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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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script und nur m wcnigen Cremplaren ge-
druckte Brvscküre über die gegenwürtige Lage
Oesterreichs de» General-Adsutanten FML.
Grafen Crenncvilie zum Berfaffer habe, und
bcmerkt, daß FML. Graf Crenneville „Sol-
dat iff und sich als solcher niemals mit Polf-
tik beschaftigt har." (Preffc.)

Wien, 21. Zan. Die Stimmung ist hier
fortwährcnd cine äußcrst gedrückte. Abgeschcn
davvn> daß die Ausstchten, trotz dcr neuestcn
ans Paris eingctroffeneu Fricdensnachrichten,
immer kriegcrischcr sich gestaltcn, wollcn sich
auch die Berhältniffe im Znnern nlchi klären.
Zm Ministerrath herrscht keine Einigkeit,
Schmerling und Rechberg können unmöglich
lange mehr nebcn einaiider amriren; die von
diesen bciden Männcrn vertretenen Shsteine
stehen sich so schroff cntgegen, daß binnen
Kurzem ein Bruch erfolgen muß, da eine Ver-
stäiidigung nicht möglich ist. Alle Versuche,
eine solche herbeizuführen, sind bis sctzt otzne
Errölg gcblicben.

Wien, 23. Jan. Der Fürstbischof von
Rauscher hat ein „Hirtenschreiben" an seine
Geistlichkeit gerichtet, worin er sie ettNähnt,
nicht blos für das neue Anlehen in den Ge-
meinden zu wirken, sonvern in der Betheili-
gung dara» auch dcn Gläubigen mit gutem
Beispiel vvrangehcn. .

Niederlan-e

Rotterdam, 16. Zan. Ohnc Zweifcl ist
Jhncn bereiks bekanni, wie schwer die Ueber-
schwemmungen einen Thcil unseres LaNdes
heiingesucht haben. Ein Äugenzeuge gibt hier-
über fvlgende Schilderung: Schon 30 Dörfer
sind durch Eis und Wafferfiuthen überschwemmt,
noch 73 Dörfer sind dcr gleichen Gefahr autz-
gesetzt, besvndcrs wenn im Frühjahr Thau-
wettcr kommr und durch die Anhäufung dcs
Eiscs daS Waffer sich andern Ausfluß sucht,
ist daS Unglück nicht abzusehen. Das EiS
steht bis auf dcn Dcichen, viele Menschen sind
ertrunkcn und «rfrorcn, vielc Tausende haben
nur das nackte Leben gcrcttet, indcm Vich,
Wintervorräihc, Klcider, Haus, kürz AlleS
verlorcn ist, und bei der strengen Kältc stchen
dic Unglücklichcn allcr' Hülfemittel eniblöst
da. Nöch jetzt sind vicle auf den Dächcrn
odcr obersten Stockwerkcn vhne Nahrung imd
Klcider, weil ma» nichi allen Torfcrn zuglcich
so schnell Hülfe bringcn kann, wie es erfor-
derlich wärc. Fortwährend ist man beschäf-
tigt, dic Ungsücklichcn mit Kähnen aus ihrcn
vom Waffer umspültcn Häuser» zu sammeln
und nach den' benachbartcn Städten zu schaf-
si». Jch kehre socben aus Hedcl, einem Dorfe
nahe bei Herzogenbusch zurück, wo die ganzc
Gegend überschwemutt ist. Das Eicnv,. daö
ich antraf, ist nichr zu befchrcibcn; das große,
gut gebaute Dorf ist in cincn Eissee verwan-
dclt, wo die Dächcr hcrälisschen und die Men-
schen init Lcbensgcfahr aus dcn Spcichcrfen-
stern in Kähnen dem Todc cntriffeu werdcn,
dk» sie seit Tagcn vor Augen schcn. Die
große Chauffee ist mii Wagen, Karren, Schlii-
ten und verzweijclndcn halberstärrten Mcn-
schen besäet, um oie vvn Ällem Bcraubten

Wortführer machcn. Das geschah denn arich in
cinc« unsercr Abendzirkel, und zwar auf so wirk-
same Wkisc, daß der alte Hcrr cndlich Ja sagtc.
ES wurde Leseprobe gchalten, der Regiffeur nahm
cs in dic Arbeit, uni eS bühnenmäßig zuzustutzcn,
und vorgestern fand die erftc Aufführung statt.
Bergfeld war überglücklich, denn wclcher brama-
tische Dichtcr sähe nicht gerne dic wefenloscn 'Ge-
stalten sciner schöpferischen Phantasie auf der Bühne
Leih und Leben bekommen? Bergfeld wnßte, daß
«r die Annahine seines StückcS besondcrS der be-
redten Fütsprache Jhrer Frau zu danken hatte, des-
halb wünschie cr sie zu schen, um ihr zu danken.
Dic Stclle in mcinem Billet bczieht sich darauf.
Daß Mclanic begierig war, dcr crstcn Aufführnng
dcs StückeS beizuwohnen, läßt sich denken. Der
Erfolg übertras noch weit unscre Erwartungen.
Bcrgfcld hattc sich, um nicht durch indiScrete Blicke
rn -scinem Zncognito grftort zu «erden, in den hin-
tersten Winkel cincr Loge zurückgczogcn. Während
dcr beiden erften Actc verhiclt sich das Publikum
ziemkich lau, und eS «ar uns um den Armcn und
sein Stück schon bange; vom dritten Act angc-
fangen, ging es beffcr, und znletzt gab es einen

nach der Stadi zu bn'nste», wo ste einstweilen
Wohnung und Nahrung sindc». Jn ganz
Holland und Belgi'en ist mgn thätig, Gelbcr
zu sammeln, Klelder unv Spelsen zu seuden,
Hunveritausenbe sind aber nöthig, wenn die
Leute ci'ncm gewi'ffen Tode entgehen sollen;
dle deulschen Brüder wcrden dcn Unsrlgen
lhre Mi'ihülfc nlcht versagen, um mitzuwir-
ken, daß das Elcnb gemildert wird. Holland
thut viel, abcr kann aüeln nicht allen helsen.
Gott der Herr bewege viele Herzen zu reich-
lichc» Gaben, er wlrd das Gute signen, wel-
ches den UNglückll'chen gethan wlrd. (S.M.)

Frankreich.

PariS, 20. Zan. Der „Südd. Z." wird
über Napoleon IU. geschricbcn: „Er stürmt
iiicht wle scln Oyelm mit Gewalt durch alle
Schwlerigfciten hindurch, er untergräbt die-
selben, und wcnn sic einstürzcn, gehl er oar-
über hlnweg. Zum Schwerk grclft cr nichk
aus Ll'ebhabcrei, nur wenn er nichk anders
vorwärts kommt, und nur, nachdem er zuvor
dcn FeiNd durch geschlckie Schachzügc in eine
unhaltbare Stellung gedrängt hat und cin
Schachmatt bleten kann. Der italienlschr
Feldzug hat ihm klnen tlesin Eindruck zn-
rückgelaffe»; er kennt dle Gefahr, >n der cr
bcl Magenla und noch bei Solfcrino gewesen
war, und hat wenig Lust, das Schlachten-
glück oft zu vcrsuchen. Auch ist es nichr
wahr, daß ihn dre Armce zum europäischen
Kricge dränge, wie man oft behauptet. Die
Armec will freitich beschäftigt sein. Sie
wünscht von Zeit zu Zeik cine Erpeditlön,
aber am liebsten einc kurze, welche »hr sichere
Lvrbccren verhclßt u»d das Avanccmenr lm
Schwung hält; sic verlangt nach kelnem auf-
reibende». nnd gefährltchen Krlege, an dem
zuleßt ganz Europa stch hethelligl und deffcn
Ausgang zweifelhaft 'ist, keine Kriege ä Is
Napolevn 1., ble inlt Coallttoiien indigea.
Deülschland gegenüber ist bei den Franzo;en
weder Haß noch Neigung. Der einztge bei
der franz. Nation populäre Krieg wäre aber
der Kri'cg mlt England, dcffen Reichthum sic
rei'zt, dcffcn Macht ihre Eifersucht erregt,
deffen Prcffc sic verletzt. Aber die Leiter
ver Poli'tlk wünschen dtese» Krleg nlcht, und
der kalte Caicul Napoleon's sieht darln dic
größte Gefahr für selne Herrschaft. Er
schlnckt dahcr seinkn Groll einstwellen hln-
„nter und wartet dle Gelegenheit ab, ihn
dann zu äußern, wenn dlc Chancen günstl-
ger steben."

Paris, 20. Zan. Der „Mon. de la Flottc"
glbt klnc ausfüheliche Ucbersicht über dle ge-
genwärtig lm Mi'ttelmeer verweilende eng-
Ilsche Flotte. Es smv im Ganzen 39 KrlegS-
schlssc, dle sich fölgendermaßen verlhcllen: 15
Schraubeiiltnicnschiffc, wvrunter der Marlbo-
rongh mll 131 und dcr St. Zean d'Akre (au-
genbllcklich in Llffabon) mit 101 Kanonen.
Ferner ei» Segclllniciischiff, das als Kascrne
dient, 4 Schraubeiifrcgatten, 1 Rüderfregatte,
2 Schraubencorvellen, 8 Schraubcn- mid 6 Ra-
derkutter (daruntcr 2 eiseriic), 2 Schrauben-
kanonl'crboote, zufammen 39 Schtffe mlt 1692

Triumph, wie länge keiner erlebtt wordcn. Me-
lanie und ich «äreN kaum weniger glücklich', als
dcr Autor, hatten wir doch an dem Triumph auch
unsererscits crn gütcs Dhell. Noch währeiid der Vor-
stellung gaben wir Bergfeld durch Zeichen unsere
Lheilnahme kund. Er wolltc Jhrer Fräu pcrsön-
lich danken, wozu bie hcutige Abcndgcsellschaft eine
schicklichc Gclegenhcit bot." (Forts. f.)

Sas große Faß gu Hcidelberg.

Historische Novellc vo» Will). Jungmann.*)

1.

An dem herrlichen Gcstade des Rhcinstroms, da,
wo dic mächtigc Hügelrcihc des Haardtgebirges sich
hinzicht brs zu dcn Vogcsen, und weit übcr Straß-
burg und Hüningen hinauS, bis an die Grcnzc der
Schweiz, gchörtc noch allcs Land zum deutschen Reiche,
als Dteistcr Ptichacl Wcrncr in dcr freien Rcichs-
stadt Landan wohnle, und da sein Gewerbc als
Küfcr und Aaßbinder mit solcher Geschickiichkeit be-
lricb, daß sein Name bald auf dic ehrcnvollst« Wcisc
weit und breit gcnannt wurdc.

Mcrster Wcrncr hatte einehohe, kräftigeGestalt;

Feuerschlünden imd 15,783 Pferdekraft. Di'e
vor Gaeta liegende Diviston bestehi aus den
Linienschiffen Hannibal, Agamemnon, Jamcs
Walt und Creffy, nebst dem Kutter Mohawk.
Die anvern sinv auf den verschledenen Punc.
ten des m>'ttellänbl'sch-n Meeres zwlschn, Gi-
brallar, dcn ltälienischen Küstest u»ä beu jo-
nischcn Znseln verthcill.

PariS, 22. Jan. Nachdem heute Herr
Jourdan lm „Sikcle" in einem längeren Ar-
tlkel die Lage König Franz II., die Absahrt
der französischcii Flotte unb Vle von der sran-
zöstschen Regfcrung im größten Maßstabe aus-
gcübte Humanltätspflkcht bespricht, kommt cr
auf die Oceupation Roms und dcö päpstlichcn
Geblets zu reden. Seit 11 Jahren, fährt er
fort, erfüllt auch hier dic französifchc Negi'e-
rung elne Humanltätspfltcht und llefert dcn
Bewcis einer refpectvollen Sympathic für das
gcistlichc Obcrhaiipt der katholischen Religtvn,
aber, strcitet baffelbe Mokiv, welches zur Enk-
fcrnung unserer Flottc von Gaeta Veranlaf-
sung gab, nicht auch für den Abzug der fran-
zösischen Trnppen aus ben römifchest Staaten?

— Die Logtk beherrscht mehr atö man denkt
die Dtnge auf dicscr Welt. — Wenn der vcr-
längcrte Aufenthalt unscrer Flottc in den An-
gen Europa's den Charactcr einer Jntcrven'
lion angenommen hatte, wird demiiach dcr
längere Aufenthalt unserer Truppcn am Ba-
tican nicht eine analoge Znconvciiienz haben?

— Der Schntz, «clchen wlr Franz II. gewäh-
ren, hal, iNdcm er den Angriff Gaeta's vvm
Meer aus vcrhlnderle, Aufregung der Gcmü-
ther, Zwei'fel über dle Absichtcn Frankrelchs,
Ermuthtgung zum Widerstand uno Znsnrrcc-
kiön ber Prvvinzen zur Folge gehabt. — Der
Schutz, welchen wir ber wcttllchen Macht dcs
Papftlhums widcrfahrcn laffen, hat jedoch noch
vrel unangcnehmcre Fotgen. Wir uttervcnr-
ren in der That l» Rom; wik halten dasclbft
gegen den Willen dcr Bevölkerung die mit
Recht verabscheute Macht dct Cardtnäle auf-
rechl, wtr berauben Zlalien dcs Mltkclpunc-
teö seiner Thätlgkelt und Elnhett, seliier na,
lürlichcn Hauplstabt; wir bercrtcn einem Werke
Hinderniffe, welches wir selbst begonnen und
für wcichcS wir Strömc edlcn Blutes vcr-
goffen haben. Wir stehen in Rom gcradczi,
lm Wiverspruche mil uns selbst. — Es >st
Zeit, daß wir oieser falschcn und gcfährltchen
Sltuatlon ein Enve machen. Wir erfüllen
dadurch zuglcich unserc Pflicht; denn wir ha-
ben versprochen, in Ztalien nicht zn intcrve-
niren, wir haben erklärt, uns jeder Jitter-
vention zu widersetzen. — Von dem Tage,
an dem sich bie französischen Truppen in Ci-
Vita-Vecchia nach Frankreich eknschiffen, wer-
den die größtcn Verlegenhetten der gegcnwär-
llgcn Silualldn schwlnden und die Zkaliener
frei lhre Eiuheit grünben können.

Ztalien

, Turin, 21. Zan. Ein Lcltartikcl der
hrutlgcn „Oplnione", „Programm der italir-
nlschcn Pvttltk", sagt: Ohne dlc französtsche
Jnterventfon wäre dlc Erobermig dcr Lom-
bardci und dle Emiguiig so vieler anbercr

ftin offenes, breites, vom Weine geröthetes Gcsicht
zcigtc bic unverkcnnbLrstcn Spuren von Milde und
Herzensgüte, aber auch von dcm chrcnhaftcn, festcsten
Charaktcr, so wic überhaupt ftinc ganze Erschcinung
dcn wohlthuendsten Eindruck hervorbrachtc. Er hatte
in scincr Vatcrstadt Landau ber einem tüchtigcn
Merftcr das Küferhandwcrk crlernt; hatte sich dann
auf dic Wanoerschaft begeben, Wren und Ungarn
bcsucht, Frankrcich und die Schwciz durchzogcn, nnd
war crst nach vielen Zahrcn wieder rn ftine Heimath
zurückgekchrt, wo er sich ftin eigenes Geschäft gegrün-
det und durch Fleiß, Geschickllchtcit u. Geschäftskcmit-
Niß bald zum wohlhabendcn Manne gewvrdcn «ar.

Ein stattllches WohnhauS, eine geräumlge, wohl-
cingerichtctc Küferwcrkftätte waren ftin Eigenthum,
abcr auch manches Stück des besten Haardtwcincs
lagertc in ftrncm Keller, das er gckauft, um eS
wicdcr an Mann zu bringen. Es fchlte ihm nicht
daran, denn was Meister Werncr für gut besunden,
in sclnem Keller aufbewahrt zu werdcn, ward eifrig
gcsucht, weil Niemand bcffer als er cS verstand, die
Gütc des WetneS zu crproben.

(Forts. solg't.)
 
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