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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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M> 22. Samstag, 2«. Zanuar


L8«L.

Deutschland.

Karlsruhe, 24. Jan. Jhre Königlichen
Hoheiten der Großherzog und dic Großher-
zogin stnd heute Nachinittag von Berlin wie-
der hier eingetroffen. Staatsminister Dr.
Stabcl und Geheimerath Lamcp waren auf
Befehl Sr. Königl. Hohcit des Großhcrzogs
bis Gotha cntgegkngereist, um auf der Reise
hicrher übcr verschiedene Geschäfte Vortrag
zu erstatten.

Aus der Pfalz, 20. Jan. Gestern
sah man i» Neustadt cinen schr großen Lei-
chenzug, aber es war kein Gcistlicher, kein
Lehrcr, keine Schulsugend stchtbar, und das
Grabgeläute der protrstantischen Gcmeinde
war verstummt. Nichts erinnertc an ein
christliches Begrabniß: ein trauriger Anblick
fnr cincn Christen und Freund der frommen
Sitte. Beklagenswerthe Folge dcs unscligen
Gesangbuchsstreites. (Pf. Z.)

Stuttgart, 22. Ian. Am 3. Februar
werden stch die Patrioten aus ganz Würt-
lemberg in Eßlingen zu eincr Besprechung
und öffentlichen Kundgebung in Beziehuug
auf die deutsche Frage vcrsammeln. Es wirv
daselbst Namentlich auch die Frage über dcn
Eintritt in den Nationalverein ventilirt
werocn. Diese Tagesordnung wurde nun
gcflern in der hiestgen periodisch wicderkeh-
rendcn Bürgcrversammlung zur Bcsprcchung
öffentlicher Angelegenheitcn einer Vorbera-
thung »nterzogen. Sämmtliche auftretende
Rcvner Aingen von Neichsverfaffung und dcn
Grundrechten als dem Rechtsboden aus, auf
welchen, das deutsche Volk stche, ohne daß
sie stch jedoch zu der Anschauung des
Nationalvercins, auch wie sie in dcm Pro-
gramm der Coburgcr Generalversamm-
lung gefaßt sei, hätten bekcnnen wvl-
len. Dcr Nationalverein selbst und der
Bcitritt in ihn wird erst i» Eßlingen
von einigcn seiner Anhänger, welchc er
gerade aus der äußcrsten Linken hat, mit
Aufbietung aller Kräfte verfochten werden.
Treffliche Wvrte sprach R.-C. Hölder über
die inncre Frage Deutsch-Qesterreichs und
über den Werth der Mincio-Pinie für Deutsch-
land, als militärischc Postlion von einer
Stärkc, wie sic nicht beffer zu wünschen sei,
AngesichtS der Machtentfaltung Frankreichs
und dci Abhängigkeit Jtaliens von Napoleon.

Stuttqa^t, 23. Zan. Der,Tag dcr B/°-
rufuug ver stände ist uuu definitiv bcstimmt
und als svlchcr der 21. dcs Fcbruar festge-
sctzl.

Sir liebt mich.

Rovellcte von Carl Stugan.

(Fortsetzung).

„Das ist Herr Bcrgfeld, ein junger Schriftftellcr",
antwortete nnbefangcn Marie.

„Jn welchcm Vcrhältniß steht cr zu meiner Frau?"
fragte Thcodor weitcr; „ich bitte Sie um GolteS
Willcn, gnädigc Frau, sagen Sic mir die Wahr-
heit, ich biu gefaßt, Sie zu hörcn."

„Ach will hoffcn, Hcrr von Holdmann", sagte
die Baronin, sich stolz aufrichtend, „daß Sie gegen
Melanie keinen unwürdigen Verdacht hegcn, und
daß Sie mir nicht zutraucn, ich würdc, wenn er
begründet wäre, die Vermittlerin machen."

Theodor ließ sich durch den hohen Ton, den die
Baronin anschlug, nicht cinschüchtern; er wußtc,
daß die Frauen, wenn cs nöthig ist, die cntrüstete
Tugend vortrcfflich zu spiclen wiffcn.

„WaS Sie auch von mir dcnken mögcn, gnädige
Frau", crwidertc er, „ich miiß darauf bestehen, daß
Sie mir etne bestimmte und klare Antwort auf dic
Frage gebcn: in welchcm Verhältniß steht dicscr
Herr Bergfeld zu meiner Frau?"

Darmstn-t, 19. Jan. Von der hicr
crscheinenden Kirchenzeitung, dercn Mither-
ausgebcr der Hofprediger und Oberconststo-
rialrath Dr. Palmer ist, sind dic zwei erstcn
Rummcrn des neuen Zahrgangs erschicnen,
welche aus dcssen Feder „kirchliche Bctrach-
tüngen zu Anfang des Jahres 1861" enthal-
tcn. Namentlich wird die zwischen dem Mi-
nister dcs Jnnern und dem Bischvfc abge-
schloffene Convcntion nicht nur zum Gegen-
stand der Beschauung, ssndern auch dcr Kri-
tik gemacht, so daß der Minister ausrufcn
könnte: „Auch du mein Sohn Brutus!" So
findct stch auch folgende Stelle: „Den Ständc-
kammern ist die Convention nicht vorgelegt
worden, und zwar, wic behauptet, keineS-
wcgs abcr bewiesen wurdc, weil man von
Seiten der Staatsregierung den Grundsatz
vertheidigt, die kirchlichen Verhältniffe gehör-
ten nicht vor das Forum der Stände, und
es seien durch die Convention keine Vcrän-
derunge» dcr bestehenden Staatsgesctzgebung
nöthig." Auch wi'rd am Schluffe dcr Be-
haiiptung des Ministcrs, dic Angelcgeuheit
cigne stch nicht für die gesetzgebcrische Be-
handlung, wl'dcrsprochen. Man könne den
von Baden eiugeschlagcnen Weg, das ganze
Verhältniße dcr katholischen Kirche züm Staat
durch Gcsetze zu regeln, nur für dcn einzig
richtigcn halten. Dann wäre cine Ga-
rantic dafür gewonnen, daß der Staat keine
wesentlichen Rechte anfgebe und dem Mißtrauen
bcgegnet, als habe die Rcgierung Spmpathiecn
für dc» Ultramontaiiismus. Dieser Weg sci
eingeschlagen, ehc dic Convcntivn zum endli-
cheu Abschluß kommc. (N. F., Z.)

Kaffel, 12. Zan. Ein Vorfall, der seit
gcstern daS Stadtgesprüch bildet, ist bemer-
kcnswcrth, weil er auf die Art, wt'e in den
höchstcn Regionen dic Dinge angesehen wer-
den, cin bezeichnendeS Licht wirft. Der
kurfürstliche Konzcrtmeister Weigert ging mit
brennendcr Cigarre an ciner dcr ncuen in
der Königsstraße stehcnden Schildwachcn
vvrüber, welcher ihn zum Wcgwcrfen
der Cigarre auffordcrte. Der Poften hatie
formell recht, denn noch immer besteht das
Verbot gegen jene H'audlung; es ist ab^r
thatsächlich schon lange nicht mehr befolgt
und seine Ueöertretungeii nicht geahndet wor-
den. Der sich weigernde Koiizerliiieistrr
wurdc von dcr Schildwache in sein Schilder-
haus gestcckl, wo er bis zur Ankunft ocr
Postenablösungaiidcrthalb L>tundc in derKältc,
das Gcstchi vorschiiftsmäßig nach innen ge-
kchrt, stehcn mußtc. Die Ansammlung des

„Ganz cinfach", erwiderte die Daronin, „in dcm
des Schützlings zu seiner Bcschützerin."

„Sie würden mich sehr vcrbinden, gnädigc Frau",
antwortcte Theodor, „wenn Sic die Gnade haben
wollten, sich ctwaS näher auszusprcchen."

„DaS soll mit Vergnügen geschehen", entgcgncte
dic Baronin. „Hörcn Sie also: Sie «iffcn ohnc
Zweifel von Jhrer Frau, daß ich in den Gesell-
schaftcn, die ich mit Erlaubniß mcines Manncs
bci mir cmpfange, nebst drm OfficicrS- und Be-
amtenstand auch die Litcratur gerne vertretcn sehc.
Da wcrden die neuestcn Erscheinungen auf Liesem
Gebiete durchgesprochcn; ein Dichter lieSt seine
neuestcm Poesicn vor, ein Dramatikcr seinc nkucstcn
Tragödicn odcrComödien; einer singt, cin anderer
spielt Clavier; man hört, man spricht, man tauscht
scine Gcdanken auS, berichtigt scinc Ansichtcn, man
lästert auch ein wcnig, abcr ganz in Ehren; Sinn
und Gcist «crdcn aus angenehmc Weise angercgt;
kurz, «ie wohlwollcnde Freunde mich vcrfichern,
man untcrhält sich ganz paffabcl. WLren Sic kein
so menschenscheuer Sondcrling und würdcn Sie
mcinen Salon besuchen, «te ich Sie, wicwohl »cr-
gebenS, so oft eingelade» habe, so brauchtc ich

Pudlikums vor dem Arrestraume veranlaßte,
daß der Verhaftete auf höchsten Bcfehl durch
eine besvndcre Solvatenabtheilung auf Vi'e
Hanptwache geführt ward, und crst von vort
wurde ber armc Mann auf die Polizei ge-
bracht. (Derlci Annehmlichkeiten widerfah-
rcn in Kassel elncm Jeden, vhue Ansehen der
Person. Mußte doch aus demselben Grunde
vor gar nicht langer Zeit selbst der franzö-
sische Gesandte, Hr. v. M., die unfreiwillige
Bekanntschaft eines kurhesstschen Schilderhau-
ses machcn!)

Gotha, 22. Januar. Heute hatten Hcrr
v. Bennigscn ans Hannvver und Herr Metz
auS Darmstadt eine beinahe 2stündige Audlenz
bei S. H. vem Herzogc. (N. F. Z.)

Berlia, 22. Januar. Der in Folge dcs
Potsdamer Depeschen-Diebstahls wcgen Lan-
desverraths verurtheilte und jetzt in Folge der
Amiiestl'e in Freiheit gesetzte Lieutenant Techen
ist während seiner Gefangenschaft vvllständig
erblindet.

Berlin, 22. Jan. Di'e KreuzzeitungS-
partci rüstet sich zu entschiedenem Angriffc ge-
gen das Ministerium , in dcffcn Principic»
ste nur Halbheit erblickt. „Unser Beruf tst
eS", sagt heuie das Organ des HerrenhauseS,
„Das, was wir zu conserviren wünschcn,
mit Dem, was anvcre conscrvircn wollen,
durch entfprcchende Eombinationen so «n un-
trennbare Verbindung zu brtngen, daß EinS
mit dcm Andern stehen oder fallen muß ...
S» vicl wir sehen, sinv die Frageu, welche
man heute ventilirt, schon nichl mehr Streit-
sragen zwischrii der liberalen und conserva-
tiven Pacret, sonbern Streitfragen zwischen
Kvnigthum und Demagogie, zwischen der rech-
ten Ordnung und der Revolution."

Wien, 20. Jan. Es gehört, sagt die
„Ostd. Post", große Selbstverleugnung dazu,
deni Treiben der ungarischen ComitatSwirth-
schaft ruhig zuzusehen; aber wir möchten vie
kaiserliche Regierung beschwörcn, der Sache
ihren Lauf zu laffen und burch keine Jnter-
vention Veranlaffung zu dcm gewiß nicht
auSbleibendcn Geschrei zu geben, man habe
das Lanv terrorisiren wollen. Oesterreich hat
die Macht in Händen, jede Stundc dieser
tollen Wirthschaft eine Ende zu machen. Aber
es wäre der größte politi,che Fehler, wenn
man sich von den Ucbcrgriffen, Beleibtgungea
und herausforverndcn Lemonstrationen, die
an allen Orlen sich kunb gcben, verleiten
ließe, inconsequent zu werdcn.

Wien, 21. Zan. Dic „Wicn. Ztg." de-
mentirl die Mltthkilung, daß eine als Manu-

Zhnen daS AlleS nichk zu sagen. Doch zur Sache.
Vor ciniger Zcit ist mir auch ein junger Mann,
Namens Bcrgfeld, vorgestcllt worden, dcr mirals
vielversprechcndes Talcnt warm cmpfohlen «urde.
Etwa vor zwci Monaten las cr uns ein von thm
verfaßtes Dram» vor, das allgemcin ansprach.
Namentlich Zhrc Frau, dic ein feines Verständntß
für derlei Dinge hat, war ganz cntzückt davon und
forderte ihn äuf, das Stück dem Antendantcn der
Hofbühnc einzureichen. Bccgfcld erwidertk, daß
er dies bereits gcthan und sein Manuscript nach
einiger Zeit mit dcm laconischcn Bescheid zurück-
erhalten habe: „für unscre Bühne nicht brauchbar."
Dcr junge Mann schicn sehr niedergeschlagen dar-
über. Melanie und ich und einigc Andcre der Ge-
sellschaft intereffirtcn uns für ihn; Mekanie nament-
lich erklärte, es sei die größte Ungerechtigkeit, etn
solcheS Stück zurückzuweiscn, und sie sci übcrzcugt,
daß cs mit cinigcn Hürzungen und Acnderungen
versehen, ein ganz wirksames Bühnenstück geben
würdc. ES wurdc also ünter uns Frauen ein
Eomplott gcschmicdet, zu dem Zweck, daS Stück
zur Aufführung zu bringen. Melanie, auf welchc
unscr alter Zntendant große Stücke hält, sollte den
 
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