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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0348

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und sofort eine Audienz beim Großherzvg
anzusuchen, um eine Pegnadigung zu erbit-
ten. Die Audien; findek tben statt und man
erwartet jrden Augenblich das begnadigende
Telegramm. Inzwischen ist bas Schaffot aus-
geschlagen und eine maßlose Ausregung hat
sich der Bevölkerung bemächtigt. (Nach die-
sen Morgen eingetroffcnen Nachrichten ist Bc-
sehl gegebcn, die Erekurion bis aus Weileres
zu verschicben. Die Lodesstrafe soll in le-
benslängliche Zuchthausstrafe verwandelt wor-
den scin.

München. Zn dcr Sitzung der Kammer
der Abgevrbneten vom A. April wurde das
Anstrittsgcsuch des Profeffor Dr. v. Lasaalr,
bas hauptsächlich durch deffen Gesunbheits-
verhältniffe begrünvct war, genehmigt. Dic
Kammer berieth hierauf die Nachweisungen
bczüglich der Grundrentenkaffe und des Staats-
bauwesens. Die Leßsallstgen Ausschußanträge

— darunter auch dcr um Rückcrstattung der
sür Herstellung der Wiener Landstraße ver-
wendcten 40,000 fl. an die Centralstaatskaffe

— wnrben angenommcn und zwar der letzt-
bkzeichiiclc mit einer an Cinstimmigkeit gren-
zenken Majvrität.

Gotha, 10. April. Die Regierung hat
bei dem Landlag einc Anwaltsordnung einge-
bracht, welche sich vurch bie vollständige Aus-
hebuug ber Taren auszeichnet. Die Honori-
rung dcr Advokaten ist hiernach lediglich Sache
des Uebereinkoinmenö zwischen diesen und
ihrcn Austraggebern.

Betlin, 10. April. Zu dem deutschen
Hanvelstag in Heidelberg, der am 12. Mai
cröffnet werden wird, hat das AeltestencoUe-
gium der Berliner Kausmannschast die Herren
Präsident Hansemann, Dietrich und Lieber-
mann zu seinen Abgcordnctcn crwählt. (Rz.)

Bertia, 10. April. Aus der heutigen
Sitzung des Haüses der Abgeordneten ist ein
Amendement des Abgeordneten Dr. Beit her-
vorzuheben, nach welchem auch die sür den
Buchhändler bis jetzt nothwcndig gewesene
besondere Concession in ' Zukunft wegfallcn
soll. Der Ministcr bes Jnncrn erkiärt, daß
die Staatsrcgierung weder auf eine Beseiti-
gung der Buchhänvlerconccssionen, noch auf
eine Aenderung des Preßgesctzes überhaupt
im Laufe kicses IahreS eingehcn köiinc. Dr.
Veit zieht hierauf sein Amendement zurück.

Berlin, 11. April. 470 Polen in Ler
Provinz Posen beabsichtigten die Gründung
cincs lanbwirthschaftlichen Centralvercins,
wollten aber das dcutschc Element ganz da-
von ausschließen, da ihnen wcniger an land-
wirthschaftlichen als vielmehr an nationalen
Zwecken gelegen rst, wozu der Verein als
Mittelpunkt dicnen solltc. Mit Rücksicht
hierauf hat das Obcrpräsidium der Provinz
dem Gesuchc nicht Folge gegeben.

Bresla«, 11. April. Nach einer Procla-
mation des Fürsten-Siatthalkcrs betreffs der
Warschauer Vorfälle am 8. b. beläusr sich Lie
Zahl der gefallenen Einwohner auf 10, die
der Verwundeten auf 108, dic ber verhasteten
auf 70, die der gefallenen Militärs auf 2
und der verwundcten aus 10.

von Hausmeister nichts merkt. Um zwölf Uhr könnt
Zhr zurück sein. Ehe Jhr cintretet, reinigt mit der
Flüsfigkeit das Geficht. — Die Kleider legt zusam-
mengerollt in Eucr Schlafzimmer — laßt das Fen-
ster offen — fic «erden gcholt werden. — Unbc-
sorgt, cs wird nichts entwendct, Zhr habt mich ja
ehrlich bezahlt. Wenn Euch dort Jcmand fragen
solltc, Ahr seid von Agram, John's Schulkamerad —
das bin tch, heutc angekommen und reist morgen
wieder ab. Wenn Jhr es vermciden könnt, plau-
dert gar ntcht. Der Ton verräth uns leicht. —
Fragt man Euch, was Ahr wollt — antwortet:
Gcheime Diplomatie an dcn Hauptmann."

Wir schritten hinäus. Er hatte scine vorige Maske
wieder vorgenommen, sprach so laut und lebhaft
im Tvne des Adjutanten Ruse, alS wir durch das
Haus schritten, daß uns dcr Hausmcister nicht be-
achtete, ich selbst momentan meinen Freund neben
mir zu haben glaubte.

16.

Wir schrittcn an der luthertschen Ktrche.vorbei,
der langen Gaffe zu, welche zu einem damals sehr
besuchten Vergnügungsorte der Pcsther, dem Stadt-
wäldchen führte. — Seit wir die Gaffen durchwan-

Hannover, 11. April. Dic Mitglieder
der Adrcß-Deputation sinv heute, ohne Aar-
wort erhalten zu haben, ,'n ihre Heimath ge-
reist, nachdem sie seit Montag Nachmittag,
wo die Adreffe dem König übergeben wurde,
auf eine solche gewartet.

Prag, 9. April. Der Landtag hat be-
schloffen, daß die Ausdrücke „Czechen" und
„czechisch" in den Protokollen zu vermeiden,
und dafür die Worte „Böhmen" und „böh-
misch" zu gebrauchen. Wawra's Wahl wurde
für ungiltig erklärt. Eine Petition politisch
Verurtheilter um die Wiedereinsetzung in den
Vollgenuß ihrcr bürgerlichen Rechte wird ein-
gebracht.

Prag, 10. April. Jn der heutigen Land-
tagssitzung wurde über das active Wahlrecht
dcr Frauen verhandelt.. Es wird vorläusig
entschieden, daß Frauen, welche bie im Wahl-
gesetz bestimmten Eigenschaften besitzcn, durch
männliche Stellvertreler wählen dürfen.

Prag, 11. April. Der Landiag beschließt
einstimmig cine Dankadreffe an ven Kaiscr
wegen der verliehenen Veisaffung. Der wei--
tere Antrag des Cardinal-Erzbischoss: ber Kai-
ser solle durch eine eigene Deputation gebetcn
werden, sich als König von Böhmen krönen
zu laffen, wird mit jubelnder Acclamation an-
genommen.

Wien, 10. April. Heute ist das Pro-
t e st a n l e n g e s e tz für die denksch-slavischen
Kronländer veröffentlicht worden. Es ist nach
dem Vorbilde des von Ungarn aus rein po-
litisch-particulären Gründeu abgelehnten Ge-
setzes und im Geiste der vollkvmmensten Libe-
ralität abgefaßt. Von morgen ab wird es
zwischen Katholiken und Protestanten keincn
Unterschied mehr in Deutsch-Oesterrelch gcben
und ber größte Anstoß beseitigt sein, der sich
dis jetzt zwischen uns und bem enischiedeu
pariläiisch gesinntcn Deutschlanv ergab. Die
ultramontane Partei wird diesen Schlag tief
empfinden; er bebeutet daS Enbe ihres Wal-
tens. Widerstand gegen das frkisinnige Gesetz
dürfte sie höchstens in Tprol versuchen, wv
sie noch einige Wurzelu hat. Das übrige
Oesterreich ist großentheils sehr gut katholisch,
aber nicht jesuitisch gesinnt. Mit dem Gesetze
ist die Frage der Ansässtgmachung ver Pro-
testanten im ganzen Reiche erledigt.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth, 6. April. Die städtische Reprä-
sentanz in Pesth ist nun auch erneuert. Aus
der Namenöliste theileii wir diejenigen Emi-
granten und sonstigen berühmte» Persönlich-
keiten mil, für welchc Stimmen abgegeben
wurden. Namentlich erhiclt Koffuth 976,
Klapka 933, Türr 835, Pcrczel, 723, Pulßkp
597, Kmetp 433, F. Vettcr 456, F. Figpel-
meffp 450, Michael Horvat 326, Jranpi
200, Kaiser Napoleon III. 213, König Vic-
tor Emanucl 183, Prinz Napoleon 82, Ga-
ribaldi 437, Vincke 38 Stimmen. Außerdem
erhielten noch Graf Cavour, General Cial-
dlni, Legaiionssekretär -Dunlop, Gras Gregor
Bcthlen, Nikolaus Kiss unb Nikolaus Iozsika
u. A. mehrerc Stimmen.

delten, «ar mcin Begleitcr schweigsamer geworden.
So schnell es uns das schwachc Laterncnlicht cr-
laubtc, welches nur sehr vercinzelt einige Fuß des
Pfadcs hie und da erhcllte, schritten wir vorwärts.
Nach ctwa ciner Vkertelstunde faßte mein Begleiter
meine Hand und zog mich iik cine der engsten Neben-
gaffen. Nun ging es kreuz und qu-kr, zwischen Stäl-
len und Gebäudcn, durch Gärten und Gestrüpp,
vst sv eng, daß wir uns durchwtnden mußten.

(Fortsetzung folgt.)

* Mutter und Aind.

Kenn' eiu crnstcs Mütterlein,

Jst viel tauscnd Jahre alt;

Nennt sich schlichk: „Bergangenheit"
Jene bange Ungestall.

Hat zur Ruhe auch getragen
Mir ein liebes Baterhaupt; —

Hat der Hcimath Gau vervdet,

Als ich Heimath kaum geglaubt.

Jch «ar jung und gutet Dinge;
Jubel, Freuden in der Brust.

Kam das Mütterleiu beheude,

Trug mir sort der Jugend Lust.

Pesth, 9. April. Der „Lopd" therlt ei-
nen höchst energischcn Protest mi't, welchen
gestern das Graner Comitat hinsichtlich des
Februar-PatentS und mlt Hinblick auf dle
Absicht der österreichischen Minister, sich in
ungarische Angelegenheiien zu mischen, ge-
faßt hat.

Arankretch.

Straßdurg, 8. April. Di'e Rede, welche
Hr. Keller, Lcputlrter dcs Belsorter Be-
zirkes, zu Gunsten der weltliche« Hcrrschast
des Papstes im gesetzgebenden Körpcr hielt,
hat am Oberrhein wenig Beifall gefunben,
obwohl der Redner als Dolmetschcr der Ge-
stnnungen seines Departemenls und des gan-
zen Elsaffes austrak. Angesehenc Wähler ber
bedcurendstenOrte deSOberrhelns haden öffene-
lich hicrgcgen protestirt und folgenbe Aeieffe an
Ven Prinzeii Napoleon unlerzelchnet, die
wenigstens als Zeicheu oer Stimmuug in bem
ehemals deutschen Lande bcmcrkt zu wcrben
verbieril

»P>tnz Seaators Zndcm Sie die gerechte Sache dn
itaUeniscyett Unabhäuglgtnl v>:rly>.iclgten, war Ihre Rede
tm Senat der höchste Äusdruck dcr FreiheitS- und Fort-
schrittsideen, und das Etsaß hätte sich beerlt, Zhnen setne
sympathtschcn Glückwünsche darzubringen, wenn nicht dte
ehrenwerthesten Ocgane der Presse tn dteser Sache dte-
jentgen der wahren Gesinnungen des LandeS gewesen wären.
Aber nun, da etn Redner tm Namen deS ÄtsaffeS gegen
das protcstirte, was er die „in Ztalten verübten Ällentate"
zu nennen fich nicht scheut, und im gesetzgebcnden Körper
dte „lebhafte und tiese Entrüstung" ausbrüüte, welche fie
unter unS hervorgerusen hätten, sind wir es Zhnen, Prinz,
und uns selbst schuldtg, unser Bevauern über solche Worte
zu äußern. AUerbtngs tst daö Elsaß sctnem religtösen
Glauben anhänglich, und bte Toleranz, welche zwischen ben
verschiedenen Culten unter uns herrscht, beweist setne Äch-
tung sür aUe Religioncn; aber wir find nicht so weit hinter
den Fortschrttten der Zett zurückgebltebcu, daß man bei unS
noch die Sache der Reltgton mit Jnteressen verwechselte,
dte thr gänzltch fremd find; wie überaU anderwärtS tanv
dtese Vcrwechslung in eintgen Gemütherv herrschen, aber
tm Allgemetnen bcsteht fie blos bei der ktetnen Anzahl
dFrjeutgen, dte ntchtS gelernt und ntchts vergeffen haben.
Mit peinltcher Verwunderung also haben wtr dtesen Redner
sich in seiner Absonderung auf dte Zusttmmung des ganzen
Etsaffes. berufen gehört. Wtr find ntcht von denjenigen,
welche fich am Schlepptau etner Partei ztehen laffeu, und
daS Elsaß, wett cntfernt, die großmüthige Stütze zu be-
klagen, welche der Kaiser zur Lesretung etneS zu lange
unterdrückten Volkes leistet, wett entfernt, darin, wte es
der Redner wähnt, die Wirkungen etner durch unhetlvoUe
Ertnnerungen etngegebeneu Polittk zu erbltcken, erkennt
darin im Gegentheil nur die cdlcn Eingebungen deö Ge-
niuS FrankreichS. Sie habeo, Prinz, dtese heiltge Sache
und diese große Poltttk tapfer verthetdigt; wollen Ste
unsere Glückwünsche dafür empsangen als etne Zhrem Pa-
triotismus dargebrachte Huldtgung, und geruhen Sie, deu
Ausdruck unsercr Gefühle ehrerbtettger Ergebenheit zu ge-
nehmigen." (S. M.)

Pavis, 9. April. Der Prinz Napoleon
und der Graf v. Persigny haben ihren Wil-
len durchgeseßt, und unsere revolutionäre Par-
tei und Tagespreffe triumphirt. Lie Veröffent-
lichung des bereits mitgetheilten Rundschrei-
bens an die Generalprocuratoren constatirt den
förmlichen Bruch der Regierung mit dem
Gpiscopat, dem CleruS und der katholischen
Partei und ist der Ansang einer neuen Si-
tuation, welche die scltsamsten Consequenzen
haben kann. Sie war übrigens vorherzusehen.
Es scheint, daß dcr Kaiser sich mehrere Tage
lang besonneu hatte, bevor er dem Herrn De-
langke die Erlaubm'ß gab, das Rundschreiben

Hatt' ein herzig's Weib gefunden,
Holde Kinder sie gebar;

Und wie wir-uns selig liebten,
Bleichte sich des Engels Haar.

Hatte einst gar lange Jahre
Lieb der Göttin grünen Zweig;

Doch bald floh mit jener Mutter
Hofsnung auch in's Schattenreich.

Da stand ich in Silberlocken
An des Alters letzter Pforte,

Und das lang ersehnte Leben
Kürzt die Alte mir zum Torte.

Doch für alle sel'ge Stunden,

Die das Herz mir still gewährt,

Hat die ungetreue Mutter
Ein getteues Kind ernährt. —

Und es bringt der Liebe-Sonnen,
Und der Heimath Zauberschwung,

Und der Kindheit Sprüchlein wieder;
Gott tauft es: „Erinnerung." —
 
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