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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0589

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Utidelbergtr Itilung.

N 1L6

«krscheint, MontagS auSgenommea, taglich.
PreiS vierteljährlich 54 kr.

Dienstag, 2S. Zuni

D e n t s ch l a n d.

Karlsruhe, 21. J»ni. Der Gcneral-
spnode wurre folgender Gesetzentwurf,
die Einthkllung der evang.-protest.
Pfarreicn nach Einkommenclassen
bctreffend, zur Berathunq zlktzestellt:

1) Dte ev.-prot. Gctstlichen haben auf den Genuß deS
EinkommenS einer zur Bewerbung ausgcschrtebenen Pfarr-
stelle nur nach Maßgabe thres Dtenstalters Anspruch.

2) Dieselbcn sind verpsttchtet, bts zur Erreichung deS
betreffcnden DienstalterS dcn über thre Ansprüche htnauS-
gehenden Theil deS Einkommens der Pfarrstclle an dte
Eentralpfarrcasse abzugeben.

3) Zur Bemcssung der Ansprüche der um eine Pfarrstelle
sich bewerbenden Geistltchen und der denselben aufzuerlegen-
den Abgaben werden dte Pfarrstellen tn folgende 5 Classen
etngctheilt:

1. Cl. mit einein Einkommen bis mtt — 800 fi.

2- » » /,


von 801 fi. biö 1050 fl.

b- ^ » »


„ 1051 fi. bis 1300 fl



„ 1301 fi. bts 1800 fi.

^ » V


über 1800 fi.

4) Dte Einreihung der etnzclnen Pfarrstcllen tn die vor-
geschrtebcncn Claffen geschteht durch dte Oberkirchenbehörde
jewrils für dte Dauer von 10 Zahrcn nach dem Einkom-
mcn, welchcs sich unter Zugrundlegung der neucsten Com-
pctevzbeschretbung bcrechnet.

Die Naturalten werden nach den Durchschntttspreisen der
vorausgegangenen 10 Zahre, dte Güter nach ihrem durch
Schätzung zu ermittelnden Pachtwerth angcschlagen.

Wohnung mit Hausgarten und Acctdentten bletben außer
Bercchnung.

5) Zum Genpß deS ganzen EinkommenS berechttgt:

Bei der 1. Claffc jedcs Dienstalter;

E ^ 2. ^ etn Dienstalter von mindestenS lO Zahren;

"Das Dienstalter wtrd von der Zeit der Aufnahme unter
die Pfarrcandibaten gerechnct.

8) Die Oberktrchenbehördc bestimmt, mit Genehmtgung
des GroßherzogS. tn welchcm Betragc und auf wic
lange die von dcn Getstlichen zu übernehmenden Abgaben
zur Centrälpsüricaffe etnzuzahlen sind.

Sie schreibt vor, tn wclchen Tnmtnen dteS zu ge-
schehen kat.

7) Mit Rüllficht auf besondere örtliche odcr persönkiche
Verhäklniffe känn eine nach den 2 und 6 zu bestim-
mende Abgabe ganz oder theilweise erlaffen werden.

8) Dte Bcrlängerung etner auferlegtcn Abgabe über dte
Zeit, tn welcher ber betreffende Geistliche daS zum Bezug
dcS ganzen EinkommcnS setner Pfarrstelle berechtigendc
Dienstalter erreicht, findet statt, wenn derselbe sich mangel-
hastc Amtsführung oder unwürdtgeS Bctragen hat zu Schul-

S) Auf Pfarrstellen 5. Classe kann zu Gunsten der
Centralpfarrcaffe und deS Wittwenfiscus etne Abgabe gelegt
werdeu, welche der betreffende Getstltche auch dann fort-
zuentrichtcn hat, wenn er tn daS zum vollen Bezug dcS
ganzen EinkommenS berechtigende Dienstalter eintrttt. Eine
solche Abgabe soll aber ohne Zusttmmung der Gcmetnde
nicht längcr als 10 Zahre nach etnander dcr Pfründe auf-
erlegt werden.

10) Dte Mittel, welche der Centralpfarrcasse zufiießen,
werden nach Vorschrtft dcS §. 102 der Verfaffung zu Zu-
lagen an etnzelne Gctstltche verwendet. Die Vcrwilltgung
von vorübergehenden Untcrstütznngen auS dteser Caffe tst
unzuläsfig. (K. Z.)

O Heidelberq, 24. Jnm. Bei dem i'm
qrvßkii Saalc dks Muskums gkstkrn stattge-
habten Eastmahlc zu Ehren des nunmchr of-
ficiell zum Bundestagsgesandten ernannten
Hrn. Geh. Hofraths v. Mvhl betheiligtcn fich
i'm Ganzen 165 Personen aus allen Claffen
der Einwvhnerschaft, worunter auch viele Stu-
dirende.

Herr Geh. Hofrath Roßhirt als Prorector
eröffnete die Reihe der Toaste mit einem Hoch
anf S. K. H. den Großherzog, wonach die
Herrcn Mittcrmaier, Häuffer, Golrschmidt,
Krausmann u. A. in längcren und kürzeren
Tischreden der viclseitigen hohcn Verdienste
R. v. Mohls in seiner Eigenschaft als aca-
demischen Lehrers, Schriftstellers, practischen
Staatsmannes n. s. w. gedachten. Der Ge-
jcierie danktc in bescheidencr, anspruchsloser
Weise und gab, mit Hinblick auf seinen neuen
Wirkungskrcis, den er anzutreten im Begnffe
sei, zu verstehcn, daß eine Schwalbe noch kei-
nen Soinmer mache, jedoch häufig die Ber-
künderin eiiier beffern Zeit sci. — Auch Wel-
ker crgriff schlicßlich das Wort, ,'ndem cr, mit
Bezug auf viesen Wirkungskreis Mohls an
seinc cigciie, durch dic äußcre Macht dcr Um-
stände leider erfolglos gebliebcne Thätigkeit
in dersclben Sphäre anknüpfte, und dein Lctz-
tern einen bcffcrn Erfolg wünschte, als ihm
selbst zn Theil wnrke.

Bei Becherklang und Mufik blicb eine große
Anzahl dcr Thcilnehmer dcs Festes bis gegcn
Ahend beisammcn, wclchcs übrigcns in der
Hauptfachc nach dcn Toasten von Hauffer und
Welkcr als beendigt geltcn konnte.

Aus vollcm Herzcn wird gewiß scdcr Freund
des Vatcrlandes Wclkcr's Wunsch thcilcn, und
den bewährten politischcn Gestniiuiigen, und
hohen geistigrn Kräften Mohls vcn besten
Erfolg in seiuem neucn Wirkungskreis gön-
nen nnd wünschen.

F Bom Neckar, 22. Juni. Dic eigent-
lichen Gründe der so unerwartet gekoinmeneii
Anerkcnnung deS Königreichs Jtalien von Sei-
ten dcs Tuileriencabinets werden immer mehr
offcnbar. Auch dicscr Act war, wic allc von
Fränkreich kommendcn Gunstbezengungen cin
Danacrgeschenk, welches nicht ohne erhebliche
Gcgcnlkistnngcii verliehcn wurde. Vor allem
ist eS ausgemachtc Sache, daß Rom nach wie
vor vvn dcn französischen Truppen besetzt bleibt.
Mit Rom hat aber Napoleon das Eentrum
und die eigentlichc Hanptstadt Ztaliens, welche
zur völligcn Consvlidirung diesds neugeschaf-
fcnen Siaates unumgänglich nothwendig ist,
fortwährenb in Händen und hält somit immcr

JnsertionSgebührea fur die Zspaltige Petit- -D
zeile werden mit 2 kr.» bezw. 3 kr. berechnet.

noch einen Lebensnerv des Gedeihens der neuen
Staatenbildung unterbunden. Dic ganze Sache
wird um so wichtiger und bedentungsvoller,
wcil nach ncueren Nachrichtcn der Papst ernst-
lich erkrankt ist und die Verlnukhung nicht
ferne liegt, taß das Tuilerieiicabinet bei einer
ctwaigen Neuwahl diescs Hauptcs der katho-
lischen Christenheit in seinem Sinnc und in
seinem Jnkereffe zu iiifluircn gedenkt. Dieses
Letztere ist sogar an kcr Scine i» etwas be-
schönigcndcr Weise ausdrücklich zugegeben wor-
den. „Man könne nicht zngeben" — so sprach
fich Napoleon euphemistisch aus — „daß bei
der jetzigen Crise in Zialicn ein svwohi für
dicscs Land, als für das Wohl ver Kirche
nachtheiliges Jntcrvallum enlstche!" Das
Fortdauern der Besctzung Roms ist nun die
hauptsächlichste Befugniß, welche sich dcr fran-
zösische Kaiser vorbchalten hat und vfficiell
zngcgcben hat, aber nicht die einzigc. Die
Fama verlautet noch von anverwciten solchen
staatsrechtlichen Servitinen, z. B. dcr Stel-
lung eines italienischcn Truppencorps für
evcntuelle napoleonischc Zwecke, ja sogar von
wcitcrn Gebietsabtrckungen. Znsbesondere
wirb in letzterer Beziehung die Jnsel Sardi-
nie» genannt; auch spricht man gerüchtwcise
von cincm Vcrzichte Piemonts auf Neapcl,
da sich angeblich deffen bleibender Annerion
wcgcn fortwährenvem Widerstreben der dorti-
gcn Bevölkerung sehr bedcutendc Hindcrniffe
in den Wcg stcüen. Daß in dirsem Falle
Südilalicn zu emem Murät'schcn Vasallen-
kvnigreiche bestimmt ist, brauchk kaum naher
angebeutct zu wcrden. Ukbrigens sinb dicse
letztern Puucte sämmtlich noch in das Dunkel
der, theilweisc noch zu Cavonrs Lebzeikcn vb-
schwebenden tiplomatischen Verhandlungcn ge-
hüllt. Daß übrigens der Kaiser der Franzosen
gerade im jctzige» Augenblicke, in sciner gc-
wohnten Weisc, die ihm durch Cavours Tod
vcrliehene Gunst des Schicksals zur weitern
Ausvehnung seines Einfluffcs in Ztalien so
sehr als möglich bkuutzen wird, liegl anf fla-
chcr Hand. Noch ein anderer Umstand kömmt
hinzu, um ihn in diesem Unternehmen zu be-
stärken, nämlich vic diplomatischc Riederlage,
die er vor Kurzem in dcr orieiualischen Frage
durch die ihm adgenöihigte Räumung Spriens,
hauptsächlich auf Zuihun Englands, erlitten
hat. Diese momentane Einbuße eincs Theils
seines Einfluffes im Oriente hat Napoleon Hl.
wohl um so unangenehmer bcrührt, als selbst
Rußland, mik dem cr in ncuerec Zcit dort
Hand in Hand zu gchen gcwohnt war, fich
gegen ihn stellte. Anf dieseS hin läßt sich ge-

Durch Nacht zum Licht.

Lebensbild von Joseph Rank.

(Fortsetzung).

Sie wnrden nach dcr Stadt in die Wohnung
ihrer Eltern gebracht, wo sie unter Aufsicht eincr
bejahrtcn Gouvernante für den Augenblick gebor-
gcn waren und übcr das Schicksal der Eltern, so
lange es anging, im Dunkeln bleiben solltcn.

Abcr Kinder haben scharfe Sinne und Eduard
«ar an Jahren «eit genug, um auS der Bcstürzung
in dcr Vllla, aus dcr befremdendcn Hast, mit der
nian ihn entführte, ein Unglück seiner Eltcrn zu
ahnen; als er nun gar in dcr Stadt seine angcb-
lich vorausgefahrcnen Eltcrn nicht vorfand und sie
auch später Nachts noch nicht zum Vorschein kamen,
da ließ er sich nicht mehr beruhigen, wolltc von
keincn Ausstüchten und Borwänden mehr hören und
tobte gegen Alle, die ihm das Wegblciben dcr El-
tern harmlos darstellcn wollten. Erst dic spätc
Nacht und cine natürliche Ermüdung der Kräfte
brächten ihn und seine weinenden Schwestern so
weit zur Ruhe, daß fie entschlummern konnten;

freilich aber bcruhigte und stärkte fie dieser Schlum-
mer nur, um sie nächsten Morgen ihrc Fragen und
Klagen um so nachdrücklicher sortsetzen zu laffen.
Wcnn man nun auch noch gesonnen gewcsen wäre,
anS den schmcrzlichen Borfällcn cin Geheimniß zu
machcn — es traten jctzt UmstLnde ein, welche dic
Verwunderung dcrKindcr und ihrcBcgierde, Alles
zu wiffen, aüf'ö Höchstc stcigcrten. Denn schon an
diescm Morgen crschicnen Abgeordnete der Behör-
den, wclche die weitläufigc Wohnung der Familie
mit Allem, waS darin war, mit Beschlag bclegten
und Schränkc und Thüren mit dcm Siegel des Gc-
richts verschloffcn; dic Dicnerschaft war sclbstver-
ständlich ihreS DiensteS cntlaffcn und ging in allcr
Stille und schweren HerzenS von dannen, «Lhrend
dcr Gouvernantc mit den Kindern nur cin kleincs
Zimmer nach dem Hose angewicsen blicb.

Nun hiclt es die Gouvcrnante selbst sür nöthig,
Eduard bei Seitc zu nehmen und ihm daS trau-
rigc und hcftig begchrte Geheimniß zu vertraucn;
scin Vatcr sci todt, sagte sie ihm nach kurzer Ein-
leitung, daS Vermögen sei so gut als ganz ver-
lorcn, dic Muttcr, von dem Unglück auf das Hef-
tigste erschüttert, lirgc schwep crkrankt in der Villa

und dürfe ihre Kinder nicht sehen, weil ihr Zustand
sonst hoffnungslos würde.

Am Ganzen die Wahrheit nicht verhehlend, in
drr Form abcr vorfichtiger lautetechierauf die Mit-
theilung, wclche die Gouvernante auch den klcineren
Gcschwistern machte.

ES ist eine weisc und wohlwollende Fürsorge der
Natur, daß Kindcr, die über ein gcbrochenes Spiel-
zeug und übcr cinen versagtcn Wunsch in trostloscn
Jammer verfallen, die Fähigkcit nicht habcn, ein
großes Unglück in scincr ganzcn Bedeutung zu cr-
meffcn; der erste Eindruck des eltcrlichen Unglücks
hatte sür Eduard und scine kleincn Schwcstern da-
her mehr etwas Seltsamunfaßbares, als daß er
laute und trostlose Klagen wach ricf. Dic Kleincn
hatten den Tod noch nicht gesehen und konnten nicht
denken, daß der Vater in der zuletzi gesehencn Ge-
stalt nicht mehr vorhanden sein und zum Vorschein
kommen solle; den Bcrlust des Vermögens begriffen
sich ganz anders, als daß ihr Leben an gewohnten
Genüffen künftig Abbruch lctdcn könne, und wenn
sie nach und nach das drückendc, unbcftimmte Ge-
sühl ihrer Herzen in Thränen Lust machte, so ge-
schah dieö mehr »us Heimweh nach der Mutter, »l4
 
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