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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0103

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18«1


Freitag, i. F ebruar



Deutschland

Bom badifchen Oberrhein, 25. Jan.
Der kvangelische Oberkirchenrath in Karls-
ruhe hat eine gänzlichc Umgestaltung erfahren.
Herr Oberkirchenrath Muth wurde Mitglied
dcs großh. Handelsministerliims. Herr Obcr-
kirchenrath Kugel trat in dcn wohlverdlentcn
Ruhestand. Zhre Stellcn crhielten Hr. Ober-
kirchenrath Bchaghel und Herr Ässessor Helm.
Der vorsttzende Rath (weltlicheS Mitglicd wie
di'e Genannten), Herr Oberkirchcnrath Ste-
phani, ist gcstorben, Prälat Ullmann ist in
Folge dcs Kirchenconsiictes in den Privatstand
gctreten und Oberkirchenrath (geistliches Mit-
glicd) Heintz hat eine Pfarrci angeuvmmen.
Als desskll Nachfolger wurde Pfarrer Doll
ernannt; Herr Oberkirchenrath Bär hat scine
Entlaffung eingcreicht, welche er wohl auch
erhalten wird. Zum weltlichcn (juristischen)
Mitgliede wird gutem Vernehmen nach Hof-
gerichtsrath Eimer in Freiburg ernannt wer-
ven. (Pf. K.)

Baden, 29. Jan. Das Programm für
die diesjährigen Pferderennen ist erschienen
und kaum verschieden von drnen der letztcn^
Zahrc.

Stuttgart, 27. Jan. Der „Würtemb.
Staatsanz." erklärt gegenüber dcr Nachricht,
wornach der Antrag der großh. hessischen Rc-
giernng auf Verbot des Nativnalvereins von
Bundes wegen auf Verabrcdungen der „Würz-
burger" Regierungen zurückgeführt werdc:
„Auf der Würzburger Conferenz kamen diese
Regierungen im Vertrauen auf den gesunden
Sinn und die Gesetzestreue ihrer Völker über-
cin, dic Bewegung, welche damals anfing, das
allgemeine Augenmerk auf sich zu zichen, dem
Gericht und Ürtheil der Nation zu überlaffen."

. . . „WaS die Tagc von Baden betriffi, so
haben die dort versammclten Fürsten sich in
der Ansicht gceinigt, daß die Maßregeln, zu
denen der Nationalverein im Verfolge etwai-
ger, das Maß der Verirrungcn vom Jahre
1848 und 1849 erreichended, Bestrebungen be-
rechtigten Anlaß geben könnte, keink verein-
zelten scin svllten. Allein cs sind auch dort
keine Maßnahmen gcgen den Verei» beschlos-
sen worden, sondcrn man begnügte sich mit
Zusage» in obiger Richtung und mit Worten
vffener Mißbilligung der Vcreinszwecke Sei-
tcns desjenigen Staatsoberhauptes, un't wel-
chem die Führer dcs Rationalvereins im Jn-
tereffe dcr Förderung ihrer Plänc eine still-
schweigende Cvnnivcnz zur Schau trugen."

Wiesbaden. Die „Mrh. Z." vernimmt

aus Darmstadt, daß der Plan, die Position
von Mainz durch ein verschanztcs Lager zu
verstärkcu, von der hessischen Regierung wic-
der aufgenommen und daß es dic Absicht ist,
nachdem man fich dazu vor allen Dingen der
Zustimmung Preußens vcrsichert, dcffen Ver-
theidigungslinic in Mainz cinen unerläßlichen
Stützpunct findct, die Angelegenheit am Bunde
in tringender Wcisc anzucegcn.

Dresden, 25. Zan. Das Dresdener Hof-
thcgter hat mit der Aufführung von'Kleist's
Hermannsschlacht das ncue Jahr begonnen.
Obgleich die für die Zeittendenzen intereffan-
ten Stellen nur einen schwachcn Anklang fan-
den, ist dicser qn maßgebender Stelle doch zu
stark befunden worden und Herr v. Beust hat
persönlich driggend bei der Hofintendanz von
der weiteren Aufführung abgemahnt, um den
gemeingefährlichen Einheitstendenzcn nicht Vor-
schub zu leisten. Es wird demnach das Stück
nicht mchr gegeben werden.

Bertin, 27. Zan. Dic politische Gestal-
tung ist wenig befriedigend. Das Herren-
haus hat stch zwar glücklicherweise so schroff
gezeigt, daß es dcm neuen Könige, nach sci-
nen Anfichten von der Gcwalt des durch
Gott eingesetzjten Herrschcrs, zu arg geworden,
was cr deutlich genug kund gab. Ändcrer-
seits aber hört man noch häufiger die altcn
Schlagworte „Umsturz" und man laffe fich
nicht „drängen". Der gnädige Empfang des
Herrn von Zedlitz ist auch bezeichnend. Ueb-
rigens habcn wir neue Verfügungen über die
Art, wie die königl. Namcuschiffre auf den
Ui'iformmützen anzubringen ist, dann die Bc-
stimmung, daß beim Geschwindmarsch künftig
nicht mehr blos 108, svndern 112 Schritte
in der Minute zu machen sind. — Alles die-
ses in Ehrcn brauchen wir aber eben doch
noch ganz andere Dinge und - daran fehlt es!

Bcrsin, 28. Zan. Der König hat ver.
fügt, daß dikjevigen Truppen, welche die
Feldzüge von 1848—1849 in Holstein nnd
Schleswig und von 1849 in der bayerischen
Pfalz und im Großherzogthum Baden als
formirte Truppentheile mitgemacht haben, an
ihren Fahnen, resp. Standarten das Band
des Militärehrenzcichens erhalten svllen.

Berlin, 28. Zan. Der „Ztg. f. Nordd."
wird von hier aus angeblich sichcrer Quelle
mitgetheilt, daß Graf Schwerin, „ergriffen
von dcr Ueberzeugung, daß er nicht nür sei-
nen poli'tischen Namen an einen irrthümlichen
Gedanken gesetzt, sondern auch das Land in
di,e Gefahr gebracht, dem KreuzzeitungSsystem
noch immer unterworfen zu bleibcn", dem Kü-

nig seinc Entlaffung eingereicht habe. Wenn
dieselbe angenommen werde, woran bci der
Entschi'edenheit des Ministers kaum zu zwei-
feln sei, so halte man den wirkl. Geh. Rath
Matthis für seinen Nachfolger. — Eine von
mehreren hiesigen Wahlcoiriitees beschloffene
Adreffe zu Gunsten der Wahlbefähigung der
Amnestirten ist gestern durch cine Deputatl'vu
dem Staatsininister überreicht worden.

Berlin, 29. Jan. Die „Börsztg." ver-
öffentlicht folgeude, ihr auS Hamburg zuge-
gangene Depeschc: die dänrsche Regierung
hat beschlossen, in Frankfurt die Erklärung
abzugeben, sie köone und werde den holstei-
nischen Ständen die hinsichtlich der gemein-
schaftli'chen Angelegenheiten vvm Bunde für
dieselben in Änspruch gcnommencn Befug-
niffe nicht zugestehen.

Berlin, 30. Zan. Dcr Kronprinz jst
zum Statthaiter von Pommern ernaunt
worden.

Wie», 26. Zan. Bon Stunde zu Stunde
wächst die Gefahr in Ungarn, uyd nur Kurz-
sichtige könncu sich darüber täuschen, daß der
dortigen Bewegung nicht noch etwaS Andercs,
als daS Ringeii nach der durch die Gesetze
von 1848 modifizirteii Constitution zu Griilide
liege. Das letzte Kaiserl. Manifest hat nur
Oel inS Feuer gegvffen, und cs gevügt, die
hierauf beschloffenen KomitatSadreffen kennen
zu lernen, um sich cin richtiges Bild von der
Stimmung des Landes zu entwerfen. Das
höchstc Mißtrauen gcgen die Worte dcS
Kaisers, welches beim hohcy Magystey ebcn
so tief wie beim niedrigcv Landedelmanuc und
dem magyarischen Bauern wmzelt, ist cs,
was die Bewegung zu eincr anti-bynastischen
macht. Aus der Kühnheit, mit welcher dic
Rcvolution in Ungary hevte ihr Haupt er-
hebt, spricht das .Einvcrstälidniß mit dey Tod-
fcindcn Oeßrrreichs im AuSlande heraus,
welches ihr die kräftige Unterstützuyg mit
Sicherheit verheißt. Der Einfall ber revolu-
tionärcn Freischaaren von zwei Seiten, von
der dalmatisch-fiumaner Küste und von den
Donaufürstenthümern aus scheint fest be-
schloffen unb kcineswegs auf eine gar ferye
Zcit vertagt zu sein, da vom Kriegsministerium
hier mit auffallender Hast Verfügungen ge-
troffen werden, welche die Nähe der Gesahx
verrathey. Was an schwerer und leichter
Reiterei nicht ungarischcr Nationalität ver-
fügbar ist, wird in Eilmärschen nach Uugarn
unb Siebenburgen bevrdert; dic Festuygcy
Temesvar, Arad und Peterwardeiy werden
in Vertheidigungszustand gesetzt. Weyv indeß

Das große Faff zu Hcidelbcrg.

Hlstorijche Ndvelle von Wilh. Jungmann.

(Kortsetzung.)

8.

Der Sommer des Zahres 1589 war vorüber, das
herrlichftc Wetter war mit in den Herbst hinüber-
gegangen; mehrere leichte Regen hatten die Reife
ver Traubcn vollendct, die in unüberschbarer Fülle
den Reben cntsproffcn, und derTag der allgcmci-
nen Lese war in der ganzen Pfalz öffentlich ver-
kündei.

Unbeschreiblicher Jubel hcrrschte auf der «eiten
Ebene zwischen den waldbedeckten Hügelreihen des
Odenwaldes bis zu jenen des Haardtgebirges, von
Hetdelberg, SchrieSheim, Lntzelsachsen, Wcinhejm
und Laudenbach bis hinübcr nach Dürkhciiy, Ung
stcin, Königsbach, Forst, Neustadt und Landau
hin, wo das muntere PMzervolk selne Wohnsitze
aufgeschlagen und fich des LcbenS frente, zu deffen
unentbehrlichstem Bedürsniffe der Wcin geworden,
der auf ihrcn Klnren stkts so herrlich gcdeiht uyd
den Menschen hciter und ftöhlich macht.

Kreudenseuer loderten an alleu Orten, Böller-
salrcn crtönten krachend in den allgemeinen Jubel;
schäkcrnd und kosend tummeltcn sich die Wmzer und
Winzerinnen in dcn Weinbergen umher und mancher
mnniere Rcigen schloß für dieftn Tag die Fe.ier,
um am anderen die Arbeit auf's Neue zn be-
ginnen.

Aber nicht »llein das treue Pfälzeroolk fteute
sich der rcichcn Gottesgabe, auch der Fürft, der
Herr ihrcs Landes, nahm gleichen Antheil andem
Glücke ftiner Gcircuen und suchte durch rnancherlei
Festlichkciien die Freude derftlben noch zn erhohen,
in ftinem Schloffe aber war cin großes Banketi
veranstaltct und dazu die ausgedehniesten Einla-
dungen erlaffen.

In der eden uniergehenden Hcrdstsonne erglanzie
das herrliche Heidelberger Residenzschloß von Außen,
wahrcnd Hnnderte von Kerzen im Jnnern schon
brannten, die bald herannahende Nachi zum hcllen
Tage nmzuwLNdeln. Auf'S ftstlichste «ar dcr so-
geuannte Köyig.ssaal dcsftlben ausgeschmückt, wo
die ill langen Reihen aufgestelltcn Tafeln gedeckt
warcn, die Geladenen sammt dcm Hofstaat d«S
Fürsten gastlich aüszunehmen.

Eine Maffc der Theilnchmeyden am heutigen
Tage war bereits erschienen; immer mchr yoch
kamen herbei, um die an den Saal aniloßcnden
Gemacher zn füllen.

Am Arm ftiner Gemahlin, der Prinzesßn Elisa-
beth von Sachftn, erschien der Fürst, begleitet von
ftinem fünfzchn Zahre alten Beffcn, dem yach-
maligen Knrfürsten Friedrich dem Vierlen, dem
Erbauer vvn Wannheim, uyd auf ein gegchenes
Zeichen lftßen stch Me an dcn rciMch vepsprgieit
Tafeln nieder, um in stoher, ungebundener Weift
die Freuden des Mahles zu genießen, denn Walz-
graf Zohann Casimir war kcin Freund des ßeifty
CeremvnieNs Md liebte cS, sich ftei uvd ohye Zwang
an derselben zu dewegen.

Eines Fnrsten eines so geftgneten Kandes wüx-
dig, schlte es a» ftiner Taftl an Nichts, wgs dM
Gaumcn und dic Sinneslusk hatte reizen können.
Als aber das Gastmahl beendet und tie Damen
fich aus dcm Laale eiftsernt hatren, da hcrrschte
erst die ftöhlichstc, ungebnndeyße Laune, zu dcr
dcr Fürst zuerst ftlbst den ZmpnIS gab.

Casimir Zohan» ftlbst war ein noch rüftiger, ftäf»
tiger Mann von kaum 46 Zahreu. Stark nnd ge-
 
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