der einschlagenden Verhält-
nifse ist es nöthig, auf den Ursprung der Maß-
regcln zurückzukommen, welche die großherz.
hessische Regieruiig gegen den Nationalverein
ergriff, da dieser allein sie veranlaffen konnte,
dieselben mit so großer Strenge zu handhabe».
Diese Gewaltmaßregeln sind nämlich der Aus-
druck ber Würzburger Politik, und man muß
daher dic großh. hessische Regierung als das
Qpfcr ihrer Verbündcten be'rachteu. Es war
zur Zcik der großen Fürstcnzusammenkunft in
Baben, wo vie Regcnten von Sachsen, Bapern,
Würtemberg, Hannover, Heffen-Darmstadt und
Naffau sich zu cincr Besprechung vereinigten
und zu dcm ciiistimmigeii Beschluß kamen, ben
damaligen Prinz-Regenten von Preußen zu
bitten, sich ihren Beinühungen anzuschlicßeui
gemeinschastliche Maßregeln gegcn den Natio-
nalvcrein zu treffen und dies durch einen Bun-
desbeschluß zu bekräftigen. Der König von
Würtemberg übernahm eS, im Namen der gc-
nanntcn Fürsten.diesen Wunsch dem Prinz-
Regentcn auszusprechen, und zwar geschay dieö
als Antwort auf die bekannte patriorische An-
sprache, welche ber Prinz-Regenl im Schloffc
zu Baden an die sämmilichen dort versam-

Sir lirbt mich.

Novellcte von Carl Stugau.

(Fortsetzung).

Mclanie hatte ihm noch nicht gesagt, Haß sie Ma-
ricn's Tanzunterhaltung bcsuchen wollte. Er bcob-
achtete jede ihrer Bewegungen. Nachdem sie wic
unschlüssig bald an's Fenstcr, bald wieder an sein
Bett getretcn war, setzte sie sich plötzlich an den
Schreibtisch, nahm mit vieler RmstLndlichkcit Pa-
pier und Feder und schickte .flch an, zu schreiben.

„Darf ich wiffen, an wen Du schreibst, Melanie?".
fragte er.

„3ch schreibe ein Paar Zeilen an Marie, um
mich bei ihr zu entschuldigen. Sie hat mich näm-
lich auf heute Abend zu «inem I'kö äsosant einge-
laden. Allein da Du unwohl bist, verstcht es sich
von selbst, daß ich nicht gehe. Das wollte ich ihr
mittheilen."

„Oho!" dachte Theodor, „so einfältig bin ich
nicht, um das Manöver nicht zu durchschauen. Sic
spricht so, weil sie voraussctzt, ich werde es nicht
zugeben, daß sie absagt.

„Nein, liebes Kind", sagte er laut, „das kanii

melten Fürsten richtete. Er antwortcte dem
König: daß dieser Wunsch wohl nur auf ge-
schäftlichcm Wegc zu prüfen sei, und ihn: daher
kin näheres Eingehen darauf an diesem Orte
nicht ihunlich erscheine.

Seit diescr Zeü wurde» nun von den obcn
genannten Rcgierungen wiederholte, aber ver-
gebliche Versuche gcmacht, die preußische Re-
gierung zu einem Linschreiten gegen den Na-
kionalverein zu bewegcn. Zhr vergebkiches
Bemühen »crband sie aber nur um so inniger
und sie verpflichteten sich untereinander, dem
Nationalpkrein gemeinsame Schranken zu setze«.
Dieses Bündniß scheint jedoch bald sein Ju?
gendfeuer eingebüßt zu haben, denn diejenigen
Rkgierungen, welche den ersten Anstoß zu den
Verfolgungsmaßregeln gegeben hatten — Sach-
scn, Bapern, Würtemberg — fgnden es bald
doch angemeffener, den Rationalverein nicht
zum cntschiedencn Gegner zu stempeln.

Nur die großh. hesstsche Regiernng erfüllte
ihr in Badcn gegebcnes Versprechen uub fvcht
mit Feuer und Schwert für die Jntereffcn dcs
Würzburger Sonderbnndes; ste verdient also
eigentlich nicht nvr das Lob, sondern auch die
llnterstützung der engern Biindesgenoffcn, von
benen sie so balb schon im Stich gelaffen wurbe.

Der hessischc Antrag müßte somik eigentlich
vo» den Regierungen von Sachsen, Bapern,
Würtcmberg, Hannover, Naffan, Meiningen,
Altenburg, Kaffel, Mccklenburg-Schwerin und
Strclitz sehr jreudig begrüßt werden; denn er
ist ja ihr gemeinsames Wcrk, das sie schon
vor der Bapener Zusammenkunft so würdig
vorbereitct hatten. Wird aber der Antrag in
der BundeSversaminlung nicht aiigenommcn, so
hat dann wenigstens die großh. hessische Re-
gierung einen genügendcu Grund, vvn ihren
bisherigen Maßregelu gegen ben National-
verein wieder gbzngchen, und inbem sie sich
quf diesem ungcwöhnlicheii Wege hilft, werden
die übrigen Verbündelen bloßgestellt.

Dies ist der wahre Sachverhalt dieser alle
wvhlgesinnten Dcutschcn betrübenden Angele-
genheit, ber srcilich cigenthümliche Schatren
anf bie Gesinnungen unb Grundsätze mancher
-Staatsinänner wirft und dcr deutschen Nation
eine unwillkoinmciie Enthüllung sein muß. Es
ist abcr hohe Zeik, mit der vollen, ungeschmink-
wn Wahrhcit hervorzutreten. Es ist unmöglich,
oas Wohl Dcutschlanbs und veffen Kraft und
Einiguug zn förder», wcnn man dcn berech-
tigtftcn und wünschenswerthesten Bestrebungcn
zur Hebnng des Geistes dcr Nation entgcgen-
tritt und sie als Verbrcchen bestraft wiffen
möchte."

ich nicht zugeben, daß Du Dich um deswillen eines
Vergnügcns beraubst; meine Krankheit tst ja nicht
so gefährlich; es ist ganz einfach eine Nachweh von
vorgcstern; geh' Du tmmerhin, dic Umschläge kann
mir Lisette machen."

„Od sie geyt?" dachtc er bei sich.

Melanie gab sich zwar den Anschein, als ob sie
fest cntschlosscn sei, anf ihrem Vorsatz zu beharren,
doch konnte er wohl bemerken, wie sie seinen Pro-
test mit besonderem Vergnügcn aufgenoinmcn hattc.
An der That war auch nach cinigem Hin- urpd Her-
rcden ihr Widerstand besiegt.

„Wohlan dcnn, Theodor, da Du darauf be-
stehst, s° sage ich nicht ab; aber ich gehc ungcrn;
wie soll ich vergnügt sein können, wenn ich Dich
unwohl weiß."

„Kalsche Schlange!" sagtc Theodor im Stillen.

Melanie traf nun Vorbereitungen für den Abcnd.
Zunächsr wurdc KriegSrath mit Lisetten gchaltcn,
wclches Kleid wohl das gecignetste wärc. Dic Frage
«urdc mit einem Ernst und Eifer erörtcrt, als
ob das Hcil der Monarchic davon abhingc. Nach-
dcm endlich «in Bcschluß darüber zn Stande ge-
kommen war, ging es mit gleichcr Gründlichkeiz

Jllenau, 20. Jan. Nach dem Bericht,
welcher aüjährlich über dic Bewegung in der
Bevölkerung der hiesigen Austalt gegeben wird,
hatte das Jahr 1859 rnit 468 Pfleglingen gc-
schloffeu. Ziü Lauf des Jahre« 18M wurden
277 aufgenommen, mehr als in einem der
vmhergehenden Jahre, so daß die Gesammt-
zahl aller Verpflegtcn in diesem Zahr auf
745 gcstiegen ist. Von diesen sind geuesen
126 (66 männliche und 60 weibliche), gebes-
sert 72 (39 m. und 33 w.), ungebeffert 176
(41 m. und 25 w.). Gestorbcn sind 36 (18 m.
und 18 w.). Die Summe aller Abgegange-
nen belief sich auf die runde Zahl von 3lX>
(164 m. und 136 w.). (K. Z.)

AuS der Pfalz, 20. Jau. Das Gesuch
für Herstcllung einer Zweigbahn von Windeu
nach Marimiliansau bezichungsweise Karls-
ruhe wurde vorläufig abwcisend beschicde».
Dic Staatsregierung erklärte, sie müsse Be-
denken tragcn, ihre Einwilligung zum Bau
jener Linic zu geben, bevor nicht die Festun-
gen Landau und Geumereheim dnrch Eisen-
schicnen verbunden sind. (Ps. Ztg.)

Bcrlin, 20. Zan. Zn dem Entwurfe
zur Antwortsadressc des Herrenhauses kom-
men u. a. folgende Stcllen vvr: Wic Er
(der verstorbcne König) in allen Gebieten
des Staatslebens Königliche Gedanken walten
ließ, wie Er über die Grcnzen des engere»
Vatcrlandes hinaus die Einigkeit und Kräf«
tigung des gesammten Deutschlands erstrebte,
— längst ehe die Mischung edler Bcstrebun-
gen im deutschen Volke mit übcrspannten
Zdeen und verwerflichcn Plancn cine Bewe-
gung ver Gcistcr hervorricf, deren Versuchung
Sein hohes Rechtsgefühl widerstand, — so
war Er es auch, der freudigen Mulhes und
auf dic Reinheit Seines Wittens vertrauenb,
aus freiem königl. Entschluffedic Glicder Seines
Reiches zu einheitlichcr, kräftigcr Landes-
Vertrctung vereinigte. .... Zn Vertraucn
und Hoffnung richten wir unsere Blicke zu
Eurer KLniglichen Majestät! Wir gebenken
dcs Ausspruches: daß von einem Bruche
mit der Vctgangenheit nun und nimmermehr
die Rcde sein sollc, daß das Wohl ber Krone
und kes LandeS auf gesunden, kräftigen, con-
servativen Grundlagen beruhe, daß man sich
vor Allem vor der falschen Staatsweisheit
zu ^üten habe, als müffc die Regierung sich
fort uud fort ireiben laffe», liberalc Zdecn
zu eutwickcln, weil sie sich von seibst Bahn
bräche».

Die „Nat.-Z." ist sehr unzufrieden mit
der gewählten Form der Amncstie, durch welche

an die Discussion der Frage, welche Coiffure zu
wählen sei. So kamen nach und nach alle Toilettc-
Artikel an die Reihe, und so groß war dcr Eifer,
womit diese wtchtigen Dingc verhandelt wurden,
daß die Erneuerung dcr Umschläge ganz vergeffen
wurde. Dcr kleine Theodor schrie im Kinderzimmer
Zetcr, die Mutter hörte eS nicht. Dirser letztere
Zug kam Theodor besonders widerwärtig vor. Also
nicht blos er wurdc vernachlässigt, auch das armc
Kind. „Ja, wenn genußsüchtigc Frauen einmal
ihren Sinn auf ein in Aussichi itehendes Bergnügen
gerichtet haben, dann sind sie blind und taub setbst
für die ersten ihrer Pflichtrn"; diese Erfahrung
glaubte Theodor jetzt an seiner Krau gemacht z«
haben.

Thcodor litt unsäglich unter allen den Vorbe-
rcitungen, die er für den Abend treffen sah. llm
sich zu überzcugen, wie wcit dcnn die Selbstfucht
seiner Fran gchcn würde, klagte er über vermehrtcs
Kopsweh. Er hegte noch immer di« leise Hosfnung,
Melanie könne zu guterletzt doch befferen Sinnes
werden und blciben. Er täuschte sich. Als der
Abend herankam, tleidete flc fich an, und that cs
mit einer minutivsen Sorgfalt, als ob es keinen
 
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