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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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6S.


Sonntag, 17. März

IaserlioaSgrbähre» fur die 3,'paltige Prtit-
zeiie werden mit 2 kr., bezw. 3kr. berechner.

— Betrachtungen über die Rede des
Prinzen Napoleon.

Der polilischen Tragwcile, welche rie ominöse
Rede tcs Prinzen Napoleon in Bczug auf die
ilalienischen Verhäliniffe hal, ist von uns in
Liesem Blatle berciks in Kürze Erwähnung
geschehen. Diese Rede hat abcr außerdcm
eine hohe politische Bebeuiung hinffchtlich ber
Grundsätze des Buoiiapartismus überhaupt,
obwohl allerdings vorerst nur im Principc.
Zn dieser Beziehnng stellt ffe den demokra-
tischen Ursprung des Buonapartismus, dcssen
Bruch uiit dcm historischcn Siaats- und Löl-
ker-Nechte, im Gegensaße zu den nationalcn
Berechtigungen der Bötker, recht abstchtlich
in erste Neihe. Trotzdem würdc man zu weit
gehcn, wenn man aiinchincn wollte, taß der
kaiserliche Vctier, dieser Vcrsechter der revo-
lutionären Familienlraditionen, in allcn Fällen
unbcdingt nach den hier aufgcstelltcn Marimcn
handeln würde, so schr er momentan im Prin-
cipe hiermit cinverstanden scin mag. Das so
grvßes Aufsehen crrcgcnde Auftreten des Prin-
zen Napoleon läßt sich mit Einwiüigung des
Kaisers zunächst daraus erklarcn: der Letztere
bedurfte in dem Senate, der trotz seincr vie-
len hierin bestndlichen Werkzeuge dennoch in
Bezug auf Jtalien, imd besonders die wclt-
Uchen Znlereffkii dcs Papstcs, einer antircvo-
lulionären Politik sehc zugeneigt, vber doch
leicht zugänglich ist, eincr wirksamcn parla-
mentarischcn Vertretung für scine seither inne-
gehallcne, der Anschauung dcs Senatcs wider-
sprechende Politik. Zn Erinangelung einer an-
dern geeignetcn Persönlichtcit mußte Vctter
Plon-Plon diese Nolle übernehmen. Es ist
tics gcrade nichts Ncues, vielmehr haben wir
dieselbe Erscheinung in eiiiem anvern Aufsatze
schon einmal zur Zeit der früheren Präsidcnl-
schaft tes jetzige» Kaisers gchabt. Damals
sahcn wir sonderbarcr Weise den Prinzen an
der Spitze der Bergpartei in ber National-
versamiiilung. Es war dicscs Unterfangen
wohl nvch wenigcr ernst gemeint, alS jetzt,
und geschah lediglich zu dem Endzwecke, daß
nicht ein anderer dem Präsidenten der dama-
ligen Republik gefährlicherer Gegner diese Rolle
in bkdciitungSvollcm Ernste übernehme.

Bei AUedcm verkcnne» wir, wie bereits er-
wähnt, die Wichtigkcit der Manifestation der
Grundsätze des Buonapartismus in der an-
gereglen Weise hinsichllich der aufgestellten
Principien ganz unb gar nicht. Handeln
darnach wird dcr jctzige Kaiser von Frankrcich
aber insvweit, alö es ihm in jedem einzelnen

Fall bcquem und gclege» ist. Hiefür ist die
seither von ihm cingehaltcne Gelegenhcitspoli-
tik Bürgc. Unbcdingt sich dem revvlutionären
Principe auch iu seinem ganzcn äußer» Thun
uiid Handeln anschließen, wird er nur dann,
wenn sich mit der Zcit einmal seine Lage aus
dcm Throne, den er innc hat, so sehr ver-
schlimmcr» sollte, daß er nothgedrungen vs
buvque spielen muß. Es ist bckanut, wic
Napoleon in der ersten Zeit seiner Negierungs-
jahrc mit der Legitimität geliebäugclt hat;
nnd trotz des Eindrucks, den die Orsini'schen
Boinben auf ihn gemacht habcn mögen, hättc
er viclleicht jene anfänglich in Folge des be-
kanntcn Staatsstreichs vom 2. Dcc. betretene
Bah» nicht alsobald vcrlassen, wenn er von
den legitimen Mächten als cbenbürtig und
nicht als purvetui bchandelt worden; wenn
insbesondere ber Papst seinen Zumuthungen
auf Krönung,». s. w. zugänglichcr gcwcsen
wärc. Uinv illse Isorimse! Von diesem
Zeitpuncte an ist dcr Bruch mit der Legiti-
mität und dem Papstthum crfolgt, und insbc-
sonderc Letztercm die Verwcigcrung der Krö-
nulig schwer angerechnet worven. Es bcdarf
schließlich wohl kaum einer kurzen Hindcutung,
wic bas Brüsten der Napoleoniden mit be-
mocratischen Grundsätze» in That und Wahr-
heit nur citler Schcin ist und schließlich auf
eine arge Heuchelei hinauskömmt. Man vcr-
gleiche, statt eines weitcren Bewcises, nur Len
Evntrast, den die inneren Zustände Frankrcichs
mit dcn geäußerten Worten seincr jctzigen
Machthaber darbictcn. DaS jctzige Kaiscrreich
hat übrigcns in dieser Beziehung vor brn er-
sten dicseS eitlc Wortgcprängc, dicses Brüstcn
mit dcmocratischen Principien voraus, wcnn
dicses überhaupt für einen Vorzug geltcn kanii.
Napoleon i. pochte nur auf phpsischc Stärke
unb kriegerische Gewalt, wollte in späkerer
Zcit in Nede so wcnig, wic in Handlunge»
von dem dcmocratischcn Ursprung seiner Ne-
gierungsgewalt etwas wiffen, erklärte eine
Repnblik iu Frankreich für ein Unding unv
eine Unmöglichkeit, sprach uicht viel beffcr von
de» damals schon vorhandencn nationalcii Be-
strebungrn ber Ztaliener, die er große Kinder ^
nannte, die eincs Spielzeugs bedürfen, und
begann bekanntlich nvch als republikanischer
Gcneral im Jahre 1795 seine politische Lauf-
bahn damit, daß er den dcm Convente auf-
säffigen, in der Nationalgarde vcrtretcnen Kern
der Bürger von Paris mit Karlätschen nicder-
schieße» ließ! Ohne eine Paraüele mit dem
2. Dec. neurrn Datums aufstellen zu wollcn,
können wir dvch im Allgemcincn nicht umhin,

nochmals dcn grellcn Gegensatz hervorzuheben,
Ler in Bezug auf wahrhaft democratische, freie
staatliche und nationale Regicrungsmarimen
stcls zwischen den Worten unb Thatcn des
Buvnapartismus gelegen ist.

Deutschland

Konstanz, 11. März. Die „Bad. L.-Z."
schreibl über die daselbst Statt gehabte Bür-
germeisterwahl: „Die Feder zittert mir vor
Unmuth in ber Hand, indcm ich Jhncn die
Nachricht mittheile, daß die nämlichen Ge-
meindekoüegicii, welche am 3. Zan. d. I.
ciiien Karl Hüctlin cinstimmig zum Bürgcr-
meister erwählten, heute dicse Wahl mit 33
gcgen 31 Stimmeu aus den ehcmaligen
Stcuerperäquator Osburg lcnkten. DieseS
geichah in einer Stavt, wclche sich OouLtsütis
nennt. Es schien aber auch, daß ein erzüru-
ter Geist den ganzcn Taq unv die Nacht
übcr dcr Staot schwebte, denn es brauste ein
Sturm über unsere Dächer hin, daß die
Häuser in ihren Grundmaucrii erbcbten; aber
sie habe» die Mahnuug vicscs Geistes nicht
verstanden. Zetzt erst sühlt tie ganze Stadt
die Größe des Unglücks, welches sie durch
den Tod Hüetlin's gelroffcn hat. Nicht den
Bürgern der Stabt Konstanz ist dieseö un-
bcgreifliche Wahlergcbniß zuzurechiicn, es ist
eine Folge des bcklagcuswcrrhen Umstandes,
daß die jetzigen Gemcindckollkgicn in der
Pcriode dco Rückschritis gebiloet wurden.
Noch blcibt unS die Hoffnung, daß diese
Wahl die NegicrungSbcslätigung nicht crhal-
ten dürfte. Die hicfür vorliegenden Gründe
wollen wir eiu anderes Mal bcsprcchcn.

Krankfurt, 14. März. Ucber das zwi-
schcn Nauhcim und Butzbach stattgehabte Ei-
sciibahu - Unglück sagt vic Beil. dcr „N. F.
Z.": „Wer vic Slätte dcs Unglücks gcschrn,
kann das lraurige Bild, welcheS sie darbieiet,
nicht schwarz genug ausmalen. Weithinein
in das Feld wühlte sich die Vocomotive, be-
ren Führer badurch, daß er nicht heruuter-
sprang, scin Leben rettcte, währeud der Heizer,
welcher heruntersprang, einige Eoiilusioncu er-
litt. Am schwerfteii verwunbet ist Bremser
Kren, ker durch die Gewalt dcs Stoßes
wirbelnb in die Lufr gcschleudcrt, dann zur
Erbe ficl. Kcin Waggon blieb ganz. —
Hoffentlich wird bie Untersuchung m streng-
ster Weise betriebeu werden."

Fjrankfurt, 14. März. ' Dic Bank von
Polen hal solgendeS Eircular an ihre Corre-
spondenten erlaffen: „Warschau, 11. März.

Ein StrombilL.

(Forksctzung).

Fünfhundert Ncger waren dort eingepfercht und
wie Zuckertonnen odcr Ballen von Thierhäuten auf
und ncbcinander geschichtet. Sie waren indeffen
anschcincnd gcsund, jung und stark, weil man dcn
Anfang dcS FrühlingS zu ihrer Einschiffung ge-
wählt hattc. Zn diescr Jahreszeit ist dic Lust auf
dem Strome noch frisch und bclehend, auch waren
zahlreiche Löcher in dcn Balkcn angcbracht, wodurch
dic Waare vcrnünftig Athem schöpfen konnte. Alles
«ar wohl bcrcchnet — man hatte bis jetzt crst zchn
Stück dcn Geicrn zum Fraße an's Ufcr gcworfen
— kleine Kiuder, welchc die Mütter nicht hatten
stillcn wollcn, junge, unter den Füßen anderer er-
stickte Neger, oder alte CongoS, welche in Virginien
die Sittc ihres VaterlandeS nicht verlernt hatten,
dic Zungc übcrzuschlucken, um dann für immcr dcr
Sclaverci cntlcdigt zu scin.

Es waren also noch immer beinahe Fünfhundcrt
übrig, so war wenigstcns das Rcsultat dcr wiedcr-
holtcn ZLHlung in Bausch und Bogen, wclche der
Eigenthümer, der Mann mit der Peitsche, ange-

stellt hatte, der neben dein Compaß auf dcr Vorder-
scite saß. Er hatte ein klcines Cabinct, mit cincm
von seidcnen VorhLngcn umgcbcnen Bctte, cincn
eiscrncn Geldkastcn, Rechnungsdücher, cinigc Flin-
ten, Pistolcn und einen Dolch; sLmmtlich Dinge,
die er stetS scharf im Augc behielt.

Es war cin kleincr, dürrer, abcr ncrvigcr, schwärz-
lich ausschendcr Mann, von Gcburt ein Spanier,
dcr jcdoch Kosmopolit geworden war, habsüchtig,
bctrügerisch im Handcl und wußte bcsondcrs mit
Sclavcn umzugehcn. Er hattc scinc Lchrzcit bei
cinem Pflanzcr in Guyana hingebracht und ver-
stand eS bcwundcrungswürdig, einem rebcllischen
Ncgcr den Kopf abzuschneidcn und, zum abschrecken-
Beifpiel für die Andckcn, mitten zwischen die Hüt-
ten auf einen Pfahl zu stecken.

Er hattc dic ganze schönc Hecrdc in Virginien
gekaust, um sie mit ungeheurcm Vortheil in Loui-
sianna wiedcr an den Mann zu bringcn, und hatte
ihncn Namen gxgeben, so daß man in scincr Listc-
alle Wochcntage, dic Götter dcr Fabclzeit und die
Monatc des ZahreS in bunter Reihe mit den Ka-
lendcrhciligcn fand.

Die Ladung hatte große Furcht vor dem Manne,

denn scine Peitsche war mit Draht durchflochten,
und sein Arm war krLftig. Üebrigens verstand er
sich auf dcm Schiffc mit scinem wcißcn Rvckc, dcr-
glcichen Beinklcidern, gestreistcn Strümpfcn und
blank lakirten Schuhen, seincm Panamahute, der
zicrlich geschlungcnen fcin>en Cravatte, der schwcren
goldenen Uhrkctte und dcn blitzendcn Ringen ganz
besonders zu brüsten. Er war ein Mann nach dcr
Mvdc, gutherzig und bis zum höchsten Grade mit-
lcidig, daß er drci Sciavcn allcin für sein Lieb-
lingspserd und zwei kleinc Ncgcrknabcn hiclt, um
sein kleines Hündchcn mit den leckcrsten Speisen zu
füttern. Nie hat ein Pascha cinen stoizcren Blick
auf seinx Stummcn geworsen; cs war sein hvchstes
Glück, auf gcbeugtcn Köpscn zu stchen, Mcnschen
zittern zu machcn, scinc Mitgeschöpse zu verkaufen
und nach Lust und Launc mit eisengeflochtcnen
Ricmcn dic Rückcn scincr Sclaven zu peitschen.

An dcmsclben Abend, als er, an Bord seines
Kahrzcuges gclchnt, die Ligarre im Munde, das
funkclnde Glas ncbcn sich, wollüstig sorglos, auf
den Kluthcn dcS Mississippi hinabfuhr, warf ihn
cine kräftige Faust an zehn Fuß weit in den fiuthen-
den Strom,
 
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