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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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März
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71.

Srsch'eint, Montaas ausgenommen, täglich.
Preis vierteljährlich 54 kr.

Sonntag, 2L. März

InsertionSgebühren für die 3spaltige Petit-
zeile werden mit 2 kr., bezw. 3 kr. berechllet.

Deutschlant».

Bom Neckar, 21. März. W,r haben
vor emigen Tagen, ehe uns die neuesten Ver-
handlungen deS gesetzgebenden Körperö in Pa-
ris bekannt waren, die arge Heuchelei des
Buonapartismus darzuthun gesucht, der sich
uiit den Grundsätzen von 1789 brüstet, um
die Völker für seine selbstnützigcn Zntereffen
auszubeuten. Man war bis jetzt hierüber im
AUgemeinen wohl im Auslande klarer, als m
Frankreich selbst; denn die Franzosen hielt
zum Theile eine gewiffe Berblendung über
ihre inneren Verhältniffe, zum Theile, selbst
bei befferer Einsicht, eine Art Schamgefühl,
daS mit ihrem Nationalstolze so innig ver-
traut ist, ab, das Missre dieser ihrer in-
nercn Zustände dem Auslande gegenüber ein-
zugcstehen. Znzwifchen hat aber die durch
die auswärtige Preffe schvn vielfach geschehene
wahrheitsgetreue Schilderung dcrselben aus
deul Munde eines Franzosen selbst eine voll-
kommene Bestätigung erhalten. Wir meinen
die so großeö Aufsehen erregende Rede 'von
Jules Favrc im gksetzgebenden Körper, welchc
wir den kesern unscres Blattes in deffen letz-
ten Numliier» fast ihrem ganzen Jnhalte nach
mitgeiheilt haben. Der Redner gehk die ge-
drückten inneren Zuständc seines Vaterlanbes
bcr Reihe nach durch und gibt jewcils von
ihnen ebenso, wie sei» Collegc, der beredte
Elsäßer, Kcller, hinstchilich der äußern politi-
schea Beziehungen, rine traurige, aber wahr-
heitsgeireue Schilderung. Ein solcheS Resnltat
seiner scheinliberalen Maßregel hatte sich der
große Staatskünstler an der Seine wohl nicht
erwariet, als er sei» bekanntes Sicherheitsven-
til mittelst einiger dürftigen Conccffionen für
ven Parlamenlarismus der beiden astcrconsti-
tuiioiiellcn Staatskörper eröffnetc. — Was
die schvn iin Senate so schars getadelten Be-
ziehimgen zu Ztalien betrifft, so sucht der
Tuilerienkaiser selbst diesen Umstand, wie es
scheiiit, zu seinem Voriheile anszubeuten, in-
vem die Siränge in Rom schvn sester ange-
zogen wurden, und an eine Entfernung der
>raiijösischen Besatzung von Rom, diescr er-
sehnlen Haupistadl des einheillichen Ztaliens,
momentan wieder weniger als je zu denken ist.

Mannheim, 20. März. Vorgestern waren
die Gläubiger des Hauses Ncumann Söhne hier
versammelr, um sich vvn dcm Stand der Maffe
zu überzeugen. Von den beiden Chefs befinvet
sich der eine in New-Isork, wo das Haus der
gleichen Firma auch seme Zahlungen eingestelll
hat, der andere in.London, Der Verlust der

hresigen Handlunffshäuser hat durch die Zah-
lungsfähigkeit dcr Pariscr Trattatcn sich weit
geringer herausgesteüt, als AnfaugS befürchtet
worden war. (B. Lz.)

K Darmstadl, 19. März. Unscre Resi-
denz scheint von cinigen Jndustricrittern in
neuester Zeit zum Schauplatz ihrer Thätigkcit
auserscben zu sein, indem mehrfache Dieb-
stähle, rheils sehr frecher Art, verübt wurden ;
so dieser Tage wieder ein Gelddiebstahl vvn
mehreren hundert Gulden, wobei die Atten-
täter, um jeden Verdacht von sich abzulenken
und einen Einbruch von Außen glaudhaft zu
machcn, einige Fensterscheiben eindrückten. DieS
geschah aber unvorsichtiger Weise von innen,
so daß aus dlefem und mannigfachen anderen
Vewachtsgründen zwei Diener des Hauses
alsbald des Verbrechms vekdächtrg verhaftet
wurden.

Bom Main, 21. März. Der Gemeinde-
rath von Rastatl hat eine „Borstellung und
Bitte" an die Bundesversammlung gcrichtet,
welche die Erbauung bombenfester Räumlich-
keiten in der Bnndesfestung aus Bundesmit-
teln zur Untkrbringung von kranken und ver-
wundeten Civilpersonen im Fall einer Bela-
gerung beansprucht. Der Gcgenstand ist dem
Militärausschuß zur Berichterstattung über-
wiesen. (K. Z.)

Frankfurt, 20. März. Jn einer gestern
Abcnd auf Veranlaffung des Vorsitzenden des
hiesigen volkswirchschaftlichen Bereins, Herrn
Dr. Malß, stattgehablcn Versammlung von
Foeuuden der Volkswirthschaft wurde beschlos-
scn, eine die Staaten Frankfurt, Badcn,
BaPern, Naffan, Würtemberg und beide Hes-
sen ninfaffenve volkswirthschaftliche Gesell-
schaft für Südwcstdeuischlanb ins Leben zu
rufen. Als Ort der crsten Versammlung zur
Constituirung wurde Frankfurt inö Auge gc-
saßt, der jährliche Beitrag auf 2 fl. bcstimmt
und als Gegenstand ber Tagesorrnung für
diese Versammlung der deuisch - französtsche
Handelöverlrag vorgeschlagen. (Zeit.)

Frankfurt, 21. März. Die Reichsraths-
wahlen in Oesterreich sind uns erst unvvll-
ständiz bekannt; auch tauchen dabei viele neuc
Namen auf. Darnach läßt sich cin bestimm-
tes Urtheil über die politische Richtung der
Versammlung noch nicht bilden. Einerseits
erscheinen adcr Männcr, wie Bcrger, Schu-
selka und Kuranda (drei Mitglieder des deut-
schen Parlaments) und Brestl, die unbebiugt
Vertreter des freien Princips und dabei als
ebenso erprobte wie talentvollc Männer be-
kannt sind. Mühlfeld, einst Mitglied dcS

FünfzigerausschusseS, gehört mehr dem Cen-
trum an. Zang, der Herausgcber dcr „Preffe",
wird gleichfalls eine freic Richlung vertretea,
was immer man gegen denselben cinwende,
Auf der andern Seite sehen wir Minister und
andere Oberbeamte gcwählt, v»r Allcn von
Schmerling. Viele Lanrwahlbezirke befolgtea
dagegen den Grundsatz, keinc Beamte zu wäh-'
len. Mit Bestimmtheit kann man schon jetzt
erkennen, daß in der Versammlung zu Wien
ein regeres politisches Leben sich entfalteu
wird, als wrr seit langen Zahren zn Berlin
gesehen haben. (N. Fr. Z.)

München, 19. März. Zm Ausschuß
übcr den (morgen in der Kammer vvrkom-
menden) Paur 'schen Antrag die Verhält-
niffe der ZSraeliten betreffend, erklärte der
Minister des Jnnern, daß vemsclben, wenn
er vom Landiag angenommen wcrde, auch
die Sanction dcr Krone nicht fchlen werde.

Dresdea, 20. März. Hcuie starb hier
der srühere Minister Graf Einsiebel, geboren
1775.

Berli», 20. März. Zn der heutigcu Sitzung
des Abgeorbnetcnhauses brachte der Abg. von
Niegolewski mit 15 Genoffe» folgenden Än-
lrag ein: „Die königl. Staalsrcgieruiig auf-
zufordern, dahin zu wirken, daß endlich we-
nigstens die nach dem posttiven Völkerrecht
garanti'rte territoriale Einheit des ehemalS
polnischen Gcsammlstaates vom Zahre 1772,
so wie bie dcn Polcn innerhalb dieser Grän-
zen zugestanbenen »ativnalen «nd. politischen
Rechte zur vollen Geliung unb Ausiiihrimg
gelangen und daß dieselben nicht fernerhin
willkürlich von den verpflichtsten Mächten,
dcnen auf Grund des Wiener Traktatcs Thcile
Polens unler den stipulirten Bedingnngen zu-
getheilt wiirdcn, verkümmert werben." Dsr
sehr umfaffend motivirte Antrag rvird eincr
besoiidcren Commission von 14 Mitglicbern
übergeben. Es svlgt eine sehr eingehende De-
batle über das Gesetz, beircffcnd die Ergän-
zung und Abänbcrung des GesetzeS v. 15. Äpril
1858 wegen der Ablösung der ben geistlichen rc.
Znftituten zuftehenden Reallqste». — Die (etwa
20 Mitglieder zählende) neue Fraetion jm
Abgeordnetenhause hat durch deu Hinzulritt
deö Abgeordneteu Walbeck nunmehr esn Haupt
erhalten.

Von Arnolb Ruge ist in Bremen soeben
eine Broschürc erschienen, beütrlt: „Was wir
brauchen. Ein Neweuto mori für d»s Preu-
ßen des StaatsstreicheS." — Hier befaßk man
sich fortwährend mit Aendcrungen an den Mi-
litäruniformen. Sofern es sich wrrklich um

Ern Abcnteucr unter Bcttlern.

MilgelhM v°n Ed. Frante.

(Fortsetzung).

„Also präciö 8 Uhr!" sagte mein Freund Ruse
schcidcnd, nochmals ganz lant. „Präcis Acht er-
«artc ich Sic."

„Zch bin um acht Uhr dort", rief ich ihm nach.
Wir trcnnten uns.

3.

Zn meiner Wohnung fand ich Geschäftsbriese,
«elchc mich Erbschaftsangelegenheiten wegen svfort
zum Rcchtsanwalt riefen. — Das kam mir heute
ungelegen. — Zch war durch daö Vorgefallcnc nicht
in der Stimmuug, diesc Angclegcnheit jetzt mit der
nöthigen Vorsichtdurchzuführcni auch licß sich vorauS-
setzen, daß sie mich längcr aufhalten «erde, als mir
lieb war. — Zndcß, rch mußte mich in das Unver-
mxidliche füg-n und begab mich soglcich zu dem
Anwalt. .

Jch hatte es mit einem jcner Männer zu thun,
welche 'durch Pielrednerei unsere Aufmerksamkeit
von dcm Hauptgegenstande abzulenken suchcn, um,
wie der Taschenspicler, unbewerkt das Erpcriment

des BetrugcS anszuüben. — Diescm zu entgehen
und seincr Vielrcdnerci die Spitzc zu brcchen, raubte
mir wirklich mehr Zeit, als eigeutlich zu unserem
Geschäft nöthig war, und dichte Finsterniß umgab
mich, als ich ihn «erließ uud wieder hinaus auf
dic Straße trat.

Eincr jener naßkalten Herbstvorabcnde hatte fich
auf die Erde. hcrabgrsenkt unb sqndte auS seincr
grauen HimmelSumhüllung staubartigen Nebelregen.

Zch übcrlegte, ob ich bei diesem unfreundlrchen
Wcttcr den langcn, einsamcu, ja unhcimlichcnWcg
bis zum Neugebäudc, meines Krcundes Qnartier,
unternehmcn sollte.

DamalS war namltch der größte Theil dcr dort-
hin führenden Straßen »och unaüsgebaut. Einzelne,
zicmlich «eit von einander liegendc Häuser, deu-
tcten erst dcren Richtung an. Man begegncte zu
diescr Zcit ohnehin dort selten Zemand, heute nun,
wo dcr noch ungepfiastertc Boden schlüpsrig gewor-
dcn, die hier und da sich »orfindenden Vertiefun-
gen im'Finstern zu passiren, gefährlich war, traf
man auf diesem Wcge gewiß keine menschliche Seele.
ES war damals auch «ichts Ungewöhnltchcs, hier
angehalten und beraubt zu werden. — Lie einzel-

nen HLuser boten gute Gelegenhcit, sich zu oerber-
gen, dem »orübergehcnd Einsamen in den Nucken
zu fallen und, «cnn das nächtliche Werk gslungen,
schnell «icd« zu entschlüpfcn.

Jch selber hatte schon cin Lhnliches Abentener
erlebt. — EineS Nachmitiags, cben,aUs in ocr Woh-
nung meincs Freundes mit mchrerrn Frennden
versammeit, beschloß man bis iängstens zehp Uhr
in Gcscllschaft zurückzukehrcn. — Wir nnrerhrelten
uns aber so gut, dqß zur festgcsttzten Zeit nur Etner,
dem die Verhältniffe uichl gestatteten, länger «uSzn-
bleiben, an Rückkehr dachte. Selbst di« mögliche
Gefahr auf dem einsamen Wegc konni« ihn nicht
haiien. D» aber unstr spätrs Beisqmmensein in
dicstm Gebäudc nW zn den erlauhien gehörie, so
durfte man, um jcdes Gespräch darMer M ver-
merden, demstlben keincn militärischenBeglecher mit-
gcbm, und Hndere «aren nicht vorh»nden. Wr
saßen sröhlich am Spieltisch, hatten deS Geschiedeqen
fast vergcffen, als der Bediente Ruse'S in'S Zim-
mer trat und stinem Herrn etwasZn's Ohr Mtcrie,
woraus sich dicser schnell entfkrnte. — Wir nahmen
weiter nicht Notiz davon. - Plötzlich öffnete sich
die Thüre — Rufe und der «ns vor einer Stnnde
 
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