Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0513

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nu 127.


Tonntag, 2 Zuni


Auf die '»Hridelberger
Zeitung" 'kann ntan sich
noch für den Monat
Juni mit 18 Kreuzcrn abonnniren bei den
Trägern, sowie bei der Erpebition (Heugasse
Nr. 2).

chch Baden und die Reformen.

Durch die officiöse Mittheilung, welche vor
wenigen Tagen die Karlsruher Zeilung über
die bevorstehenden Aenderungen in unsercr
Gerichtsverfaffung brachte (die wir in Nr. 124
unstres Bl. wiedergaben), werdcn die meisten
unserer in Nr. 16 und 38 d. Bl. ausgespro-
chenen Wünsche, bie gewiß mehr over wcni-
ger allenthalbcn getheilt wurden, verwirklicht.
Wir setzen hicbei voraus, daß auch die zeit-
gemäßen Aendcrungen in der Strafrechtspflege,
welche eben so, wie vie Absassung eines ein-
heitlichen compactcn Polizelstrafgcsetzbuches in
jener Mittheilung nur ganz allgcmein ange-
dcutct wurden, in der That bald ersolgen, und
daß die deßfallsigen Vorlagen bereits dcm näch-
sten Landkage, welch'er dem Bernehmen Nach et-
was früher als gewöhnlich einberufen werdeu
wird, unterbreitet werden. Zn der Strafrechts-
pflegc ist durchgängige Einführung dcr Münd-
lichkeit und Oeffentlichkeit, die wir bis jetzt nur
thct'lweise befitzen, cin von Vielen längst geheg-
ter, hoffentlich seiner baldigen Erfüllung e>M
gegensehender Wunsch. Ein vollständig in stch
abgeschlossener, möglichst präcis unb erschöpfend
edirter Polizcicodcr ist deshälb sehr am Platze,
weil dic bisherigen polizeilichen Gesetze und
Verordnungen vielfach zerstreüt sind, so daß cs
nicht nur den Laien in der Rechts- und Po-
sl'zciwiffenschaft, sondern oftmals den jurlsti-
schen Fächmännern selbst schwcr fällt, das ein-
schlägige Material genau zu kennen und zu
sichten. Gar manche der jcßigen polizeüichen
Vervrdnungen sinb auch veraliet, lür die
Staatsangehörigen belästigend und dem Geiste
der Neuzeit nicht mehr angemeffen. ZuwrileN
kommen dieselbcn sogar mit anbern gesetzlichen
Bestimmüngen, z. B. in der eigentlichen Straf-
rechtspflege m Cvllisivn. Ans dtesem Grunde
muß namentlich der zu erwartcnde Polizei-
Coder mit dem eigcntlichen (theoretischen)
Strafgxsetzbuche in müglichsten Einklang ge-
bracht werden.

Was die bevorstehende Aenderung in der
Civilrcchtspflege betrifft, so spricht sich das
oben crwähnte vfficiöse Organ etwas näher
und eingchender aus: Das Jnstitut der in
Aussicht gestellten Collegialgerichte wird wohl

Zu spät.

Eine dänische Criminalgeschichte.

(Fortsehung).

Der Richter erklärte nun dem Morten BrunS,
daß dieses abgelegte Zeugniß bezüglich dcs vermeint-
lichen Mordes Nichts beweise, um so wenigcr, als
der Pfarrcr selbst ihm dic ganze Sachc geradc so,
wic dic beiden wciblichen Zeugcn sie angegeben,
freiwillig berichtet habe. Mortcn aber lächelte bit-
icr und ersuchte den Richter bloS, den dritten Zeu-
gen, Jens Lorsen, ebenfalls zu vernchmen.

Dicscr erklärte nun: „daß er eines AbcndS —
cs war aber, so weit er sich noch bcsinncn konnte,
nicht derselbe Abend, an welchcin Niels Bruns fort-
gclaufen, sondcrn dcr nachfolgcnde — sehrspätvon
Tolstrup nach Hause gegangen und deti gewöhnlichen
Fcldpfad, östlich an dem Pfarrgarten vorbei, ein-
g-schlagen habc. Dr habe er in dem Garten ein
Gcräusch vernommen, ähnlich dem, «enn Aemand
eine Grribc mache. Im erstcn Außenblicke wäre
ihm wohl bange gcworden; da aber der Mond hell
schsen, entschloß er sich, nachzusehen, wer «ohl zu

von allen Säch'verständkgen mit aufrkchti'ger
Arende bcgrüßt werdcn. Nür i'st nicht wohl
«bzusrh'en, wcshalb neben dieser Einrichtung
Noch kandesgerichte bis zu der zicmlich hvhen
Cömpetcnz für Streitsummen von 300 Gul-
den fortbestehen sollen, außer es müßte denn
scin, daß diesen lcßkeren Gerichten eine schieds-
vdcr friedsNsrkchkerHchc Thätigkeil eingeräumt
würde. Jn Ländern, in wclchen zur Zeit
schon Collegialgerichte bestehen, sind für ge-
stinisedd Sköritsummen in 'dkr Rögel köine be-
sondcvrn Gekichde vörhä'nden, 'vielm'ehr ledig-
kich die sög. Fkiedensrichter zuständig. Die
Einführung vön besonderen Handelsgerichten
ist selbstverstäudlich nur mit Freude zu be-
grüßen. Ebenso ist gege'ti die bcäbstchtigte
Verminderuüg derÄnzahl der Hofgerichte nichts
einzuwenden. Wcitere Ausfü'hrungen hicrüber
werden am Platzc sein, wenn dereinst der
vollständkgc Entwurf dcr neueü Gesetzgebung
erscheinen wird. Außerdem dürste es vielleicht
am Platze sekn, daS Oberhofgericht nur als
Caffationshof, nicht in der Eigenschaft als
Oberappellationsgericht fortbcstehen zu laffen.

Hoffentlich werden wir Babener nur in die-
sen Zweigen unsercr Gcsetzgebung cin voll-
ständig abgerundetes GanzeS'erhälten, nachdem
man in diesein Bcreiche 'seit der Mitte bes
vorigcn Zahrhunderts allzuviel probirt, das
öst voüeUdete und bcreit liegende gesetzliche
Matcrial wieder verlaffcn und nicht eingeführ't,
vielmehr statt deffen stch mit bloßen Halb-
hcireu begnügi hat. Däs Letziere gibt die
Karlsruhcr Zeitung selbst zu, und cntschuldigt
diese Verjahrungswcisc eben durch ben Drang
der Umstände, durch die Macht polMscher Er-
rignisse u. dgl. Dicses Organ hat (was hier
beiläufig erwähnt sci) zwar nicht so Unrecht,
wenn eS in ver Rechtspflcge bem Partikula-
rismus der cinzelnen Vvlksstäiiime allc Rück-
sicht gctiagen haben will (vgl. Nr. 124 u. Bl.).
Laffelbe gchl jedo'ch vffcnbar vie'l zu weit,
weun es schvn mit ANnahme des Landesgeseß-
bncheS dic gemeinsame deutschc Gesetzgebung
gcschloffen haben will. Denn wenn es auch
richtig ist, daß man iu den partikulareu Ge-
setzen Unv Rechtsgewohnheiten der Sonder-
elgknthümlichkeitea eines jeden Stammes, mit
d'effen Volksicden diese oft innig verwachsen
siüd, dic mvglichste Schönnng angeveihen las-
sen Muß, so gilt diescS aber hauptsächlich doch
nur vom Civili. vder Privatrechte, nicht in
Bezng äuf dcn bürgerlichen vder Strafproceß.
Daß in den beiben letztgenaNten Beziehungen
gciue'lNsäme deutsche GesetzeSnormcn nicht allzu
schiver hcrzustellen feien, hat dcr deukschc Ju-

solch ungewöhnlicher Stunde sich noch im Garten
zu schaffcn machen könnte. Er wäre dann auf die
llmfriedung hinaufgcklcttert und HLtte sich cin kleines
Guckloch durch dic Hccke gemacht. Hier sei er dann,
zu scinem nicht geringen Erstaunen, dcn Pfarrer gc-
wahr gewordcn, der, in scinem gewöhnlichen Schlaf-
rocke, mit dcr weißen baumwollenen Mütze auf dem
Kopfc, die Erde mit einem Spaten gleich und eben
machte; etwas AndcrcS aber hätte er nicht geschen,
denn da der Pfarrer sich zu gleicher Zeit plötzlich um-
drchte, wäre es dcm Zeugcn bange geworden, er
sei dahcr schncll von der Mauer hinabgeglitten und
eben so schnell nach Hause gelaufen."

Obgleich es dem Richter sehr auffallend war, daß
der Pfarrer sich so spät noch in seincm Garten be-
schäftigt haben follte, fand er hierin doch nichts Be-
sondcres, was cincn Verdacht wegen des angemuthe-
ten Mordes erregcn konnte. Er äußertc dies auch
gcgen den Anklägcr, mit der ernstlichcn Ermahnung:
nicht allcin dic Beschuldigung zurückzunehmen, son-
dern auch öffentlich das umlaufende Gerücht für
grundloS zu crklären nnd zugleich jeden Antheil
daran von sich abzulehnen.

Hierauf erwiderte Morten BrllNs : „nicht eher,

ristcntag, gewiß cin sehr erhebliches Organ
von Sachverständigen, anerkannt.

Dagegen verdient es alle Anerkennung, daß
die badischc Regierung mit den verheißenen
neüen Gesetzen nicht etwa zuwartet, bis in
dieser Beziehung überhaupt etwas Gemein-
sames ip Deukschland geschieht. Wie schwer
dicses hält, wiffcn wir leider niir zu gut von
aiidern Anlässen hcr.

Da nun, wie wir früher bereits vernah-
men, dem künftigen Laudiage auch ein Ent-
wurf über dic neue Orgaiil'sation uni'erer Ver-
waltung vorgelegt werven wird, so steht zu
hoffen, daß die öffentlichen iiinercii Verhältniffe
unscres Großherzogthums in nicht ällzuferner
Frist dem Geiste ber Neuzeit eiitsxrechend, auf
dem Wegc der friedlichen Reform und der
schönsten Eintracht zwischen Rcgierung und
Bolk geregclt sind. Äbcr selbst was unserc
weiteren Wüusche, gerichtet auf cine zeitge-
mäße iluigcstaltung der Verfaffung unseres ge-
meinsamcn deutschen Vaterlandes, bctrifft, so
wird, weun nicht Allcs trügt, unscre Regie-
rung, so weit dies an ihr, als dcr Nepräsentän-
tin eiues kleinen Staates, liegt, nicht verab-
säumen, die hierauf gerichteten Schritte zu
thun und zu dem Ende in cuicm vielleicht nicht
mehr ferncn Zeitpuncte mit gee'sgneten An-
trägcn hcrvortreten. Das Gerücht von der
bevorstchenden Ernennung eiiies hiezu quali-
ficirtcn, patriotisch gesinlitcn Maiines zum
Bundestagsgesandten gcwinnk hierdürch an
Glaubwürdigkeit und deutet vön.. selbst auf
eben jenes Vorhaben hin.

D e u t s ch l a n d.

Karlsruhe, 31. Mat. Scitte Köritgktche Hohett der
Großherzog haben Sich gnädigst bewogen gefunden, daS
Freifräuletn Amalie von Berstett zur Hofdame Zhrer Kö-
ntgl. Hohett der Großherzogin zu erncnnen. (K.Z.)

Karlsruhe, 31. Mai. Setne Köntglsche Hohett der
Großherzog haben Stch unterm Heüttgen gnädigst be-
wogen gefunden: die AmtSvorstandstellr in Achern dem Ober-
amtmann Wetzel tn Donaueschtngen, dte Amtsvorstandstssste
tn Waldkirch dem Obcramtmann.Letblein tn Bonndorf, die
AmtSvorstandstelle in Bonndorf'dcm Amtsrichter Seiden-
spinner tn Säcktngen, unter Erneirnung Hnm Amtmann,
dte AmtSvorstandstelle in Donaueschingen dem Aürtsrtchter
Haas tn Mosbach, unter Ernennung zum Umtmany, dte
Amtsvorstandstelle in Meßkirch dem Ämtmann Gustav
v. Stößer tn Mannheim, und die zweite Beamtenstelle bet
dem Stadtamt Mannhetm dem Referendär vr. Georg
Pfetffer von Neckarbtschofsheim, unter Ernennung zum
Amtmann, zu übertragen.

Aus Baden, 30. Mai. Mit der Wahl
des Geh. Referenoärs vr. Dietz von Karls-
ruhe zum Abgeordneten der Geüeralspnvde sind
nun auch die wcltlichen Wahlen bcendigt und
sind sämintliche Wahlen aus entschiedeneFreunde
des Verfafsungsentwurfs gefalle».

als bis ich gesehcn, «as der Pfarrer in seinem Gar-
tcn c'ingcgrabcn hat."

„Dann", gab ihm der Richter zur Äntwort, „dürfte
cs zu spat sein und Jhr setzci Eure iEhrc und LVohl-
fahri auf das Spiel."

„Das bin ich mcinem Bruder schuldig", versetzie
Morten härsch, „und ich darf von unstrer gesttz-
lichen Obrigkeii wohi erwarien, daß mir der Bei-
stand und dic Hilfc des Gerichtö nicht verweigert
werden wird." Eincr solchen Aufforderung konnte
nun freilich dcr Richter sich nicht länger mchr wei-
gern, Folgc zu leisten. .

So begab sich dcnn Herr Söfrensen IIIii beklom
menem Herzen, wcniger aus Furchi, den Niels iodt
im Gartcn zu finden, als aus Bcsorgniß »or dem
Schrccken und Acrger, welchem cr den Pfarrer und
seine geliebte Braut dadurch aussttzcn würdc, mit
dem AMagcr und dcn Zeugen nach Weilby. Ünter-
wegs dachte er bloS daran, den Verläumder die
gänze Sirengc dcs Gefttzes firhlen zu laffen; aber
ach! barmherziger. Himmcl! Die schrecküchste Pnt-
dcckung stand ihm bevor.

ES «ar deS RichterS Absichi geweftn, den Pfar-
rer zuerst bei Seite zu nehmen, um ihn »orzube-
 
Annotationen