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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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M S6


Donnerstag, 7. März


1861.

Aus -er Berhandlung «ber -ie
A-reffe im franzöfifchen Senal

Die Debatte über deil Adreß-Entwurf
im Senat am 28. Februar eröffncte Marqms
de la R v ch e j a q u e l i n durch eine lapqe
Rede, woriii cr vom lcgitlinistlschen und ul-
trauiontaneu Standpuncr aus die Ereigniffe
seit dem Frieden von Billasraiica durPging
und die hestigsten Angriffe gegen die piemou-
tesischc wie gegen dre englische Politik schleu-
derte. Die piemontcsischen und englischen
Journale haben erklärt, daß man daruber ei-
nig sei, Rom ein Epde zu machen. Rein!
Rom werde nicht England überliefcrt werden,
so lange cs cine französtsche Ehre gebe. Wenn
man den hl. Vaicr anklage, so diene man nur
Piemont unb dcm prolestantische» Eugland,
unb diene schlecht dem Kaiser, der sich den
ältestcn Sohn der Kirche nenne. Die Politik
Piemonis sei nach Vaitel eine SpiHbübcrci,
überdieß sei die Eonstituirung eines einheit-
lichen Ztaliens für Frankreich gesahrlich, man
schaffe sich weder einen dankbaren noch einen
getreuen AUiirten. Wenn morgen ein deut-
schcr Staat einen von Ehrgeiz verzehrlcn Für-
sten, einen ebenso geschickte» als uiiternehinen-
den Minister, einen tapseren volksthümlichen
Abenteurer haben werde, so könnten alle Throne
Deutschlands behufs der Lonstitnirung des
deutschen Reiches umgestürzt werve», u»d die
hundertjährige Politik Frankreichs müffe auf-
gegeben werven. Frankreich werre von Eng-
land hintergangen und fortgeriffen, eö sei Zeit,
inne zu halten. Er köune nichr sür den Ent-
wurf stimmen. Baron Hceckercn unterstüKt
die Adreffe, spricht sich aber in gleichcm Ssnne
über die italicnische Politik auö. Durch Ent-
ziehung ber weltlichen Macht bes Papstthums
werde auch die geistliche geschwächt, es sei
abcr stets die Politik Frankrcichs gewesen,
die päpstliche Souveränität ausrccht zu halten.
Herr Pietri (der bekannte srühere Polizeiprä-
sect von Paris und Faiscur ber Annerionen)
entwickelt in längercr Rebe, daß der Kaiser
von Anbeginn an seincm Programm treu ge-
blieben sei. Wen» die italieuische Consöoe-
ration uicht begründet worden sci, so müffe
maa veßhalb die italienischen Regierniigen, bie
sich reaciionären Zdecn hingegeben hätten, nicht
dcn Kaiser, anklagen. Man habe die italie-
nischen Regierungen nicht retten können, und
zwar durch die Schuld der Betheiligten selber.
Die Regierung bcider Sicilien habe sich selber
umgebracht, und es hätte keiues Earibaldi be-
durst, um bieses allgemein ausgegebene Spstem

zu stürzen. Was bleibe heute noch übrig?
Richts als dje geistliche Macht des Papstes
zu retten; die weltliche Macht deffelbcn müffe
als verlorcn angesehen wcrden. Seit 18^8
könnten nur noch die Partcimänner irgend
eine Wichtigkeit auf die weltliche Herrschaft
deS Papstes legen. (Murrcn.) Nur dnrch
vollständige Lösung, durch vollständige Gerech-
tigkcit könnc,ei» wahxcr Friede erzielt werden.
Frankreich und Jtalien müßten sich verständi-
gen, um dem Papstthum in geistlicher Bezie-
hung Genirgthuung zu geben. Die Macht dcs
Papstes soll über unsern Zivisten unb Jnre-
reffen erhahen sein. Er möge über die Sce-
len herrschcn! Jn dieser hohen Sphäre wird
er geliebt und geachtet werrcn. Geben wir
Gott, was Gottes ist u»d d.en Ztalienern ihre
Freiheik und Unabhängigkeit. Es sei jeht.keiu
Augenblick, daß Frankreich seiue natürlichen
Verbündetcn aufopsere. Ztalien könne 300,000
Mann der sranzösischen Armee zur Seite stel-
len in einem Augcnblicke des Kampses, mit
dem man Frankreich zu bedrohen scheine.

(Forts. folgt.)

Die österreichische Verfaffung.

(Schiuß.)

Ein kuiserliches Dekrei bestimmt, daß die Vandtage
voii Pöhmen, Daimatien, Gaiizieii, Sber- und Siieder-
Oesterreich, Salzbiirg, Sieiermark, Rärniheii, Krain,
Bukowina, Mahren, Schlesien, Tirol, Äorariberz,
Jstrien, Görz Iind Gradiska und Triest aus den k. Aprii
NSöt einderiifen.sind, sodann der öteichsraih auf den

28. April.

'Ein „Kaijerliches Pateni" vcrsügi die Ausiösung des
„stäudigen uiid verstärkien 8!eichsralhS", erkiärt die be-
tressenden frnhei en Bersügmigcii auhcr Krast gesetzt, und
verordnet.die Mldung eineS SlaalSralhs.

DaS „Statut fgr den Staalsrath" selbst bietet für
Iiichi-ostcrreichische Leker im Allgemcinen nichis Bemer-
kenSwcriyeS dar, indem die Organisaiiou des Iiellen
Körpers ziemlich die gewöhnliche ist. Bei dcr Abfassung
scheini die sranzöstsche Bcrsasjung von 1802 in ihren
Beftimmungen über den StaatSrath dejonderS berück-
jichligt worden zu sciii.

Eiu käiserlichkS Handschreiben an Freiherrn v. Vay
lauiel 1

„Lieber Frriherr von Bay! Jiidem Jch mii Meinen
hcuiigen Eiitjchließungen die iiothwsndigen Maßiegeln
zur Vcrivirklichmig dcr in Miürem Äixlome vom 2(i.
Ociober v.'J. ausgestellten Grundsätze erlasseii habe; —
finde Jch gleichzeitig die Feststellung der Ari und Weise.
wie die Wahi der Abgeordneien zum ReichSrathe in
Bteinem Königreiche Ungarn, dem Königreiche Eroa-
tien und Släwonien nnd dem Grohfürsteiiihume Siebcn-
bürgcn zu gescheheü habe, dcr versassirngsmLßigeii Re-
geiung durch die LandeSgesetze zuzmveisen. Gicichzeikig
habe Zch .den StcichSiath zur Erledigung dringcnder,
daS Wühl aller Länder Meincr Monarchie im Siiiiic
deS li. AbschiiitteS MeiyeS Diplomes vom 20. Octobcr
1860 glelchmäßig chrtüyrciider Angelegenhemn für den

29. April l. I- einbenisen. -Da die endgüliige verfas-
sungsmäßrge Feststellung der Art und Weije det Em-

iendung von Abgeordneren an de» Rcichsrath in Mei-
nem Königrcichc ünzarn »ielfach durch die Gestaliung
der inneren BersassnngSzustände LeS LäiideS bedingt ist
und in demsclden Maße heilsame Erfolge eiairächtigen
AnsammenwirkenS mit den übrige» Landern Meiner
Monarchie in AuSfitzl stellt, in welchem sie mit jeneu
in Einkiang gebrachi' ivird, eine ahnliche Regelung äber
votauSsichilich längere Zeil in Aiispruch nehmen und
Angehendere Verhandiimgeii erheischsii dürsir, haben Sie
Mir unverzüglich Ihre Anträge zu stellen, nach welchen
der ungarijche Landiag auszuiordern sein «ird, durch
Entsenduiig von Äbgcordncien auch bei der ngchsten
ReichSrathsversammlung siiierseitS den Einfluß des Lan-
deS aus jene Angelegenheiten gebührend zu wahren,
welche ich im Sinne deS l I. ArükelS WeineS DiplomeS
vom 20. October sernerhi» nur mii der zweckmätzig
gcregclien Thejinahme Meiner Völker bchandeln unb
cntscheiden wiü, ohne daß äNdcrerseitS die definiiive
Negelung der Kragc über die Art und Weise der Ent-
sendung oer ungarischen Abgeordneten an den Reichs-
raih überstürzt werde.

Aehniiche Hafldschreiben sind crgangen an Freihcrrn
v. Kemeily wegrn SiebenbrirgenS und an den Präfi-
denien Mazuranic wegen CröalienS und SlawonienS.

Die vorerwähnieil Patente stnd durch den nngarischen
Hoskanzler Freiherrn v. Vay nicht unierzeichiiel, und
zwar, wie die „Wiener Zig." ausdrücklich bemcrkt, „weil
er durch Abwejenheii iin Allerhöchsteii Dienfte verhiiideri
war, den Schliißberathungeii beizuwohnen, und seine
Rückkunst nach Wien durch Krankheii verzögyi wnrde."

Wir sügen hier blotz.noch bei, daß die „Wicn. Ztg."
in einem sehr iinifäsjendeii osficiösen Urtikel die neue
Gesetzgebung in ihren Eiiizclnhcilcii einläßikch bcsprichi
Iind dercn Zweckmäßigkeii hervorhlbt, wobei auch die
in vicien Punkten zu übcrwindendcn Schwierigkeiien
bezeichnei werden. -

DeAtschland.

Heidelbersz, 3. März. Gch. Rath v. Van-
gerow hat cinni glänzenvkn Rsif a» die llni-
versität Berlin a!s Nachfolcjer des verkorde-
uen ProseffoisS v. Kcller crhalte», abisr so ''

W» M

abqelchnl. Dicsem Unistanve verdaiikt derselbe
die iieuliche Berleihung cincr Ord,eiisvc.corat(on.

(Kailsr. Anz.)

Neck»»rgeWÜnd, 2. März. H«. K. H.
der Großherzog hat die Zuzsiichtung fsir die
Odcnwälder Bahn, wie sie auf tzen Gemar-
kungen Bauimenihal, Mauer und Neckarge-
mnnd in der Natur provilirt und abgestcckt
ist, als festbesti'mmt zu erklären npd zur Ans-
fiihning zu genehmigen geruht. (Karls. AZ
Bom Neckar, 5. März. Die Nach-
richk, daß Prof. Stern pcnstoiiirt und durch
Hcrrn Pflügc r erseht wcrdcn soüe, hat ihre
Verbreitung bnrch verschiedene öffentliche Blät-
ter gesunden. Ein Correspondenl der K. Z.
will bieser Miltheilung keinen Glauben bel-
ineffcn, weil er eben in bieser Veränderung
ver Vorstandsstelle des evangel. Schullehrer-
scminars einen Nachthei'I erblicken möchte; da
ja Stern als Pädagog und Gelehrter gleich

Eine Heirath durch die Seitung.

Von Constanze von Bubna.

(Sortschnng).

An diescm Augendlickc der Ruhe und des Sin-
nens zeigte sie dcmftlben cin nicht minder anziehen-
des Bild : den ernstcn Ausdruck des Dcnkens auf
der jugendlichen Stirne.

Hinter der Schrciberin öffnete fich leift cine Por-
tiere und ein andcres, noch jüngeres Mädchcngesicht
schaute neugierig in's Zimmer. Gteich darauf schlüpstc
dft schlanke Gesialt des 16jährigen Fräulrins hkrein
unb sich leisc an den Stuhl der .Schwester schtcichend,
tugten die großen, btauen Augen übcr deren Schul-
ter in den Lrief. So siaud sie einige Secundm
tautlos, aiftin ein muthwilliges Zucken der frifchen
Lippen verkündcte den Ausbruch verhaltencn Lä-
chens, welchcr auch, nach vergebltchen Bemühnngen
ihn znrückzuhaltkii, in glockcnhellen Tönm hervor-
brach, Erschrocken emporfahrend, sagtc die atso Ge-
störtc, das junge Mädchcn zürncnd anfthend: „Wie
unartig, Emma, mich so zu crschrcckcn, und dazu
in dieftm Augcnblick. Du hast mir eiiien guten
Gedanken verscheucht."

„Wenn er gut war, wird er sich «icder crhaschcn
lassen", crwiderte Emma noch immer lachend, „übri-
gcns, mcine ich, dein Brief könnte schon langc ser-
tig stin, «enn man die Zeit in Anschlag bringt,
die Du bereits damit zubrachtest."

„Er ist cS auch dcinahe und «äre jetzt zu Ende,
hättcst du mich noch einigc Minuten ungestört gc-
tasftn, du witdes Kind", sagtc die Schwcster, „nun
mußstch ihn schon sxätcr schiießen; denn in .deiner
Gegenwart «äre es unwögiich eine vcrnünftige Zeite
zu Stande zu bringkn."

„Du hast dich auch vor der Hand genug mit
deiucm Anonymns bcschäftigt", warf Emma ein,
„und ich gebietc dir, dcine Gedankcn auf andere,
wmn auch mindcr anziehmde und xoichtige Gegen-
stände zu richten, denn dieft Einftitigkeit derftlben
röniilk am Endc eine gefährliche Herzcnsverwirrung
zur Folge haben."

„D»s wäre ja enffetzlich", rtef Lhekla, die schwar-
zm?Augen zu dem lftblichen Autlitz dcr fchclmischcn
Schwcster crhcbcnd, die dcmftlben dte Micne feicr-
licher Würd.e zu geben suchte, „du meiust doch nicht,
tch könnte mtch «eklieben?"

,,Jch sürchtc, es ist schon geschehm!" rief Emma

jetzt plötzltch aus ihrer ernstcn Rolle salleud, dcn
bollen Arm lachend um Thekla'S Nacken schlingend,
„und ich dürfte dtr dieft Thorheit nicht-etnmal.so
übcl nchmen, dcnn ich ftlbst bin von dftftm „Ed-
mund^ entzückt, der so allerlicbst und geistrerch
schrcibt, daß man von ftinen Briefcn auf einen
ebenso liebcnswürdigen Character schließrn muß,
und cinen solchen zu bewundern, ja zu,lieben, is«
natürlich und fast Psticht."

„Es war dvch eine kccke, übermülhige Zdee, anf
jencn HcirathSantrag in ber Zeitung zu antworten",
fagte Thckla, den schönen Kopf nachdenkllch auf die
Hand stützead, „und hättc ich ahnen können, daß
sich aus dieftr harmloftn-Kinderei ein Briefwechsel
entspinnen, der dieftm klcinen Adcnteuer ein wirk-
liches Zntercsft, zugleich abcr auch etncn gefsthr-
lichen Anstrich gebm würde, dieser Scherz wäre
sichcr uiitkrblicbm."

;,Ja, wrnn man in Lie Zukuust sehen könnte!"
meinte Emma in demftlben crnsten Toue, „nun
mache ich mir nMrlich dic bittersten Vorwiftfe, die
Veranlaffung zu dteftr gehcimnißvollen Esrrespon-
dmz gewesen zu ftin, welche im Er«st°dein- Scelon-
ruhe gefährden kann."
 
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