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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Januar
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Dienstag, I» Januar


L8«L

Deutschland.

Heidelberg, 11- 3an. Aus Karlsruhe
wird uns mitgetheilt, daß der Referent im
Handelsministerlum über vas neue Gewerbe-
gesetz, Hr. Minist.-Rath Turban, di« Arbeit
cines Gewerbegesetzentwurfs voliendet hak.
Nunmehr werden die Berathungen im Han-
delSministerium beginnen und nebenbei wird
noch eine überstchtliche Zusammensteüung des
Ergebniffes der eingekommenen Beantwortun-
gen gcfertigt. (B. Cbl.)

*Heidelberg, 14. Zan. Soeben ist einc
„Erklärung von Rodbertus, von Berg und
L. Bucher" erschienen, worin dieselben in der
entschiedensten Weise gegen die heillose Theorie
protestiren, daß man, unter dcm Vorwande
des „Nalionalitätsprincips", Deutschland wich-
tiger Landesiheile berauben, wohl gar vom
adriatischen Meere verdränge» laffe, und worin
ste zu cinem Zusammenwirken sür Weckung bes
Narionalgesühls ausfordcrn.

Lahr, 1. Zan. (L. W.) Hcute wurden
hier vier brave katholische Bürger ber Stadt
Lahr, welche von ihrem Rechte Gebrauch gc-
macht haben, ihre Kinder nach dem Bekennt-
nisse ihrcr Mutter prvtestantisch confirmiren
zu iassen, in der hiestgen katholischen Kirche
als auögeschloffen erklärt.

Frankfurt, 10. Ja». Jn der gcstrigen
Sitzung unserer gesetzgebenden Versammlung
wurde beschlossen, und zwar einsiimmig unter
aügemeinem Bravorufen, den Senat zu er-
suchen, mit allem Nachdruck dahin zu wirken,
daß die Bundesgarnison, mit welcher wir seit
12 Zahren beglückt srnd, baldigst entsernt werbe,
indem die seitherige Occupirung der Stadt
durch fremdc Truppen kine ungerechte, durch
nichtS gcrechtsertigte und mit den Hoheits-
rechken des Senats nicht zu vereinbarende
Maßregel sei. (M. I.)

Berlin, 8. Zan. Wie das „Preuß. Volks-
blatt" wlssen wiü, hat bcr König zu dem
Oberbürgermeister Krausnick gelegentlich des-
sen neulicher Audienz auch noch die solgenden
Worte gesprochen: „Zch weiß es, daß rn mei-
liem Landc eine Partci eristirt, die bestrcbt
ist, bie Zustände des Zahres 1848 zu erneucr».
Was damals der Ueberraschung gelingen niochte,
soü nicht wieder gelingen, man wirb mich vor-
bereitet finben."

Berlin, 8. Zan. Privatvermögen außer
dem vorhandenen Familicnvermögen des kön.
Hauscs soü Friedrich Wilhetm IV. nicht hin-
rerlassen haben. Er war nicht nur zu groß-
mülhigen Unrcrstüßungen vieler Personen gc-

neigt, dic seine Theilnahme erregten, sondcrn
gab auch sehr große Summen sür Kunstgegen-
stände und Bauten aus. Die Hinterlassen-
schaft cnthält daher auch eine Fülle von Kunst-
schäßcn und eine vorzüglichc Bibliothck, welche
vercinigt wohl jetzt in den Bcfiß des Königs
übergchen werden. Die verwittwete Königin
behält nach dem Familienstatut ein Einkom-
men von hunderttausend Thalern. (Z. f. N.)

Berlin, 9. Zan. Ein »fstciöser Bcrliner
Corresponbent schreibt der „Köln. Zeitung":
„Die in einigen Zeitungen und Corresponden-
zcn geäußerte Anstcht, daß die Ausführung
der Bundes-Ereculion Prcu'ßen und Deutsch-
land sofort in einen Krieg mit Frankreich
verwickeln würde, beruht auf irrthümlichen
Voraussetzungen. Ganz abgcsehcn davon, daß
Niemand das berufene Wort eines dcutschen
Minjsters wird umkehren unb sagen wollen:
Frankreich will es nicht, also barf eS nicht
gcschehen; ganz abgcsehen bavon, hat man
guten Grund anzunehmen, daß Frankreich ei-
ner Bundrö-Erecutivn in Holstein nichts in
den Wcg lcgen wird. Diese Auffassung ist
iiicht etwa nur die der ministertellen Kreise, ste
fußt noch auf andere gute Erkundigungcn."

Rerlin, 9. Zan. De» Mitglicdcrn der
kön. Bühne ist eS gestatlet, in der Zeit, wo
die kön. Thcater wegen ber Trauer um den
König geschloffcn bleiben, zu verreiscn, jeboch
nicht zu gastiren.

Berlin, 10. Januar. Es ist nkcht ohne
Jntereffe, darauf hinzuweisen, daß dcr Vater
bes vom K,aiser Napoleon zur Beglückwün-
schung des Königs Wilhelm hcrgesandken Prin-
zen Joachim Murat, Prinz Lucian, als Groß-
meister sämmllichcn franzöfischen Logen vor-
steht. Es dürfte gerade dicscr Umstand auf
die Wahl der Persönlichkeit bei dem Kaiser
der Franzoscn nicht ganz vhnc Einfluß ge-
blieben sein, da man ursprünglich den bekannt-
lich hier wenig beliebten Prinzcn Napolevn zu
bieser Mission ausersehen hattc. Außerdem
kann daran erinnert werden, baß die Familie
Murai mchrfach mit bcm Hause des Fürstcn
Hohenzollern vcrschwägert ist. (B. Börsenz.)

Berlia, 10. Jan. Der „StaatSanzeiger"
vcröffeiitlicht eine letztwilligc Verfügung dcs
verewigten KönigS, worin Anordnungen über
sein Legräbniß gelroffen werden. Wir cnk-
nehmen denselben die Bestimmung, daß seine
Leichc in der Fricdenskirche bei Sanssouci,
sein Hcrz aber in dem Mausoleum zu Char-
lottenburg zu ben Füßen seiner verewigten
Cltern beigcsetzt werde. Scine Grabschrift
soü solgender Maßen lauten: „Hier ruht in

Gott seinem Hetlande, tn Hoffnung ciner
scligcn Aüferstehung und eknes gnädigeü Ge-
richtes, allcin begründet auf das VerdieNst
Jesu Chrr'stl unseres Aüerheiligsten ErlöserS
und Einigen Lebens: weiland u. s. w." —
Der Genetaladjntant des höchseligkn KönigS,
v. Gerlach, welcher sich beim Begräbniß cine
Erkältung zugezogcn, dke sich zur Rose aus-
bildete, ist heute Nachmittag gestorben. (K. Z.)

Berlin, 11. Jan. Eine Verfügung dcS
Ministers deS Znnern Grafen Schwerin ent-
hält das Verbot der tn PariS erscheinenden
Polnischen Zritschrift „VLisäom sei kolskis".

Berlin, 11. Zan. Während der letzten
Tagc trafen die Mitgliedcr des Abgeordneten-
hauses ziemlich zahlrcich ein und morgen wer-
dcn die ersten Fractionsversammlungen statt-
finden.

Berlin, 11. Jan. Von allen deutschen
Höfen sind Abgesandtc hier eingetroffen, welche
zum Theil auch bci den Trauerfeierlichkeiten
anzuwohnen beauftragt waren, nur Würtem-
berg war dabei nicht vertreten.

Wien, 5. JaN. Zn der liberalen Partei
äußert sich eine gewissc Entmuthigung. Die
Polizeimaßregel in Betrcff der Wahlversamm-
lung, sowie daS Gerücht, Schuselka werde
seiner Rede wegcn vicüeicht zu gerichtlicher
Vcrantwortung gezogen werden, gelten alS
Spmptom einer in maßgebenden Kreisen wie-
der vorherrschenden Stimmung.

Wien, 7. Jan. Die Presse schreibt: Der
erste legiSlative Akt deS StaatSministerS
Ritter v. Schmerlkng, ein Wahlgesetz für die
Landtagsabgeordneten der Stadt- und Land-
gemeinden in den deutsch-slavischen Kronlän-
dern, ist endlich gestern erschienen. Dic ge-
rechte Ungeduld und leicht begreifliche Span-
nung, uiit welcher dieser Publikation entge-
gengesehen wurde, ist jedoch dürch dieselbe
kcincSwegS so befriedigt worden, wie dieS
alle dikjenl'gen wünschen dürften, welche auf
den Eintritt SchmerlingS in da- Mknisterum
den Glauben gestützt hatten, daß nun dir
Lösung der österreichischen VerfaffungSfrage
den Händen eineS hellsehenden, konstitutionell
denkenden und thatkräftig handelnden StaatS-
manncs anvertraut sei. Zwar hatte schon
das sogenannte Programm des Minifiers,
nämlich sein Rundschreiben an die Etadthal-
ter, keinen Ueberfiuß an Entschiedenheit, aber
cs li'eß doch noch immer der Hoffnung Raum,
daß die praktische Ausführung seiner Plane
die bedenklichen Schwächen der theoretischen
Darstellung nicht an stch tragen werde. Zn
dieser Erwartung jedoch haben wir unS, wie

- « Endr gut, Ällrs gut.

Novellete aus dem Leben eines berühmlen Malers von

War Lemq.

(Fortsetzung).

Da schreckte er auf durch eincn leisen Schlag auf
dre Schulter. Die alte Amme serner Elise stand
vor ihm.

„Jesus und Marial" rief sie upd der Alten
Thränen rolltcn über dic gcfurchten Wangen,
„tann ich's in meinen alten Tagen noch crleben?
Haben Sie denn ausgehalten? O daß Sie sie so
lieb habenl Aber wic schauen's denn aus? — Wciß,
wie eine Turtcltaube und trüb', wie der heilige
Joseph—! Daß srch Gott erbarm', sindSietrank?
Das arme Kind! Hi! Hi!"

„Herzlichen Gruß, gute Dorothea", und er bot
ihr warm und innig die Hand; „aber, um Gottes-
willen, was ist vorgefallen? Weshalb bin ich hier?
Jch wciß von gar nichts, was macht Elise?"

„Ach, das armc Kind! Hi! Hi!" und die Alte
konnte gar nicht zu Worte kommen.

„Zst sie tvdt -?!"

„Ach, Sie hätten's erlcben müffen, Sie wären
aus den rothen Augen gar nicht herausgekommen.
Diese Qualcn, diesc Thranen!"

„Sag's heraus, Altc, erfahrcn muß ich's doch;
dicSonne meincs Glückes ist hinab; ist fle todt?!"

„Nun, todt ist sie gerade nicht, aber denke sich
nur der Herr; als Sic fort «aren, —-o! und
welche Kämpfe hat's mich gekostct, nichts. machte
mir mehr Vergnügen, meine Hühnchen hgb' ich
nicht mehr füttern konne'n und der alte Mops hat
mir's angemerki, erhatdenganzenTaggewinselt."—

„O die Weiber!"

„Ja, — als Sie fort waren, da wurde sie von
Tag zu Tag trauriger; sie sprach wenig und lachcn,
lachenthatsie beiLeibc nicht! Siezogsichvon dcr Ge-
sellschaft zurück, und wenn ihre Frenndinnen kamen,
wurdcn sie oft gar nicht vorgelaffen. Ja, und zwei
Patticn hat fie auSgcschlagen, ach! der junge Ritt-
meistcr, das war cin nettcs Züngelchen; der Herr
Papa wollten's gern haben, aber sie «ollte nichts
davon wiffcn. Oft stng sie plvtzlich an zu weinen
und ich habe natürlich immer mitgeweint und da
tobten der HerrPapa über daS Geplärre. Hi! Hi!
Abends «ars sie sich oft auf's Lager und schluchzte:

„Ammc, ich werd's nicht überstehen, ich fühl'S, eS
zchrt an meinein Leben."

Glühendes Roth überlief vor Schmerz und Wuth
Gcrhard's Wangen. Die Alte aber fuhr fort:
„So ging's ein ganzes Jahr und noch ein halbes,
und das Schlimmste «ar, daß sie gar nichts von
Jhnen erfahren konnte, denn dcr Herr Graf ließ
nie cin Wort fallen. Da kam's zumKlappen. Eines
Morgens will ich sie wecken, Zesus Maria! da lag
fle bleich wie etnc weißc Rose, und heiß, wie das
Feuer im Ofen, und redctc bunt durcheinander.
Jch hole natürlich das ganze HauS zusämmcn. Dä
ward's dem Herrn Papa doch Angst um'S Herz;
alle Aerzte werdcn auS bcr Nähe zusammengeblascn!
Ach! es war ketn Kopfweh, kcin Schnupfen vder
Hnsten, wie man so bekömmt, nein es war, denk'
sich der Hcrr nur, cs «ar ein hitzigeS Nerven-
fiebcr!" —

„Herr des Himmels! O «eiter, weiter." —

„Da lag sie nun. Hi! Hi! und ich wachtc die
Nächte an ihrem Bette, daß sie auch ja warm und
ruhig sei, und sie lallte von Engeln des HimmelS
und von ewiger Ltebe. llnd eS ward tmmer schlimmer
und schlimmer. Schon «ar sie aufgegeben, als der
 
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