Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0347

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KOA" Bestellumgen auf die Heidel-
berger Zeitung für die Monate April,
Mai und Zuni werden fortwährend
bei -en auswärtigen Postämtern an-
genommen, fur Heidelberg bei der
Expe-ition (.Heugaffe Nr. 2).

Zur österreichischen Adrestdebatte.

Wien, 9. April. Bei der gestrigen Ver-
hanrluug über dle Adrcffe ergab es sich glcich
thatsächlich, daß auf dem niedervsterrcichischen
Landtage kcineswcgs jener Bertraucnsdusel
und jene Selbstgcnügfamkelt allgemcin waltet,
wclche sich namentlich im preußischen Abge-
ordnetenhause seit Jahren breit machte und
durch die Ansicht, man dürfe der Regierung
ja keine Verlegenheiten „bereitcn", so vicles
verschuldet haden. Unter den gesteru aufge-
tretencn Rednern zeichnete sich Schuselka vor
Allen aus, und mit Vergnügen thcilcn wir
den Haupiinhalt seiner Rede mit: „Jndein wir
jeßt diesc Adreffe besprcchcn, haben wir uns
altz Niederösterreicher zu hüten, daß wir nicht
den Vorwurf bcgünstigen, dcr in den Kron-
ländern gegen das eigentliche Oesterreich über-
haupt im Umlaufe ist, den spvtlischen Vor-
wurf nämlich, daß die eigentlichen Oesterrei-
cher nnd ganz bcsondcrs die Wicner mit AUem
zufrieben sind, daß sie nngesehen hinnehmen,
was man hingibt und demüthig dafür bie Hanb
küffen. Es ist kein eikles Gefühl, wenn ich
diesen spöttischcn Vorwurf mit Eutrüstung her-
vorhebe; es drängt mich mein Patriotismus
dazu; denn es ist eüi Unglück für Oesterreich,
daß bas so ist; es ist ein weseiiiliches Hin-
derniß der Einignng Oesterreichs, .baß eben
die eigentlichcn Oesterreicher uno hauptsächlich
die Wiener nicht die Stellung einiiehnieii, bie
sie einnehmen sollte». Es ist natürlich, daß
wir in unserem Kronlande, wo wir bie Re-
giernng, die Dynastic in unserer Mittc haben,
uns bestreben, den anderen Kronländern an
Lopalität voranzugehen; allein eine solche
Lopalität wirkt nichl günstig, wenn wir nicht
zu gleicher Zeit auch im politischcn Rechts-
bcwußtsein und ün gesetzlichcn Streben nach
politischer Frciheit allcn andcren Krvnlänbern
vvrausgeheii. (Beifall.) Heutzutage wird dem
monarchische» Princip burch Servitismus sehr
schlecht gedient; im Gegenthcil, bas monar-
chische Princip wird dadurch verleßt und un-
tergraben. Heutzutage dient man einem Mo-
narchen nicht, indem man sich vor ihm auf
die Knie wirft und in asiatischen Rcdensarten
skine Unterwürfigkeit ausspricht. Heutzutage

Ein Abcnteucr unter Settkern.

Mügetheilt von Ed. Franke.

(Fortsetzung).

„Jhr seid ja verdamiut ktemlaut gcworden", sprach
der Eintretende, in dem ich nun sogleich meincn
Mann erkanute, der jetzt im Militärmantel, drei-
eckigen Hut und Schnurrbart vor mir stand. — Er
schob schncll den Ricgel vor, warf die Verklcidung
ab und stand im heutigcn Kirchencostüme da.

„Zch glaubtc wahrhaftig, mein Freund Ruse" —
rief ich.

„Hahaha. Jch sehe, Jhr ftid eben so leicht zu
täuschcn, wie der trunkene Hausmeister. - Jhr
Schaujpicler könntet vvn uns lernen. Lachen m'uß
ich, wenn Jhr auf der Bühne als Bettler erscheint,
da ist alles gezwungen, währcnd wir im Leben oft
und viel in Gesellschaftcn als noble Lcute siguriren,
ohne daß Jemand 'den Bcttler ahnt. —"

Er «arf ein zusamniengcrolltes PLckchen auf den
Lisch. — „Eure Beinkleider könntJhr anbchalten.
— Rehmt diese Jacke — Halstuch locker — Hemd-
kragen umgeschlagen-— Fnsur und Gcsicht wcrde
ich dann in Ordnung bringen. — Eure Schminke
ist nur xsr ckistnuc«, in der Rähe erkennt man das

dient ma» seinem Monarchen am bestcn, rn-
dem man ihm srei und offen entgegentritt, ihm
ehrlich ins Augc blickt und frisch und frei die
Wahrheit sagt. (Bravo! Bravo!) Eine solchc
Wahrheit erlaube ich mir auszusprechen, wenn
ich sage, daß wir die Verfaffung, die uns ver-
liehen wurde, nrcht als Concession, nicht als
Gnadcngeschenk annchmen, sondern sie mit
Dankbarkeit annehmen, als ein redlichcs Be-
ginnen der Annerkennung unserer nie verjähr-
ten Rechte. Wir danken dein Monarchen für
bie Verfaffung, die er uns gegeben, weil er
selber sich davurch auf jenen Rechtsboden ge-
steüt hat, den drr unvergeßliche Kaiser Ferdi-
nand begründet und Se. Majestät der jetzt
regierende Kaiser bei seiner Thronbesteigung
den Vertretern des Volks gegenüber feierlich
anerkannte." Der Redner fpricht sich fcrner
dahin aus, daß die Verfaffung bes 26. Fe-
bruar durchaus nicht als etwas Bollendetes
und Besriedigendes anzunehmen sei; allein es
beruhige bas Bewußtsein, daß die Vcrlreter
bes Volks berufen sind, diese Verfaffung wei-
ter zu entwickeln, bis ste wirklich eine Cvn-
stitulion sein wird. „Dieses im Landtagc an-
zustreben, ist Zhre patriotische Pflicht. Nichts
ist verdcrblicher, als wenn stch Zemand dem
Wahne hingebcn würde, daß Oesterrcich mit
einem Schcin Constitutionalismns geeinigt und
erhalten werden könnte. Dieser Schein-Con-
stitutionalismus würde nicht einmal Lie so ge-
nügsamen Provinzen diesseits der Leitha be-
friedigen und einigcn können. Und wir müs-
sen es frei aussprechen, daß wir nicht-unga-
rische Oesterrricher uns dadurch gekräukt sühlen,
baß man uns nicht für fähig und reif genug
gchalten hat, wenn man uns schon einc Ver-
fassung gebcn wollte, uns gleich eine wirkliche
Verfaffimg zu gcben. Noch verhängiiißvollcr
aber stellt stch di'e Uuvollkomuienheit deS Vcr-
faffungsstandes, wenn man das Verhältniß zu
Ungarn betrachtet. Hier dürfen wir uns kci-
neii Täuschungen hingebeu, und dürfen nicht
bazn beitragen, daß Andere sich täuschen. Wir
dürfen als ausgeinachtes Factum es ausspre-
chen, daß auf Grundlage der Februar-Vcrfas-
sung, wic sie jetzt ist, die Ungarn sich mit uns
niemals freiwillig vereinigen werden. Ünd
doch ist cinc solche freiwillige Einigung für
uns höchst wünschenöwerth. Diejenigc», welche
an Gewalt criunern, reihen sich vcn Verder-
bern Ocsterrcichs an. Denn wehe Oesterreich,
wen» es noch einuial mit den eisernen Klam-
mer» der Waffen zusamuieiigehalten und mit
dem Blutc ber Völker zusauiuiciigckittet wer-
den soll. Nur wenn sich bie Völker Ocster-

Unächtc, wir besitzen befferc. Die Mütze findetAhr
cbenfalls im Paqucte."

Zch ging in mcin Schlafcabinet, kleidete mich
dort, um sür dcu Nothfall heimltch gcladene Pi-
stolen zu mir zu stecken. Als ich hcraustrat, rief er:

„Ein Lchter Kroatier!" Er führte mich vor den
Spiegel. — „Eure Frisur paßt nicht. — Noble
Herren haben Scheitel, der gemeinc Mann ver-
wendct auf das Haar keine Sorgfalt." — Er zog
cinen Kamm hervor und strich mein Haar übcr den
Hinterkopf zurück. „So ist's schon bcffer — es
konimt schon Charactcr hinein. — Die Augen find
für Eure hcutige Rollc auch zn kkug und lebhaft.
— Wartct. —" Er zog einc kleine Rolle hervor. —
„Macht das rechtc Augc zu."

Jch that es. — Er strich mit dcr Rvlle über das
Augenlid — dann nahm er den kleinen Finger und
rieb. — Nun wcndete er die Rolle, fuhr über beide
Augenbraunen — rieb dann ebenfalls. — „Jetzt
seht in den Spiegcl", sprach cr.

Jch erkannte mich kaum wiedcr. Das rechte Auge
sah ganz natnrlich so aus, als ob ein heftiger Stoß
es blaugelb gcfärbt. Beide Augenbrauen schienen
zur HLlste spnrlos »erschwunden.

reichs dnrch frei gewählte Vertreter freiwillig
einigen, nur wenn fie aufhöreu können, nach
Wicn mit Mißtrauen und Furcht zu blicken,
nur dann wird ein wahrhaft organisch geeinig-
tes Oesterreich erstehen iind bcstehtn." (Bravo!
Bravo!)

Deutschlan-

Aus dem Seekreise. Die Eisenbahn-
Bauarbeiicn zwischen Waldshut, Schaffhausen
und Konstanz werden jetzt ziemlich energisch
betrieben, doch siud die Schwierizkeiten auf
VerLikreckeWalbshut-Schaffhausen der Art, daß
die Eröffnung dieser Linie im nächsten Jahre
schwerlich geschehen kann. Anders verhält cs
sich mit der Abtheilnng Schaffhausen-Konstanz ;
diese kann schon srüher dem Verkehr über-
geben werden.

Frankfurt, 12. April. Vergaiigenen
Sonntag fand di'e siebente Verthei'lung des
Sömmering'schen Preises in einer anßeror-
denilichen Sitzung der Senckenberg'schen natur-
forschcnden Gesellschaft statt. Nach einem sehr
eingehenden, die neucste phystologischc Litrra-
tur vortrcfflich behanbelnden Eommi'sffonsbericht
wurde nach deffen Vorschlag Prof. H. Helm-
holtz in Hcidelberg, in Anbetrqcht der großen
Verbienste, welche er sich burch sein neuestes
Werk: „Phpstologische Opiik" erworbcn, als
der Würdigste crachtet und genanntes Werk
mit dem Preise gekrönt.

Osthofen (in Rhcinheffen), 8. April. Jn
der gestern hicr abgehgltenen Versuminlnng
von Mitgliedern unb Freunben des Rational-
vereins sprachen nach dcm Berichte der
„Mainz. Ztg." Metz ans Darmstadt und La-
oenburg ans Mannheim, Ersterer mit Hin-
weis auf vie Nothwenbigkeit, an dem vater-
ländischen Wcrke des Vereins handelnd Theil
zu nehmen. Man gelobte stch, aüe künftigen
Wahlen auf Anhänger bes iiativnalen Pro-
grammS zu lenken. Das Coucordat wurde
sowohl von Metz als von anberen Sprechern
schars angegriffen. Schließlich ward sür
die Schleswig - Holsteiner gesammelt, jndem
man bcdauerte, für ihr guies, alteö Recht
noch nicht znm Schwerte gresfen zn können.

Mainz, II.Apr. DieHinrichtungdes Mör-
ders Stumpf hat nicht stattgefnnden. Jn Folge
von Enthüllungen, welche dem evangelischen
Geistlichen, der dcn Delinquenten, um ihm
religiöse Stärknng beizubringen, besuchte, von
den Mitschuldigen gemacht worden stnd, hat
jener Geistliche sich vcranlaßt gesehen, zuerst
vic Suspenston dcr Hinrichtung zu erwirken

Er bemerkte, daß ich etwas erschrack. — „ilnbc-
sorgt", sagte er. „Unsere Schminkkunst ist zwar
nicht so leicht verwischbar, wic die Enrige, und d'rum
auch nicht gleich als Frescomalerci zu erkennen;
— allein, hier mit dieser Flüsfigkeit darüber hm-
gefahren — und fvrt ist fie, als ob fie ntcht da-
gewesen." — Er reichte mir ein Fläschchen. — Dcr
Liebesgott ist blind und unsichtbar — die Mädchen
fühlen seine Nähe doch. — Zhr habt nur an einem
Auge Schadeu gelittcn -- licbt fie Euch — wird
sie Euch also doch crkennen. Zst die Gelegenhrit
aber nicht sehr günftig, verhütet dte Erkenntniß —
sie tst setzr gefährlich. — Dvch, die Hauptsache uicht
vergeffen." — Er zog eincn Bart hervvr, faßtemich
am Kinn und schob deffen Feder in meine Nas«,
dann zoz er daran. „Feft" sagte er.— „Aufdcm
Theater braucht das nicht so beachtct zu «erden,
alles ist einstudirt — kcinex geräth dem Andern in
die Haare. — Wir spielen errempvre und ma»
weiß bei solchcn Gelegenheiten nie mit Gewißheit
zu sagcn, wie es cndet. Darum m«ß alles sehr
fefi im Sattcl sitzen."

Er stülptc mir jetzt dte kroatische Mütze auf den
ötopf. - „Nehmt Euern Mantel, damit der Tropf

»
 
Annotationen