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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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N 128. Dt-nstag, 4. Zunr

Auf die »Hcidclberger !
Zeitung" kann man sich
noch für den Monat
Juni mit 18 Krevzern abonniren bei den
Tragern, sowie bei der Erpcdition (Heugaffe
Rr. 2).

Das preustische Abqeordnetenhaus
und -ie Militär-Berwaltung.

Abg. Reichensperger (Geldern) crklärt, daß
er der Ansichk der Staatsregierung, daß das
Militärgesetz von 1811 auch für dic neue Ein-
richtung ausreichend sei, nicht beitretcn könne.
Die getroffenen Maßregeln als solchc billigt
er übrigens, wcnngleich er für die finanzielle
Seite der Sache auch eine größere Klarheit
'wünschen muß. Auch hänge Alles von der
Armee allein nicht ab; auf die richtige Füh-
rung unserer auswärtigen Angclegenhciien, die
richtige'Abschlicßung der Bündniffe und vor
Alleiii auch auf das entsprechende Achthaben
auf den richtigen Moiuent des Eingreifens
komme es ebenfaüs an. Wenn wir stets war-
ten wollten, bis wir angegriffen würden und
nicht nach Umständen auch selbst die Jnitia-
tive ergreifen wollten, so könnte es uns leicht
gehen, wie jenen Jungfrauen, die ihr Oel vcr-
brannt hatten, ehe der Bräutigam kam. (Sehr
gut! Beifall.) Er halte fest an ein Bündniß
mit England (Bravo!), wie bedauerlich der
nationale Hochmuth dcr Engländer auch sei
und fich namcntlich auch noch in der Macdo-
nald-Affaire geKeigt habe. Nber kcin Bündniß
mit Englaud ohne Deutschlaiid. Nicht auf
ein cinheitlichcs, sondern auf ein einiges
Deutschland komme es an; dieses letztere sei
das allein Mögliche, und daher müffe man
denn auch Aües fallen laffen, was dem ent-
gegen stehe: Bundesstaat, preußische Spitze,
Nationalvercin u. s. w. (Uuruhe.) Auch deu
Bundestag dürfe man nicht immer so als rin
Abscheu herabfeßen. (Gelächter.) Einer kräf-
tigen Centralgewait rede er Las Worl. Diese
herzustellcn sei Pflicht der dcutschen Fürsten,
und wenn sic hergestellt, dann werde auch die
Forderung nach einer Volksvertretung ciue
berechtigte scin. v. Ammon: Er nehme das
Beispiei von den Jungfrauen auf. Wir wollten
unser Oel allerdings nicht verbrennen, damit
wir Geld hätten, wenn es zum Kriege käwr,
und nicht vorher schvn uns aufgezehrt hätten.
Das Land sei gedrückt, der Zuschlag

sei permanent erklärt (Hört! Hört!); der Fi-
nanzministev sage zwar, die Steuerkraft des
Landcs sei nicht übermäßig angestrengt. Dem

widersprcchc er entschieden. (Bravo! rechts.)
Gespart müffe werden; die Gehalte der höhe-
ren Officiere, vom Major an, seien zu un-
verhältuiß hoch. Der Paradeschmuck könnte
auch abgeschafft werden; namentlich aber müffe
das crclufive Verhältniß, welcheS die Armee
dem Bürgerstand« gegenüber «innchme, auf-
hören. (Beisall,) Anstatt daß gewiffe Theile
der Armee sich nur mit dcm beschäftigten, wo-
wit fie sich allein zu beschäftige» habcn, treibe
man Politik, und zwar iu cincr Richtung, die
jedem liberalen Fortschritt enlgegen sei. (Ja!
Ja! Beifall.) Man »ergeffe, daß die Armee
nur daS Volk in Waffen sei, und daß cS i»
Preußen nur solche Leule gebe, die ihrer Dienst-
pflicht cntweder bereitS genügt oder ihr noch
zu genügen haben. (Bravo!) Er werde für
alle iiur möglichcu Ersparniffe stünmen. Abg.
Hovcrbeck stüumt im Aügemeincn dem Vor-
redncr bei, nur wünschter die Sache noch ent-
schiedcnev behandelt zu sehen, namentlich in
Betreff der Consequenzen. Die Errichtung von
6 neuen Cavallerieregimeutcrn stche in Aus-
sicht; für die Marine müffe mehr gcschehen;
cudlich aber müffe auch der Svldat, der jetzt
sehr oft hungern müsse, cine höhere Löhnung
von mindestens 1 Sgr. haben. Wo solle das
Aües hinaus? Es werde unsern finanzieüen
Ruin hcrbeiführen. Dte Wöglichkeit der Her-
beiführung der nöthigen Ersparniffe liege alleüi
in der zwcijährigeu Lieustzeit. Warum haoc
die Staatsregicruug daS Gcsetz über die aü-
gemeine Dieustpflicht nicht auch üi:diesem Jahre
vorgelegt? Ob dies Verfahren legal sei, wiffe
cr nicht, lopal sei es jebenfalls nicht. (Bei-
faü.) Der FiNanzminister habe in der Com-
misston erklärt, daß man einem ksit aeovwpli
gcgenüberstehe. (Hört! Hört!) Es sei noch
möglich, die Regierung für Vorlagc eincS Ge-
setzcs für 2jährige Dienstzeit zu veranlasscn.
Thue dieS das Haus, so werde es einen schö-
nen Ersatz gegeben haben für all seine sonsti-
gkil Unterlaffungssüutcn! (Bravo links, Un-
ruherechts.) Der Präsident: Es steht demHrn.
Abgeordneten wohl nicht zu, in solcher Weise
über die Thätigkeit des Hauses ein Urtheil
abzugeben. Abg. v.Bcrg rechtfertigt die Maß-
regeln der Rcgierung durch die allgemeine pv-
litische und rnilitärische Lage Eurvpas; nur
sci das Nöthige billiger, durch 2jährige Dienst.
zcü, zu erreichen. Abg. Graf Orioüa spricht
für unbedingte Bewilligung her Regierungs-
fordermigon. Abg. Waldeckr Auf das Volk
stütze man sich, auf das Volk aücin! Man
denke an die Dienste, wclche die Landwehr
1813, 14 uud 15 geleistet! Nur an der

JllserüoaSgebühren fmr die 3spaltize Petit- M

zeile werden mit 2 ^r., bezw. 3 kr. berechnet. M^WUMMO

Spitze deS Volkes unddercivilisatorischen Jdeen
könne Preußen einen erfolgreichen Krieg füh-
ren; Organisalionen, wie die jetzk vorgeschla-
genen, könuten leicht anf Abwege lenken. So
lange es noch feudale Ueberrestc, so lange es
noch dieseS crclusive Officiercorps in Preußen
gcbe, wcrde er nun und nimmer für ein so
wichtigcS Gefetz stimmen können. Der KriegS-
ministcr vertheidigt die Rcgierungsvorkage ge-
gen die erfolgten Angriffe. V«n der Änfhe-
vuug der Landweyr sei nie die Rede gcwcfen.
Ein Volkshcer sei unser Heer auch jetzt noch;
die Officiere bildeten keine besondere Kaste;
dic Herre», wetche das sagten, malten sich et-
was vor. (O! O!) Woüe man eine kräftige
Politik, so müffe man auch die Mittel dazu
bcwiüigen. Die Bundesgenoffcnschaft der
deutschen Staatca sei aüerdings ctwas werlh
und iin Augc zu behalten; aber an die Mög-
lichkcit zu renken, daß Preußen «llei« im Felde
stchen müffe; mib wenn Proußen dies müffe,
so werdc es dies mit seincn 5(>l>,00<) Bajvn-
ncten am Ende auch können. Gage der Abg.
Hoverbeck, unsere Solvaten hungerten, so frage
er, ob bas AuSsehen unserer Soldalen wohl
»ach Hunger aussehe? (Heiterkcit.) Die ge-
währie Ansflcht auf eins Sotderhöhung für
unscre Soldaten acceptire e« indeffen bestens.
Die Auögaben für das Heer seien mcht un-
protzuctiv, weit das Heer dic gewsrbliche Thä-
tigkeil deS Landes schütze. Dcr Finanzminifter
sührt aus, wie die höhere Rsckstcht der Si-
cherheit Prcußens und DentjchlandS die gefor-
derten Opfer unumgängiich machte». Eine
Ueberlastung dtS Landes könne er nicht zu-
geben. (Schlnß folgt.)

Deutschland.

KarlSruhe, 1. Jnal. Sitne Köntglichc Hoheit der
Großherzog h-ben untcrm L4. ». M. gnädigst g-ruht:
drn AmtSrevisor Ktescr zu Odcrkirch allf da« AmlSrcoisoral
Lörrach zu vcrsctzcn nnd d-n p>o»isi>itsch-n Asstst-nzarzt
vr. Gusta» Bopp z» Heiligenbcig z«m Assistenzarzt sür
daS AmiSgeitchi und das Odrrami Raftati zu ernenncn.

Karlsruhc, 2. Juiu'. Als eiu iu
gut unterrichteten Kreifcn circulirendes Ge-
rücht theile ich Jhnen mit, daß der großherz.
Gesandte in Wien, Staatsminister v. Rüdt,
gleich Herrn v. Marschall in Frankfurt in
Ruhestand verseßl und erstcrcr den Bruser
des genannte» Bundcstagsgesandten, seithcr
Gesanbter am Berliner Hof, zum Nachfoiger
erhaltcn soll. Für den Posten in Berlin soll
Herr v. Edelsheim auscrsehen scm. Daß
Geh. Hofrath Profeffor v. Mohl Gesandter
beim Bundeslag wird, ist gcwiß. — Morgen

Zu (pät.

Eine dänische Criminalgeschichtc.

(Fortsetzung).

„Es rst sehr hart", erwiderte hierauf der Pfarrer,
„daß ein Mann mcincs Standcs gezwungen wer-
den soll, eine so grauliche Anklage von sich abzu-
wälzen; doch, kommt nur, metn Garten und mein
ganzes HauS stehen Euch offen." — Sie gingen
nun Alle durch das Wohnhaus in den Garten.
Hier begcgnete ihncn Metta, dre nicht wentg er-
schrack, als sie den Mortcn Bruns erblicktc. Söf-
renscn flüsterte ihr schnell zu: „Sei nur getrost,
mein Herz; gehe-hinein und ängstige Dich nicht
weiter. Euer Fcind cilt seinem eigcnen Verderben
entgegen."'

Morten Bruns schritt nun voran nach der öst-
lichcn Seite dcs Gartens, bis zu dcm Dvrnzaun«
hin. Die Andcren folgten ihm, sammt den Lsu-
tcn des Pfarrers, denen dieser selbst befohlen hatte,
Spatcn und svnstige Gcräthschasten hcrbeizubrin-
gen. Der Ankläger stand einc Weile, sich umschend,
slill, bis jene ihn erreicht hatte». Dann deutete er

»uf eiue Stello hr» und sagtc: „Dies fieht aus, als
sei hier vor Kurzem gegraben worden; hrer müffen
wir nachsuchcn."

„Grabt!" rief der Pfarrer erzürnt. Die Leutc
machten fich an die Arbeit, aber Bruns, dem es
schie», als gingc die Sache nicht schnell genug »on
Stattcu, riß Einem »on rhnen den Spate« aus der
Hand und arbeitetc selbst mit »ielem Eifer. Als
fie einigc Spatensttche tief hinuntergekommeir waren,
wurdc der Boden so fcst, daß cS sich deutlich heraus-
stclltc, wie hier vielleicht sest vieleu Iahren nicht
mehr gegraben worden war. Alle freuten sich, Einen
ausgenommen, — und der Pfarrer sich am meiften.
Er begann schon über seincn Ankläger zu trium-
phiren und rirf ihm spottcnd zu: „Habt Jhr Etwas
gefunden, Zhr Ehrcnschänder?"

Morten gab keine Antwortz nachdem er fich aber
eincn Augenblick bedacht hatte, rief eo: „Jens Lor-
sen sagt an, an «clchcr Stelle habt Zhr dcn Pfarrer
grabcn geseheu?"

Zcns Lorfen hatte bisher mit gefaltetcn HLnden
der Grabarbest still und theilnahmslos zugesrhen.
Bei der Anrcde dcS Bruns erwachte er wic aus
«inem Traume, sah fich eine Weil« um und zeigt«

dann nach einem Wtnkel des viereckigen Stückche»
LandeS, welches die kleine Versammtung umftand.
„Mir däucht, daß es hier war", ließ «r sich mtt
dumpfer Dtimme vcrnehmen.

„Was sagst Du? Zens!" rief plötzlich der Pfar-
rer, höchst aufgcbracht, „wann soll ich hier gegra-
bcn haben?" Allcin ohne hierauf im Mindestcn
zu achten, rief Morten BrunS die Leutc zudem an-
gcdcuteten Winkei hin. Hter lagcu verwelkt« Kohl-
strünke, Zweige und allcrlei Scherben, die crsk auS
dem Wege gcräumt werdcn mußtcn; dann nahm
das Graben auf's Neue seincn Anfang.

Der Richter stand ganz ruhig und zufrieden, mit
dcm Pfarrer von dicser Sache und »on der Straf«
redcnd, deren sich dcr Ankläger schuldtg gemacht,
als einer dcr Burfche ausrief: „Ach um Ehrtstt
Krcuz willen!" — Alle sahen hin; dcr Kops «ines
HutcS war zum Vorschcin gekommen.

„Hier werden wir wohl den, welchen «tr suchen,
findcn", schrie Morten Bruns auf, „eS ist Niel's
Hut, den kcnnc tch."

Da war es dcm Richter, als würde setn Blut zu
Eis; alle seine Hoffnung «ar mtt einem Male »er-
nichtet. „Grabt! Grabt!" riefdcr furchtbare Blut-
 
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