Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Februar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0129

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
L8«L


Samstag, S. Kebruar


Deutschland

Karlsruhe, 7. Febr. Das heute crschienene Regte-
rungSblatt Nr. 5. enthält:

1. Unmtttelbare allerhöchste Etttschlicßungen Sr. Königl.
Hohett des GroßherzogS. t) McdaLllenverlcihungen. Se>
Köntgl. Hoheit des Großherzog haben Sich gnädtgst
bcwogen gefunden, in Anerkennung längjährigcr treugelei-
steter Dtenfte dem Zollverwalter Schock tn Offenburg
dte kletne goldene, dem Oberstetger Kobler in Dürrhetm
und dem Steueroberaufseher Grünewald tn Stockach
dte filberne Ctvtl - Verdtenstmedaille zu verleihen. L)
Dtenstnachrtchten. Der seither an Ler Thierarznetschule
dahter angestellte Pröfessor Fuchs wurde der Untversität
Hetdelberg betgegeben und derselbc wurde,den außerordent-
ltchen Profefforcn der medtztnischen Facuttat aggregtrt;
Polizeikommissär Reichard dahtcr wurde der Character
eines Polizetinspectors und dem Poltzeikommtssär Ludwtg
P fetffer in Mannhcim dtc Staatsdiener - Eigenschaft
verltehen; dcr btsherige Erpedttursverwcscr Philipp H e.rr-
mann von Karlsruhe wurde zum Erpeditor bet dem
Handelsmtntstertuitt. ernannt; die Stelle etncS , Verwalters
der katholischcu Ceiuralstiftungcn in KarlSruhe dcm scit-
Herigen Dtenstverweser dteser Stelle, Kameralpractikanten
Friedrich Arenz dahter, mtt Staatsdiener - Ekgenschaft
übertragcn; dem Hauptlehrer Rudolf am evangelischen
Schullehrerscminar dahter wurde die Staatsdiener-Eigcn-
schaft verliehen; Aintschtrurg Paul Schlageder in
Nastatt auf dessen ünterthänigsteS Ansuchen wegen vorge-
rückten Alters tn den Ruhestand versctzt. (Schluß f.)

tludwigshafen, 6. Febr. Hr. Dr. Frep,
der Revacteur dcs „Kurier", wurde wegeu
„Amlsehrenbcleldigung" des k. Landcommis-
särs zu Frankenthal zu einem Tage Gefäng-
niß vcrurtheilt, weil er wcgen einer No-
tiz in seincm Blaite, daß „dcm Verneh-
men nach" in Frankenthal cinc Versamm-
lung rheinhcssischer und rheinbayerischer Na-
tionalvereüis - Mitglieder zur Besprechung
vffentlicher Angelcgeiiheiten äbgehalten wer-
de» solle, vorgcladen wurde, und diescs Ver-
langen ein „veratorischvö" Borgehcn gegen
ihn nannte.

Arankfurt, 4 Febr. Zohannes Ronge
wird vvn dcr criasseiicn Aiimcstie Gebrauch
machen uiid nach Deutschland znrilckkehren;
zunächst wirb er sein engeres Hcimathlanv
Schlesien bcsuchcn unb am 6. März zu Bres-
lau das Stistungsfest der dortigen deutsch-
katholischen Gemciiidc mitbegchc».

Wiesbaden, 5. Febr. Dic Siändever-
sammlung ist einberusen auf den 18. d. M.

Stuttgart, 4. Febr. Ansprache der
Eßlinger Versammlung an die Dcuisch-Oester-
reichcr:

„Deutsche Brüder in Oesterreich! Eine Ver-
jammlung patriotischer Miinner von Schwaben hat hsute
in der allen ehemaligen Reichsstadt Eßlingen getagt,
nm ihrer lleberzeugung von dem, was dem deulschen
Vaterlande Roth thnt, einen offenttiche» AuSdruck zu
geben. Einig in dem Gesühle, daß die Fortdauer der
» . gezenwärtigen öffentlichen Zustände oon Deutschland
nut der Ehre, det Bildnng und der materiellen Wohl-

sahn deS deutschen LolkeS unvereinbar ist; dnrchdrungen
von der Ueberzengung. daß Deutschland dic Stellung,
welche eS unter den Völtern einzunehinen berusen ist
und die Bedingungen der gedeihlichen Entwicklung seines
nationalen LebenS überhaupt nicht erreichen kann, so
lange seine gegenwänige Zersplilternng sortdaucrt und
so lange cs nicht in d-m Bcsiye einer Gesammtverfas-
sung tst, welche atle dcutschcn Stämme zu cinem auf
dem Grundsatz der Gleichberechiigung dersetben bcruhen-
den BundeSstaat, mit einer starken Ecntralgewalt an der
Spitze und einer wirksamen Bertretnng deS VotkeS im
ReichSparlament, «ercinigl; zugleich abcr auch von dem
Bewnßtsein erfüllt, daß bie ocm deutschen Volkt von
allen Seiten drohenden Gesahren, denen nur daS geei-
nigte Vaterland mil dem Gesühle der Sicherheit ent-
gegentreten kann, Lie endliche Lösnng der deutschcn Ber-
fässungsfrage gebieterisch ersordern r yabm rvir unS ein-
müthig sür die Wiederherstellnng der von der demschen
constituirenden Ralionatversanimlung untenn 28. März
1849 endgültig deschlossenen und verküudigten ReichS-
verfassung und Einberüsung des ReichsparlamentS nach
den Borschristen der Reichsversassung und des Rcichs-
wahlgesetzes vom 12. April 1849 ausgesprvchen, damit
aus diesem detn Rechte des dentschcn BolkeS alletn ent-
sprechenden Wege sür die Wsung der noch unerledigten
SberhauptSsrage, sür die Einseyung einer öorlänstgen
Eentratgewalt und- ftir sonst wünschenSwerthe nene Kest-
stellungen einc sichere Grundlage gefchasse» werde. Zn-
dem, wtr. die Reichspersassuug von 1849 , diese große
Errnngenschast der damaligen nationalen Erhebung ats
ein wknn auch bis jetzt thatsächtich nicht zür Gettung
gekommenes Recht bes deutschen Bolkes zurückfordern
nnd in ihrer Ausführung den cinsachsten unler den ge-
gebenen Verhälftiissen fast atlein mögtichen Weg erhticken,
aus welchem Deutschtand zur Einheit und Freiheit ge-
langen känn, so wissen wir, däß wir rnil dicsem Ver-
tangen und mit dieier lleberzeugung nicht allein stehen.
Die Vergeblichkeit der bisherigen wiederholten Berjuche
der deutjchen Regierungen, den »ationalen Bedüpsnissen
dürch Vcreinbarungen unter sich anch nur in dcm be-
scheidensten Äiaße gerecht zu wdrden, hät überall in
Dentschtand das Bewußtsein wach gernjen. 'dätz das
dcmsche Volk dte hartc Arbeit seiner politijchen Wieder-
gebnrt, welche es wtedee aufgenoinmcn hat, nur dnrch
stch selbst und dnrch daS entschlossene Fesihalten an dem,
waS seitie umer der Zustimnmng aller deutschcn Rcgie-
rnngen gewählten Verlletee im Zahre 1849 als daS
Recht der Ration verkündigt haben, vollbringen kann.
Je eininüthiger sich das ganze deutsche Volk, im Süden
und tm Rorden, im Westen lind im Osten, unter diescr
Fahne seines gemeinsamen RechtcS als dem Zielpnnkte
seincS gemeinsamen StrebenS zusammenschaari, je mehr
alle demschen Bolksstämme mii llebcrwiiidung ihrer par-
likutartstischen Standpnnkte von dem Gefiihl der vvllen
und aujrichtigen Hingabe an das Ganze beseelt sind,
um so sicherer wird cS gelingen, die vieten und großen
Schwicrigkeiten zu überwinden, an welchen dcr Ansbau
deS deutschen ValerlandeS, seine Einheit, Größe nnd
Freihcit bis jeyt gescheitert ist. Zn dtesem Sinne wen-
den wir nns auch an Euch, demsche Brüder in Oester-
reich! Durch Abstammung, Geschichte nnd Recht jeid
Jhr mit dem demschen Vaterland verbunden, Eine ver-
kehrte StaatSkunst hat es verstanden, Euch von dcm-
selben zu trenncn. Ein österrcichischer Gesamnrtsiaat,
in welchem Ench die wcnig beneidenswerthe Rolle des
hcrrschcnden, in Wirklichkeit aber unter dem gemein-
schafttichen Druck seuszenden StammeS zugewiesen war,
sollte Euch für die LoStrennung von dem gemetnsamen
Vaterland entschädigm. Und nun hat jene StaatSkunst
ihren StaM an den Rand deS AbgrundeS gcsührt.

Welches Ener Loos, deutschc Brüder, und welches der
Allsgang deS KampfcS, dein Oestcrreich unter schwercn
innern und Lußern Stürmen um seine Neugestaltung
gegenwärtig kämpst, für Euch sein wird, daS vcrmessen
wir uns nicht, voranSzusagen. Die Geivißheit abcr haben
wir, daß Eure nnd die Bestrebungen deS übrigen deulschen
BolkeS solidarisch verbunden sind und daß beide von
eincm besriedigenden Ersotge nur dann beglenet sein
werden, wenn in Euch, wie m uns daS Bewußlsein ein
lebendiges tst, daß wir alle Einem und demselben Vater-
landc angehören und daß wtr nur in dem engsten An-
schluß an dieses gemeinsame Laterland unsere Freihcit
nnd unsere Wohlsahrt zu begründcn und zu erhalten
vermögcn. Ja, wir jprechen eS offen »nd rückhaltsloS
aus i ohne Euch, ohne Deutsch-Oesterreich ist Deutschland
ein veistnmmelter Körper, dem die wichligstcn Glieder
eines krästigen nationalen EemetnwcsenS' jehlen; niit
Euch ist es mächtig und stark, Nic wird daS deutsche
Bolk dem selbstmörderischen Borschtage, Euch von dem
dentschen Gesammtkörper abzutöscn und die Geschicke
DcutschlandS von den Eurigen zn lrennen, Gehör schen-
kcn, so lange noch Äne Hoffnüng übrig bleibt, Euch
bem Vaterlande zu erhalten., sv lange Jhr nicht selhfl
in bcklagenswer'.ycr Berdleüdung demjetben dcn Rücken
kehrl. Aber eben so fest ist auch unsere lleberzengung, daß
Zhr den Kampf uin versassungsmäßigeS Rechl und con-
stimtionctle Frelheit nur dann siegreich bestehen nnd zu
eincr, die gemeinschaftlichen Jnteressen der Mit Euch
verbundenen Völkerschaften wahrhasl und dauernd vrr-
söhnenden neuen staatlichen Ordnung nur dann gelan-
gen werdet, wenn Jhr Euch der Zusaminengehörigkeit
mil dem deutschen Baterlande bewüßt bleibet, wenn Zhr
in-ihm Eueren Stützpunct sucht und durch enischlojsene
und ttcue Hingebung an die gemeinsame deutsche Sache
Eure Angelegcnheit zur Angetegenheit des deuijchen
VolkeS machl. Darnm senden wir Ench diesen Mahn-
ruf! Gebet ihm Gehör imd tretet anf unsere Seite im
Kampfe für deutsches Rcchl. Vereint werden wir un-
jete lltationalangetegenhett zum rechten AnStrag bringen;
getrennt wird der sinstere Geist kir-chlicher und poli-
tischer Reaction iiber Euch und abermals über uuS
mächtig werden, welcher seit Jahrhunderten die deuischc
Nation in Fesseln gehalten, gespalicn und gcschwacht
hat. Lasset daher nnsere Worte nichl ungehört verhat-
tcn, stoßt die in Trcue dargebvtene Brüderhand ntcht
zurück, sondcin fchaarel Ench nül uns miler daS schwarz-
roth-goldene, Panier sür die Berfassung dcs deutschen
Reichs und ftir das versassnilgSniäßigedeutscheParlainent!"

Eßlingen, den 3. Febrnar 1881.

. DaS Bureau.

Der Vorsitzende; Defsner. .Schriftsüherer H. Tafel.

Diesfenbach.

Augsbur«^, 5. F,br. Grstern starb Karl
Frhr. v. schätzlcr, 61 Jahre alk, Mtt ihm
rrlischt das Schäßler'sche Bankhans.

Berlin, 5. Febr. Das Haus der Abge-
vidneicii setzt hente dic Adrcß-Dcbatte fort.
vi'n ReibniK befürwortei sein Amendement,
wclches ausspricht, daß kein Bruch mit der
Vcrgangcnhcik erfolgen soll. v. Berg wendet
siih gegen daS Amendement von Blankenburg:
Siärkmlg des Königthnms von Gvites Gna-
dcn, wcil so heiiige Dinge nicht zu Partei-
Dcmonstratioilkn eniweiht werdcn dürften..
Dagegen crklärt sich der Rednex fstr Las
Amcndement von Rcibnitz. v. Blankenbnrg:

Das große Faß zu Heidelberg.

Historische Novelle von Wilh. Jungmann.

(Fortsetzung.)

Durchdrungen von dem wärmstcn Danke gegen
den inilden, freigebigen Hcrrn hatten auch diese
sich unter das bunte Treiben dcr Mengc gemischt
und mK Stauncn alle dic Herrlichkeiten angcblickt,
die hier zum Vcrkaufe auSgestellt warcn, aber auch
die Sehcnswürdigkciten tn Augcnschein genommcn,
die für wcnige Krcuzer dcm Beschauer dargcbvten
wurdcn.

Durch das ungeheuerc Gedränge war Gerhard
»on seinen Leuten gctrennt und in cine Rebengaffc
geschoben worden, «o ebcn jene Gescllschaft, dte
wir gestern im Walde und an der Straße nach
Neckargemünd crblickt, im Bcgriffc war, ihrc Kunst-
productioncn auf offcner Straßc der Mcnge vor-
zuführen.

Julietta, daShübsche MLdchen,warNochhcntebun-
tcr gcklcidct als gestern. Zicrlich waren ihre dunklen
Locken heute geordnet nnd mit einem messmgenen
Pfcile im Nacken zusammengehaltcn; grvßc rothe
GlaScorallen bedeckten ihren enthlösten Hals und

thrc Arme,und cin bunter kurzer Rock, mit Bän-
dern besetzt, umschloß ihren schlanken Leib. Eine
Guitarre hing an cinem Bandc an ihrer Scitc,
während der Mann eine Geige und dte Alte ein
Tambourin in der Hand hatte.

Gcrhard war dicht an die Gruppe herangedrängt
wordcn, und wcnige Schrittc von dem Mädchcn
entfernt, hatte er vollkommen Gclcgenheit, sie in
allcn ihrcn Bewegungen beobachten zu können. Tiefc
Scham schie« ihre Secle zu crfüllen; ihr Körper
erbcbte und ihrc Blickc haftetcn am Boden gleich
ciner Verbrecherin. Als aber nnn die Musik be-
gann, der Kerl wie unsinnig mit dem Bogcn über
die Saiten der Geige dahin fuhr ünd ihncn dic
schrecklichstcn Töne cntlockte, da bedeckte glühende
Röthc ihr schöncS Gcsicht und Thränen traten in
ihre Augen, weiche sic nicht zurückhaltcn konntc.

Eincn wunderbar eigenthümlichen Eindruck hatte
das schöne, unglücklichc Miidchcn aus Gcrhard hcr-
vorgcbracht. Es war nicht daS Gcfühl cincr eben
hervorkeimcnden zärtlichcn Neigung; nicht das Ge-
füh! einer plötzlich cmporlvdcrnden, Alles vcrzehren-
den Licbe. Nein, es war das tiefste, innigste Mit-
leiden mit einem Geschöpfe, das wahrscheinlich cin

andercS Schicksal verdicnte, als mit einer solchen
Gcscllschaft in der Welt umherzuziehen und sich dem
Gcspötte ddr Menge preiSzugeben.

So in Gedankcn vcrsunken, hatte er nicht ge-
«ahrt, wtc sich nach und nach cine Menge junger.
Studenten um die Gruppe vcrfammclt hatten, die
in schlechten Witzcn und rohen Gememheitm fich
übcr diesclbe lusiig machtm und die arme Julietta
fast bis zur Vcrzweiflung brachtm.

Dem armm, bedrängten Mädchcn schien eS nicht
mtgangcn zu sein, mit welcher Thcilnahmc Ger-
hard sie bis jetzt betrachtct hatte, darnm richtete fie
auch jetzt in ihrer Noth cinen uuaussprcchlich flehen-
dcn Blick zu ihm, gleichsam ihn bittendh sic «or
der Zudringlichkeit dtcser jungen Leute zu schütz.en.

Durch dicsen Blick wicdcr zu sich selbst gekommen,
richtete sich Gerhard jctzt stolz empor und sah mit
funkclndcn Augcn im Kreise umher; wie erstauntc
er aber, als cr mitten in demselbcn seinen ehema-
ligcn Nebengestllen Felir Weinhrecht aus Fiank-
furt erblickte, der sich vor allen Anderen durch stiiic
frcche Zudriuglichkeit auszeichnctc und das arnie
geängstigte Mäbchcn durch seine frivolm Anzüglich-
k-itm in di- größte Verlegmheit brachie,
 
Annotationen