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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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m A7.


Freitag, 8. März

IasertioaSgebühren für die Ispaltige Petit-
jeile werdell mjt 2.kr.,, bezw. 3kr, berechlltt.

LG«L

Äus der Äerhandlung über die
Ädresse im französtschen Senat.

(F-rtsctzung.)

Nach emi'gkli Bemecküngeii über das Pro-
tocoll crgriff Prinz Napolcon ras Wört: „Äls
ich gestcrn in die Slßung kam, sagte er, er-
wartete ich nicht eine heftige, leidenschastliche
Discussion, denn ich glaubte in eine gemäßlgte
Versammlung zu trrten, wo mit Ruhe .und
Mäßigung über politische Fragen chbg'ehandelt
werden wiirde; ich hatte inich getauscht, wie
die von Larochejaquelin verlcsene Brvschüre
gezekgt hai, die evident von einem clericalen
legltimistischen Coiici! ausgeht; die beiden er-
sten Reden, die Sic vernoinmen haben, zeigen
denselben Haß; allein es gibt Belcidigungcn,
wclche ehrenvoll stnd ; die öffcntliche Meinung
Curopa's, die französtschcn und italienischen
Patriotcn und die 200,000 Soldaten, dre mit
dem Kaiser im Feld g- standen, mögcn darübcr
entscheiden. i!arochejaquelin, durch di'e Ver-
söhnlichkeit des Kaisers in dcn Senat berufen,
mache stch von dem Kaiserreich einen falschen
Begxiff; es sei der Nepräscntant der modernen
Gcsellschaft; der Kaiser habc stch gerühmt,
ein Parvenu unter den Königen zu sein, der
die Principien von 1789 dem göttlichen Recht
gegcnüber repräseniire; karum vcrtrauten ihm
die Völker, und er wcrde seincr Mission nicht
untreu werden. Dic Bkinerkungeii Hecckercns
über Uiieinigkeit in dcn regiercnken Fämilien
treffe nür die Bourbonen; man dürfe nur an
Philipp Egalite uud die Orleäns, so wie an
die Sc'enen in Baponne denken; anvere Fa-
milien blieben iin Unglück einig; llulian mit
dem Kaiser zerfallen, habe in den hundert
Tagen ihm zur Seite gestandcn. Die den i?e-
gitiinistcn verhaßte englische Allianz werde dcr
Kaiser selbst mit cinigen Opfern erhaltcn, denn
mit ihr ließe flch Großes ausfühien. Larvche-
jaqnelin wollc eine zweite Zntervcntion- in
Rom, mithin Krieg mit Jtalien und England;
für die englische Allianz sollc man die des
Papsteö und des Königs von Neapel eintau-
fchen. Zch billige den Krieg von 1859 und
das Prinrip der Nichtintervention, weil dar-
aus die Eiiihcil Zialiens entstanden; der Frie-
den von Villafranca ist aus milllarischen Nück-
sichten kntstauden und hat dcn bestcn Erfolg
gehabt; Frankrcich hade seiiieii Thesl vollzogen.
Jch, der bei den Berhaiidlungen der Vermilt-
Icr war, kairn Jhnen sagen, daß beidc Kaiser
einverstaiiden ware», über gcwiffe, von ihrem
Willen abhäugige Pnnctc sich zu verständigeii
iiiid übcr Anderes Wünsche ausznsprechen.

Oesterreich habe mehrcre Friedeusbedingungen
nicht etfüllt, uuter anderen die auf di« unga-
rische Lpgioch bezüglichen. Parma ist. schori
in Villafraiica Piemont zugetheilt worden, der
Kaiser vo» L)esterreich habe aber, als dcr be-
treffende Paiägraph iiiedcrgeschrikben werden
sollte, mit Rccht bcnierkt, er habe über dieses
Land nichi zn verfügm. Die Annerion Sa-
vopens und Nizza's ist eine der glorreichsten
Thaten der neueren Zeit; das allgemeine
Gdimmrechj hat sich dabei hcrrlich bewährt.
Kan fpricht hicr vicl von Verträgen; ich
ha'be aber npch nie zuvor eine so große Spm-
pathie siir Verirägc gehö'rt, die. auf so iiugc-
rcchtcn Grundlagcn beruhcn, ais die von 1815;
dic italienischen Fürsten begrüiidelen darauf
ihre Eristenz,. denn von 1805 bis 1814 waren
keine Bourboncn in Neapel. Die französischc
Politik muß die Verträge achten, was aber
diese verhaßten Verträge bctrifft, welche den
Fuß Europa's auf die Kehle Frankrcichs ge-
setzt haben, die müffen wir verwünschen und,
so oft wir es köiineu, zerreißen; dies gethan
zu haben, ist der Ruhm des neuen Kaiserreichs;
schon vorher waren sie gcgen uns in Krakau
und in d«r Pslnischcn Verfaffungsfragc ver-
letzt wordcn; Lcr Kaiscr habe diese Verträge
Iiiit der Spitzc des Degens verntchtel, dafür
danke ihm das Volk. Dcr Papst has Depu-
tationem aus dcr Brctagnc empfangen, die
aegcn den Kaiser protestirten, yem'er skinc
Ruhe, seine weltliche, wie seiiie geistliche Macht,
kürz sein Alles verdankte. Spanien selbst hat
das BkNkhmc» dcS PapstcS mißbilligt; (La-
rpchejaqüelin ruft: das denientirt der spanische
Mfnister) d'esto schlimmer für ihn; wenn ich
das Worr eines französtsche» Gesandten habc,
nchme ich kcin Dementi an. Der Köniq von
vieapel hat dem Papst zwar ,'eine Trüppen
vcrwcigert, wollte aber Vicar der römischen
Proviiizcii mit AuSschluß der Romagna wcr-
den. Der Papst machte einen belgischen Licn-
tenant zu seincm Kricgsminister und verleitete
eiiicii fraiijösischcn General, das Obereom-
mando fcincr Ärmee zu übernehmen. Aus dcr
altfraiizösischen Geschichtc läßt stch Manches
lerncn. Hcinrich lV., der einzige große bour-
bonische König, hatte Streit mit dem Papst;
Ludwig XIV., dcn ich nichc liebe, hatte init
ihm Händel; Napoleon I. hatte von Anfang
bis zu Ende mi, ihin zu kämpfen: schon 1796
schrieb er, die Legationen hassen dcn Papst
unb würden cs als ein Unglück bctrachlen,
unter seiner Herrschaft zu bleiben; ich habe
keinen cinzige» Beamten außcr dem Lcgatcn
entsernt; ganz so war es 1859; später schrieb

er dem Directyriuni: wcnn wir dem Papst
Bvlogna, Ferrara und die Rvüiagna nehmen,
kann cr nicht weitcr bestehen, diese alke Ma-
schine geht dann von selbst zu Grunde. Bei
der KrSniing stieß der Papst dem Kaiser ein
Stückchen Papier in dic Hand, das, auch schon
Ludwig XIV. uuicrfchrieben, und bak ihn, cs
auch zu thun; es hanbeltx sich um die Frei-
heiten der gallieanischen Kirche; der Kqiser
erwiederte, er wvüe feine Bischöfe darüber
befragen. Ngxoleon I. ve.rtraute quf die
Bauerii und Arbeiter, wie der gegenwärttge
Kaiscr; es brümmen nur die legjtlmsstischkn
Zournale und einigc Bischöse. Jn Sicilien
hat man Räuber und Mördcr gegen Weffina
losgelaffen; es wäre unverzeihlich gewesen,
wenn man.vem König von Neapel noch ein-
mal geglanbt hatte; dic Bourbonen haben
immcr versprochen, sobald aher die Gefahr
vorüber war, nichts gehaleen; es gibi kcine
Znsamie und kcinen Trcichru.ch, den ste ihren
Völkern. gegenüber. uichl begangen hahe»; da
Nicmand nun dem König mehr glauben wollie,
so mußtc Piemont interveniren. Die Sache
der Einheit Ztaliens war in der europäischen
Lust und sie wird sicgen, weil sic dcr Freiheit
günstig unv Frankreich nützlich ist; unser Mi-
nistcr des Auöwärtigen war der Einhcit ent-
gegen, es war abcr zu spüt, um sie zu vxr-
hindern. Zwischen dem alte» nnd juiigen König
von Neapei isk kein Uiiterschied, der Sohn ist deS
Vaters würdig; daS Haus Ncapel zählt auch
eine Königin Earoiine; es gibt keine Schand-
that, kic sie ntcht bcgangen hätte; ste hat stch
in Biut gcbadei und war die Freundiii dcr
Maitrrffe Neisons, dcs. HeiikcrS Ncapels;. ste
wählic siiy ein Schlaszimmer, von deffe» Fcn-
steru auS sie, wsi sie sagte,, besser dem Aus-
knüpfcn dcr Rebellc» zusehcn köunie, unb wirk-
lich war sic qnw,esend, als der altc Fürsi Ca-
racciolo auf dem cuglischen Abmi.ralschiff gc-
hängt wurde. Ludwig XVIIl. hat Zoseph
Caboudal, den Vater Gcorges, der Vcrdieaste
scines Sohnes halber iu-den Adelstand erho-
ben; das Deeret war vvm zwanzigsten Jahr
seiuer Regierung daiirt, mvchten nur seioe
Nachkommen noch tangc ebenso regieren, u»d
zwar, nachvem fremde Bajvnnete ihn aqch
Fraukreich kaum zurückgebracht hatten. Das
Berfahieu Piemonts ist zwar nicht streng
lopal, vft abcr sei bas Wvhi vcs Volks wirk-
lich das höchste Gesetz; auch der Staalsstreich
voil 1851,war nichc legal, hat aber Yas Lanb
gerettet; ebcnsowenig war die Rü.ckkehr pon
Elba lcgal; Cavour hätie nur offener sprechen
und erklärcn soüen, er köune Garibalbi nicht

Eine Hcrrath üurch die Bertung.

Von Coiistanze von Bubna.

(Kortsctzung).

Daß cin solcher geisiiger Verkehr, deffen Reiz eben
durch den Schleicr dcs Geheimniffes auf eine so
erregbare Natur, wie Werdern'S, den größten Ein-
druck hervorbringen mußte, war natürlich. Aber
ebcnso, durch seinen Charakter bedungen, war dcr
innere Kampf, der in ruhigcrcn Augenblickcn sich
in sciner Brust zwischcn diesein mächtigen Zauber
und seincn Grundsätzen erhob, er störte die lieb-
lrchm Empfindungcn, dic Zsidorc darin in's Lc-
ben gerufcn und ioarf ihn auf dic Bahn des Schwan-
kens und der eigenen Zcrrissenheit.

Zn cincr solch trüben Stimmung betrat Edmund
die erleuchteten Gemrchcr des GehcimrathS R.,
wclcher an di-sem Abend cincn sciner glänzenden
BLllc gab. W-rdern's Auge schweiftc gleichgültig
über den Blüth-nflor rcizender MLdchcngestaltcn
und blieb endlich oon einer. jugendlich schbncn Er-
schcinung gcfeffclt, dercn rusdrucksvolles Angesicht,
bcseelt durch das höhere Lcben cincr heitcrn Unter-
haltung, dem jungcn Manne höchst intcreffant er-

schien. Als sich der Krcis von Bewundcrern, drc
Fräulein Löwenberg umringten, ctwaS gelichtet
hatte, licß Wcrdcrn sich derselben vorstellcn. Die
anzichenden Ziige hattcn shn nicht gctäuscht; sic
versinnlichtcn ihm das innere Sein des schönen
MLdchcns. Den ganzcn Abend suchtc er Thckla's
NLHe, ihrc frischc Natürlichkcit verbannte die Wvl-
kcn von ftiner Stirne, der Reiz ihrer gcistreichen
Unterhaltung öffncte auch scine Lippen zu stießen-
dem Gcsprächc und ftin Auge vcrfolgtc mit stets
hohem Antereffc das reizende Mienenspiel der an-
muthSvollen Zügc.

Thckla'h Bild umschwcbte ihn als er nach Hause
suhr, und noch in dcn Schlmniner nahm cr es
hinüber. Vor ihm crblich selbst die Erinnernng
an Zsidore, doch schicn es, als wollte fic ftlbst den
srühercn Zauber zcrstörcn, dcnn ftit jenem Feste
harrtc Edmund vergebens eines Briefes der räthftl-
haftcn Unbckannten.

Einige Mochen waren ftit dcm Abend vcrffoffen,
dcr Thekla Löwenberg mit Edmund zusammenführte.
Dieftr war jetzt em cisriger Besuchex in dcm Hauft
Ycs Pxqsidxntcn.gewoxden und deffen licbenswüxe
dige Enkelin schien dieft häufigen Bcgegnungen

nichts wentgex als unangenehm zu finden, denn
die dunklen'Augen hießcn den Baxon stets freund-
lich willkoinmen. Eincs Nachuüttags. saßcn die
Schwestexn tranlich mit ihrex Axbeit zusammcn. Die
jnngen Pt.Ldchsn lachten und. scherzten wic ss in.so
jugendlichem Altex natüxlich ist, ahxx eui uube-
fangener Beobachter HLttc dabci bewerken können,
daß Thckla's schöne Augcn öfter aus dem Fenstex
schauten, als füx ihxe Stickcrei sördexlich ftin konutc,
und ihxer muntexn Schwestcx schien dies kleine Ma°
növex auch nicht zu entgchen; denn als Theklanach
einem solch vexstohlenen Blick dxren Augen begcg-
netc, xicf Emma's schelmischcs LLcheln einen Puxpux-
schimmex auf ihre Wangen. . ,

„Heute ist Baxon Wexdexn nicht so glücklich, wft
sonst", bemcxktc Emma, „es ist,schon viexUhx und
ex ist noch nicht voxübcxgegangen; was mag wohl
— da ist ex ja", rftf sie plötzlich, den ehrsuxchjs-
vollen Gruß dcs unten Voxbeigchenden exwtdexnd.
„Bcinahc HLtft ich dem.guten Merdexn Unrecht ge-
than",. fuhx sie, die Schwestcx schalkhaft anfthend,
foxt, „wciß ich doch, daß stlbft des.Himmels Ein-
stnxz ihn nicht an ftinxx täglichen Dcfilade hindcxn
könntc."
 
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